Der Bau großer, gotischer Kirchengebäude in Deutschland.

  • Ja, Treverer - das hat mich bei dem Strangtitel auch gewundert warum sich dieser nur auf Bischofssitze beschränkt, zumal hier ohnehin mehr auf Bauformen eingegangen wird.

    Abgesehen da von, ist Deutschland nun auch nicht gerade üppig mit Kathedralen ausgestattet - was möglicherweise auch am Mangel an Bischöfen liegen könnte.

  • Eine gotische Kathedrale ist übrigens auch der Münchner Dom - allerdings mit stark barocken Aufsatz.

    Nicht in dem hier diskutierten Kontext. München ist erst im 19. Jahrhundert Bischofssitz geworden. Zur Entstehungszeit war die Frauenkirche eben gerade keine Kathedrale. Insofern wir hier weiterhin nach spezifischen Merkmalen gotischer Kathedralen in Deutschland suchen, ist München auszuklammern. Im übrigen auch einige andere Kirche, die erst spät zum Bischofssitz wurden oder die Würdeform eines Doms oder Münsters erhielten (Limburger Dom, Ulmer Münster, Freiburger Münster etc).

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  • Abgesehen da von, ist Deutschland nun auch nicht gerade üppig mit Kathedralen ausgestattet - was möglicherweise auch am Mangel an Bischöfen liegen könnte.

    Die Annahme ist bereits nicht richtig, die Erklärung noch weniger. Deutschland besitzt als ein Kernland der christlichen Missionierung im Mittelalter ein sehr dichtes Netz an Bischofssitzen. Frankreich, England und vielleicht Italien dürften wohl auf ähnlichem Niveau mitspielen, ohne dass ich das auf die Schnelle mit konkreten Zahlen belegen könnte. Edit: Hier gut nachvollziehbar: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der…n_Di%C3%B6zesen

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  • Reden wir jetzt von Deutschland oder den heiligen römischen Reich?

    Da du von Deutschland sprachst und der Thread-Titel dies auch tut, bleiben wir doch einfach dabei.

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  • Zitat von Tegula

    Deutschland besitzt als ein Kernland der christlichen Missionierung im Mittelalter ein sehr dichtes Netz an Bischofssitzen. Frankreich, England und vielleicht Italien dürften wohl auf ähnlichem Niveau mitspielen, ohne dass ich das auf die Schnelle mit konkreten Zahlen belegen könnte.

    Dem würde ich teilweise zustimmen, nämlich für das Rheintal, wo die großen Städte im Wesentlichen römische Gründungen sind. Generell haben die Regionen des ehem. römischen Reichs eine sehr hohe Dichte an Bistümern, aufgrund der Stellung der Bischöfe im frühen Christentum, die als Metropoliten jeweils einer (i. d. Regel städtischen) Gemeinde vorstanden, sodass jede Civitas und damit jede Gemeinde ein Bistum bildete. Die heute übliche Stellung der Bischöfe in der kirchlichen Hierarchie ist ein Resultat der christlichen Missionierung in der Breite seit der Spätantike, aufgrund derer die Bischöfe von Gemeindevorstehern zu Metropoliten einer ganzen Diözese von Pfarreien wurden (die Entwicklung von Pfarreien im heutigen Sinne ist die Antwort des Christentums auf die Gegebenheiten ländlicher Regionen außerhalb der römischen Gebiete, wo die Methoden der städtischen Gemeinde an Grenzen stießen). Als Folge dieses Bedeutungswandels der Bischöfe und deren hoher Stellung in der sich bildenden kirchlichen Hierarchie im Frühmittelalter gab es für die neu christianisierten Gebiete dieser Zeit (Hessen, Bayern, Sachsen) erheblich weniger Bistümer, die allesamt Missionszentren waren - im Gebiet der Sachsen Münster, Osnabrück, Paderborn und Minden, in Hessen und Thüringen Büraburg, Fulda und später Erfurt. Letztere wurden allerdings alle wieder von Mainz aufgelöst, als man deren Aufgabe - die Missionierung - als erledigt ansah, was die große Lücke ohne Bischofssitze in Hessen und Thüringen erklärt.

    Das gleiche Prinzip wiederholte sich etwa 200 Jahre später bei der Slawenmission, deren Bistümer mangels einer klaren Oberhoheit einer Erzdiözese (Madgeburg als Solche war selbst noch jung und nicht in der Stellung wie Mainz) aber im Wesentlichen bis zur Reformation überlebten (der Verlust der Bistümer Havelberg und Brandenburg in Folge des Slawenaufstands 983 blieb eine Episode, die Rückverlegung des Bistums Zeitz nach Naumburg hatte Bestand). Dennoch waren alle diese Diözesen deutlich größer bemessen als jede mit römischen Wurzeln an Rhein und Donau.

    Zur gleichen Zeit wie die deutschen Bistümer der Slawenmission ist übrigens auch der Großteil der Diözesen in Polen (Posen 10. Jhd, Gnesen 1000, Krakau ebenfalls ca. 1000), in Böhmen/Mähren (Prag 973, Olmütz 1063) und in Ungarn (Gran 1000, Vác 1004, Eger 10. Jahrhundert, Pécs 1009) entstanden - die Strukturen und Größen sind dabei vergleichbar.

    Zitat von Onkel Henry

    Reden wir jetzt von Deutschland oder den heiligen römischen Reich?

    Ich sprach bewusst vom HRR, weil ich es für widersinnig halte, Entwicklungen und Themen des Mittelalters in den politischen Grenzen größtenteils des 19. und 20. Jahrhunderts zu beurteilen, und damit unter Umständen wichtige Aspekte auszuklammern.

  • VonSalza 2. Februar 2021 um 00:08

    Hat den Titel des Themas von „Der Bau gotischer Kathedralen in Deutschland.“ zu „Der Bau großer, gotischer Kirchengebäude in Deutschland.“ geändert.
  • Ich hab bei meiner Eröffnung des Themas noch einmal etwas abgeändert: ich habe Kathedrale leider als Synonym für die üblichen großen Kirchen der französischen Gotik verwendet (die aber vermutlich meist auch Bischofssitze sind).

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Deutschland besitzt als ein Kernland der christlichen Missionierung im Mittelalter ein sehr dichtes Netz an Bischofssitzen. Frankreich, England und vielleicht Italien dürften wohl auf ähnlichem Niveau mitspielen, ohne dass ich das auf die Schnelle mit konkreten Zahlen belegen könnte.

    Nein, das ist nicht richtig. Aus den Gründen, die Mündener schon angeführt hat, war die Dichte an Bischofssitzen im größten Teil Deutschlands deutlich geringer als in Gebieten, die Teil des untergegangenen Römischen Reichs waren.

    Man muss nur einmal zum Vergleich nach Italien schauen: Da bestehen bis heute noch rund 250 Bistümer und Erzbistümer. Im Mittelalter waren es über 300.
    Deutschland hat heute 27 Bistümer und Erzbistümer. Kurz vor der Reformation gab es auf dem gesamten Gebiet des Heiligen Römischen Reiches (mit Ausnahme Italiens) ca. 50 Bistümer und Erzbistümer. Darunter lag wiederum wenigstens eine Handvoll außerhalb des deutschsprachigen Raums (Wallonie, Freigrafschaft Burgund, Lothringen etc.)

  • ich habe Kathedrale leider als Synonym für die üblichen großen Kirchen der französischen Gotik verwendet

    Mach Dir nix draus - ich denke hier haben so einige eine Kathedrale mit einer Basilika assoziiert.

    Nur daß eine Kathedrale theoretisch auch ein winziges Kirchlein sein kann, solange es ein Bischofssitz ist :biggrin:

    Aber ich bin schon fast da von ausgegangen, daß es sich hierbei wohl eher um Dome und Basiliken handeln sollte :wink:

  • Darunter lag wiederum wenigstens eine Handvoll außerhalb des deutschsprachigen Raums (Wallonie, Freigrafschaft Burgund, Lothringen etc.)

    Die Grafschaft Burgund (gehörte die überhaupt zum HRR? Ich glaube nicht) ist ja heute in deutsche, französische und schweizer Gebiete aufgeteilt.

    Ich meine, der deutsche Teil des ehemaligen Burgunds macht den geringsten Anteil aus - Worms soll ja die Hauptstadt von Burgund gewesen sein.

    Ich weiß jetzt allerdings nicht, was der Sage und was der Geschichte entspringt, ich hab die Zeit Burgunds noch nicht so bewußt miterlebt.

  • Ich hab noch nie verstanden ob Burgund so groß oder so zersplittert ist, dass Teile der Schweiz, Belgiens, Frankreichs und komischer Weise Worms einmal Teil davon gewesen sein sollen.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Den Job stell ich mir gerade im Kölner Dom vor:

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    :schockiert:

  • Zusätzlich zu dem, was bereits gesagt wurde, denke ich, dass die Anzahl der großen Kirchen in Deutschland oft unterschätzt wird. Dies liegt hauptsächlich daran, dass die französischen und britischen Beispiele populärer geworden sind. Dies erreicht den Punkt, an dem viele vermeintliche Architekturhistoriker außer dem Kölner Dom und dem Ulmer Münster einfach keine großen Kirchen in Deutschland kennen. Aufgrund der kulturellen Kluft wird die deutsche Architektur außerhalb Deutschlands leider kaum erforscht. Auch Spanien wird diesbezüglich manchmal unterschätzt. Trotzdem wird die Gotik in Deutschland oft als zurückhaltender, weniger wild dekorativ angesehen (obwohl dies natürlich sehr umstritten ist). Obwohl das natürlich nicht bedeutet, dass die deutsche Gotik in irgendeiner Weise minderwertig ist, bevorzuge ich selbst strengere, rauere Formen der deutschen Gotik.

    Die Geschichte des mittelalterlichen Kirchenbaus in Deutschland muss direkt mit dem Kirchenbau in ganz Europa und der Verbreitung des Großbaus verbunden sein. Zu Beginn der Romanik bis zur Hochgotik war der gesamte Kirchenbau in den Händen der Freimaurergilde, deren Wurzeln aus Italien stammen, nämlich der Lombardei (Magistri Comacini), fest monopolisiert. Die Gilde hat eine Struktur geschaffen, die die Architekturschule (Schola), die Ausbildung der Handwerker (Laborerium) und das Baumanagement (Operai) vereint. Es vereinte im Wesentlichen Design, Beschaffung und Konstruktion in denselben Händen. Im frühen Mittelalter gab es einen massiven Mangel an qualifizierten Handwerkern, und die Freimaurergilde konnte dies monopolisieren, indem sie eine gut organisierte Struktur, Erfahrung und Kenntnisse der Logistik mitbrachte. Es hatte wirklich keine Konkurrenz, besonders wenn man bedenkt, dass es privilegierte Rechte hatte. Aber im Gegenzug, wenn die Gilde ein Geschäft in einer Stadt eröffnet hat, kam dies mit einer Schule, um neue Meister auszubilden. Nun, wie gesagt, die Gilde war hauptsächlich lombardischen Ursprungs und hat vor allem in der frühen Zeit (600-1000) ihre ethnische Einheit ziemlich gut bewahrt - Außenseiter wurden selten in die Reihen der Meister aufgenommen. Aber schließlich erhielt die Gilde einen starken Zustrom von ausgebildeten Einheimischen - so wurden die Zweige der größeren Gilde verstaatlichter und unabhängiger von Magistri Comacini. Dies geschah zuerst in Frankreich und England. Deutschland war jedoch immer eng mit Norditalien verbunden, insbesondere mit der Lombardei. Die ursprüngliche Gilde war konservativer und akzeptierte die neueren, schickeren Ausdrücke des Nordens langsamer. Italienische und deutsche Meister haben viel länger miteinander trainiert und an vielen Projekten zusammengearbeitet als mit anderen Nationen. So führte dies vielleicht zu einem zurückhaltenderen Stil, der in gotischen Kirchen in Deutschland eingesetzt wurde.

  • Eine gotische Kathedrale ist übrigens auch der Münchner Dom - allerdings mit stark barocken Aufsatz.

    Hing aber mit der arg verspäteten Fertigstellung zusammen - geplant waren ursprünglich auch gotische Türme.

    naja?! stark?! zwei welsche Hauben und das war´s. Ausserdem sind die nicht wirklich barock (1525). Fast alles Barocke, wie der bedeutende Bennobogen, und vielen Neugotische ist ja rausgeflogen.

  • Nein, das ist nicht richtig. Aus den Gründen, die Mündener schon angeführt hat, war die Dichte an Bischofssitzen im größten Teil Deutschlands deutlich geringer als in Gebieten, die Teil des untergegangenen Römischen Reichs waren.

    Man muss nur einmal zum Vergleich nach Italien schauen: Da bestehen bis heute noch rund 250 Bistümer und Erzbistümer. Im Mittelalter waren es über 300.
    Deutschland hat heute 27 Bistümer und Erzbistümer. Kurz vor der Reformation gab es auf dem gesamten Gebiet des Heiligen Römischen Reiches (mit Ausnahme Italiens) ca. 50 Bistümer und Erzbistümer. Darunter lag wiederum wenigstens eine Handvoll außerhalb des deutschsprachigen Raums (Wallonie, Freigrafschaft Burgund, Lothringen etc.)

    Ich habe die mittelalterliche Lage in Italien in der Tat verkannt. In Deutschland ist aber die Dichte der Bistümer außerhalb und innerhalb des ehemaligen Römischen Reiches nicht wesentlich unterschiedlich. Gerade nach Norden hin sind die Bistumseinteilungen sehr kleinteilig: Lübeck, Ratzeburg, Schwerin, Hamburg, Havelberg, Verden, Bremen, Minden, Münster, Osnabrück etc. Man schaue sich dagegen die gewaltigen Bistümer Köln, Mainz und Trier an.

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  • Zu Beginn der Romanik bis zur Hochgotik war der gesamte Kirchenbau in den Händen der Freimaurergilde, deren Wurzeln aus Italien stammen, nämlich der Lombardei (Magistri Comacini), fest monopolisiert.

    Kannst Du zu Deinen Ausführungen bitte Quellen nennen? Ich bezweifle nicht, dass lombardische Handwerker an vielen Großbauten in Europa beteiligt waren - dass sie ein Monopol besaßen, scheint mir eher eine Legende des 19. Jahrhunderts zu sein, das gerne alles systematisch und ordentlich haben wollte.

  • Die Grafschaft Burgund (gehörte die überhaupt zum HRR? Ich glaube nicht) ist ja heute in deutsche, französische und schweizer Gebiete aufgeteilt.

    Ich meine, der deutsche Teil des ehemaligen Burgunds macht den geringsten Anteil aus - Worms soll ja die Hauptstadt von Burgund gewesen sein.

    Ich weiß jetzt allerdings nicht, was der Sage und was der Geschichte entspringt, ich hab die Zeit Burgunds noch nicht so bewußt miterlebt.

    Das historische Burgund war geteilt in das Herzogtum Burgund mit der Hauptstadt Dijon, Teil Frankreichs, und der (Frei-)Grafschaft Burgund, der Franche-Comté, die bis 1678 Teil des HRR war. Hauptstadt der Freigrafschaft war das heute sehr beschauliche Dole, der Bischofssitz Besançon war reichsunmittelbare Freistadt. Hier sieht man eine Karte der Aufteilung, alles grüne kam 1032 als Königreich Arelat zum HRR, vorher gab es hier die Königreiche Hoch- und Niederburgund (siehe Karte), Worms war aber nie Teil davon. Das ist, wie du schon vermutet hast, Teil der Sage, nämlich aus dem Nibelungenlied. Historisch war der Stamm der Burgunder nur mal als römische Hilfstruppe am Rhein stationiert.

    Besançon hat auch eine interessante Kathedrale, eine ursprünglich romanische Basilika, mit einzelnen gotischen Elementen, später umfangreich barockisiert. In die Kategorie dieses Strangs fällt sie allerdings sicher nicht ;)

  • Die Geschichte des mittelalterlichen Kirchenbaus in Deutschland muss direkt mit dem Kirchenbau in ganz Europa und der Verbreitung des Großbaus verbunden sein. Zu Beginn der Romanik bis zur Hochgotik war der gesamte Kirchenbau in den Händen der Freimaurergilde, deren Wurzeln aus Italien stammen, nämlich der Lombardei (Magistri Comacini), fest monopolisiert. Die Gilde hat eine Struktur geschaffen, die die Architekturschule (Schola), die Ausbildung der Handwerker (Laborerium) und das Baumanagement (Operai) vereint. Es vereinte im Wesentlichen Design, Beschaffung und Konstruktion in denselben Händen. Im frühen Mittelalter gab es einen massiven Mangel an qualifizierten Handwerkern, und die Freimaurergilde konnte dies monopolisieren, indem sie eine gut organisierte Struktur, Erfahrung und Kenntnisse der Logistik mitbrachte. Es hatte wirklich keine Konkurrenz, besonders wenn man bedenkt, dass es privilegierte Rechte hatte. Aber im Gegenzug, wenn die Gilde ein Geschäft in einer Stadt eröffnet hat, kam dies mit einer Schule, um neue Meister auszubilden. Nun, wie gesagt, die Gilde war hauptsächlich lombardischen Ursprungs und hat vor allem in der frühen Zeit (600-1000) ihre ethnische Einheit ziemlich gut bewahrt - Außenseiter wurden selten in die Reihen der Meister aufgenommen. Aber schließlich erhielt die Gilde einen starken Zustrom von ausgebildeten Einheimischen - so wurden die Zweige der größeren Gilde verstaatlichter und unabhängiger von Magistri Comacini.

    Woher stammen diese Erkenntnisse? In den Quellen für den Kirchenbau in Deutschland im 12. und 13. Jahrhundert ist mir niemals eine Freimaurergilde begegnet. Ganz im Gegenteil kann ich zum Beispiel in der Altmark und im Jerichower Land deutliche qualitative Unterschiede in Technik und Ausführung benachbarter und gleichzeitiger Bauten nachweisen, die auf sehr unterschiedlich ausgebildete Bautrupps schließen lässt.

    Die Koryphäe auf dem Gebiet der mittelalterlichen Bauorganisation ist im übrigen Günther Binding. Ich empfehle zu der Thematik

    Günther Binding, Baubetrieb im Mittelalter, Darmstadt 1993, S. 101ff. Auch Binding sind keine Freimaurergilden bekannt. Ganz im Gegenteil betont er, dass die Hüttenorganisation und die Steinmetzbruderschaft von den Gilden abzugrenzen sind. Überhaupt ist die Quellenlage zur Bauorganisation vor dem 13. Jh. kaum existent und sprudelt erst im Spätmittelalter. Ich verweise in diesem Kontext vor allem auf das Skizzenbuch des Villard de Honnecourt.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

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