Berliner Schlossplatz - Schlossbrunnen - Breite Straße

  • Bei der Rekonstruktion nimmt man aber meistens den letzten Zustand vor der Zerstörung. Das wäre in unserem Fall ein Schloss mit Brunnen auf der Südseite. :tongue:

    Soweit mir bekannt, hat man sich bei Rekonstruierung des Stadtschlosses aber am Zustand des 18. Jahrhunderts orientiert (wobei die Kuppel schon ein Ausreißer und daher auch durchaus umstritten war).

    Ich bin überhaupt nicht gegen die Rückkehr des Brunnens, will aber aufzeigen, welche Fallstricke sich auftun, wenn man nicht sauber argumentiert. Die Argumente pro Brunnen müssen schon hundertprozentig sauber und gut recherchiert sein, sonst fliegen sie uns um die Ohren ...

  • UrPotsdamer

    Nein, das stimmt so nicht.

    Man hat sich beim Schloss bewusst am Zustand des 19. Jhs. orientiert, indem man nicht die kleinteilige Sprossung des Barock wiederhergestellt hat, ebensowenig (leider) wie die Farbfassung bzw. dezente, teils vereinheitlichen, teils bewusst akzentuierende Schlämmung der Fassaden.

    Insofern wären die (auch von mir sehr ersehnte) Rückkehr des Neptunbrunnens an den Schlossplatz und die der beiden absolut hochkarätigen Rossebändiger auf die Lustgartenseite nur mehr als konsequent!! Ich bin ehrlich gesagt auch sehr zuversichtlich, dass dies passieren wird [an den ollen Oraniern und dieser Adlersäule hänge ich weniger].

    Leider habe ich das Schloss bis dato immer noch nicht gesehen und begnüge mich mit dem wunderschönen neuen Hirmer-Band. Was für ein Bau - was für eine Leistung aller Beteiligter. Lassen wir uns diese durch die Miesepeter bei der Senatsverwaltung und der Stiftung nicht verderben.

    Wappenkartusche, Reliefs, Attika- und Kuppelfiguren sowie die Vestibüle IV und V werden kommen.

    DAS BERLINER SCHLOSS STEHT.

  • ^Das ist der Unterschied zu Potsdam: hier orientiert sich die Denkmalpflege, die solche Rekos begleitet, stets am ursprünglichen ausgeführten Entwurf und nicht an dem letzten vor der Zerstörung.

  • Im Falle des Berliner Domes trifft ja leider beides nicht zu. Sonst hätte man ja, konsequenterweise, die ursprünglich geplanten und auch noch vor der Zerstörung vorhandenen Kuppeln bei der Sanierung wiederhergestellt. Doch der Denkmalschutz ist da wohl sehr dehnbar und dreht sich die Definition, wie sie gerade am besten passt. :wink:

    Deshalb steht nun auch die günstigste Variante, der Erhalt des Ist-Zustandes, unter Denkmalschutz.

  • Wie wäre es denn, den Brunnen aus dem Phantasialand für den Schloßplatz zu kaufen? Die Herkunft ist angesichts der breit getragenen Wünsche nach Duplikaten dann doch ganz passend. Und gut in Schuss ist er im Gegensatz zum Original auch...

    Bild: Christian Solar - Lizenz: CC BY-SA 4.0

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Nächsten Dienstag können die Temperaturen in Berlin auf über 30 Grad steigen auch am neu rekonstruierten Berliner Schloss. Wie wird man sich vor Portal I und Portal II auf einer hektargroßen Pflasterwüste namens Schloßplatz fühlen? Kein Baum, nichts Kühlendes wie z.B. ein grandioser wasserreich schüttender Brunnen - nur eine lange, lange Fassade, die alle Hitze auf den Platz zurückwirft, die nirgendwohin entkommen kann, eine endlos lange und harte Steinbank, auf deren Sitzfläche man Spiegeleier wird braten können. Auch Fahrradständer, und seien es noch so viele, tragen absolut nichts zur Kühlung bei.

    Alle Welt schaut seit Jahren nach Möglichkeiten von Grün in den Städten, Architekten begrünen Hochhäuser, Bäume, Pflanzen, Grünanlagen, wo es nur geht!

    Der Schlossplatz hat einmal alles gehabt: zwei Grünanlagen mit Platz für Bäume, einen gewaltigen kühlenden Brunnen! Wurde alles verhindert, und gerade die Grünen haben beim Verweigern von Grün mitgemacht - fast surreal!

    Der Schlossplatz in Berlin wird in den nächsten Tagen zum unwirtlichsten Platz Europas.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Ich bin ja selber sehr für den Schlossbrunnen, aber mit solchen maßlosen Übertreibungen ist niemandem gedient. Es gibt wesentlich größere, wesentlich unwirtlichere Plätze in EEuropa - nur Mal zum Beispiel in Italien. Nicht jede Piazza hat einen Brunnen...

  • Auf der Terrasse von Sanssouci oder im Gartenparterre von Versailles kann es bei großer Sommerhitze auch sehr unangenehm werden. Da empfiehlt es sich, kühle Räume aufzusuchen, wie Kirchen oder Museen. Eine wirklich tolle Klimaanlage hat der Museumskomplex am Berliner Kulturforum. Gemäldegalerie, Kupferstichkabinett und Kunstgewerbemuseum bieten dort viel Sehenswertes.

    Und geeignetes Wetter für einen Schlossplatzbesuch wird es sicher auch irgendwann wieder geben.

    Berlin, Schlossplatz im Schnee (Foto: Leonhard Lenz, 23. Dezember 2021, CC0)

  • Ich denke, dass der Schlossplatz mit Brunnen und Begrünung einfach auch schöner aussieht. Und warum sollte man das Argument, das Bentele vorgebracht hat, dann nicht nehmen, wenn man damit grüne Politiker für sich gewinnen kann? Allerdings würde ich am Schlossplatz von Rasenflächen absehen, sonst wird das eine Liegewiese wie im Lustgarten. Aber ein paar schöne Buxbaumhecken, die andere Büsche umgeben, das wäre doch nicht schlecht.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Es ist hier deutlich mehrheitsfähig, dass eine botanische Ausschmückung (ganz zu schweigen vom Brunnen) für den heutigen Schlossplatz ein Gewinn wäre. Allerdings ist unbestreitbar, dass diese Attribute allesamt erst im ausgehenden 19. Jhdt. angelegt wurden, als zugleich viele andere Plätze der Stadt (z. B. Gendarmenmarkt, Opernplatz, Pariser Platz) begrünt wurden.

    Der Schlossplatz sah zuvor nun einmal lange Zeit so aus:

    Und später wurde auch nicht gerade wenig Asphalt vergossen.

    Außerdem gibt es viele große Bäume in der Breiten Straße und auch neue vor dem Staatsratsgebäude, nicht zu vergessen die Trauerweide um die Ecke. :)

    Und Plätze ohne Grünanlagen gibt es - wie bereits erwähnt weltweit - zuhauf. Aus dem Kopf: Petersplatz in Rom, Domplatz in Mailand, die riesige Piazza del Plebescito in Neapel, der riesige Grande Place in Arras, Grande Place in Brüssel sowieso etc. etc. Auch für Deutschland würden mir gleich der Frankfurter Römerberg oder der Stuttgarter Marktplatz einfallen.

    Wenn der Fokus zunächst auf der Rückkehr des Schlossbrunnens liegt, stellt sich dann auch automatisch die damit verbundene Frage einer historischen Gestaltung der benachbarten Platzflächen; allein darauf kann man dann hoffen.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Und warum sollte man das Argument, das Bentele vorgebracht hat, dann nicht nehmen, wenn man damit grüne Politiker für sich gewinnen kann?

    Weil das Argument so heillos übertrieben daherkommt, dass kein grüner oder sonstwie gefärbter Politiker es ernst nehmen würde. Im Gegenteil - jedem fallen aus dem Stegreif mehrere europäische Plätze ein, die mindestens genauso kahl, wenn nicht kahler sind. Niemand nimmt solche Argumente ernst - jedenfalls niemand jenseits des Stammtischs. Und wir machen uns und unser Anliegen lächerlich.

  • UrPotsdamer Bevor Du die Argumente anderer als "lächerlich" abqualifizierst, solltest Du Dich erst einmal schlau machen, wie denn die städtebaulichen Debatten bei uns so aussehen. Beispiel Neustädter Markt in Dresden. Da wird - gerade von den Grünen - unter Verweis auf das Stadtklima bzw. das Mikroklima jeder Quadratmeter Grünfläche und und jeder Baum verteidigt, um etwa eine historische Bebauung zu verhindern. Und wenn Du mal durch Freiburg gehen würdest, wüsstest Du, dass die dortigen "Bächle" durchaus an heißen Tagen zu etwas Abkühlung beitragen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Apropos Petersplatz. Er besitzt nicht von ungefähr zwei Brunnen. Zudem wurden die Kolonnaden auch als Schattenspender gebaut. Die westliche Inschrift innerhalb der Nordkolonnade zitiert den Propheten Jesaja, der den Erretteten jenen Schutz verheißt, den Gott ihnen im künftigen Jerusalem auf dem Berg Zion spenden wird: „

    [TABERNACVLVM ERIT] IN VMBRACVLVM DIEI AB AESTV IN SECVRITATEM A TVRBINE ET A PLVVIA ([Ein Zelt wird sein] Zum Schatten am Tage vor der Hitze und zur Sicherheit vor Wetter und Regen; Jes 4,6)“. Zu bestimmten Anlässen wurden sogar große Sonnensegel ausgespannt.

    Man war sich des Problems der Hitze also durchaus bewusst.

    In anderen Städten spendeten auf vielen Plätzen die angrenzenden Häuser Schatten oder sie besaßen verschattete Arkadengänge. Auch der Schlossplatz wies an der Südseite (Stechbahn) eine entsprechende Häuserzeile (von de Bodt) auf.

  • UrPotsdamer Bevor Du die Argumente anderer als "lächerlich" abqualifizierst, solltest Du Dich erst einmal schlau machen, wie denn die städtebaulichen Debatten bei uns so aussehen. Beispiel Neustädter Markt in Dresden. Da wird - gerade von den Grünen - unter Verweis auf das Stadtklima bzw. das Mikroklima jeder Quadratmeter Grünfläche und und jeder Baum verteidigt, um etwa eine historische Bebauung zu verhindern. Und wenn Du mal durch Freiburg gehen würdest, wüsstest Du, dass die dortigen "Bächle" durchaus an heißen Tagen zu etwas Abkühlung beitragen.

    Wird dort auch damit argumentiert, es sei der unwirtlichste Platz Europas? Ich finde nicht das Argument lächerlich, dass Grünflächen und Brunnen der Überhitzung entgegenwirken, sondern die Behauptung, es sei in Berlin am allerallerschlimmsten. Damit holt ihr nämlich keinen einzigen Hund hinterm Ofen hervor; solche Argumentationslinien wirken bloß hysterisch und unprofessionell.

    Abgesehen davon sollten doch inzwischen alle hier wissen: wenn zwei das gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Da die Grünen in Berlin den Brunnen maßgeblich verhindern, werden sie sich durch ein "damit seid ihr schuld an der Überhitzung des Schlossplatzes!!!einself!!!" ganz sicher nicht beeindrucken lassen. Aber unter "am unwirtlichsten in ganz Europa" geht es ja offenbar nicht...

    PS: schlau bin ich schon, sehr sogar.

  • Ich bin ja selber sehr für den Schlossbrunnen, aber mit solchen maßlosen Übertreibungen ist niemandem gedient. Es gibt wesentlich größere, wesentlich unwirtlichere Plätze in EEuropa - nur Mal zum Beispiel in Italien. Nicht jede Piazza hat einen Brunnen...

    Ein guter Leser kann Ironie von einer direkten Benennung der Wirklichkeit unterscheiden!

    Die Übertreibung ist ein wesentliches satirisches Mittel, Spott auszudrücken. Die ironische Schreibweise wird hier, wie es sich gehört, durch das einer anderen Thematik zugehörende Wort „surreal“ angekündigt: Dieser Begriff verschiebt die vorausgehenden realen Aussagen in einen spöttisch wirkenden Zusammenhang, in dem ein vernünftiger Mensch keine sachliche Wahrheit sehen wird, sondern nur den Spott: Es ist grotesk, wenn Grüne Grünes ablehnen! Ich habe statt „grotesk“ als Steigerung das Wort „surreal“ gewählt. Der Superlativ „unwirtlichste“ ist dann keine Benennung der Wirklichkeit, sondern eine weitere Steigerung!

    Im Übrigen wird der Superlativ auch dazu benützt, starke Gefühle auszudrücken: Die Formulierung „ein höchst unglücklicher Mensch“, sagt ja nicht, dass dieser Mensch einen neuen Weltrekord im Unglücklich-Sein aufstellt. Selbstverständlich gibt es real unwirtlichere Plätze in Europa als den glühend heißen Berliner Schloßplatz dieser „unwirtlichsten“ Hitzetage.

    Im Übrigen sind derzeit alle Medien voll von Überlegungen, wie die Städte angesichts der zunehmenden Hitzetage baulich und gärtnerisch abgekühlt werden können. Die Lösung für den Platz vor den Portalen I und II steht bereit, man muss sie nur umsetzen.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

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    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Der Brunnen und die Grünflächen haben den Platz gerade einmal 60 Jahre geprägt. Sie sind Ausfluss eines horror vacui des 19. Jh.s, der jede freie Fläche mit Bäumen, Buchsbaumhecken, Blumenrabatten und Brunnenanlagen zustellte. Das ist nicht immer der Zustand, den ich für rekonstruktionswürdig halte (der Eichstätter Residenzplatz bspw. war im 19. Jahrhundert regelrecht aufgeforstet worden - zum Glück hat man in den 1980er Jahren die barocke Platzgestaltung wiederhergestellt).

    Zum Zeitpunkt der Ersterrichtung der Schlüterschein und Eosanderschen Fassaden haben die Architekten keine Grünflächen und Brunnen auf der Platzfläche vorgesehen. Da man sich beim Wiederaufbau an dieser Zeitschicht orientierte, ist es konsequent, die kaiserzeitliche Platzgestaltung nicht zu rekonstruieren. Wohlgemerkt: ich wünsche mir ebenfalls eine Rückkehr des Brunnens! Ich lasse aber andere Meinungen gelten und versuche, sie nicht pauschal abzuwerten.

    Bentele : Deinen Beitrag halte ich für missglückt. Deinen Versuch, ihn im Nachhinein als ironisch zu adeln, finde ich eher belustigend. Wenn Stammtisch sich an Ironie versucht, verhebt er sich leicht... Im übrigen habe ich keinen Bedarf daran, mich schlau zu machen, noch als guten oder schlechten (oder bösen?) Leser benoten zu lassen.

    Edit: autocorrect-Fehler behoben...

  • Die Begrünung und Dekoration der Stadt, die sie mit "horror vacui" (Schrecken der Geschichte) diffamieren, entsprang dem Bedürfnis der Menschen und ist es bis heute.

    Insofern ist zu antworten: melior est inimicus bonorum

  • [...] Da man sich beim Wiederaufbau an dieser Zeitschicht orientierte, ist es konsequent, die kaiserzeitliche Platzgestaltung nicht zu rekonstruieren. [...]

    Das ist so nicht korrekt. Beim Wiederaufbau hat man sowohl das Portal III nach der kaiserzeitlichen Fassung von 1902 rekonstruiert, als auch die Kuppel von 1850 und die Skulpturen auf den Portalen, die alle aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind.