Nürnberg - Toplerhaus

  • Ein etwas farblich angepasstes Toplerhaus

    Original: https://www.artstation.com/artwork/KxQoW

    Sehr schön. Was mir bisher nicht bewusst war: Offensichtlich befindet sich, links unten im Bild zu erkennen, ein Überbleibsel des Toplerhauses in einer Mauer. Es scheint mir eine Verzierung aus dem Erker zu sein.

    Sollte dem so sein, wären hier noch fast an Ort und Stelle Überreste des Hauses, die man wiederverwenden könnte. Dies würde eine Brücke in die Vergangenheit schlagen.

  • Interessant ist aber, wie ein einzelner Leitbau die Wirkung der umgebenen Häuser historisieren kann, denn die heutigen Füllbauten sind nicht wesentlich anspruchsloser als die Originale. Nennt man den Ankereffekt.

    Absolut! Erst mit den noch zu verwirklichenden Rekonstruktionen wird der Wiederaufbau der Altstadt wirklich gut. Die fehlen noch, und man fragt sich was dieses Meer an einfachen Häusern einem eigentlich sagen soll.

  • Offensichtlich befindet sich, links unten im Bild zu erkennen, ein Überbleibsel des Toplerhauses in einer Mauer.

    Nein, das ist eine Masswerkbrüstung des einst südlich benachbarten 'Hertelshofs' Paniersplatz 9. Die Masswerkbrüstung wurde nach 1945 leider kopfüber in die Vorplatzmauer eingemauert. Hier drei Beiträge von 2013 in diesem Strang dazu.

    Heutige Ansicht des Nachfolgebaus und der Brüstungsplatte: https://goo.gl/maps/3mqFLn7AQRVYB6MA7

  • Ja, nach längerer und eingehender Betrachtung von Bildern des Toplerhauses musste ich kurz nach meinem Beitrag erkennen, dass dieses nicht Ursprung des Maßwerks sein konnte. Vielen Dank für die tolle Aufklärung. Nun ja, dann wäre also Hertelshof ebenfalls ein Wiederaufbaukandidat, immerhin gibt es noch Teile davon. :)

  • Haus und Grundstück bleiben im Besitz des Eigentümers, aber die Altstadtfreunde finanzieren einen Abriss des bestehenden und eine Rekonstruktion des ursprünglichen Gebäudes. Der Eigentümer erhält so ein gegenüber seinem ursprünglichen Objekt wesentlich aufgewertetes Gebäude und Nürnberg eine wichtige Rekonstruktion.

    Aber irgendwie muss es sich auch für die Altstadtfreunde refinanzieren. Das rekonstruierte Toplerhaus wäre ein Stockwerk höher. Somit müssten dann dieses Dachgeschoss in das Eigentum der Altstadtfreunde übergehen. Zumindest müssten sie dessen Mieteinnahmen erhalten.

  • Hier ist noch eine schöne Ansicht, wie das Toplerhaus in der Umgebung gewirkt hat.

    https://www.akg-images.co.uk/Docs/AKG/Media…7/AKG280507.jpg

    Das Original ist weg. Aber es existiert noch ein Haus, das sich am Toplerhaus orientiert hat. Nämlich das Hotel Deutscher Kaiser.

    Leider sind die Zinnen am Giebel irgendwann entfert worden und das Haus sieht heute so aus:

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…0170616_001.jpg

    Man hat es wohl nach dem Krieg zunächst verfallen lassen und befürchtet, daß die Teile auf die Straße fallen könnten. Doch im Jahre 2006 haben die Besitzer des Hauses die historische Balkonbrüstung rekonstruieren lassen. Das zeigt, daß sie durchaus Interesse an ihrem Gebäude haben.

    In Zeiten von Lockdown und fehlender Einnahmen erscheint es mir jedoch unpassend, die Hotelbetreiber zu fragen, ob sie die Rekonstruktion des Giebels eingeplant haben. Es bleibt jedenfalls zu hoffen.

    Hier finden sich noch Informationen zu dem Haus:

    http://www.baukunst-nuernberg.de/epoche.php?epo…eutscher_Kaiser

  • Ich denke, man muss das vorhandene Haus nicht abreißen, sondern kann mit einer Fassadenumgestaltung dem Original sehr nahe kommen. Die Fenster und Türen müssen natürlich verlegt werden, aber dies ist nicht kompliziert. Zudem muss die Außenfassade nicht genau mit den vorhandenen Stockwerkshöhen übereinstimmen, so dass Höhenunterschiede optisch ausgeglichen werden können. Das vierte Stockwerk kann aufgemauert werden und der Dachstuhl umfasst dann die beiden obersten Geschosse.

    Sicher wäre es am einfachsten zunächst die unteren drei Geschosse zu verkleiden (oder wenigstens das Erdgeschoss), da bräuchte man wohl keine aufwendige Genehmigung. Lediglich ein reicher Mann in Nürnberg wird sich doch finden lassen?

    Die Häuser optisch überlagert 30%, 60%, 100%.

  • Na ja, wie soll das konkret gehen, und vor allem warum? Erhaltenswert ist da nichts, und ohne Frage kommen Abriss und Neubau günstiger. Man bedenke die verschiedene Materialität und die völlige Nichtübereinstimmung in allen Gliederungsdetails (und ob die Grundrisse wirklich völlig übereinstimmen, muss auch dahingestellt bleiben...)

    auch ein reicher Mann in Nürnberg wird lieber ein "richtiges" Haus haben wollen und kein derartiges Provisorium mit letztlich leicht dysfunktionalen Fenstern...

    Abgesehen geht das bei einem so hochkarätigem Objekt wie dem Toplerhaus nicht an:

    dem Original sehr nahe kommen

    es muss dem Original nach bestem Wissen und Können entsprechen. Irgendein Pfusch oder eine halbherzige Angleichung ist da unangebracht.

    Sehr interessant ist das von Neusser erstverlinkte Bild. Aus diesem geht hervor, dass das Element der "Wegscheide" eigentlich in den meisten Ansichten überschätzt wird, dass sehr wohl so etwas wie eine platzartige Wirkung entsteht, und dass das Haus tatsächlich auf eine Schrägansicht ausgelegt erscheint, die es noch pittoresker erscheinen lassen als in der Frontalansicht. Im Zusammenspiel mit der Burg ist dieses Haus in der Tat genial, und es zählt ohne Frage zu den allerschwersten Verlusten des Städtebaus. Ich muss wohl meine Meinung korrigieren: es gehörte tatsächlich rekonstruiert, und sogar in situ. Soll man sich nachher was einfallen lassen, wie man die Umgebung einigermaßen ansprechend umgestaltet.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • unify Schön, dass Du Dir mit diesen transparenten Überlagerungen Gedanken zu einer Rekonstruktion gemacht hast, ob allenfalls Teile des jetzigen Bestandesbaus belassen werden könnten. Überlegungen zu Nachhaltigkeit werden immer wichtiger denn je; Tabula rasa, auch wenn es nur ein einzelnes Haus betrifft, ist immer der äusserste Weg.

    Allein von der Statik her dürfte das aber beim Toplerhaus scheitern. Die Rohbauten von Wiederaufbau-Wohnhäusern sind bis in die 1970er-Jahre grossteils mit dünnen Geschossdecken sehr minimal aufgeführt worden. Zudem reichen die Betondecken bis an die Aussenkanten der Fassaden. Da müsste bei einem Rückbau der Fassaden sehr viel Beton noch zusätzlich weggefräst werden, damit man eine Sandsteinfassade vorblenden könnte. Auch der Grundriss stimmt nicht überein, wie das ursus carpaticus schon richtig vermutet hat: das aktuelle Gebäude zegt einen rechteckigen Grundriss, das Toplerhaus wies aber einen trapezförmigen Grundriss auf, mit einer abgeschrägten Ecke an der Oberen Söldnersgasse gegen den westlichen Nachbar hin. Es war also ein fünfeckiges Haus.


    Ak Toplerhaus I

    Das Toplerhaus von Osten. Ungelaufene Ansichtskarte um 1900/1910.

    Hermann Martin, Kunstverlag, Nürnberg.

    Toplerhaus Grundrisse

    Grundrisse des Toplerhauses: unten Erdgeschoss, oben 1. Obergeschoss.

    (aus: Schultz: Nürnbergs Bürgerhäuser, 1933)

  • Man könnte sicherlich schauen, in wie weit sich Bauelemente des Nachkriegsbaus bei einer Reko integrieren lassen.

    Ich fürchte nur, mehr als das Fundament wird da nicht übrig bleiben.

  • Aber irgendwie muss es sich auch für die Altstadtfreunde refinanzieren. Das rekonstruierte Toplerhaus wäre ein Stockwerk höher. Somit müssten dann dieses Dachgeschoss in das Eigentum der Altstadtfreunde übergehen. Zumindest müssten sie dessen Mieteinnahmen erhalten.

    Ja, an so was hatte ich auch gedacht. Oder die AF bekommen einen Anteil an den durch die Aufwertung höheren Mieteinnahmen. Oder beides.

  • Warum sollte Privateigentümer ein vermietetes Haus in bester Lage abreißen und mit einem Geschoß mehr wieder aufbauen, selbst wenn er dafür Baurecht bekäme?

    Der Bau ist ja schon jetzt sicher jetzt gut vermietet und mit der Mietpreisbremse würde bei Mietwohnungen auch nicht deutlich mehr erzielbar sein, einer Umwandlung in Eigentum wird die Stadt kaum zustimmen.

    Und was machst Du mit den Mietern? Die Umsetzung kostet ja auch viel Geld.

    Also Abrißkosten ( 1500€/qm) plus Neubaukosten (4.500€/qm) sind 6000 Euro. Plus Umsetzung. Um das zu finanzieren müßten die Wohnungen - auch wenn Stadt und Mieter mitspielten - deutlich über 20 Euro/qm Nettokaltmiete einspielen. Illusorisch. Es ginge also nur mit sündhaft teueren ETW.

  • Ich fürchte nur, mehr als das Fundament wird da nicht übrig bleiben.

    Ich gehe davon aus, dass die Süd- und Ostfassade noch auf den Toplerhausfundamenten stehen. Das Toplerhaus war ja unterkellert, was man an zwei Kellerfenstern sehen kann. Der Erdgeschossgrundriss macht aber keine klaren Angaben, wie der Keller erschlossen war. Die Fundamente der abgewinkelten Nordfassade dürften ebenfalls noch im Boden stecken. Insofern denke ich, dass vom Bestandsbau überhaupt nichts wiederverwendet werden kann.

  • Warum sollte Privateigentümer ein vermietetes Haus in bester Lage abreißen und mit einem Geschoß mehr wieder aufbauen, selbst wenn er dafür Baurecht bekäme?

    Weil ein Eigentümer mit einem historischen Haus in bester Lage wesentlich mehr verdienen könnte?

    Die Adresse ist schon mal hervorragend, wenn da nun wieder die Reko stünde - ich denke mal so manch einem Geschäftsmann wäre da kein Cent zu schade.

  • Inwiefern es in Nürnberg eine Mietpreisbremse im Falle eines Neubaus gibt, vermag ich nicht zu sagen. Aber Abrisse von Bestandsbauten und Neubauten oder Kernsanierungen, bei denen die Mieter raus müssen, sind zum Beispiel in Frankfurt keine extreme Seltenheit. Das sollte in Nürnberg möglich sein. Aber ich setze ohnehin auf das Modell eines Eigentümerwechsels.

  • Nun ja, daß Mieter umgesiedelt werden müßten, steht ja außer Frage - aber da sollen die sich drum kümmern, welche Nürnberg erst diese Scheußlichkeiten angetan haben! ~:-[]

  • Nun ja, daß Mieter umgesiedelt werden müßten, steht ja außer Frage - aber da sollen die sich drum kümmern, welche Nürnberg erst diese Scheußlichkeiten angetan haben!

    Leben die noch?

    Aber im Ernst: Da werden sich schon die drum kümmern müssen, die an der Stelle des Bestandsbaues ein neues Gebäude errichten wollen.

    Was die Bilder von unify (danke dafür) zeigen, ist wie mit der Rekonstruktion eines einzigen, allerdings auch kunsthistorisch bedeutenden, Hauses zwei ganze Straßenzüge aufgewertet werden können. Die anderen Bauten der Nachkriegszeit fügen sich als Füllbauten dann (fast) alle ganz gut in das Stadtbild ein. (Edit: Habe mir gerade mal die Umgebung aus Streetview angesehen: Die Nachbarhäuser bedürfen auch einer "Überarbeitung" zumindest was die Fenster und Portale angeht. Das Haus an der Stelle des Toplerhauses, ist allerdings aus meiner Sicht das Schlimmste - neben dem gegenüber mit den Balkonen zur Gasse)

    Das spricht für mich auf jeden Fall dafür, Rekonstruktionen wie die des Toplerhauses immer ins Gespräch zu bringen. Vielleicht findet sich ja wirklich ein Bauherr der die damit verbundenen Kosten nicht scheut. Ob damit allerdings Mieten erzielt werden können, die das ganze wirtschaftlich machen, halte ich doch für fraglich. Wenn ein Wille dazu da wäre, ist dies sicher ein fall für eine öffentliche Förderung, zumal die Allgemeinheit ja etwas von der Aufwertung des Straßenbildes, gerade in so prominenter Nachbarschaft hat.

  • Warum sollte Privateigentümer ein vermietetes Haus in bester Lage abreißen und mit einem Geschoß mehr wieder aufbauen, selbst wenn er dafür Baurecht bekäme?

    Deshalb war ja meine Idee, dass die Kosten für Abriss und Rekonstruktion von den AF übernommen werden. Die AF hätten dadurch den Vorteil, dass sie nicht das Geld für den Kauf des Hauses aufbringen müssten und der Eigentümer hätte ein deutlich aufgewertetes Haus, mit dem er höhere Mieteinnahmen erzielen könnte.
    Die Kosten der AF würden wiederum zum Teil dadurch aufgefangen, dass sie an den höheren Mieteinnahmen beteiligt würden und/oder das zusätzliche Geschoss zur Nutzung oder Vermietung bekämen.

  • Das wäre theoretisch sicher machbar, vermutlich mittels eines im Grundbuch eingetragenen Nießbrauchsrechts. Solche Sonderrechte mindern aber den Wert einer Immobilie erheblich, weswegen sich kaum ein Investor mit Verstand darauf einlassen würde.