Berliner Schlossplatz - Schlossbrunnen - Breite Straße

  • Das zeigt mal wieder, dass die parteipolitisch-ideologische Vereinnahmung von Architektur und Stadtbild Unsinn ist.

    Es zeigt wieder einmal, dass die Ziele grün-linker Ideologie oft nicht miteinander vereinbar sind. Zum einen ist man für eine ökologische Orientierung der Stadtgestaltung, zum anderen will man aber die gefühlte Wiederauferstehung des preußischen Junkertums wenigstens auf das Gebäude selbst begrenzen.

    Beides gleichzeitig ist nicht einfach, und das sonst übliche "Am liebsten beides - weg mit dem Schloss!" war nicht mehr möglich. Daher gibt es im grünlinken Lager (verständlicherweise) Diskussionen darüber, welches der beiden Ziele höher zu bewerten ist.

    Im Grunde muss man froh sein, dass niemand auf die Idee gekommen ist, das Schlossumfeld mit von Brombeeren umwucherten, schnellwachsenden Pappeln zu bepflanzen und das entstehende Ensemble als Landschaftsschutzgebiet zu verewigen...

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Etwa ein Phallus-Symbol?

    Aus feinstem Obsidian ist diese dezente Hinweis-Stele.

    Die Weide trauert demonstrativ und vor sich hin und verdeckt die schöne Aussicht.

    img_1674k0j70.jpg

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Die Weide trauert demonstrativ und vor sich hin

    Genau genommen erkennt man da vier Weiden. Seltsame Art der Pflanzung. Vereinigen werden die Bäume sich ja wohl kaum, dann bleibt nur noch das darwinsche Prinzip, der Stärkste setzt sich durch...

  • Schlossplatz.

    Auszüge aus der Beurteilung durch das Preisgericht durch die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Freiraumgestaltung Umfeld Humboldt-Forum, 2013, 1. Preis bbz-Landschaftsarchitekten:

    "Die Balance zwischen identitätsstiftender Einheitlichkeit des Freiraums und einer räumlichen Differenzierung der Teilbereiche ist gelungen. (...) Es entstehen auf jeder Seite des Humboldtforums klar gefasste und strukturierte Stadträume, die angemessen auf das jeweilige Gegenüber reagieren, ohne sich unterzuordnen."

    "Das Verkehrskonzept eines Mischverkehrs im Abschnitt Schlossplatz (West) wird in Ansatz und Ausformulierung sehr begrüßt."

    Schlossplatz 10.4.21

    Schlossplatz 10.4.21

    "Die Verfasser thematisieren den Freiraum des Humboldt-Forums als zeitgenössischen Stadtraum, in dem die historischen Bezüge unsentimental aber präzise verarbeitet und transformiert werden. Geschichte wird räumlich erlebbar, indem klare Orte geschaffen werden: (...), der urbane harte Vorplatz im Süden, zeitgenössisch durch Bankmonolithe strukturiert (...)"

    Schlossplatz 10.4.21

    Eine Stein- und Asphaltwüste ohne Baum und Strauch mit einer verkehrlich überflüssigen Durchgangsstraße. Im Winter zugig und ungemütlich, im Sommer glutheiß.

    Eine Perspektive für die nächsten Jahrzehnte:

    Sperrung der Straßenverbindung zwischen Französische und Breite Straße für den Durchgangsverkehr.

    Wiederherstellung von Schmuckbeeten an der Südseite des Schlosses und beidseits des wiederherzustellenden Schlossbrunnens.

    Aber vorläufig bleibt der Missstand auf Jahre zementiert, zumal jegliche Veränderung auch eine rechtliche Auseinandersetzung mit bbz Landschaftsarchitekten mit sich bringen wird.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Gerade die gelobte "klare Fassung" des historischen Schloßplatzes (heute "Schloßlatz Süd") fehlt: nach Westen und Osten fehlt ihm die Fassung völlig.

    Und "Mischverkehr" bezieht sich auf die Wippenseite - das wird ohnehin komplex. Auf der Lustgarten- und der Südseite bleibt es bei Durchgangsstraße und es werden auch mit viel Lyrik keine Plätze.

  • Ich bewundere die Prosa, mit der diese dilettantischen Fehlleistungen begründet werden.

    Wenn weiter nichts erforderlich ist, mache ich mich noch als Landschaftsarchitekt selbständig.

  • Ich bewundere die Prosa, mit der diese dilettantischen Fehlleistungen begründet werden.

    Wenn weiter nichts erforderlich ist, mache ich mich noch als Landschaftsarchitekt selbständig.

    oder als Preisrichter..... :biggrin:

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • ...Aber vorläufig bleibt der Missstand auf Jahre zementiert, zumal jegliche Veränderung auch eine rechtliche Auseinandersetzung mit bbz Landschaftsarchitekten mit sich bringen wird.

    Da läuft ohnehin etwas schief (bei der Vertragsgestaltung oder in der Gesetzeslage), wenn bei einer Neugestaltung eines öffentlichen Platzes - vom Steuerzahler finanziert - auf sog. Landschaftsarchitekten Rücksicht genommen werden muss.

    Oder die Erbauer einer solchen Steinwüste eine Veränderung sogar verhindern könnten.

  • Eiserner Pirat:

    Unter den Befürwortern der Rückversetzung von Neptunbrunnen und Rossebändigern gibt es zwei unterschiedliche Ansichten:

    1. diejenige Gruppe, die meint, ein ständiges Wiederholen der Rückführungsforderungen wirke eher ärgerlich auf die Gegner jeglicher Veränderung und stärke deren Abwehrhaltung und führe zu noch mehr Sturheit. Diese Gruppe hat auch vielleicht bereits resigniert und wartet auf eine ferne Zukunft

    2. diejenige Gruppe, die ihre Forderung immer wieder neu geltend macht und im öffentlichen Bewußtsein wach zu halten versucht. Wenn das mit guten und abwechslungsreichen Argumenten gemacht wird, gehöre ich jedenfalls zur zweiten Gruppe. Das Bild von Eiserner Pirat ist ganz ausgezeichnet und ein neuer, mich bestärkender Eindruck. Vielen Dank.

  • Der historische Schloßplatz (heute: Schloßplatz-Süd) zur Breiten Straße hin ist wirklich einer der ödesten neuerrichten "Plätze" Europas. Offenbar ist niemandem mehr bewußt, was einen "Platz" überhaupt ausmacht, und wie man ihn gestaltet. Stattdessen wird weiterhin nur in Einzelbauwerken gedacht und die sich ergebenden Restflächen zugepflastert.

    1. Voraussetzung für jeden Platz ist eine Platzfassung. Diese fehlt am Schloßplatz auf zwei Seiten.

    2. Die Straße verläuft auf 2/3 der Platzlänge statt entweder mittig (mit dem Brunnen in der Mitte) oder an der Südseite zu verlaufen, da die Nordseite durch die Sonne die bessere Aufendhaltsqualität bietet. Zudem sind die beiden Hochschulgebäude nicht lärmempfindlich.

    3. Die Straße hat mit den antrizitfarbenen Schupmann-Kandelabern einen historischen Look der Kaiserzeit bekommen. Offenbar hat man sich gleich so darüber erschrocken, daß die Schinkel-Poller in cremeweiß gestellt wurden. Die Kubistischen Stangen der Fassadenbeleuchtung sind auch creme und stehen völig unvermittelt "im Platz", wo es wg. des Lichtes am günstigsten war. An die Masten hat man dann gleich Kanonrenrohrförmige Einwürfe für unterirdische Mülleimer montiert. Hinzu kommen an der Straße alle 10 Meter irgendwelche Masten für Parkverbote, Feuerwehrzufahrten, Abbiegeregeln, Geschwindigkeitsregeln - jedes an einem eigenen Mast, mal schwarz, mal creme, mal roh feuerverzinkt.

    4. Insgesamt ist der "Platz" heute schon mit ca. 100 Gegenständen vollgerümpelt, die gegenseitig überhaupt keinen Bezug zu einander nehmen. vermutlich hat jeder Gegensatnd einen Sinn, aber derart unkoodiniert ist das ein Desaster.

    5. Die "Platzfläche" selbst ist einfach nur gepflastert, ohne Muster, ohne gliedernde Flächen, ohne irgendeine gestaltende Idee. Nur die wiederum offenbar willkürlich gesetzten Abflußrinnen setzen dem Irrsinn noch die Krone aufs Haupt. Daß es selbst mit einem Plastermeer anders geht zeigt Versailles, da stört nichts, nicht einmal ein Ablaufgitter (man kann auch als Rinne im Gefälle verlegen):



    Am Michaelerflügel der Wiener Hofburg (Kopie am Berliner Opern- bzw. Bebelplatz) hat es die Stadt Wien geschafft die Straßen in das Pflaster zu integrieren. Sonst kommt der Platz mit fast keinen Schildern aus.

    Selbst die vielgescholtene Rekonstruktion des Braunschweiger Residenzschlosses schafft es einen ruhigen Platz als Bühne für die Architektur zu schaffen: kein Mülleimer, keine Masten, keine Boxen oder Container:

    Man fragt sich deshalb immer wieder, ob das alles nur unkoordinierte Saumseligkeit oder wirklich Boshaftigkeit ist. In Berlin spricht leider alles für These eins.

  • Die schwarzen Stelen wachsen an weiteren Stellen aus dem Boden.

    Aus feinstem Obsidian! Es sind elektronische Infostelen. Ähnliche stehen im Umfeld des Dresdner Schlosses, und sie stören nicht weiter. Im Dresdner-Schloss-Strang hat sich noch niemand darüber aufgeregt. Das Humboldt Forum will die potenziellen Besucher informieren, was sie im Innern erwartet. Es wird ja zahlreiche Sonderausstellungen und Veranstaltungen geben. Da ist so eine elektronische Anzeigetafel ganz nützlich. Und man hat immerhin ein Modell in sehr edlem Design gewählt. An den Häusern der Museumsinsel gibt es Werbebanner. Beim Hufo wird es offenbar keine Banner an der Fassade geben. Das wäre schon mal positiv.

    Wie man sieht, werden die Fahrradbügel schon genutzt.

    Die Plakette am Denkmalsockel hat schon ihre Berechtigung. Äußerlich bleibt er ja erhalten.

    Was mich wundert: dass der Spruch auf dem Einheitsdenkmal "Wir sind das Volk - wir sind ein Volk" nicht längst von identitätspolitischer Seite als anti-inklusiv angegriffen wird. Aber die Gleichung lautet hier wohl: große Schüssel direkt vor dem Schloss -> ärgert Schlossbefürworter -> kann daher nur gut und richtig sein -> drücken wir ein Auge zu.

    Unter anderem deshalb ist das Denkmal heute wichtig. Kulturstaatsministerin Grütters hatte sich, als die Kuppeldebatte hochkochte, explizit und positiv zum Kuppelkreuz als christlichem Symbol bekannt. Frau Grütters ist für das Humboldt Forum zuständig und für das Freiheits- und Einheitsdenkmal. Und sie setzt beides durch. Das Denkmal wird nicht errichtet, um Schlossbefürworter zu ärgern. Es geht darum, an 1989/90 zu erinnern, und zwar an einem geeigneten zentralen Ort in der Hauptstadt. Wolfgang Thierse gehört zu den Initiatoren des Denkmals. Er hatte sich seinerzeit in der Debatte um den Palast der Republik gegen diesen positioniert. Der Abriss des PdR war die Voraussetzung für eine Schlossrekonstruktion. Thierse wandte sich gegen Ostalgie und die Überhöhung des PdR. Er spielte damals und er spielte erst recht 1989/90 eine positive Rolle. Ohne die Friedliche Revolution in der DDR und die dadurch ermöglichte Wiedervereinigung gäbe es heute kein Berliner Schloss. Das Freiheits- und Einheitsdenkmal verweist also auf die Voraussetzung für das Wiedererstehen des Schlosses.

    Im Übrigen unterschätzt ihr die ästhetische Kraft der barocken Fassaden und der Stülerschen Kuppel. Das in den kunsthistorisch wichtigsten Teilen rekonstruierte Schloss verliert durch eine suboptimale Umfeldgestaltung nicht seinen Wert.

  • Begrüßenswert, dass da endlich mal was passiert. Ist ja nun auch seit jahren Lagerhalle für Baumaterialien. "Kleinteilige Bebauung" macht ja erst mal Hoffnung. Aber das trifft ja auch auf den Schinkelplatz zu. Wäre natürlich schön, wenn man das Ermelerhaus wieder zurückversetzen würde. Aber das bleibt wohl nur ne Idee.

    Bisher waren ja glaube ich immer nur solche Platzhalter abgebildet. Aber diese Entwürfe sind ja nun auch schon steinalt.

  • Einen Fehler enthält der Tagesspiegel-Artikel doch: natürlich ist der Kuppelspruch biblisch!

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Der "Tagesspiegel" schreibt heute, dass der Berliner Senat vorhat, den Neptunbrunnen zu kopieren. Für unser Forum also eine hochinteressante Nachricht! Weitere Informationen liegen leider hinter der Bezahlschranke. Wer kann mehr darüber erfahren?

    Senat schlägt vor, den Neptunbrunnen zu kopieren - Tagesspiegel Checkpoint

    Wissen allein bringt nichts. Nur das angewandte Wissen verändert die Dinge.

  • Puuuuuuh.... Also da würde ich ja lieber den Neptunbrunnen versetzen und an die Stelle vor dem Roten Rathaus einen schönen modernen Brunnen. Zumindest solange, bis die Altstadt wiederaufgebaut wird. :zwinkern: