Landhäuser und Villen aus der Gründerzeit

  • Was mich persönlich wirklich interessieren würde und ob das - mit ein paar notwendigen Modifikationen/Nachweise Bauphysik et cetera ginge - , wenn ich mit so einem Entwurf zu einem Architekten gehe und ihm sage, bitte adaptieren sie den Entwurf nur insoweit, damit ich eine Baugenehmigung bekomme. So wird mein Haus bitte aussehen ;) !

    Sicher, kosten würde es natürlich mehr als ein 08/15 Neubaukisterl, aber auch meine Enkerl sollen ja etwas davon haben und dann schaut die Rechnung schon wieder ganz anders aus. ich würde auch nur mit den damaligen Baumaterialien bauen, damit ich mir möglichst keine Baustoffgifte in mein Heim hole, wie das ja jetzt sehr oft der Fall ist.

    Mich würde hier Eure Meinung bitte interessieren, da ja auch Architekten und Bauingenieure glaublich unter uns sind!

  • weil hier viel von Stuttgart dabei ist.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Villa_Moser_(Stuttgart)

    Es gibt eine "Kunststation Villa Moser", die an das Anwesen erinnern soll.

    Deren Verfall ist hier eindrucksvoll dokumentiert: https://de.wikipedia.org/wiki/Kunststation_Villa_Moser

    Ein gutes Beispiel für sinnlose Geldausgaben für "künstlerisch" halbherzige Projekte, die von der Bevölkerung nicht verstanden und akzeptiert werden. Und die dann die üblichen Zerstörungswütigen zusätzlich anziehen.

  • Exilwiener Ich fürchte, aufgrund der vielen Änderungen in den Bauvorschriften der letzten 100 Jahre werden die Modifikationen so beträchtlich sein, dass es mglw günstiger wird, gleich von Grund auf neu zu planen.

  • Lieber Exilwiener,

    die Architekten behaupten ja, so ein Haus nach historischen Plänen zu bauen, könne heute doch niemand mehr bezahlen. Nach Ansicht vieler Foristen stimmt das so aber nicht. Es wurde hier im Forum schon dargelegt, dass die Mehrkosten einer schönen, historischen Fassade geschätzt 15 % der Gesamtkosten des Baues ausmachen. Sonderanfertigungen, z. B. im Innenausbau, wie Fenster und Türen. die nicht der Deutschen Industrie Norm (eingeführt 1925) entsprechen, sind deutlich teurer als wenn diese nach DIN genormte sind. Auf der anderen Seite gibt es heutzutage ja die 3-D-Technik, wo viele Teile, nicht nur aus Holz, sondern auch steinerne Gesimse am Drucker ausgedruckt werden können, was Kosten vermindert und wohl auch Zeit spart.

    Langer Rede kurzer Sinn, wenn man sich beim Innenausbau anstelle von vielen Sonderanfertigungen, auf genormte Teile verständigen könnte, sollte ein solches Haus für viele Leute finanzierbar sein. Die heutigen Sicherheits- und Brandschutzvorschriften etc. müssen selbstverständlich eingehalten werden. Die Fassade sollte aber möglichst nahe an den alten Plänen sein, auch sollten die historischen Geschosshöhen tunlichst beibehalten werden, weil sonst die Proportionen des Hauses nicht stimmen und das Gebäude zu "gestaucht" aussieht. Allerdings finde ich, dass Zimmerhöhen von 3,30 m absolut ausreichend sind. Wir haben in der Belle Etage z. B. 3,80 m hohe Räume, da sind die Zimmer, wenn es in einem strengen Winter richtig knackig kalt ist, kaum mehr richtig warm zu bekommen. Man muss also bereit sein, im einen oder anderen Punkt Kompromisse zu schließen, dann sollte der Bau eines solchen Hauses möglich sein. Allerdings sind die Bodenpreise/Baulandpreise in den Großstädten und in deren Speckgürtel, inzwischen derartig hoch, dass man dort sowieso kaum bauen kann. Außerhalb der Ballungsgebiete, in einer ländlichen Region hingegen, sind die Grundstückspreise noch als günstig zu bezeichnen, dort könnte man ein Bauvorhaben für eine solide Villa nach alten Plänen aus der Gründerzeit, noch am ehesten in die Tat umsetzen. Die Wohnqualität bleibt auch noch den Kindern und Enkeln erhalten.

    Übrigens habe ich noch einige Pläne von Villen aus der Gründerzeit, die ich vermutlich nach und nach gerne noch einstellen würde. Da sind auch ganz tolle und wunderschöne Villen und Landhäuser darunter.

  • Was mich persönlich wirklich interessieren würde und ob das - mit ein paar notwendigen Modifikationen/Nachweise Bauphysik et cetera ginge - , wenn ich mit so einem Entwurf zu einem Architekten gehe und ihm sage, bitte adaptieren sie den Entwurf nur insoweit, damit ich eine Baugenehmigung bekomme. So wird mein Haus bitte aussehen ;) !

    Sicher, kosten würde es natürlich mehr als ein 08/15 Neubaukisterl, aber auch meine Enkerl sollen ja etwas davon haben und dann schaut die Rechnung schon wieder ganz anders aus. ich würde auch nur mit den damaligen Baumaterialien bauen, damit ich mir möglichst keine Baustoffgifte in mein Heim hole, wie das ja jetzt sehr oft der Fall ist.

    Mich würde hier Eure Meinung bitte interessieren, da ja auch Architekten und Bauingenieure glaublich unter uns sind!

    Ich habe mir schon oft die Frage gestellt, wie man mit heutigen Technologien "günstig" gründerzeitlich bauen könnte. Ob das eine Baugenehmigung erhält, ist wieder eine andere Frage.

    Mit CNC Fräsen könnten Holz und Sandsteine bearbeitet werden. Aus meiner Sicht würden sich die italienische (Neo)Renaissance bzw. Semper/Nicolai gut funktionieren, da Fassage relativ einfach und meist geputzt.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Villa_Rosa_(Dresden)

    Villa Rosa ist der "Prototyp" der Dresdner Villenarchitektur der 1860/70er von Semper.

    Das wäre doch mal ein Projekt ...?

  • Lieber Villa,

    bitte einstellen, wennst noch mehr Zeichnungen und Pläne hast. Vielen Dank.

    Wir haben 3,30 Raumhöhe mit 110 Jahren alten Holzkastenfenstern. Unser Gasverbrauch ist genau, was Vergleichsportale bei dieser

    Wohnfläche als Durschnitt ausgeben und es nicht kalt bei uns.

    Bei mehr Raumhöhe ist allerdings empfehlenswert mit Fußbodenheizung zu arbeiten und für Sparfüchse mit Scheitholzkesseln.

  • Die nachfolgenden Pläne und Grundrisse stammen aus einem anderen Werk, das mir in gebundener Form vorliegt. Es trägt den Titel: "Villen und Landhäuser", erschienen 1896. Die darin enthltenen Villen sind jedoch mitunter allerdings wesentlich älter. Ich habe diese Bilder nun im bereits von mir angelegten Strang "Landhäuser und Villen" eingestellt, da die Thematik ja auch dieselbe ist. Nicht alleine die Papierqualität ist gegenüber den neulich eingestellten Plänen besser (nicht so vergilbt oder gebräunt), sondern auch die Baupläne sind größer dargestellt, also besser zu lesen. Gleichzeitig wird oft noch Bauzier, Gesimse, Querschnitte, ja selbst profilierte Balken abgebildet.

    Bei vielen der im Anschluss vorgestellten Villen kann man m. E. dem späten Klassizismus oder der italienischen Renaissance zuordnen. Für die Villen mit den großen Rundbogen Loggien würde ich als Baujahr in aller Regel noch den 1860er und vielleicht auch noch die 1870er Jahre annehmen.

    Doch nun viel Freude nun beim Anschauen.










  • Fortsetzung von Landhäusern und Villen aus der Gründerzeit:










    Die nachfolgende Villa nimmt den Stil der von Patriziern aus Nürnberg im Nürnberger Land im 16. und 17. Jh. errichteten "Weyerhäuser" auf. Also ein in der Umgebung von Nürnberg durchaus typischer Baustil. Das waren Sommerhäuser der Nürnberger Kaufmannsfamilien, oftmals, aber nicht immer, noch von einem Wassergraben umgeben. Also ein "festes Haus", obwohl diese Häuser auf Grund der technischen Entwicklung im Kriegsfalle längst nicht mehr uneinnehmbar waren, so machten diese doch einen starken und wehrhaften Eindruck:

  • Anbei noch einige Bilder von Landhäusern und Villen aus der Gründerzeit:



    Streng genommen eigentlich kein Landhaus, sondern eine Meierei bei Bremen. Da jedoch die Bauweise des Hauptgebäudes durchaus in der Art einer Villa ausgeführt wurde, habe ich mich entschieden dieses Objekt hier einzustellen, zumal es ja in dem Buch von 1896 auch als Landhaus oder Villa mit enthalten war:







  • Noch einige Zeichnungen und Pläne von Villen und Landhäusern aus der Gründerzeit:

    Die folgende Villa ist ganz klassizistisch ausgeführt, interessant ist auch die Gartengestaltung. Nach dem Plan befanden sich im Garten zwei Bassins, die wohl als Springbrunnen mit Fontäne ausgestattet waren:



  • Dieses Haus gibt es , wie man auf der folgenden Google Earth Aufnahme sieht nicht mehr. Stattdessen stehen dort sehr ansehnliche Würfel.

    In der Umgebung gibt es aber trotzdem noch viele ansehnliche Häuser.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Hallo VonSalza,

    danke für deine Recherche und deine Nachricht, auch wenn diese leider traurig ist.

    Vermutlich wurde dieses schöne, neobarocke Haus ein Opfer einer Gewinnmaximierung oder anders ausgedrückt, ein Opfer der Geldgier. Wobei sich aber auch die Frage nach dem Denkmalschutz stellt. Stand diese Villa nicht unter Denkmalschutz oder hat man diesen mit irgendwelchen Begündungen aufgehoben? Jedenfalls hat das Stadtbild durch die jetzt dort stehenden Flachdachklötze arg gelitten. Es ist noch oftmals wirklich traurig, wie unsere Städte immer mehr verhunzt werden.

  • Nachtrag:

    Ermittlungen zum Schicksal der oben bereits vorgestellten, um 1880 errichteten Villa des Tuchfabrikanten Gustav Samson haben dank Wikipedia zu folgendem, leider traurigem, Ergebnis geführt:

    In den 1930er Jahren gehörte die Villa Samson der Familie des jüdischen Fabrikanten Dr. Martin Blum. In der sog. "Reichskristallnacht" oder Reichsprogromnacht 1938 wurde die Villa vollständig nieder gerbrannt. Nur durch das Eingreifen einer Hausangestellten konnte dich die Familie noch vor den Flammen retten. Dr. Blum wurde 1940 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt und sein gesamtes Vermögen vom Staat beschlagnahmt. Die bei der Villa liegenden Fabrikgebäude wurden im II. Weltkrieg vollständig zerstört. Über das weitere Schicksal der Familie Blum ist mir nicht bekannt, es steht aber das Schlimmste zu befürchten.

    Die Größe des gesamten Anwesens von Villa Bürogebäude und Fabrikationsräumen zeigt der folgende Holzschnitt (die Villa befindet sich rechts im Park):

    Villa Samson, Cottbus bei Ostrow

  • Dieses Haus gibt es , wie man auf der folgenden Google Earth Aufnahme sieht nicht mehr. Stattdessen stehen dort sehr ansehnliche Würfel.

    In der Umgebung gibt es aber trotzdem noch viele ansehnliche Häuser.

    Nachtrag:

    Ermittlungen zum Schicksal der um 1880 errichteten Villa des Tuchfabrikanten Gustav Samson haben zu folgendem Ergebnis geführt:

    Leider muss ich hierzu ich die folgende, leider traurige Mitteilung machen: In den 1930er Jahren gehörte die Villa Samson der Familie des jüdischen Fabrikanten Dr. Martin Blum. In der sog. "Reichskristallnacht" oder Reichsprogromnacht 1938 wurde die Villa vollständig nieder gerbrannt. Nur durch das Eingreifen einer Hausangestellten konnte dich die Familie noch vor den Flammen retten. Dr. Blum wurde 1940 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt und sein gesamtes Vermögen vom Staat beschlagnahmt. Die bei der Villa liegenden Fabrikgebäude wurden im II. Weltkrieg vollständig zerstört. Über das weitere Schicksal ist mir nicht bekannt, es steht aber das Schlimmste zu befürchten.

    Die Größe des gesamten Anwesens von Villa Bürogebäude und Fabrikationsräumen zeigt der folgende Holzschnitt:

    Villa Samson, Cottbus bei Ostrow

  • Vielen Dank für die schönen Bilder! Davon angeregt habe ich mal bei Ebay gestöbert und tatsächlich eine "Architektonische Rundschau" von 1893 mit solchen Bildern ergattern können...