Impressionen Naumburg - Nietzsche – Novalis – Weißenfels

  • (Die Fotos wurden im Januar 2018 aufgenommen)

    Glückliches Naumburg


    Friedrich Nietzsche an Hermann Mushacke (vor seiner Reise nach Basel):

    Glückliches Naumburg (Sept. 1865)


    „Ich genieße die Stille und die Ausgeflogenheit einer Provincialstadt und schau fleißig in die blaue reine Luft und in meinen höchst geistlosen Theognis. Zum Kaffee ess ich etwas Hegelsche Philosophie, und habe ich schlechten Appetit, so nehme ich Straußische Pillen ein, etwa >die Ganzen und die Halben<. Mitunter habe ich Lust zu simpeln, dann gehe ich nach Pforta und hohle mir Corsen nach Almrich, wo dann Bier und Ritschl geknippen wird, letztere natürlich mit geistliche Fingen. (….) Ich komme mir oft selbst so vor, wie ein Herbstnachmittag, gleichmäßig still, aber auch beim Zeus! Langweilig, indessen mit vollsten Behagen.(…) Die Katzen spinnen in der warmen Sonne und im rötlichen Laub spielt der Wind Verstecken. Die Pflaumen sind schön und groß, aber teuer, ebenso die Butter. (….) Kürzlich ist ein Conditor gestorben, der einzige zu dem ich gern gieng, nun ist der Mann so unanständig gewesen zu sterben, und hat mir den Appetit verdorben. Glückliches Naumburg mit Deinem Conditor, Deinen Räthen, mit Deinen Katzen und Jungfrauen, Dich soll ich verlassen?

    gezeichnet: Theognis – antiker Kleinstädter außer Dienst

    Der Marktplatz

    Unsere Unterkunft Alt Naumburg


    Eine Kleinstadt wie aus einem Kinderbilderbuch, mit vielen Seitengässchen

    Beauty matters!

  • Ganz Naumburg ist wunderschön, nicht alleine der Dom, wie wir anlässlich einiger Besuche dort feststellen konnten. Zeitz hatte den Bischofssitz an Naumburg abgeben müssen, der Naumburger Dom und Uta lassen samt Uta und Gero grüßen.

    Zeitz war um 1900 eine prosperierende Industriestadt, die Altstadt stand jener in Naumburg damals kaum nach. Heute ist Zeitz leider ein sehr trauriger und auch tiefer Fall, trotz der dortigen Moritzburg und dem Dom, während sich Naumburg schön herausgeputzt hat. Der Unterschied könnte kaum krasser sein. Aber Sachsen-Anhalt ist oft wie ein geöffnetes Märchenbuch, da gibt es so viel zu entdecken, auch an Bauwerken der Romanik.

  • Zeitz war um 1900 eine prosperierende Industriestadt, die Altstadt stand jener in Naumburg damals kaum nach. Heute ist Zeitz leider ein sehr trauriger und auch tiefer Fall

    Nun, bei allem Respekt, die Zeitzer Altstadt ist doch weit kleinstädtischer und dürfte kaum über so grandiose Ensemble wie den Naumburger Markt verfügt haben. Dazu war die historistische Überformung schon um 1900 ungleich stärker.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.



  • Der Westlettner des Domes


    Der Westchor ist ein Meisterwerk der Frühgotik und wurde von dem so genannten Naumburger Meister bzw. seiner Bauhütte ausgeführt. Weder ist sein Name bekannt, noch ist seine Biografie überliefert. Allerdings sind ihm verschiedene Wege zugeschrieben, so dass man seinen Weg von Frankreich über Mainz nach Naumburg und von hier nach Meißen verfolgen kann.

    Ursprung der gotischen Bauhütten war in diesem Fall wohl Reims.

    Beauty matters!

  • Im Innenraum des Westchors befinden sich Statuen der deutschen Gotik, die zwölf Stifterfiguren.

    Markgräfin Uta von Ballenstedt

    Die Kleidung und Waffen sind durch einen hohen Wirklichkeitsgrad charakterisiert

    Markgraf Ekkehard II. von Meißen

    Graf Dietmar, der erschlagen wurde.


    Graf Wilhelm von Camburg

    Beauty matters!

  • Domschatz

    Fensterglas des Künstlers Neo Rauch in der Elisbethkapelle.


    In der Nähe des Nietzsche-Hauses ist mir dieses Gebäude ins Auge gesprungen. Es stand zum Verkauf.

    Ein Renaissance-Gebäude, das unbedingt gerettet werden muss „Zu den drei Schwanen“

    Ich hätte mich gerne verschuldet und es gekauft.

    Und wie ich gerade sehe, steht es immer noch zum Verkauf.

    Neue Abgabefrist bis 31. Marz 2021

    Fünf Jahrhunderte voller Geschichten und Ereignisse liegen hinter den Hausnummern 28 und 29 der Jakobstraße. „Zu den Drei Schwanen“ gehörte zu den ältesten Gasthöfen Naumburgs und erhielt um 1500 seinen Namen. Der älteste bekannte Eigentümer, Lukas Glöckner, zog vom Markt Nr. 11 in den Gasthof und führte dort, bis er 1529 verstarb, die Wirtschaft. Das laut Fassadeninschrift im Jahr 1544 errichtete Haupthaus wurde über einer imposanten Kelleranlage aus dem 13. Jahrhundert errichtet. Weitere Bauteile wurden in der Mitte des 16. Jahrhunderts hinzugefügt. Besonders erwähnenswert ist die große gewölbte Halle mit einer Mittelstütze im Erdgeschoss. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte erfolgten immer wieder Umbauten in und an den Gebäuden. Dazu zählt u.a. ein Anbau im Hof aus dem Jahr 1665. Die Hauptfassade wird durch den auffälligen Schweifgiebel, die Putzoberfläche und die feinen Sandsteinarbeiten geprägt. Bei den "Drei Schwanen" handelt es sich um ein eingetragenes Einzeldenkmal. Deshalb ist das oberste Ziel der Erhalt, die grundhafte Instandsetzung und Modernisierung unter Beachtung des sach- und fachgerechten Umgangs mit der Denkmalsubstanz.

    Beauty matters!

  • Liebe Franka,

    das Haus in Naumburg steht schon lange zum Verkauf. Habe es auf Immoblienseiten schon gesehen, auch die Pläne und das romanische Kellergewölbe. Das Grundstück reicht weit nach hinten. Es wurde im rückwärtigen Bereich allerdings viel abgerissen. Man könnte aber dort eine Einfahrt mit einem Kfz gestalten. Auch ein Garten wäre wohl zuaätzlich möhlich.

    Für uns kam dieses Haus, das uns auch durchaus gereizt hätte, leider Gottes nicht mehr in Frage, nachdem wir hier im Südosten von Brandenburg, nahe der heutigen polnischen Grenze, schon so sehr viel Geld in unsere alte, 2010 erworbene Villa rein gesteckt hatten. In einer Gegend, in der die Häuser nicht viel wert sind. Aber Naumburg, mit dem milden Klima, den Weinbergen, all dem Reichtum an Kultur, da sollte sich doch jemand in dieses große, alte Haus verlieben. Man kann in Naumburg bestimmt gut und schön leben. es war ja nicht umsonst mal das preußische Pensionopolis. Hier ließen sich viele preußische Pensionäre nieder, schon wegen des milden Klimas, freilich auch wegen des Weines und wohl auch wegen der Spargel, die in der Gegend reichlich gedeien..

  • Wow, super! Vielen Dank Franka, ich hatte eine funktionierende Galerie im Forum ja schmerzlich vermisst. Welch wunderschöne, geschlossen erhaltene und sehr gepflegt wirkende Stadt. Nach Naumburg möchte ich schon lange. Nicht nur wegen des Domes. ;)

  • Freut mich Grimminger. Bevor ich Naumburg besuchte, hörte ich nur Gutes über dieses Städtchen und als dort war, übertraf es meine Vorstellungen. Wie Villa schon sagte, die Saale-Unstrut-Region ist die nördlichste Weingegend Europas. Naumburg ist gut mit der Bahn erreichbar und eine kuriose Straßenbahn fährt um den Altstadtkern herum. Mit dem Bus ist es auch möglich - an wunderschönen Villen vorbei - aufs Land zu fahren. Naumburger sagten mir, das Kirschfest wäre besonders schön.

    Lieber Villa, deshalb verstehe ich auch nicht, dass dieses Juwel zu den drei Schwanen immer noch keiner will. 2018 stand es preislich so um 250 000, wenn ich mich recht erinnere? Auf alle Fälle war es noch bezahlbar. Für einen Normalsterblichen ist so ein Gebäude eine Berufung und Lebensaufgabe. Meine familiären Verpflichtungen lassen so ein Projekt zeitlich leider auch nicht zu.

    Beauty matters!

  • raus nach Schulpforta

    Schulpforta wurde 1243 als Zisterzienserkloster gegründet und nach der Reformation 1543 durch Kurfürst Moritz von Sachsen in eine Fürstenschule umgewandelt.

    Zu Nietzsches Zeit war das Programm der Schule an einer ganzheitlichen Charakterbildung aus dem Geiste der Antike ausgerichtet. Den Lehrern war in den ersten Jahrhunderten nach der Gründung noch verboten zu heiraten und sie lebten mit ihren Schülern unter einem Dach. Es war dort auch nicht üblich, dass Schüler von ihren Lehrern geschlagen wurden.

    Berühmte Schüler (neben Nietzsche):

    Friedrich Gottfried Klopstock: Dichter der Empfindsamkeit, Wegbereiter Goethes und Erneuerer der deutschen Sprache, die vorher nur eine einfache Sprache des Volkes war. Er übertrug beispielsweise das altgriechische Hexameter in die deutsche Dichtung. Er forderte, dass ein Gedicht niemals nur bloße Beschreibung sein dürfe, dagegen Leidenschaft und Handlung in sich vereinen müsse.

    Johann Gottlieb Fichte: Philosoph und Frühromantiker

    Karl Richard Lepsius: Ägyptologe

    passend auch ein Beitrag von Philon aus dem wunderbaren Wohin denn ich? Hölderlin und seine Wohnstätten - Strang





    Das älteste Klassenzimmer

    Beauty matters!

  • An den Naumburger Holzmarkt kann ich mich gar nicht erinnern... scheint ein völlig intaktes Ensemble zu sein, über das sich so manche Kleinstadt freuen könnte:


    Holzmarkt, Naumburg. – Lagebilder

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Holzmarkt

    Liebe Franka,

    wenn man in Naumburg ist, so bietet sich ein Besuch der kleinen Stadt Freyburg an der Unstrut an. Die dortige Kirche nennt man auch die kleine Schwester des Naumburger Doms. Sie wurde in der Romanik und der Gotik errichtet. Im Chor birgt sie einen schönen gotischen Schnitzaltar, der vom einzigen, namentlich bekannten Gesellen von Tilmann Riemenschneiders geschaffen wurde. In Freyburg ist auch die bekannte Sektkelleri Rotkäppchen beheimatet.

    Siehe hierzu den folgenden Link:

    freyburg-unstrut

    Auch in der Nähe befindet sich Burgscheidungen mit einem bemerkenswerten Schloss samt den Resten eines italienischen Terassengartes. Leider hatten wir damals keine gute Kamera, deshalb lässt die Qualität der Bilder zu wünschen übrig. Insoweit bitten wir um Nachsicht. Hierzu nun der Link:

    burgscheidungen-galerie

  • vielen Dank für die Ergänzung. Freyburg hätte ich mir auch sehr gerne angesehen. Ein Wochenende reicht nicht. Ich hoffe es findet sich bald wieder eine Gelegenheit die Landschaft noch mehr zu erkunden

    Franziska Nietzsche, die Mutter von Friedrich Nietzsche, war besorgt, dass Friedrich in Pforte keinen Anschluss an seine Kameraden findet. Um sie zu beruhigen, schenkte er ihr zu Weihnachten 1861 ein Foto. Es zeigt ihn (links) mit einem Kameraden


    Beauty matters!


  • Über die Zukunft unserer Bildungsanstalten schrieb Nietzsche 1872:

    (…)Man demokratisiert die Rechte des Genius, um der eignen Bildungsarbeit und Bildungsnot enthoben zu sein. Es will sich ein jeder womöglich im Schatten des Baumes niederlassen, den der Genius gepflanzt hat. Man möchte sich jener schweren Notwendigkeit entziehn, für den Genius arbeiten zu müssen (..) Ich glaube bemerkt zu haben, von welcher Seite aus der Ruf nach möglichster Erweiterung und Ausbreitung der Bildung am deutlichsten erschallt. Diese Erweiterung gehört unter die beliebten national-ökonomischen Dogmen der Gegenwart. Möglichst viel Erkenntnis und Bildung – daher möglichst viel Produktion und Bedürfnis – daher möglichst viel Glück – so lautet etwa die Formel. Hier haben wir den Nutzen als Ziel und Zweck der Bildung, noch genauer den Erwerb, den möglichst großen Geldgewinn. Die Bildung würde ungefähr von dieser Richtung aus definiert werden als die Einsicht, mit der man sich ›auf der Höhe seiner Zeit‹ hält, mit der man alle Wege kennt, auf denen am leichtesten Geld gemacht wird, mit der man alle Mittel beherrscht, durch die der Verkehr zwischen Menschen und Völkern geht. Die eigentliche Bildungsaufgabe wäre demnach, möglichst ›courante‹ Menschen zu bilden, in der Art dessen, was man an einer Münze ›courant‹ nennt. Je mehr es solche courante Menschen gäbe, um so glücklicher sei ein Volk: und gerade das müsse die Absicht der modernen Bildungsinstitute sein, jeden so weit zu fördern, als es in seiner Natur liegt, ›courant‹ zu werden, jeden derartig auszubilden, daß er von seinem Maß von Erkenntnis und Wissen das größtmögliche Maß von Glück und Gewinn hat. Ein jeder müsse sich selbst genau taxieren können, er müsse wissen, wie viel er vom Leben zu fordern habe. Der ›Bund von Intelligenz und Besitz‹, den man nach diesen Anschauungen behauptet, gilt geradezu als eine sittliche Anforderung. Jede Bildung ist hier verfaßt, die einsam macht, die über Geld und Erwerb hinaus Ziele steckt, die viel Zeit verbraucht: man pflegt wohl solche andere Bildungstendenzen als ›höheren Egoismus‹, als ›unsittlichen Bildungsepikureismus‹ abzutun. Nach der hier geltenden Sittlichkeit wird freilich etwas Umgekehrtes verlangt, nämlich eine rasche Bildung, um schnell ein geldverdienendes Wesen werden zu können, und doch eine so gründliche Bildung, um ein sehr viel Geld verdienendes Wesen werden zu können. Dem Menschen wird nur so viel Kultur gestattet als im Interesse des Erwerbs ist (..). „


    Zum Abschied

    Wer kann das lesen?

    Meinen hoch verehrten Lehrern

    Kann ich nur wiederholen, was einer jeder von unserer Pforte Scheidener zuruft: „Möge Gott Ihnen danken, was Sie an mir gethan.“ Ich habe oft die Beweise ihrer Liebe gefühlt und weiß nicht, wiemit ich ihnen vergelten könnte; vielleicht kann ich ihnen durch mein späteres Leben Freude machen.

    Vergessen Sie, dass ich Sie hier und da betrübt habe und gedenken Sie meiner freundlichst!

    Beauty matters!