Berliner Schlossplatz - Schlossbrunnen - Breite Straße

  • Damit hast du absolut recht. Aber was sagt es dann über den Bremer Brunnen aus, wenn dieser von einer bürgernahen Stiftung für ein wohnliches Umfeld finanziert wurde und die Bürger selbst die Wahl hatten, ihren Brunnen auszuwählen? Offensichtlich, dass die Bürger genau diesen Brunnen für die Förderung ihrer Lebensqualität im öffentlichen Raum als richtig hielten. Wie können wir dann daherkommen und genau diesen Brunnen als negatives Beispiel für Stadtraumgestaltung heranziehen? Das erscheint mir doch recht paradox.

    Ich frage mich nur, welche Alternativen die Bürger haben, wenn

    - es heute Künstler wie Begas gar nicht mehr gibt

    - Künstler, die einen anderen Stil vertreten als der Schöpfer des Bremer Brunnens, der Öffentlichkeit nicht bekannt sind, weil der Kultur- und Medienbetrieb sie ignoriert

    - diejenigen, die in den entscheidenden Gremien sitzen, ähnlich "modernistisch" denken wie die meisten "Fachpreisrichter" in Architektenjurys?

    - die sogenannte "breite Masse" selbst auch nicht mehr genug Stilsicherheit besitzt, um wirklich gute Kunst zu erkennen, weil dieses Wissen nicht mehr vermittelt wird und qualitätsvolle Kunst, die Maßstäbe setzt kaum mehr entsteht?

    Kurzum, wenn ein elitärer Mainstream über Jahrzehnte hinweg für eine gewisse Alternativlosigkeit gesorgt hat?

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Kurzum, wenn ein elitärer Mainstream über Jahrzehnte hinweg für eine gewisse Alternativlosigkeit gesorgt hat?

    Heißt also im Umkehrschluss, dass bei einer Bürgerbeteiligung nicht Vernünftiges herauskommen kann, weil das Kunstschaffen am Boden liegt, gar nicht in der Lage ist, Ansprechendes zu präsentieren? Diese Sichtweise ist mir viel zu fatalistisch. In diesem Forum wird seit Jahren für die Möglichkeit von bürgernahen Entscheidungsprozessen bei der Stadtraumgestaltung plädiert und wird dies einmal tatsächlich umgesetzt, wird an dem Ergebnis herumgemäkelt. Wir kennen doch die anderen Entwürfe gar nicht, aber einige hier gehen bereits jetzt davon aus, dass diese nur noch schrecklicher gewesen sein können. Der Bremer Brunnen wird gar dafür verwendet, als DAS Negativbeispiel herzuhalten, obwohl es durch einen demokratischen Prozess, Spenden und die Finanzierung einer Stiftung zur Verbesserung des Stadtraumes realisiert wurde. Übrigens diese Stiftung hier: https://www.weser-kurier.de/bremen/rot-gru…63dn3q888myyj16

    Das erinnert mich an die Argumentationen, die zeitgenössische Kunst bereits zu vorletzten Jahrhundertwende ausgesetzt war. Die Impressionisten und vor allem die Expressionisten waren zunächst missachtet und Anfeindungen ausgesetzt. Das sei ja gar keine Kunst, die da geschaffen würde. Besonders im konservativen Deutschland war der Aufschrei groß. Exemplarisch steht hier die Geschichte von Edvard Munch: https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/der-sc…von-berlin-1892 (Spannenderweise liegt zwischen Begas Neptunbrunnen und Munchs Ausstellung nur ein Jahr, aber die Kunst könnte nicht gegensätzlicher sein):

    Kurzum: Einige hier sind also der Ansicht, dass nur barocke oder historistische Kunst würdig genug sei, neben dem Berliner Schloss aufgestellt zu werden, denn die heutige Kunst sei gar nicht in der Lage, halbwegs Adäquates zu schaffen. Und deshalb brächte eine Bürgerbeteiligung zur Schaffung eines neuen Brunnens auch nichts Gutes hervor.

    Kunsthistoriker | Webdesigner | Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing - Meine Kulturthemen

  • Hier die Seitenaufnahme des Bremer Neptunbrunnens von Vitusstädter:

    Natürlich kann auch mehr oder weniger dingliche abstrakte Kunst schön wirken - insbesondere wenn der Künstler auch eine fundierte bildnerische Ausbildung erhalten und wirkliche Begabung hat, wie zB Picasso, Kandinsky. Dieser Neptunbrunnen kann aber beim besten Willen nicht als schön bezeichnet werden. Die Proportionen wirken ungelenk, das Material (Beton?) schlecht gealtert.

    Wenn Bürger unter eingereichten Entwürfen auswählen dürfen, wird meist der am wenigsten hässliche genommen. Ist bereits die Auswahl kläglich, wie weiter oben ja bereits vermutet, dann ist das Ergebnis eben nicht so großartig. Wenn Fachpreisrichter auswählen, ist das Resultat meist noch schlechter - vermutlich gibt es da eine Art Betriebsblindheit, die sich über das natürliche Schönheitsempfinden legt. Bei Architekturwettbewerben läuft es ja so ähnlich.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Der Brunnen ist an dem Platz gut gewählt.

    Was die Häßlichkeit dieses häßlichen Brunnens betrifft ist er nicht häßlicher als das häßliche Umfeld, wie z.B. dieses häßliche Bauwerk direkt im Hintergrund.

    Am Schloß würde so ein häßlicher und banaler Brunnen sehr stören, wie es die Wippe in ein paar Jahren tun wird.

  • Mir ist bei diesem Beispiel auch nicht klar, wieso man nicht gleich auf die Figuren verzichtet hat. Das Brunnenoval als solches passt auf den Platz und geht (für meinen Geschmack) in Ordnung. Die "Böser Mann quält Ponys" - Plastiken hätte man besser durch eine Fontäne ersetzt.

  • Wie können wir dann daherkommen und genau diesen Brunnen als negatives Beispiel für Stadtraumgestaltung heranziehen? Das erscheint mir doch recht paradox.

    Naja aber Deine Folgerung ist dabei doch auch problematisch. Du sagst im Prinzip, dadurch, dass es demokratisch legitimiert wurde, verbietet sich eine kritische Haltung. Dabei wissen Wir weder, wer da abgestimmt hat (waren es etwa wie in Paris mit den Elektrorollern nur 8% aller Wahlberechtigten, und selbst bei denen dann nicht die, die wirklich die Nutznießer sind), noch wissen wir über was da abgestimmt wurde. Noch nicht einmal wie knapp oder überwältigend die Entscheidung war. Was Wir wissen ist, dass die Bremer einigen Künstlern immer wieder Aufträge gegeben haben, so neben dem hier relevanten Waldemar Otto mit mindestens 6 Werken auch z.B. Bernd Altenstein mit mindestens 10 Werken. Die Hintergründe davon sind mir nicht bekannt, aber miteinzubeziehen in die zu nachvollziehende Wahlentscheidung.

    Ich finde selbstredend auch wichtig, dass wenn die Menschen vor Ort sich eine entsprechende Gestaltung wünschen, man das akzeptiert. Es sollte einen nur nicht aufhalten kritisch mit der Wahl umzugehen, zu hinterfragen. Wenn man selbst Schwachstellen ausmacht, diese eventuell einbringt, und sich anhört, warum das nicht miteinbezogen wurde in die Entscheidung. Dazu muss es möglich sein Kritik laut zu üben.

  • Du sagst im Prinzip, dadurch, dass es demokratisch legitimiert wurde, verbietet sich eine kritische Haltung.

    Zur Gestalt des Brunnens habe ich mich ja selbst auch kritisch geäußert, nachdem ich nicht nur die frontale Ansicht betrachtet habe. Was ich allerdings für äußerst problematisch halte:

    • Einen Brunnen als negatives Gegenbeispiel zum Berliner Neptunbrunnen heranzuziehen, der wie nur wenige andere durch die Bürgerschaft initiiert, finanziert und ausgesucht wurde. Das wird dann nämlich ganz schnell zum Eigentor, wenn man solche demokratischen Prozesse auch bei Kunst im öffentlichen Raum an anderer Stelle fordert.
    • Die Grundhaltung, dass Abstraktion in der Kunst uns von der Schönheit weg bringt. Haben uns Impressionisten und Expressionisten (und irgendwo hier ist der Bremer Brunnen im Grad seiner Abstraktion angesiedelt) gelehrt, dass diese These falsch ist? Auch einen gegenstandslosen Kandinsky würden sehr, sehr viele kunstliebenden Menschen als schön bezeichnen.

    Kunsthistoriker | Webdesigner | Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing - Meine Kulturthemen

  • Hier die Seitenaufnahme des Bremer Neptunbrunnens von Vitusstädter:

    Natürlich kann auch mehr oder weniger dingliche abstrakte Kunst schön wirken - insbesondere wenn der Künstler auch eine fundierte bildnerische Ausbildung erhalten und wirkliche Begabung hat, wie zB Picasso, Kandinsky. Dieser Neptunbrunnen kann aber beim besten Willen nicht als schön bezeichnet werden. Die Proportionen wirken ungelenk, das Material (Beton?) schlecht gealtert.

    Wenn Bürger unter eingereichten Entwürfen auswählen dürfen, wird meist der am wenigsten hässliche genommen. Ist bereits die Auswahl kläglich, wie weiter oben ja bereits vermutet, dann ist das Ergebnis eben nicht so großartig. Wenn Fachpreisrichter auswählen, ist das Resultat meist noch schlechter - vermutlich gibt es da eine Art Betriebsblindheit, die sich über das natürliche Schönheitsempfinden legt. Bei Architekturwettbewerben läuft es ja so ähnlich.

    Bevor der Brunnen 1991 aufgestellt wurde, hatten die Bremer gehofft, dass der Teichmannbrunnen, der einst auf dem Domshof stand und 1940 als Metall-"Spende" missbraucht wurde, als Kopie seinen Platz zurück findet. Aber die Regierung des Bürgermeisters Klaus Wedemeier blieb knallhart. Wedemeier war kein Freund von Rekonstruktionen und was die Bremer wollen.....na ja, wen interessiert das? Nur, wenn´s politisch in das Konzept passt. Hier zwei Bilder des von den Bremern eigentlich gewünschten Brunnens.:

    Den Neptunbrunnen des künstlerisch überregional anerkannten Bildhauers Waldemar Otto hätte ich mir an anderer Stelle gewünscht, z. B. in einem modern gebauten Stadtteil wie der Neuen Vahr. Ich habe eine Beschreibung aus Wikipedia kopiert und unten eingefügt:

    Neptunbrunnen (Bremen)

    220px-Neptunbrunnen_Bremen_MPP_8883.jpgNeptunbrunnen in Bremen

    Der Neptunbrunnen auf dem Domshof in Bremen ist ein Kunstwerk des Bildhauers Waldemar Otto das im Jahre 1991 aufgestellt wurde. Es handelt sich um einen der wenigen modernen Neptunbrunnen.

    Der Brunnen

    Der Brunnen befindet sich im Stadtzentrum Bremens auf dem Domshof, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Dom und Rathaus. Er ist so ausgerichtet, dass er zwischen diesen beiden Gebäuden hindurch Richtung Haus der Bürgerschaft blickt. Die Grundfläche in Form einer Superellipse hat eine Größe von zirka 4 × 6 Meter, eine Höhe von zirka 3,5 Meter und besteht aus einem Sockel aus grünem Granit aus dem schweizerischen Andeer sowie einer Figurengruppe aus Bronze. Im Sockel, der sich drei Stufen über dem umgebenden Niveau erhebt, ist mittig ein flaches Becken eingelassen. Darin steht eine massive tischartige Plattform, die die Wasserfontänen enthält und die Hauptfiguren trägt. Die Längsseiten des Sockels werden von zwei Granitblöcken flankiert, die als Bänke dienen.

    Finanziert wurde der Brunnen aus Spenden sowie Mitteln der Stiftung Wohnliche Stadt. Über die Ausführung wurde 1990 abgestimmt. Die Einwohner Bremens durften hierbei zwischen drei Entwürfen wählen, zusätzlich bestand die Möglichkeit in einem ausliegenden Buch die persönliche Meinung zu den Vorschlägen zu äußern. [1]

    Die Figurengruppe

    220px-NeptunbrunnenDomshof-2.jpgRückwärtige Ansicht des Brunnens

    220px-Bremen_Market_Square_12_zoomed.jpg
    Detail des Brunnens – Triton, Sohn des Poseidon

    Die Figurengruppe des Brunnens zeigt verschiedene Gestalten aus der römischen beziehungsweise griechischen Mythologie. In der Mitte steht dabei der Meeresgott Neptun (griechisch Poseidon), der auf seinem von zwei Pferden gezogenen Wagen über die Wellen reitet und seinen Dreizack empor reckt. Der Wagen selbst wird dabei durch einen Granitblock angedeutet, der sich über die Fontänen (d. h. über die Wasserebene) erhebt, lediglich Poseidon selbst und das Pferdegespann sind in Bronze geformt, wobei wiederum von den beiden Pferden, die aus ihren Nüstern hin und wieder Wasser versprühen, nur die Köpfe plastisch ausgearbeitet sind.

    Seitlich des Wagens ist Triton zu erkennen, Sohn des Poseidon, der mit Hilfe einer Muschel – die er wie ein Fanfare bläst – die Wellen aufwühlen oder glätten kann. Am Beckenrand sitzt der greise Nereus, Vater der Nereiden (der Meeresnymphen). Als vierte Hauptfigur kommt an der Rückseite des Brunnens Proteus, der weissagende und formwandelnde Meeresgott hinzu, dessen Gestalt zur Hälfte von einem Halbzylinder verdeckt ist, der eine soeben initiierte Verwandlung symbolisiert. Hinzu kommen noch einige kleinere Figuren, wie Meeresnymphen am Rand der Plattform und Fische auf dem Grund des Beckens.

    Die zentrale Gestalt des Poseidon, aber auch die des Proteus, sind in der für Otto typischen Formgebung der Torsi gestaltet. Hinzu kommt, dass sich beide Figuren, die von vorne aus betrachtet massiv wirken, aus einem anderen Blickwinkel als offene Schalen darstellen und, im Falle des Poseidon, eine innere Struktur aus Metallstreben – einem Knochengerüst ähnlich – erkennen lassen.

  • Ein postmoderner Brunnen wie in Bremen wird sicher nicht Ergebnis einer Ausschreibung des Berliner Senats für einen Brunnen auf dem Berliner Schloßplatz sein. Der Senat wird sich ganz sicher auch von der Neptunthematik lösen, weil diese durch das heutige Umfeld keineswegs zwingend ist. Die Paraphrase der Piazza Navona, die der Schloßplatz einmal war, ist ja zerstört und die Beziehungen heute nicht mehr vorhanden.

    Deshalb wird Petra Kahlfeldt, wenn das Thema noch in dieser kurzen Legislatur in die Umsetzung geht, das Thema sicher öffnen und die Brunnenthematik wird eher als Mikroklimaaspekt gelesen werden. Die Berliner CDU wie die SPD haben den Anspruch "modern" zu sein, deshalb haben es ja die Rekonstruktionsbefürworter auch in der Berliner CDU so schwer.

    Eine Variante ist sicher der sog. Wasserspiegel ("miroir d'eau") aus Bordeaux, der vor historischen Fassaden verführerisch daherkommt und sehr populär ist. Varianten davon stehen in vielen Städten der Welt. Hier passt die kühlende Funktion, der Mitmacheffekt, der für Touristen wichtig ist, ist auch hoch. Eine kleine Varianten hat schon auf dem Walter-Benjamin-Platz Erfolge gefeiert.

  • Hier zwei Bilder des von den Bremern eigentlich gewünschten Brunnens.:

    Wahnsinn, ist das ein spektakulärer Brunnen.

    Zu Bordeaux, ich war dort, und empfand diesen Brunnen als sehr unangenehm. Das tut zwar für die Entscheidung nichts, aber der Nebel zog über den Platz und hat mich erwischt, obwohl ich in dem Moment keine Abkühlung gesucht habe. Auch habe ich beim ersten mal den Brunnen nicht erkannt und bin drüber gelaufen - mit ebenso unfreiwilliger Überraschung. Denke diese Anlage dürfte deutlich mehr Wasser verdampfen, als andere Kühlespender, wie Platzgrün oder Brunnen mit normalem Wasserstrahl. So war mir die kühlende Wirkung wie besagt zu intensiv.

  • Heißt also im Umkehrschluss, dass bei einer Bürgerbeteiligung nicht Vernünftiges herauskommen kann, weil das Kunstschaffen am Boden liegt, gar nicht in der Lage ist, Ansprechendes zu präsentieren? Diese Sichtweise ist mir viel zu fatalistisch.

    (...)

    Kurzum: Einige hier sind also der Ansicht, dass nur barocke oder historistische Kunst würdig genug sei, neben dem Berliner Schloss aufgestellt zu werden, denn die heutige Kunst sei gar nicht in der Lage, halbwegs Adäquates zu schaffen. Und deshalb brächte eine Bürgerbeteiligung zur Schaffung eines neuen Brunnens auch nichts Gutes hervor.

    Ich habe keinesfalls generalisiert, sondern in Konditionalsätzen gesprochen: "wenn...."

    Außerdem möchte ich festhalten: Ja, wir haben tatsächlich eine Trivialisierung des Massengeschmacks. Das haben übrigens schon die von Dir genannten Impressionisten und Expressionisten bedauert, deren Werke im übrigen um Welten besser sind als der Bremeraner Brunnen. Allerdings war die von der Bourgeoisie geschätzte Salonmalerei in weiten Teilen auch nicht schlecht, wenngleich sie von den Impressionisten und Expressionisten und Sezessionisten schlechtgeredet wurde....

    Aber Tatsache ist doch, dass wir im Großen und Ganzen weder in der Architektur noch in den Bildkünsten das Niveau von vor 100 Jahren haben. Und das liegt wohl tatsächlich auch an der Ächtung der gegenständlichen Kunst und des Ornaments. Wenn das Gegenständliche und das Ornament nicht mehr reguläre Teile des Gestaltens und der Gestaltungslehre sind, dann verkommen sie zum Kitsch - dafür haben wir jede Menge Beweise. Und die Architektur und die Bildkunst reduzieren sich auf einen reinen Geometrismus, der mit der Zeit auch immer banaler wird. Am Ende haben wir dann den Brunnen auf dem Postplatz in Dresden - eine bessere Autowaschanlage im Freien. Und auch die vielen "Brunnen", die wie in Bordeaux (s.o.) aus eingetieften Sprinkleranlagen bestehen, besitzen ja keine wirkliche gestalterische Kraft mehr....

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Von Waldemar Otto steht in meiner Heimatstadt Bietigheim die Bronzefigur Adam isst die Frucht. Als ausdrucks- und ausstrahlungsstarke Plastik behauptete sie sich jahrzehntelang sehr selbstbewusst in unmittelbarer Nachbarschaft von Rathaus und Hornmoldhaus und bereicherte die Altstadt. Aus äußeren Gründen hat man sie vor einiger Zeit in einen Park versetzt, wo sie für mich etwas verloren wirkt.

    Ich halte Waldemar Otto für einen bedeutenden Künstler. Freilich finde ich in dem Bremer Brunnen, den ich aber nur von den Bildern hier kenne, sehr wenig von der Erlebniskraft des Bietigheimer Adams.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Zwischen dem Bietigheimer Adam und dem Bremer Neptun liegen m. E. Welten. In Bietigheim wurden menschliche Eigenschaften wie die unreflektierte Unmäßigkeit thematisiert und durch Körperhaltung, Physiognomie und Physiologie herausgearbeitet. Die Figur ist ausdrucksstark. Die Abstraktion wirkt intensivierend, nicht entfremdend. Das zeigt sich deutlich im reduzierten Gesicht. Die mininale Andeutung der Augen vermittelt, so weit ich das von Bildern her beurteilen kann, eine konsumorientierte Tumbheit. Als Prototyp des Menschen könnte Adam somit für die Gedankenlosigkeit und Selbstbezogenheit der Konsumgesellschaft stehen - die, wie der Titel sagt, eben ihr "Paradies plündert".

    Warum aber wurde die Figur versetzt? Wegen der neuen Prüderie in Teilen unserer Bevölkerung?

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Zwischen dem Bietigheimer Adam und dem Bremer Neptun liegen m. E. Welten. In Bietigheim wurden menschliche Eigenschaften wie die unreflektierte Unmäßigkeit thematisiert und durch Körperhaltung, Physiognomie und Physiologie herausgearbeitet. Die Figur ist ausdrucksstark. Die Abstraktion wirkt intensivierend, nicht entfremdend. Das zeigt sich deutlich im reduzierten Gesicht. Die mininale Andeutung der Augen vermittelt, so weit ich das von Bildern her beurteilen kann, eine konsumorientierte Tumbheit. Als Prototyp des Menschen könnte Adam somit für die Gedankenlosigkeit und Selbstbezogenheit der Konsumgesellschaft stehen - die, wie der Titel sagt, eben ihr "Paradies plündert".

    Warum aber wurde die Figur versetzt? Wegen der neuen Prüderie in Teilen unserer Bevölkerung?

    Mich würde interessieren, wie Du die Skulptur "Zur Schicht" von Waldemar Otto beurteilst. Hat das Deiner Ansicht nach "Bietigheimer Adam" Niveau?

    Die Skulptur steht im Bremer Stadtteil Gröpelingen und erinnert an die Arbeiter der Großwerft AG "Weser", die am 31. Dezember 1983 abgewickelt wurde und bis dahin als modernste Werft Europas galt. Gröpelingen war damals d e r Arbeiterstadtteil, heute ist aus ihm d e r Migrantenstadtteil geworden.

    Hier einige Fotos der Skulptur:

  • Es ist kein Vorplatz sondern die ehemaligen Docks, die bis in den 50ger aktiv waren. Ausserdem gibt es solch Grünanlagen Rechts und Links vom miroir d'eau.

    Place-de-la-Bourse-6.jpg

  • Es gibt eine für alle hinnehmbare, nämlich die schon bekannte Kopie-Lösung für den südlichen Schloßplatz, vorausgesetzt, auch der Berliner Senat könnte sich darauf einlassen:

    Am besten wäre es, eine Kopie des Naturbrunnens wird ausgeschrieben, hergestellt und vor Portal II aufgestellt. Diese Lösung hätte folgende Vorteile:

    1. Die Ausschreibung wäre einfach ohne blumige Vorgaben maß- bzw. fotografiegenau zu erstellen und für Herstellungsunternehmen zu kalkulieren.

    2. Bezirksbürgermeister Berlin Mitte und die örtlichen Bewohner hätten ihr "Recht" bzw. ihren Wunsch durchgesetzt und ihren Brunnen an Ort und Stelle beibehalten.

    3. Vor Portal II würde der Brunnen in dem früherem Anblick sowie optisch und ästhetisch eingepasst im ehemaligen Umfeld wieder wirken und ein Teil der "Schloßplatz-Nachbesserung" wäre damit entschieden.

    4. Der Förderverein Berliner Schloss wäre immerhin einverstanden und könnte dieser Lösung nach eigener Aussage ebenfalls zustimmen.

    5. Es müsste zwar eine Ausschreibung für eine die Schaffung einer Kopie stattfinden, aber eine frei künstlerische Ausschreibung mit Kommission, riskanten modernen Zumutungen und Auswahl bliebe uns allen erspart.

    Es würde Zeit und Kosten gespart, weil die Zeit für Vorentwürfe und 2. Runde eventuell entfielen.

    6. Eine Auseinandersetzung über Orginal versus Kopie ist ästhetisch nicht von Belang und eine Brunnenrekonstruktion könnte sich mit einer Fassdenrekonstruktion ohne Arroganz oder Minderwertigkeitsgefühl sicher vertragen.

    Wer bringt diese einfache Lösung dem Senat bei?

  • Wer bringt diese einfache Lösung dem Senat bei?

    Ich hoffe der Heilige Geist, denn sonst kommt einfach niemand mehr in Frage. Selbst ein CDU-geführter Senat plädiert gegen die Rückkehr des Neptunbrunnens und für den Bau eines "modernen" Brunnens. Eine Kopie des Neptunbrunnen scheint keine ernsthaft diskutierte Option zu sein. Das sind die traurigen Realitäten in Berlin.

  • Selbst ein CDU-geführter Senat plädiert gegen die Rückkehr des Neptunbrunnens und für den Bau eines "modernen" Brunnens. Eine Kopie des Neptunbrunnen scheint keine ernsthaft diskutierte Option zu sein

    Was verstehen die eigentlich genau unter "modernen Brunnen"?

    Zeitgenössisch, abstrakt oder ist es nur eine Umschreibung für "alles, nur nicht der Neptunbrunnen".?

    Wie wäre es mit der Rekonstruktion eines (oder mehrere kleiner) anderer Brunnen.

    Z.B. diesen hier aus Erfurt

    (Fotos von dieser Woche)