Erfurt (Galerie)

  • Toller Nachschlag Georg Friedrich, dafür auch nochmal an dich vielen Dank. Wirklich erstaunlich, was hier noch alles rumsteht. Schon die Ensembles sind ja toll - aber Gebäude wie der "Mohrenkopf", so wunderbar patiniert, wie nur alte Bausubstanz patinieren kann, sind dann nochmal die wahren Granaten, die Qualität ist unglaublich. Kritisieren könnte man allenfalls hier und da (wie fast immer) Fachwerkfreilegungen, wo man besser d. Verputz / Schiefer / Schindeln drangelassen hätte, denn ein in jüngerer Zeit verstümmeltes Fachwerk zur Schau zu stellen.

  • http://img1.abload.de/img/p1030771l1tx.jpg\r
    img1.abload.de/img/p1030771l1tx.jpg

    An diesem Haus würde ich v.A. die Fenster aber an der Fassade selber nicht viel verändern. Wirklich tolle Patina, ohne schmuddelig auszusehen.


    Zitat von "Georg Friedrich"

    Das rechte Haus ist ja sehr geil.
    Bei der Sanierung des MAOAM-orange-farbenen Hauses ist wohl was schiefgelaufen? Nicht nur das Dach ist furchtbar.

  • Auch wenn ich mir in der allgemeinen Euphorie jetzt keine Freunde mache, will ich doch ein paar Zeilen loswerden. Ich verzichte jetzt mal auf aufwendige Bildverweise; so wichtig ist das alles ja doch nicht.
    Also, Erfurt hat teilweise beeindruckende historische Bausubstanz, um die es viele Orte Deutschlands beneiden können. Und manche Straßenzüge sind auch lieblich-romantisch. Insgesamt aber sind mir viele der verputzten Fachwerkhäuser (ich gehe mal davon aus, daß es solche sind) einfach viel zu schlicht. Nicht einmal Simse oder richtige Fensterrahmungen sind erkennbar. Kein Vergleich zu den sicher auch schlichten, aber dennoch viel schmuckvolleren Barockhäusern andernorts. Das jedenfalls gibt vielen Ecken dieser Stadt einen für mich piefigen, provinziellen Charakter. Kuhdung steigt mir in die Nase. Und ich habe bei den Bildern jedes mal aufgeatmet, wenn ein klein wenig Historismus aufs Foto gelangt war. Oder auch mancher Sichtfachwerkbau. Wie gesagt, so beeindruckend die Architektur im Einzelfall ist, das Ensemble hat oft keine rechte Wirkung auf mich. In dieser Stadt möchte ich eigentlich nicht leben. Tut mir leid, aber, wie gesagt, das ist nur ein ganz subjektiver Eindruck nach den vorliegenden Fotos, und dieser wird bei der Mehrheit der Diskutanten natürlich anders sein.

  • Man traut sich tatsächlich kaum, eine der hier im APH "Unantastbaren" wie Görlitz oder Erfurt zu kritisieren, weil einem dann gerne ein Schwall von Unverständnis und Entrüstung entgegenschwappt. Ich empfinde das ähnlich wie Heimdall, einzig den Anger (abgesehen von der DDR-Gestaltung) und Teile des Fischmarkts und Domplatzes finde ich wirklich grandios. Ähnlich wie Regensburg tendiert Erfurt ja in Richtung <einfach, arm & schlicht> - wer Prachtenfaltung und komplexe Fassaden / Ensembles liebt (Grote Markt Brüssel, Altstadt Teltsch), wird in Erfurt nur bedingt befriedigt. Vielleicht erklärt das auch meine Fokussierung auf Erfurts Stadtviertel, da nicht mal hier ein Ausgleich zu finden ist. Auch Freiburx Altstadt reißt mich rein von den Fassaden her ja nicht vom Hocker, dafür wird man mit herrlichen Wohnvierteln, beeindruckender Natur und überdurchschnittlicher Gepflegtheit mehr als entschädigt. Das ist in Erfurt alles nicht der Fall. Aber jedem das Seine - Schade nur, daß für Unsereins ausschließlich Städte wie Erfurt, Schwerin, Heidelberg und Regensburg überlebt haben, während Magdeburg, Würzburg, Bremen, Lübeck, Hildesheim, Braunschweig & Co hinüber sind. Nichtsdestotrotz laufe ich gerne, interessiert und begeistert durch E-Altstadt, zum Leben allerdings suche ich - ähnlich wie Heimdall es andeutete - etwas anderes.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Danke für die vielen schönen Bilder von Erfurt. Die Stadt scheint viel schöner zu sein, als ich sie bei einem Kurzbesuch neulich erlebt habe. Ich hätte aber vermutlich in der einen Stunde, die ich hatte, um durch die Altstadt zu rennen, auch nicht gleich vom Anger nach links rennen sollen, bis ich mich dann irgendwann auf der Rückseite der grausamen Plattenbauten am Juri-Gagarin-Ring wiederfand, die selbst die Altstädte von Essen und Köln noch hässlicher machen würden. Die Dinger, die allenfalls nach Prypjat passen würden, gehören meines Erachtens dringend abgerissen, vor allem weil sie direkt gegenüber von kleinen Fachwerkhäuschen stehen (die leider auch alle vor sich hingammelten).

  • Anger

    Schauen wir uns eine der schönsten Einkaufsstraßen Deutschlands ein bisschen näher an...


    Umfeld der Kaufmannskirche St. Gregorius (erste Erwähnung 1248)


    Rechts Hauptpostamt (1882-1886, 1905-1907 erweitert), links anschließend Haus Schlösserstraße 4 (EVAG), Haus Schlösserstraße 6, Haus Schlösserstraße 8 (Café Anger-Maier) und die Lorenzkirche


    Blick zurück zur Kaufmannskirche, rechts Johannesstraße 182 (Erfurter Bank eG), erbaut 1928 von Heinrich Herrling


    Anger 1: Kaufhaus (1906-1908)


    Blick zum Ursulinenkloster


    Anger 9: Wohl eines der schönsten McDonald's-Gebäude in Deutschland, rechts das Haus "Zum schwarzen Löwen" (1577)


    Kurmainzischer Waage- und Packhof (Erfurter Waage), errichtet 1705-1711, heute Angermuseum


    Anger 59 (Woolworth)


    Anger 57 (Boutiquen Benetton / Zara)


    Rechts Anger 55 (Boutique Tally Weill), Bildmitte Bartholomäusturm (erste Erwähnung 1182)


    Anger 50-51 (Hotel Zumnorde), Anger 52 (Epitaph des Johannes Selbach, um 1577, mit Ölbergszene am Bartholomäusturm), Anger 53 (Boutique Mango)


    Rechts Anger 28 (Juwelier Jasper / Buchhandlung Peterknecht)


    Anger 32 (Gerry Weber)


    Anger 44 (Café 44)


    Rechts Anger 23: Café Györ


    Rechts Anger 24: Goldene Krone (Boutique New Yorker)


    Alter Angerbrunnen (1889-1890 von Karl Stockhardt) mit Symbolen für das Handwerk und den Gartenbau und Haus Anger 39-40 (1899), am linken Bildrand Neuwerkstraße 2 (1929-1930) von Heinrich Herrling


    Blick vom westlichen Ende des Angers zur Wigbertikirche (Regierungsstraße)


    Anger 37-38: Haus Dacheröden (1557) - Hier wurden 1833 zwei Gebäude aus dem 16. Jahrhundert, das Haus "Zum Goldenen Hecht" und das Haus "Zum Großen und Neuen Schiff" zum heutigen Haus Dacheröden verbunden. 1789 hat sich hier Friedrich Schiller mit Charlotte von Lengefeld verlobt. Goethe und die beiden Humboldts gingen hier auch ein und aus. Das Renaissanceportal soll das schönste in Erfurt sein.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Krämerbrücke

    Die Krämerbrücke ist die einzige beidseitig vollständig bebaute und bewohnte Brücke nördlich der Alpen - sie ist quasi so etwas wie der deutsche Ponte Vecchio. Die Brücke über den Breitstrom, einen Seitenarm der Gera, die die Verbindung zwischen dem Benediktsplatz und dem Wenigemarkt herstellt, ist 125 m lang, 19 m breit und bis zu 26 m hoch. Die heutige Steinbrücke entstand ab 1325 (erneuert nach dem Stadtbrand von 1472), ihre 32 Häuser stammen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert.


    Die Ägidienkirche bildet den östlichen Zugang zur Krämerbrücke. An die westliche Brückenkopfkirche, die Benediktikirche, erinnert heute nur noch der Name des Benediktsplatzes - sie wurde 1807 auf Abbruch verkauft und 1809-1810 teilweise abgerissen, 1895 verschwanden die letzten baulichen Reste der Kirche.


    Das Haus "Zur Steinecke" (Horngasse 4) stammt aus der Zeit um 1200. Ab Mitte des 15. Jahrhunderts war hier das Universitätshospital, später dann ein Badehaus untergebracht. Auf dem Bild ist das Haus leider zu Renovierungs- und Umbauarbeiten eingerüstet. Heute ist in dem Gebäude ein Bierlokal untergebracht.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Sag mal erhrlich: Erfurt sieht heute besser aus dann Würzburg heute (oder Innenstadt von Nürnberg) und gleicht ein bisschen auf Freiburg im Breisgau.

    Wenn die Deutschen es gewollt hatten dan könnte Würzburg heute auch wieder solchen Perlen an Bauten in der ehemalige Hauptstrassen und Plätze zeigen........aber leider ist da ausserhalb die wiederaufbau der Kirchen und die Residenz wenig mehr zu staunen.

    Blöde Bayer!!! Mitteldeutschland wird aber Jahr auf Jahr immer schöner mit Sanierungen in Erfurt, [lexicon='Leipzig'][/lexicon], Potsdam, Dresden, Görlitz, Bautzen, Pirna, Altenburg, Eisenach, Halle, Lübeck, Stralsund trotz weniger oder keine Anstrengungen in ehemalige Grosstadte wie Magdeburg und Chemnitz.

    In der ehemalige BRD geschieht leider auch nicht viel mehr dan einzelne Reko's (Frankfurt, Braunschweig) oder nicht auffallende Sanierungen.
    Die Innenstädte von Köln, Wuppertal, Kassel, Darmstadt, Bonn, Karlsruhe, Mannheim, Nürnberg, Würzburg, Braunschweig werden NICHT Saniert zur Günste historisch verloren gegangen wertvollen Bauten. Auch werden keine Gründerzeitler mit verloren gegangen wertvollen Schmuck versehen.

    Von alle Bilderreihen war ich eigentlich nur positiv überrrascht von München, Augsburg, Regensburg, Passau.
    Frankfurt und Hamburg sind daneben sehr fortschrittlich im Neubau und zeigen schöne moderne Architektur neben wertvollen historischen Bausubstanz!

  • Würzburg war vermutlich bereits vor dem Krieg Erfurt als gewachsenes Stadtdenkmal unterlegen. Jedenfalls repräsentierte Erfurt zweifellos eher eine alte mitteleuropäische Großstadt, deren Geschichtlichkeit sich materiell bei den Profanbauten mindestens bis ins frühe 13. Jahrhundert ablesen lässt. Die Erfurter Renaissance war nahezu ohne gleichen in Deutschland, der Aufschwung im Waidhandel machte hier wirklich Großartiges möglich - Vergleichbares wurde in Naturstein eigentlich nur noch in Nürnberg und Augsburg geschaffen. Der größte und prächtigste Bau dieser Zeit, das Stotternheimsche Palais am Anger, überdauerte wohlgemerkt nicht einmal 50 Jahre bevor es 1660 abbrannte. Nimmt man die mittelalterlichen und renaissancezeitlichen Bauten zur Grundlage einer Bewertung war Würzburg sicherlich hoffnungslos unterlegen; bei den Bauten des Barock sah die Sache freilich anders aus. Letztlich ist ein Vergleich dieser beiden Städte heute aber v. a. deswegen unpassend, da Erfurt im Krieg eben kaum etwas abgekriegt hat, während Würzburg zu 90 % zerstört wurde. Die Ausgangssituation war 1945 jeweils eine ganz andere. Wenn schon, dann müsste man Würzburg z. B. mit Magdeburg vergleichen...

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Benediktsplatz & Fischmarkt


    Blick Richtung Michaelisstraße zum Collegium Maius


    Benediktsplatz


    Auf dem Weg zum Fischmarkt schauen wir kurz in die Rathausgasse und erblicken hinten links das Haus "Zum großen Paradies und Esel".


    Das heutige Rathaus wurde 1869-1871 erbaut und 1875 eingeweiht. Seine Architekten waren Theodor Sommer und August Thiede. Dem Neubau musste das alte Erfurter Rathaus (ab 1275 erwähnt) weichen. Der Festsaal wurde mit großen Historienbildern von Peter Janssen geschmückt. Die Gemälde im Treppenhaus wurden 1889 bis 1896 von Eduard Kämpffer geschaffen. In den 1930er Jahren wurde der Komplex nach Entwürfen von Johannes Klass ausgebaut.


    Vor dem Rathaus steht ein gerüsteter Krieger (1591), auch als Roland bezeichnet, der die Bereitschaft der Stadt symbolisieren soll, ihre Rechte, wenn nötig, gegen den Mainzer Erzbischof zu verteidigen.


    Fischmarkt 4: Das Haus "Zur Halben Eisernen Tür"


    Der Ratskeller ist das älteste Gebäude auf dem Platz. Hier tagte 1866 die 4. Generalversammlung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins. Im Saal des Gebäudes sprachen 1869 August Bebel und Wilhelm Liebknecht zu den Erfurter Arbeitern.


    Rechts mittig Fischmarkt 6: Das Haus "Zur Güldenen Krone" (1564)


    Fischmarkt 7: Das Haus "Zum Roten Ochsen" (1562), errichtet für den Waidhändler und Oberratsmeister Jacob Naffzer, heute Kunsthalle Erfurt


    Und als ob der Rote Ochse nicht genug wäre, Fischmarkt 13: Das Haus "Zum Breiten Herd" (1584), errichtet im Auftrag des Stadtvogts und Ratsmeisters Heinrich von Denstedt - auch im Vorkriegsdeutschland wohl nur noch mit dem Pellerhaus in Nürnberg vergleichbar

    Die personifizierten Darstellungen der fünf Sinne im ersten Stock wurden nach Vorlagen von Frans Floris aus Antwerpen gestaltet. Hinter dem eigentlichen Wohngebäude befindet sich ein barockes Sommerhaus (1727).

    Links nebenan Fischmarkt 12: Das Haus "Zum Güldenen Löwen" (1740)

    Rechter Nachbar Fischmarkt 14-16: Das Gildehaus (1882-1883/1892), erbaut nach dem Vorbild des Breiten Herds im Stile der Neorenaissance, Entwurf von K. Frühling - Könnte das nicht den heutigen Architekten ein hilfreiches Vorbild für das kongeniale Bauen im Bestand unter Berücksichtigung der Geschichte des Ortes sein? :P

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Sehe ich auch so wie GF.
    imgrunde ist es ein unfassbares Glück, dass Erfurt und Regensburg, zwei der allerwichtigsten und bedeutendsten historischen Städte überlebt haben, (mE zwei von dreien, deren dritte, Nürnberg in meinen Augen leider als Totalverlust zu werten ist).
    Gerade was Erfurt betrifft, erscheint es unfassbar, denn diese Stadt - mittelalterliche Altstadt, Großstadt und Hauptstadt Thüringens - war für die völlige Zerstörung geradezu prädestiniert. Da muss BomberCommand wahrlich mindestens zwei Jahre lang geschlafen haben. Wäre ich dort an leitender Stelle gesessen (eine wahrlich aberwitzige kontrafaktische Prämisse, vor allem was die dafür erforderliche und bei mir hoffentlich nicht vorliegende Niedertracht im Herzen anbelangt), so wäre Erfurt lange vor Rostock, [lexicon='Leipzig'][/lexicon], irgendwelchen Berliner Stadtteilen, Hannover mein erklärtes Lieblingsziel gewesen.
    Überhaupt ist es verwunderlich, dass Thüringen und eigentlich auch Sachsen-Anhalt einen derart niedrigen Zerstörungsgrad aufweisen (die bereits als Frontstädte zerstörten Orte wie Zerbst und Halberstadt zählen hier nicht). Gibt es dafür Gründe?

    Mich stören in Erfurt nicht einmal die Hochhäuser um die Altstadt. Irgendwie geben sie ihr so etwas wie einen Rahmen, heben ihre Bedeutung noch zusätzlich hervor. Ich weiß, diese Meinung ist mehr als Kontroverse provozierend, und hundertprozentig sicher bin ich mir in ihr auch nicht. Aber ich habe mich damals über Erfurt so gefreut, dass ich, so scheint es mir heute, für mich beschlossen habe, den umliegenden Sozialismus zu akzeptieren.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ein pessimistischer SPIEGEL-Artikel aus der Wendezeit mit besonderem Blick auf Erfurt, als man ein völliges Scheitern der Altstadtsanierungen in der DDR bzw. den neuen Bundesländern nicht zuletzt aufgrund westlichen Spekulationsdrucks für möglich hielt: Hier ist Ausverkauf

    Zum Glück haben sich diese Sorgen kaum bewahrheitet.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Domplatz

    Der Domplatz ist mit 3,5 ha Fläche eine der größten Platzanlagen Deutschlands. Er war einst Erfurts Hauptmarktplatz und Gerichtsplatz. Die Westseite des Platzes nehmen Dom und Severikirche ein. 1813 fiel das zur Severikirche gehörige Stadtviertel dem Artilleriebeschuss auf die französisch besetzte Festung Erfurt zum Opfer - seither hat der Platz seine heutige Größe. Bekanntheit in der jüngsten Vergangenheit erlangte der Ort durch den ersten Wahlkampfauftritt Helmut Kohls in der DDR am 20. März 1990.


    Domplatz 1598, Datierung um 1810 (Rekonstruktionszeichnung?)
    Quelle: http://www.wikipedia.de; "This image (or other media file) is in the public domain because its copyright has expired."


    Domplatz 1795 oder 1813, Joseph Jacques Ramée
    Quelle: http://www.wikipedia.de; "This image (or other media file) is in the public domain because its copyright has expired."


    Domplatz 1840
    Quelle: http://www.wikipedia.de; "This image (or other media file) is in the public domain because its copyright has expired."


    Landgericht (1880)


    Links Dom, rechts Severikirche


    Domchor


    Ostseite des Domplatzes


    Hier wird die Bedeutung der Fenster für ein Gebäude gut verdeutlicht: Man stelle sich vor, die großen Fensterflächen wären nicht dreigeteilt und es gäbe keine Sprossen...


    Erthal-Obelisk, um 1777 anlässlich des ersten Besuchs des Mainzer Erzbischof und Erfurter Stadtherrn Friedrich Karl Joseph von Erthal errichtet (18 m hoch)

    Die spannende Beschriftung des Denkmals liest sich folgendermaßen:


    Mittig (Domplatz 31) der bedeutendste Profanbau des Platzes: Das Haus "Zur Hohen Lilie" (1538)

    König Gustav Adolf von Schweden logierte hier während seines Erfurter Aufenthalts 1637 bei Eduard Bode.


    Blick in die Marktstraße Richtung Allerheiligenkirche

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Severikirche

    Die Severikirche entstand in ihrer heutigen Form im Wesentlichen etwa zwischen 1270 bis 1350. Nach dem großen Stadtbrand vom 19. Juni 1472 kam es zu spätgotischen Umbaumaßnahmen, die sich bis 1495 hinzogen. Die um 1370 abgeschlossenen Gewölbe wirken etwa gleich hoch - wir haben es mit einem Vorläufer der bekannten spätgotischen Hallenkirche des 15. Jahrhunderts zu tun.


    Der barocke Hochaltar stammt aus den 1670er Jahren.


    Severisarkophag: 836 wurde die Gebeine des heiligen Severus, Bischof von Ravenna 342-344, von Erzbischof Otgar von Mainz zuerst nach Mainz und schließlich nach Erfurt überführt. Die vier Reliefplatten der Umfassungswände des Grabdenkmals entstanden zwischen etwa 1360 und 1370. Die vollplastischen Hochreliefs zeigen Szenen aus dem Leben und Wirken des Heiligen und die Anbetung der Heiligen Drei Könige nach einem Vorbild in der Nürnberger Lorenzkirche von 1360. Auf der Grabplatte ist Serverus mit Frau und Tochter, Vincentia und Innocentia, abgebildet.


    "Bei dem Brand 1472 ist der Westchor stark zerstört worden, anschließend hat man das Grabmal zerlegt und die Seitenplatten anderweitig aufgestellt. Die originale Deckplatte wurde nach 1472 als Aufsatz für den Severusaltar im südlichen Querhausarm verwendet. Erst 1948 wurden die Teile wieder zusammengefügt und an dieser Stelle aufgestellt, 1982 kam ein Abguss der Deckplatte hinzu." (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Severikir…Severisarkophag)


    Von der Orgel von Johann Friedrich Wender (1714) ist nur noch der Prospekt erhalten. Das heutige Instrument wurde 1930 von Johannes Klais gebaut.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Dom

    Der Erfurter Dom (früher auch Marienkirche oder Propsteikirche Beatae Mariae Virginis) ist die wichtigste und älteste Kirche der Stadt. Der heutige Kirchenbau entstand vornehmlich zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert und präsentiert sich nach vielen Umbaumaßnahmen als gotische Hallenkirche. Die "(Maria) Gloriosa" des Glockengießers Gerhard van Wou im Mittelturm aus dem Jahr 1497 ist mit einer Höhe von 2,62 m, einem Durchmesser von 2,56 m und einem Gewicht von 11,45 t die größte freischwingende mittelalterliche Glocke Europas.


    Anstelle einer repräsentativen Westfassade mit großem Portal, wofür auf dem Domberg vermutlich sowieso nicht ausreichend Platz vorhanden gewesen wäre, wurde um 1330 ein Triangel-Portalvorbau am nördlichen Querschiffsarm als Haupteingang errichtet. Die Skulpturen zeigen die zwölf Apostel und den Zyklus der klugen und törichten Jungfrauen, flankiert von Ekklesia und Synagoge.


    Im südlichen Seitenschiff befindet sich ein sagenumwobener Grabstein eines Grafen von Gleichen und seinen beiden Frauen aus dem dritten Viertel des 13. Jahrhunderts. Der Grabstein, der aus dem Einflussbereich der Naumburger Plastik stammt, war ursprünglich in der Kirche des Petersklosters aufgestellt. Die Grafen von Gleichen standen im Dienst der Mainzer Erzbischöfe und hatten seit 1120 die Vogtei über die Stadt Erfurt inne. Unklar ist, ob es sich bei dem abgebildeten Grafen um Ernst von Gleichen oder um dessen Vater Erwin handelt.

    Nach der Sage soll es einem Grafen nach der Kreuzzugsfahrt vom Papst erlaubt worden sein, eine zweite Frau (noch dazu eine Sultanstochter und ehemalige Muslima) in Doppelehe zu heiraten. Vermutlich wurde die Sage vom "zweibeweibten" Grafen von Gleichen von Landgraf Phillip I. von Hessen - dieser hielt sich mehrmals in Erfurt auf und kannte sicherlich auch die Grabplatte - in die Welt gesetzt, um eine Doppelehe mit Margarethe von Saale zu rechtfertigen, die er als Zweitfrau geheiratet hatte. Mit den beiden abgebildeten Frauen dürfte der Graf auf der Grabplatte aller Wahrscheinlichkeit nach kirchenrechtlich ganz legal nacheinander verheiratet gewesen sein. Nach dem Ableben der ersten Ehefrau heiratete er vermutlich erneut.


    Wolframleuchter (um 1160), eine der ältesten freistehenden Bronzeskulpturen in Deutschland, wahrscheinlich ein Werk aus der Magdeburger Gießhütte


    Sog. "Heiliges Grab" (14. Jahrhundert) mit dem Leichnam des Gekreuzigten


    Das Chorgestühl (1329) ist eines der umfangreichsten mittelalterlichen Gestühle Deutschlands.


    Der Glasgemäldezyklus (etwa 1370-1420) im Chor ist einer der am besten erhaltenen und umfangreichsten aus der Zeit in Deutschland. 13 der 15 Fenster sind noch fast vollständig mittelalterlich erhalten. Von etwa 1100 einzelnen Scheiben sind 895 mittelalterlich. 1897-1911 wurde der Altbestand geringfügig ausgebessert. Das Ostfenster mit Szenen aus dem Marienleben ist nur noch resthaft erhalten. Charles Crodel schuf die beiden westlichen Fenster der Südseite in einer mittelalterlichen Bildsprache.


    Der barocke Hochaltar wurde 1697-1706 errichtet und ist nicht zuletzt als Symbol des Sieges des Mainzer Erzbischofs über die evangelische Stadt zu verstehen.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Selten so eine schöne Bilderreihe gesehen. Welch eine Perle!!
    Erfurt und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] (aber auch Halle, Pirna, Coburg, Passau, Bamberg, Regensburg, Bautzen und Görlitz!) sind heute wirklich wunderbare Städte: die schönste in der ganze BRD!!!
    Dank an Bomber Command, die trotz der Zerstörungswut, doch etwas stehen liessen.
    Ich möchte dann gerne mal diese Städten besuchen.

    Schade dass dieser Geist des Perfectionismus nicht Berlin berührt.........wo ein britisch orientierter "Townhäuser Geist" 1000 klassisch-aber-doch-überwiegend-modern gestalltetete Wohnblocks in die Stadt rundstreut....... Diese Townhäuser Blocks haben (leider) wenig zu tun mit der Baustill der zwanziger und dreissiger Jahren des 20. Jahrhunderts.

    Dank Georg Friedrich!!! :P

  • Dachlandschaft

    Um 1525 muss man sich Erfurts Stadtsilhouette ungefähr so vorstellen:

    Darstellung der Gründungslegende des Kartäuserklosters im Vordergrund (Ölhaltige Temperamalerei auf Fichtenholz, um 1525)
    Quelle: http://www.wikipedia.de; "Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist."

    Zum Abschluss werfen wir einen Blick über die Dächer der Altstadt. Hierzu besteigen wir den Turm der Ägidienkirche.


    Ägidienkirche


    Krämerbrücke


    Blick auf die Krämerbrücke aus einer Etage höher


    Blick auf die Futterstraße


    Im Hintergrund erheben sich sozialistische Wohnungsgroßbauten von seltener Monumentalität. Auch ich bin unschlüssig, ob diese Kolosse abgerissen werden sollten oder nicht.


    Links der Bartholomäusturm


    Ruine der Barfüßerkirche (am 27. November 1944 mitsam dem benachbarten Wohngebiet und dem Pfarrhaus beim Angriff von mehreren britischen Mosquitobombern durch eine Luftmine zerstört)

    Links der Turm der Wigbertikirche


    Krämerbrücke


    Mittig das eingerüstete Haus "Zur Steinecke"


    Leidlich angepasste Neubauten - das ist ein Punkt, wo mich diese ansonsten wunderbare Stadt enttäuscht. In Erfurt bringt man keine wirklich gelungenen Neubauten zustande.

    Vorne links die Michaeliskirche neben dem Collegium Maius
    Mittig der Georgsturm
    Ganz außen links die Andreaskirche


    Augustinerkloster


    Johannesturm


    Blick auf den Wenigemarkt


    Predigerkirche, im Hintergrund die Cruciskirche (Neuwerkskirche)


    Blick zur Kaufmannskirche am Nordende des Angers


    Lorenzkirche


    Im Hintergrund die Zitadelle Petersberg


    Rückseite des Rathauses, das Fachwerkhaus im Vordergrund das Haus "Zum großen Paradies und Esel"


    Blick zum Fischmarkt, rechts hervorspringend das Gildehaus


    Blick Richtung Domplatz, rechts die Allerheiligenkirche

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zitat

    Dank an Bomber Command, die trotz der Zerstörungswut, doch etwas stehen liessen.

    Dennoch gab es auch hier viel Schäden und auch herbe Massaker wie in der Bibliothek des Augustinerklosters. Es gab aber keine Flächenzerstörung durch Feuersturm. Dankbar sollte man eher sein, daß die Sanierung der Altstadt nach der Wende stattfand, und nicht während der letzten Jahre der DDR durch Plattenbauten.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Hervorragende Bilder! Eine attraktive Mischung von Mittelalter, Rennaisance, Barock und auch Gruenderzeit.

    Die Altstadt von Erfurt zaehlt zweifellos zu der schoensten groessen Altstaedten Mitteleuropas.

  • Danke fur deine Wunderschone Bilder. Besonders dieses Bild has mich angetan.

    Neben Regensburg und Lubeck hat ja Erfurt eine die wertvollste Strassenbilder eine historische deutsche Grosstadt.