• Bei den beiden linken Häusern, dem „Weißen Windhund“ und dem „Pfau“ (Zollernstraße 23 und 25) waren die Arkaden früher wie auch beim Hohen Gewölbe offen.

    Das weisse Gebäude, Zollernstr. 27, "zum hohen Gewölbe", gemäss Fassadeninschrift 1377 erbaut, ist ein Neubau von etwa 1975! Nachdem der Vorgängerbau nach Diskussionen abgebrochen wurde, erfolgte eine Rekonstruktion unter Verwendung der sandsteinernen Werkstücke. Wie ich mich erinnere, blieben nur die drei Pfeiler mit den beiden Bögen in situ erhalten. Die beiden Kreuzgewölbe bestehen aus weiss gestrichenem Sichtbeton.

  • "Da fehlt schon noch mehr. Die Post war mir offenbar keine Aufnahme wert."

    Da ist er wieder, der verächtliche Blick auf den Historismus. Für manche hier gibt es halt nur Altstadt und sonst nichts.
    Ich sehe aber, weiter oben war sie jemandem offenbar "eine Aufnahme wert". Danke dafür.

    In dubio pro reko

  • Das Postamt finde ich auch schön, aber es ist nicht etwas wofür ich speziell nach Konstanz fahren würde. Da brauche ich auch schon die wirklich einzigartige Bauten der Altstadt!

  • Dafür speziell nach Konstanz fahren würde wohl niemand. Das habe ich auch mit keinem Wort gesagt. Dennoch finde ich auch solche Gebäude an einer Stadt sehenswert, und nicht NUR die Altstadt. Aber für manche hier scheint alles was nicht mindestens 300 Jahre alt ist irgendwie keinerlei Beachtung wert zu sein. DAS kritisiere ich (immer wieder) und frage mich, ob das irgendwie ideologisch bedingt ist.

    In dubio pro reko

  • Eine gut erhaltene Altstadt ist mir meistens auch lieber als ein gut erhaltenes Gründerzeitviertel, auch wenn beide sehenswert sind. Das hat aber vor allem damit zu tun, dass eine Altstadt (und damit meine ich alles von vor 1800) fast immer eine einzigartige und regionaltypische Schöpfung ist, während Gründerzeitviertel einander landesweit schon sehr viel mehr ähneln, auch wenn sie, im Gegensatz zu modernen Vierteln, immer sehr schön sind. Und verwinkelte Altstädte werden dabei oft auch als uriger empfunden als planmäßig und industriell angelegte Viertel des 19. Jahrhunderts. So ist's nunmal.

  • Hallo Niederländer,

    das sehe ich grundsätzlich so wie du. Die alten Städte innerhalb der (ehemaligen) Stadtmauern vermitteln auch heute noch (soweit es diese noch gibt, oder sie gut rekonstruiert werden) in ihrer über Jahrhunderte gewachsenen Gestalt und all dem Reichtum an Formen, Dächern, den vielen Dachgauben, Türmen, Giebeln, Brunnen usw. aus unterschiedlichen Bauepochen bei vielen Menschn ein positives Gefühl, das u. A. auch durch die Ausstrahlung von menschlichem Maß und von Geborgenheit bestimmt wird. Man fühlt sich dort einfach wohl.

    Auch der Historismus hat uns durchaus großartige repräsentative und prachtvolle Gebäude, Straßen und Plätze geschenkt, die mir, sofern noch vorhanden, lieb und wert sind. Die besondere Atmosphäre der Altstädte erreichen diese Gründerzeitviertel, zumindest in den Industriestädten des 19. Jh. in aller Regel nicht. Dazu war der Druck, für die in die Industriestädte im 19. Jh. ständig einströmenden Menschenmassen sehr schnell neuen Wohnraum (Mietskasernen) zu schaffen, meistens zu groß. Mithin blieb die Qualität der Bauten, namentlich in der Vierteln der Industriearbeiter oft zurück bzw. es wurde "Massenware" gebaut, der Bau musste vor allem schnell vonstatten gehen und sollte möglichst preiswert sein.

    Dafür gab es, vor allem in Landstädten ohne nennenswerte Industrieanlagen, häufig um die alten Stadtkerne einen Kranz ganz bezaubernder kleinerer, mitunter auch mal großer Villen, die ab etwa dem Beginn der Stadterweiterungen, ab dem Biedermeier bis zum Ende der Gründerzeit und Jugendstil errichtet, von schönen Gärten umgeben waren. Diese Viertel halte ich für nahezu gleichwertig und hatten auch oftmals ihren eigenen malerischen Reiz, wenn auch das Gewinkel der krummen Gassen und Plätze, also das pittoreske der Altstädte bei den Gebieten der Stadterweiterung fehlt.

    Bis zur Kriegzerstörung hatten nahezu alle deutschen Großstädte ihre Altstadt. Die Bewohner der Städte, auch diejenigen, welche selbst nicht in der Altstadt wohnten, liebten alle ihre unverwechselbare Altstadt. Dort in den Altstädten und nicht in den Gründerzeit- und Jugendstilvierteln, befanden sich auch die vielen urigen und sehr beliebten, oft Jahrunderte alten Gastwirtschaften, Wein- und Bierstuben, die zu heiterem und geselligem Beisammensein gerne aufgesucht wurden. Dass die hygienischen Bedingungen in den dichtbebauten Altstädten bis ins 20. Jh. hinein oft völlig unzureichend waren steht auf einem anderen Blatt. Der malerische Reiz der Altstädte war aber unerreicht.

    2 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (8. März 2017 um 21:29)

  • Und ausgerechnet Konstanz hat an der Nahtstelle von der Altstadt zum Bahnhof sein Gründerzeitviertel. Das Gebiet war wohl bis 1870 von der Stadtmauer umgeben, aber grösstenteils war es bis dahin grün. Städtebaulich ist es nichts besonderes, und es halten sich dort viel weniger Menschen auf als in der Altstadt oder beim Bahnhof:

    http://www.bing.com/maps?osid=8a1d…V=2&form=S00027

    Übrigens innerhalb der Altstadt gibt es einige imposante Gründerzeitbauten; Markus und seine Vorgängerfotografen haben sie sogar teilweise abgelichtet. Man muss sie nur erkennen wollen.

  • Was Gründerzeitbauten anbelangt, erinnere ich mich in Konstanz eine geschlossene prächtige Straßenfront herrschaftlicher Häuser in der Seestraße gesehen zu haben, die mir sehr imponiert hatte. Da nur die eine Straßenseite bebaut war, hatten diese Häuser alle den Blick auf den Bodensee oder vielleicht auch auf den Seerhein? Bei entsprechendem Wetter sieht man sogar die mit Schnee bedeckten Gipfel der Schweizer Alpen, ein großartiges Panorama. Habe mir die Situation eben mal bei Google Maps unter Konstanz bei zusätzlicher Eingabe Seestraße 2, angesehen (ich glaube es muss immer eine Hausnummer dazu, deshalb habe ich die 2 eingegeben). Wirklich eine beeindruckende komplett erhaltene Straßenfront aus der Gründerzeit.

  • Ich bin gerade nächsten Samstag Nachmittag in Konstanz. Wenn das Wetter recht ist (im Moment haben wir nächtlicherweise ab und zu immer wieder Schneefall) gehe ich schon am Morgen hin, und widme mich mal den Gründerzeitbauten innerhalb der Altstadt. Die Balkendecken in den Läden muss ich wohl verschieben, weil ich die Fotos davon bei Dunkelheit machen möchte.

    Die Häuserzeile an der Seestrasse ist wirklich sehr prächtig. Johan hatte in dieser Konstanzer-Galerie einst viele Fotos davon eingestellt, aber sie sind altershalber leider verschwunden und die Beiträge danach gelöscht worden.

  • Ich habe gerade einen alten Beitrag von Stefan betreffend der Seestrasse gefunden, und den dort stehenden, veralteten Link korrigiert:

    Für Hollywood-Dreh alle Lampen ausgetauscht

    Für Dreharbeiten zum Film „A Dangerous Method“ mit Keira Knightley in einer der Hauptrollen hat jetzt die Seestraße in Konstanz ein neues Gesicht bekommen. Alle Straßenlaternen wurden ausgetauscht und die Abfalleimer abmontiert

    >>> http://www.suedkurier.de/region/kreis-k…t372448,4390129

    Kennt sich jemand in Filmen aus, und findet den irgendwo im Netz?

  • Mein Neffe hat mir dabei geholfen, diesen Ausschnitt eines offiziellen Trailors des Films hier einzustellen. Die Konstanzer Seestraße kommt darin - allerdings nur für Sekunden - im Hintergrund vor. Meine in einer anderen Szene der Vorschau des Films für einen Augenblick im Hintergrund die Konstanzer Altstadt gesehen zu haben.


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  • Wie versprochen habe ich nun letzten Samstag einige Fotos gemacht. Um den Bodensee rundherum war eigentlich schönes Wetter angesagt, aber über dem See selbst war es bedeckt, was schwierige Lichtverhältnisse bescherte. Und recht kalt und windig war es auch.

    Bei meinem Gang zur Altstadt von der Schweizer-Seite her legte ich ein Augenmerk auf die Gründerzeitbauten.


    1) Gleich beim Zugang in die innere Altstadt beschert uns ein historistischer Fachwerkbau von etwa 1900 neben dem Schnetztor eine städtebaulich falsche, aber sehr pittoreske Situation. Das Gebäude steht teils auf dem zugeschütteten Stadtgraben, teils auf der Feldseite der mittelalterlichen Stadtbefestigung. War früher die Altstadt durch Mauern und Tortürme gegen aussen geschützt und abgeschirmt, tut der Bau so, als wäre hier ein mittelalterlicher Platz. Das reich verzierte Fachwerk und die Türmchen sind der Altstadt von Konstanz fremd.


    2) Der Zwinger des Schnetztors wurde spätestens um 1900 auf beiden Seiten durchbrochen. Anstelle des Grabens verlaufen heute Gassen, die teilweise hofartig ausgeweitet sind. Gegen Osten - Richtung Bahnhof - folgt eine Häuserzeile aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mit dem Fachwerkbau im 1. Bild als Kopfbau. Sie steht teilweise im aufgefüllten Graben und auf der Feldseite der grösstenteils beseitigten Stadtbefestigung. Um dem pittoresken Bild nachzuhelfen, ist mit einem spitzbogigen Durchgang und Treppengiebel darüber ein Hofbereich abgetrennt.

    Edit. 18.3.2017: Die seitlich vom Zwinger weglaufenden Gassen bestanden schon zur Zeit der noch aufrecht stehenden Stadtmauer. Die Stadtmauer verlief genau an der Stelle der hier sichtbaren Rückwand des Fachwerkbaus mit den Holzbalkonen.


    3) Der historistische Fachwerkbau besitzt eine teilweise gemauerte Seitenfront zum Torturm hin, mit einem "gotischen" Staffelfenster im Dachgeschoss und einem Stufengiebel. Beides Elemente, die an Seitenfassaden bei der jahrhundertealten Bebauung in Konstanz nicht zu finden sind. Im Gegensatz zu heute gab es bei den Stadtplanungsämtern vor hundert Jahren niemanden, der sagte "So, jetzt ist aber mal genug!".

    Mein Urteil über den Bau: ein sehr imposanter und pittoresker Historismus-Bau, der dem Schnetztor und Zwinger aber die Schau stielt!


    4) Den auch nach Westen durchbrochenen Zwinger überspannt eine schwerfällige Holzgalerie aus den 1970er Jahren, deren Sinn ich noch nie verstanden habe (möglicherweise der Zugang zum Torturm selbst). Ich hoffe, dass das Ungetüm irgendwann mal weg kommt.


    5) Hinter dieser Galerie ein kleines neugotisches Schmuckstück, in dem heute ein Café untergebracht ist. Rechts die Seitenwand des Schnetztor-Turmes.


    6) Nach dem Durchschreiten des Tors steht man bereits in der Hussenstrasse, der Hauptgasse, die nach einer S-förmigen Krümmung gerade auf das Münster zu führt. Eher unauffällig reiht sich ein Gründerzeitbau in die mittelalterliche Häuserzeile ein, der mir allerdings erst jetzt, nachdem ich ihn ins Zentrum einer Fotografie gerückt habe, auffällt. Obwohl ich hier an die hundert Male schon durch gelaufen bin, ist mir dieser Bau noch nie negativ aufgefallen, obwohl er in Materialität, Geschosshöhen und Dachform nichts mit der Nachbarbebauung gemein hat.


    7) Nach der S-förmigen Krümmung der Hussenstrasse fällt der Blick auf einen Bau der späten 1920er Jahre. Links von ihm folgt ein Neubau der Marke "Konstanz", wie es hier bereits vier in der Art gibt (einer davon als Nachbarhaus des Ende 2010 durch einen Brand zerstörten Schuhhauses Haug). Er wurde kürzlich in eine Baulücke gestellt, die erst nach dem Neubau des Kaufhauses Hertie 1965 entstanden war.

    Rechts angeschnitten ist ein Gebäudekomplex aus den späten 1970er Jahren, der an die Stelle von Gründerzeitbauten getreten ist. Letzteren mussten ihrerseits mittelalterliche Wohnbauten weichen. Der heutige Neubau, dem regionale spätgotische Bauformen (Traufständigkeit, Satteldach, Verputz, Reihenfenster etc.) zugrunde liegen, lässt schon die Postmoderne erahnen. Die Gründerzeitbauten hätten irgendwo stehen können, bspw. auch im um 1900 völlig neugestalteten Judenviertel in der Prager Altstadt...

    Hier ein Bild der Vorgängerbebauung:

    Vergrösserung (Quelle: http://www.bildindex.de)


    8 ) Gegenüber von Hertie stellt ein Gründerzeitbau absolut keine Bereicherung der Hussenstrasse dar. Im Gegenteil, der hausbreite schwere Balkon und der wuchtige Erker und Loggia und Balkon und Dachlukarne darüber sowie die übergrossen Geschosshöhen bilden einen Fremdkörper, wenn auch nicht wie die heutigen weiss oder anthrazit gestrichenen Klötzchenbauten.

    Das rechte Nachbarhaus, mit wohl wie üblich in der Altstadt 700-jährigem Kern, hatte eine breite Lukarne mit historistischem Fachwerk erhalten. Historistische Überformungen (spät)-gotischer Bauten sind aber Ausnahmen.


    9) Auf das letzte Haus folgt eine platzartige Erweiterung der Hussenstrasse. Ob hier eine jahrhundertealte Baulücke (Hofstatt?) überdauert hat oder spätestens im 19. Jahrhundert ein ersatzloser Abbruch erfolgte, weiss ich nicht. Jedenfalls wartet hier ein weiteres Kleinod wie jenes hinter dem Schnetztor auf. Ursprünglich als "Photographisches = Atelier" genutzt, befindet sich heute ein Blumenladen darin.

    Edit. 18.3.2017: Hier lag einst der Friedhof der profanierten Pfarrkirche St. Paul (weisse Giebelwand rechts) , s. Beitrag von Citoyen.


    10) Ein paar Schritte weiter folgt der nächste Gründerzeitbau, dessen Ladenzone vor ein paar Jahrzehnten völlig entstellt wurde. Für das ursprüngliche Erscheinungsbild ist wohl ebenfalls eine zweigeschossige Ladenfront anzunehmen. Diese konsumorientierten, aufdringlichen zwei- oder mehrgeschossigen Ladenfronten - eine Erfindung der Gründerzeit - sind es, was ich den Gründerzeitbauten in Altstädten am meisten verüble.

  • Gleich beim Zugang in die innere Altstadt beschert uns ein historistischer Fachwerkbau von etwa 1900 neben dem Schnetztor eine städtebaulich falsche, aber sehr pittoreske Situation.

    Diese Situation empfinde ich seit unvordenklicher Zeit als Kitsch.

  • Der Gründerzeitbau im letzten Bild ist echt nicht das Wahre: zu hoch und diese scheußliche Ladenfront.

    Der Bau auf dem ersten Bild ist mir da schon viel lieber – ein bisschen Kitsch darf sein. Der Bau auf dem sechsten Bild wäre vielleicht außerhalb der Altstadt auch besser aufgehoben.

    Herzliche Grüße

    Bilder von mir finden sich auch bei Wikimedia.