Elemente eines Gebäudes, die heute nicht mehr gebraucht werden

  • Der Dach-Fassaden Abschluss ist noch so ein Element, das aus der Mode gekommen ist. Hier ein Beispiel für eine aufwändige Sanierung aus NYC. Die Elemente werden aus Kupfer gefertigt und dann an die Fassade gehängt. Die Firma kommt aus Alabama.

  • Den Punkt Fassadenabschluss nach oben hin finde ich einen guten Diskussionsbeitrag, bezüglich heutigen Gebrauchs von Gestaltungselementen dort oder nicht. Danke Gorki68 . Ich finde man kann an der Dachkante wichtige Akzente so setzen, und kann das Dach ganz anders wirken lassen, wenn Dächer auch mal überstehen dürfen entgegen der heutigen Vorliebe. Das Fassadenelement an sich wäre ja auch abstrahierter und damit in moderner Form denkbar und würde die stark vermisste Detailliebe an heutigen Bauten dennoch wahrscheinlich verbessern. Auch auf die Straße hinunter macht wahrscheinlich ein leichtes Überkragen dort ein geschützteres Gefühl? Ich persönlich würde es also begrüßen dieses Element nicht abschreiben zu müssen. Oder hat es eine verlorene, mir unbekannte Funktion?

    In Amerika ist es ja gerne eher eine Art Vorblendung, um das Dach und technische Anlagen auf dem Dach zu verbergen, oder missverstehe ich die Anwendung? Man sieht zumindest vieles auf diesen Dächern installiert, was nicht gut aussehen würde.

  • Der Dach-Fassaden Abschluss ist noch so ein Element, das aus der Mode gekommen ist.

    In der Architekturtheorie geht man meiner Kenntnis nach davon aus, das viele der bestehenden dekorativen Elemente aus einer ursprünglich funktionalen Ursache entspringen. Hier bei dieser Form des Fassadenabschlusses drängt sich natürlich sofort das Bild auf von Holzbalken, die die Tragestruktur der Decke zum Dach hin bilden, bzw die Dachsparren selbst.

    Interessant ist hierbei, wie bereits von Gorki68 geschrieben, dass solch ein Element - passend zum Strangtitel - heute auf wenig Anwendung stößt. Begründet liegt dies in einem zugespitzen Minimalismus und Funktionalismus im Design.

    Was Uns aber zu einer spannenden Beobachtung führt:

    Man betrachte diese Außenlampe:

    Bildrechte vorbehalten: Philips lighting

    Das Design wirkt zunächst nüchtern, schnörkellos, modern. Man möge sich eine Standardglühbirne vorstellen, womit auch gänzlich ein Retro Charme ausfällt.

    Diese modernen Außenleuchte könnte entsprechend fraglos auch in modernen Neubauten eingebaut werden, und doch: Dieses ganze Produkt ist eine einzige Aneinanderkettung von Relikten alter Technologie und Formensprache. Beginnend mit Klarglasgehäuse, welches einen Wind- und Wetterschutz für die vormals sensiblen Lichtquellen darstellt. Der Aufbau auf dem ,,Dach" der Lampe ähnelt nicht wenig den Lufteinlässen für eine Lampe mit Feuerlichtquelle. Eine Glühbirne selbst ist nach heutiger Technik eine einzige Reminiszenz zur Glühdrahtlampe. Dabei braucht die LED Technik weder eine eigene Atmosphäre, diesen Formfaktor (der sogar die erforderliche Hitzeableitung erschwert), noch sonderlich ausgeprägten Schutz zur Umwelt. Und doch sehen Wir in diesem Fall sogar eine LED Form, die ganz ausdrücklich sich der alten Form verschreibt ohne nicht-modern zu gelten.

    Jetzt könnte man es sich einfach machen, sagen, es handle sich ja doch um ein explzites Retroprodukt. Die Frühmoderne ist gerade wieder in Mode - auch in der Architektur. Und doch hoffe ich, ich konnte mit dem Verweis auf Rückgriffe aus teils sogar der vorelektrischen Zeit verdeutlichen, dass dies hier im Kern nicht zutreffend ist, es sich nicht wie in der Architektur um eine Entlehnung aus den 20er Jahren beispielsweise handelt.

    Wir haben hier stattdessen ein Architekturelement, welches zumindest im Subtext ähnlich funktioniert, wie der zitierte Fassadenabschluss, vergleichbar wären jedoch auch jegliche andere traditionelle Fassadenelemente.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass modernes Entwerfen höchst inkonsistent vorgeht im Umgang mit traditioneller Formensprache. Was ,,weggelassen werden kann" und was nicht ist also eine Frage, die sich fundamental mit den Ansprüchen und Prinzipien der Moderne auseinandersetzt. Bleibt daraus zugespitzt die Frage, warum nicht alle Lampen genauso vereinheitlicht, verdichtet und dekonstruiert wie die Architektur selbst nur noch aus dem Leuchtmedium selbst bestehen. Also einer reinen dünnen Diodenplatine ggf. sogar ohne Gehäuse, wie es mancher Architekt ja mit dem blanken Baustoff als Fassade versucht.

  • Ich frische das Thema hier mal wieder etwas auf, mit einer etwas anderen Richtung. Mir ist nämlich erst kürzlich in einer Diskussion mit Heimdall aufgefallen, dass dieser Versuch möglichst viel wegzulassen und zu verstecken an formal technischen Elementen eines Gebäudes bzw. diese einfach in ihrer technischen Gestalt so offenzulegen, statt diese gestalterisch umzuformen und damit zu integrieren, zu einem der größten Probleme der modernen Architektur gehören. Hier im Strang wurden ja schon wunderbare Beispiele gezeigt, leider ist mein Beitrag über Dachrinnen/Fallrohre deaktiviert, aber auch diese gehören zum Opfer des modernen Bauens.

    Warum dieser gestalterische Schwerpunkt der Moderne auf das ,,Unsichtbarmachen" so ein Problem ist, zeigt die bautechnische Innovation. Hier wird nicht nach einer möglichst menschlich angenehmen Wahrnehmung geforscht, das Ziel ist Reduktion. Das jüngste Beispiel hierfür und ein Kandidat für die Liste der Elemente eines Gebäudes, welcher verloren gehen könnte:

    Die (optisch) tragenden Elemente einer Fassade

    Bereits der Betonbau hat einen Großteil der Fassadenstruktur aufgehoben und teils sehr der Intuition entgegenlaufende ,,schwebende" Entwürfe geliefert. Dort konnte man dann aber immer noch irgendwo die tragenden Elemente entdecken. Diese Entwicklung verschärft sich nun durch spezielles Glas, welches deutlich höhere Lasten selbst auffangen kann. Der Apple Campus in Cupertino hat ein Auditorium mit solchen Spezialgläsern, und die Technik wird noch weiter verbessert:

    Rahmenlose Verglasungstechnologie von Aestech
    Die rahmenlose Verglasungstechnologie von Aestech wird das zukünftige Stadtbild verändern, denn es bietet faszinierende Möglichkeiten
    ganz-hamburg.de
    Zitat

    Glasfassaden ohne sekundäre Strukturelemente in Form von Pfosten und Riegeln sollten zur Hauptideologie der modernen Architektur werden.

    Ein kleiner Lichtblick ist dabei für mich, dass so ein selbsttragendes Isolierglas eventuell auch dazu dienen könnte, schlanke kleinteilige Fensterrahmen wieder zu bekommen, wie man sie aus Zeiten vor den Isoliergläsern her kannte. Aber ich fürchte es wird stattdessen eher die Architekten anspornen, noch größere Glaselemente an einem Stück in Fassaden zu bauen.

  • Die Reduktion betrifft nicht nur den Formenschatz, sondern, wie in Neubauvierteln ja eigentlich recht augenscheinlich, auch die Farbauswahl. Interessanterweise zieht sich diese Einengung der Farbgestaltung durch bis zur Autogestaltung, welche sich besser statistisch greifen lässt, als Fassadengestalt oder Interieur:

    5901af2f8e1b43.jpg

    Quelle: clien.net

    Während in der postmodernen Phase eine Vielfalt an Farben vorgefunden werden konnte (man denke auch z.B. an die bunten Badezimmer, Fensterrahmen etc.) mit einem hohen Anteil an warmen Tönen, wie gelb oder sogar braun, rot, nahm die Farbigkeit in den folgenden Jahrzehnten ab. Auch habe ich mal von einer psychologische Untersuchung gelesen, welche konstatierte, dass die Fahrzeugdesigns zunehmend aggressivere Züge annehmen im Durchschnitt. Das wäre aber dann wahrscheinlich eher wieder etwas für den Interaktion mit Architektur Strang :smile: