Lustgartenseite des Berliner Schlosses

  • Das Sanchi-Tor ist keine Rekonstruktion, sondern eine Kopie. Das Original existiert ja noch (in Indien). Hier wurde nach Abgüssen von diesem Original gearbeitet - mit 3D-Scan und Übertragung in Sandstein mittels Roboter. Menschliche Bildhauer haben nur ein paar Feinarbeiten gemacht. Das Tor ist eine genaue Kopie nach den Abgüssen, die 1886 für Berlin angekauft wurden. Einige Details, die an dem Original ursprünglich vorhanden waren, aber zu dem Zeitpunkt, an dem die Abgüsse genommen wurden (einige Jahre vor 1886) fehlten, wurden auch für das Lustgartenportal NICHT rekonstruiert.

    Bemerkenswert finde ich, wie schnell das Ganze ging. Das Bamberger Natursteinwerk hat den Auftrag im Januar 2022 erhalten, und jetzt ist das mit Reliefs übersäte Tor schon fertig. Eine Abweichung vom Original stellt die Farbe der Torkopie im Lustgarten dar. Roten Sandstein gibt es zwar auch in Indien, aber in Sanchi wurde heller Sandstein verwendet. Ausschlaggebend für die Wahl der Sandsteinsorte war die Körnung, die Eignung für feine Bildhauerarbeiten, die Witterungsbeständigkeit und die farbliche Homogenität des Steins. Das war in Deutschland wohl nur in Rot zu haben.

    Links neben dem Tor befindet sich eine Bodenöffnung. In dieser wird demnächst ein Tastmodell des großen Stupas von Sanchi verankert. Auf dem in Bronze gegossenen Modell können wir dann die Gesamtanlage des buddhistischen Heiligtums mit allen vier Toren und den Zäunen sehen. Eine Erklärtafel wird es natürlich auch geben. Das Sanchi-Tor ist ein Museumsobjekt, das im Außenraum eines Museums (konkret des Museums für Asiatische Kunst im Berliner Schloss) aufgestellt wird. Im Kolonnadenhof der Museumsinsel finden wir Skulpturen aus dem Bestand der Nationalgalerie. Das ist im Prinzip nichts anderes.

    Auf den Fotos von Mantikor wirkt das Sanchi-Tor aufgrund der Einrüstung noch etwas sperrig. Aber wenn das Gerüst erst mal weg ist, wird jeder sehen, dass das filigrane Tor aus Indien den Blick auf das Schlossportal V nicht beeinträchtigt. Was auf den Fotos tatsächlich im Wege steht, ist ein Verkehrsschild (Fußgängerzone, Feuerwehrzufahrt), an dem zu allem Überfluss auch noch ein schwarzes Fahrrad angeschlossen ist. Da wurden rund um das Schloss nun schon so viele schöne Fahrradbügel platziert, aber die Leute nehmen dann doch das erstbeste Straßenschild, um ihr Fahrrad anzuschließen.

  • Das Sanchi-Tor ist keine Rekonstruktion, sondern eine Kopie. (...)

    Bemerkenswert finde ich, wie schnell das Ganze ging. Das Bamberger Natursteinwerk hat den Auftrag im Januar 2022 erhalten, und jetzt ist das mit Reliefs übersäte Tor schon fertig. Eine Abweichung vom Original stellt die Farbe der Torkopie im Lustgarten dar. Roten Sandstein gibt es zwar auch in Indien, aber in Sanchi wurde heller Sandstein verwendet. Ausschlaggebend für die Wahl der Sandsteinsorte war die Körnung, die Eignung für feine Bildhauerarbeiten, die Witterungsbeständigkeit und die farbliche Homogenität des Steins. Das war in Deutschland wohl nur in Rot zu haben.

    Naja, wenn man genau ist stimmt das, nennen wir es einfach Replik. Allerdings ist es eine abendfüllende Frage ob ein Scannen der Abgüsse aus den 1970er Jahren, die mit den Formen des 19. Jahrhunderts gemacht wurden nun eine "Kopie" sind oder nicht. Das Original in Sanchi ist 2022 ja ein verändertes. Und nach dieser Definition ist Vieles an den Schloßfassaden auch keine "Rekonstruktion" sondern eine Kopie, nämlich wenn es Gipsabgüsse von Skulpturteilen gegeben hat.

    Was den Sandstein betrifft muss ich allerdings widersprechen, geeigneten Sandstein hätte es natürlich auch in gelb oder hell gegeben - das ist an den Sandsteinfiguren des Schlosses zu besichtigen. Der Farbwunsch muss am Dahlemer Abguss gelegen haben. IM Museum findet mal die Krone des Tores zudem nochmal aus Plastik.

    So sah das Tor in Dahlem aus. Es kann auch noch ein Grund sein, dass die Fa. Graser den roten Mainsandstein recht preiswert anbietet, weil die Firma über eigene Brüche dieses Produktes verfügt. Sächsischer Sandstein hätte erst erworben werden müssen.

  • Roter Sandstein sieht aber "indischer" aus und kontrastiert zudem erfolgreicher. Die Fa. Graser bezieht ihren Sandstein m. W. n. aus Polen (Schlesien).

    Das Sanchi-Tor an seinem Standort in Dahlem ist im übrigen vollständig anders (=besser) zu bewerten als hier bewusst vor die (teuer bezahlten) Schlossfassaden gestellt; wobei es für mich gar nicht so entscheidend ist, ob direkt vor die Portale oder nicht.

    Beschlossen von Leuten, die zugleich mit dazu beitrugen/zuließen, das Dachcafé draufzusetzen, den Schlüterhof mit herumstehenden Plastikmöblierungen verballhornen, den Schlossverein unfreundlich behandeln und natürlich den Schlossbrunnen, die Portalfiguren ("jetzt ist aber auch mal genug mit Rekonstruktionen") etc. ablehnen. Ich kann deswegen nicht so milde darüber hinwegschauen. Mal abwarten, ob dort demnächst dann eine Currywurst-Pagode ergänzt wird. :lockerrot:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Die Rekonstruktion des Sanchitores mag an den Ort nicht passen schadet aber auch nicht sondern hilft eher bei der Vermittlung des Konzeptes "Rekonstruktion".

    Und an wen soll sich diese Überzeugungsarbeit richten? Die Mehrheit der Bürger hat doch ohnehin kein Problem mit Rekonstruktionen, ein Blick in die Rezensionen des Humboldtforums bei Google zeigt dass der Bau und seine Museen begeistert in der Bevölkerung angenommen wurde.

    Die selbsternannten "Eliten" aus linken Politikern, Medien-Vertretern und Architekten wird man durch das neu aufgestellte Tor aber wohl kaum von der Sinnhaftigkeit von Rekonstruktionen überzeugen. Diesen Leuten geht es nicht um Logik und überzeugende Argumente, sondern nur um ihre Weltanschauung, an der sie verbissen festhalten.

  • Ja, wenn hier einer ernsthaft glaubt, durch die Aufstellung des Sanchi-Tors würden sich die Rekonstruktionsgegner z.B. der nicht weit entfernten Bauakademie auch nur um einen Millimeter zu mehr Akzeptanz bewegen, dem ist auch nicht mehr zu helfen. ;)

  • Ja, wenn hier einer ernsthaft glaubt, durch die Aufstellung des Sanchi-Tors würden sich die Rekonstruktionsgegner z.B. der nicht weit entfernten Bauakademie auch nur um einen Millimeter zu mehr Akzeptanz bewegen, dem ist auch nicht mehr zu helfen. ;)

    Das hat doch niemand behauptet. Ich meine nur, dass man immer gut damit bedient ist die Argumente seiner Gegner entkräften zu können. Nicht gegenüber den Gegnern: Oswalt & Co. werden sich um keinen Millimeter bewegen, sondern gegenüber denjenigen, die auf die falsifizierbaren Argumente reinfallen. Man muss versuchen die zu überzeugen, die rationalen Argumenten zugänglich sind. Das Abarbeiten an den Ideologen, wie hier so gern üblich, ist völlig sinnfrei.

  • Man muss versuchen die zu überzeugen, die rationalen Argumenten zugänglich sind.

    Eben. Da gehört der Schwerpunkt hin. Und oft geht das leichter als man denkt, vor allem wenn wir bildlich darstellen, was wir meinen.

    Kaum jemand mit (nicht abtrainiertem) natürlichen Empfinden für Schönheit und Lebensqualität findet keinen Gefallen an einem klassischen Schmuckplatz inmitten der Stadt. Sowas ist selbst in Modernistenkreisen gut vermittelbar, rekonstruierte Plätze wie der Schinkelplatz sind da akzeptiert.

  • Ein Tor ohne Torfunktion ist schon komisch. Hat so etwas verlorenes finde ich

    Es soll ein "Kontrapunkt" zum Brandenburger Tor sein...

    "...

    und auch nach außen wird korrespondiert, nämlich mit dem Stadtraum, da das Sanchi-Tor einen Kontrapunkt zum Brandenburger Tor am anderen Ende der Prachtallee Unter den Linden setzen wird..."

    Ein Sanchi-Tor aus rotem Röttbacher Mainsandstein
    Ende 2022 soll vor dem Berliner Humboldt Forum eine Rekonstruktion eines altindischen Tors aufgestellt werden. Ins Werk setzen wird das Neu-Berliner…
    www.preussischer-kulturbesitz.de

    Sicher wird das Tor eine sehr beliebte Stelle für Touristen für Selfies werden.

  • Der Pariser Place de la Concorde hat ja mit dem Obelisk von Luxor auch einen exotische Monolithen. Wobei da die Komposition deutlich stimmiger ist, und Obelisken sind natürlich seit Jahrhunderten auch Teil europäischer Städte.

    Ich glaube auch, dass das Sanchi-Tor ein beliebter Selfie-Punkt und vielleicht Sammel-/Treffpunkt für Besuchergruppen wird.
    Möge es ruhig mehr Leute in den Schlüterhof locken.

  • Es wirkt deplatziert, die Ostseite wäre besser gewesen.

    Das es an dieser Stelle deplaziert wirkt finde ich nicht.Deplatziert wäre es an der Ostseite. Gerade an der Nordseite(Lustgarten,Dom) des Schlosses wirkt das Sanchi-Tor auf die dort vorbeiströmenden Touristen am besten.Ich vermute, die meisten Besucher des HF betreten es auch von der Nordseite her.

  • Der Pariser Place de la Concorde hat ja mit dem Obelisk von Luxor auch einen exotische Monolithen. Wobei da die Komposition deutlich stimmiger ist, und Obelisken sind natürlich seit Jahrhunderten auch Teil europäischer Städte.


    Was hat den die place de la concore mit dem Lustgarten zu tun? Das ist doch städtebaulich ein völlig anderer Ort. Und Napoleon hatte Ägypten erobert und den Obelisten als Beute mitgebracht. War Indien jetzt preußisch besetzt? Mir ist nicht erklärlich, zu welchem Erkenntnisgewinn diese Bemerkung führen soll.

  • Zur place de la Concorde, Napoleon hat gar nichts mit der Obelisk zu tun. Beiden Obelisken aus dem Tempel in Luxor wurden 1830 vom Sultan Mehmet Ali am König Karl den X geschenkt, als Symbol der Freundschaft. Napoleon war längst verstorben.

    Karls Nachfolger, Ludwig Philipp den 1sten , wusste am Anfang nicht was er damit tun sollte.

    Im Endeffekt wurde entschieden, nur eine der Obelisken nach Frankreich zu transportieren, und diese an der Place de la Concorde zu bringen : die Place de la Concorde war damals im Herz von Paris und das grösste Platz der Stadt. Im 18. Jahrhundert hiess die "Place Louis XV" und hatte eine ziemlich grosse Statue des Königs in der Mitte. Während der Revolution wurde es in "Place de la Revolution" umgetauft, die Statue des Königs wurde eingeschmoltzen, und an dessen Platz wurden prominenten exekutiert. Danach kam eine provisorische "Freiheitsstatue" (die ebenfalls 1800 abgetragen wurde), und 1795 wurde der Platz in "Place de la Concorde" umgetauft, Concorde bedeutet Einigkeit. Eine Obelisk dort aufzustellen erschien die beste Lösung weil dieses Monument politisch Neutral ist.

    Zum eigentlichen Thema : ich mag mich irren, aber der Humboldt-Forum ist ja ein ethnologisches Museum, daher finde ich es eigentlich nicht verkehrt es daneben anzubringen. Die Gegend ist ja eh eine Steinwüste mit ein paar wenige grüne Flecke, mann kann es daher sogar als Bereicherung betrachten.

  • Danke für die Aufklärung! Das Geschenk, das Champollion dann nach Paris brachte (ich wähnte es zeitlich früher) ist dennoch ohne Napoleons Ägyptenfeldzug kaum denkbar.

    Der Verweis auf das Völkerkundemuseum ist völlig korrekt. Ich emfinde das Tor da auch nicht störend.

  • Noch ein paar Bilder vom Sanchi-Tor von heute, von mir:


    Berliner Schloss

    Und nette Kombi-Fotomotive gibt es auch ab. Für Touris sicher reizvoll. Und so mancher Fotograf wird auch das Jucken im Auslöserfinger spüren. Sandstein zu Sandstein, in lebendigem Farbenkontrast. Und die Üppigkeit der indischen Figurenszenen hat ja geradezu was Barockes, "indischer Barock" sozusagen. Es gibt also Verbindungen zur Fassade und es lockert den Vorplatz auf, ein Blickfang, ein Auftakt zum Schloß (und schließlich ein Türöffner für die Aufstellung der Rossebändiger, wenn das Tor, dann auch die Rosse). Der Abstand zur Fassade scheint mir groß genug. Nicht auszudenken, wenn man moderne Skulptur für den öffentlichen Raum installiert hätte, so ein Blech/Stahlding. Es reichen schon die schwarzen Bildschirmstelen und die Fahrradständer, inkl. Leuchtmasten.

  • Danke für die Aufklärung! Das Geschenk, das Champollion dann nach Paris brachte (ich wähnte es zeitlich früher) ist dennoch ohne Napoleons Ägyptenfeldzug kaum denkbar.

    Der Verweis auf das Völkerkundemuseum ist völlig korrekt. Ich emfinde das Tor da auch nicht störend.

    Es ist natürlich korrekt dass es ohne den Feldzug weitaus anders gewesen wäre, dadurch entstand ja auch eine richtige Ägyptomanie. Ich weise auf die tolle Arte-Dokumentation über Champollion hin. :)