• Zum Tag der Deutschen Einheit möchte ich gerne nachfragen, wie dieses wundersame Viertel sich weiter entwickelt hat. Gibt es nach einem guten halben Jahr Neuigkeiten? Und vielleicht auch Fotos bevor die Tage wieder sehr kurz und die Nächte lang werden?

  • Ich hatte witzigerweise tatsächlich heute vor, mal wieder nach Bremerhaven zu fahren, aber mich dagegen entschieden, weil ich soviel anderes zu tun habe.... ich verspreche aber, dies irgendwann in den nächsten Wochen nachzuholen!

  • Bin leider immer noch nicht dazugekommen, nach Lehe zu fahren, zumal das Wetter wirklich unter aller Sau war die letzten Wochen, aber kann Vollzug bzgl. der Goethestraße 60 melden:

    Lehe hat ein neues Schmuckstück: Die sanierte Goethestraße 60 ist bezugsfertig
    Eine gute Nachricht für Lehe: Die Sanierung des Hauses Goethestraße 60 ist abgeschlossen. Das Gründerzeithaus, dem bereits der Abriss drohte, erstrahlt nach…
    www.nordsee-zeitung.de

    Leider Paywall, aber das Foto kann jeder sehen. Das Gebäude ist fertiggestellt und bezugsfertig.

    Ah, und hier noch butenunbinnen, habe ich auch verpasst, mit einem schönen Radiobeitrag inklusive, ab Januar ziehen die Mieter ein:

    Berühmte Schrottimmobilie in Bremerhaven erstrahlt in neuem Glanz
    Das Haus Goethestraße 60 wurde früher als "Mutter aller Schrottimmobilien" betitelt. Jetzt ist das Gründerzeithaus im Stadtteil Lehe fertig saniert.
    www.butenunbinnen.de
  • So, ich war heute endlich mal wieder in Bremerhaven, und es hat sich gelohnt. Goethestraße 60 ist abgerüstet und wirklich sehr schön geworden, Näherung aus der Lutherstraße mit dem Haus links:

    In das Erdgeschoss sollen ein Gemüseladen und ein Restaurant einziehen:

    Ansicht von der Goethestraße aus, schon ein auch persönlich erhebender Moment, da ich das Schicksal dieses Hauses seit 2012 verfolge:

    So sah das Haus 2012 aus:

    Die Seite zur Goethestraße ist etwas abgeschrägt, ohne dass die Straße hier den anscheinend mal geplanten Knick mitgeht, so dass ein kleiner Platz entsteht:

    Wetter natürlich heute alles andere als erhebend, aber dafür sind die Bäume ohne Laub ;). Es geht gleich noch weiter mit anderen Projekten....

  • Insgesamt gab es nach mehreren eher enttäuschenden Besuchen, bei denen wenig passiert war (vielleicht auch deshalb die lange Beitragspause, um die Enttäuschung zu sparen), jetzt wirklich Neuigkeiten. Zum Einen ist ein weiteres Haus in der Goethestraße abgerüstet, zum anderen hat bei einem weiteren großen Komplex eine Sanierung auf "Thörner-Niveau" begonnen, ein weiteres Haus ist eingerüstet worden. Die Handwerker werden also im Prinzip von Haus zu Haus geschickt und sanieren nach und nach wirklich erhebliche Teile der Straße.

    Zunächst also die Goethestraße 54-56:

    img_7409rxk6w.jpeg

    So sah das Haus aus, seit ich 2012 zum ersten Mal im Goethequartier war, auch noch bei meinem Besuch im März dieses Jahres. Es war seit Jahrzehnten von Leerstand und Verfall geprägt, eine klassische "Schrottimmobilie". Im letzten oder vorletzten Jahr hat die STAEWOG es erworben (kommunale Wohnungsbaugesellschaft) und notgesichert.

    Die Sanierung hat nun begonnen:

    Um die Ecke in der Eupener Straße:

    Blick Richtung Goethestraße:

    Die Ecke:

    Blick die Fassade nach Norden, ganz im Hintergrund die Goethestraße 60:

    Auf der Baustelle habe ich erneut Herrn Thörner persönlich im Gespräch mit Bauarbeitern gesehen, auch dieses Haus wird also auf dem Niveau der anderen Projekte saniert, auch innen meint es Herr Thörner Ernst mit Erhalt/Wiederherstellung des alten Bodens und der alten Türen etc.

  • Weiter nach Süden folgt auf derselben Seite dieses notgesicherte und ebenfalls 2021 von der STAEWOG gekaufte Haus mit der Nummer 48, zunächst Vorzustand in den letzten Jahren:

    Das Haus ist nun ebenfalls eingerüstet, anders als beim Haus 54-56 oben konnte ich hier aber keine direkten Bautätigkeiten sehen:

    Blick durch die Uhlandstraße mit mehreren in den letzten Jahren sanierten Häusern rechts und links, leider ein Neubau aus den späten 70ern, der das Ensemble stört:

  • Weiter geht's nach Süden: Goethestraße 32-34 wird ebenfalls seit etwa 2 Jahren saniert unter der Ägide Rolf Thörners durch die Vereinigte Bau- und Siedlungsgenossenschaft Bremerhaven:

    Auch dieses Gebäude ist nun abgerüstet:

    Die Seite an der Kistnerstraße:

    Wie immer alles hochwertig, hier bekam eine alte Toreinfahrt eine Tür "im Stil des Hauses":

    Ziemliche Versätze zwischen den beiden Gebäuden bei deutlichen Senkungen im Marschboden:

    Das Haus gehört zu der illustren Gruppe der "besonders schiefen Häuser" im Goethequartier ;):

  • Tolle Dokumentation, tolle Fotos und wunderschön gewordene Gründerzeitgebäude, die ohne die "Einzelperson" Thörner wohl heute gar nicht mehr stehen würden. Es braucht offensichtlich immer jemand, der einen Prozess auslöst, andere springen dann mit ins Boot und es entsteht eine Bewegung. Bremerhaven wird dadurch schöner, in Bremen dagegen sehe ich diesbezüglich kein Land mehr. Hier ist einfach schon so viel zerstört worden in den letzten Jahrzehnten.......

  • So isses, findorffer. Es ist wirklich schön, was da passiert. Ausgerechnet in Bremerhaven, und dann noch Lehe. Ein kleines Wunder, muss ich so sagen. Thörner traf hier auf eine wirklich engagierte Stadt, die mit ihrer kommunalen Wohngesellschaft wirklich viel versucht. Das Schöne ist auch, dass diese Sanierungen auf eine Kaltmiete von 7,50€/qm kalkuliert sind und auch für diesen Preis vermietet werden. Die Klingelschilder am Haus Uhlandstraße 18 (das gelbe Haus auf der Vorseite) sind auch voller Namen, kein Leerstand also.

    Nachdem meine letzten Besuche eher enttäuschend gewesen waren, weil es sehr langsam voranging und tlw. auch Phasen praktisch ohne Bautätigkeit zu beobachten waren, ist es umso schöner, dass jetzt zum einen gleich zwei Häuser abgerüstet/kurz vor Fertigstellung sind und zum anderen zwei neue Häuser eingerüstet sind.

    Stand Dezember 2020:

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    Stand Dezember 2023:

    (gleiche Kodierung, dunkelrot von Thörner gekauft und saniert, hellrot von anderen Akteuren gekauft und saniert in Kooperation mit Thörner, grün aktuell unter Sanierung stehende Gebäude.

    Durch diese "Clusterbildung" ist dort definitiv eine Aufwärtsdynamik entstanden, die die aktuelle Sanierungsphase von den vorher unkoordiniert laufenden Einzelsanierungen auf meist deutlich niedrigerem Niveau unterscheidet. Ich hoffe, dass noch weitere Gebäude in diesem Areal dergestalt saniert werden. Es gibt noch sehr viel zu tun, eine kleine Auswahl an gefährdeten Gebäuden, tlw. mit Sturzschutz wie in Leipzig nach der Wende:

    Das Haus oben ist auch von der STAEWOG gekauft und wird hoffentlich als nächstes saniert. Sein Nachbar sieht aber nicht besser aus:

    Hier in der Uhlandstraße noch ein paar Kandidaten:

  • Auf dem ehemaligen Kistnergelände an der Hafenstraße werden moderne Wohnbauten errichtet, nicht der Rede wert, aber der Schornstein und eine alte Werkshalle wurden erhalten:

    Schlechte Nachrichten gibt es leider von der Hafenstraße 42, die Löbenichter hier erwähnte:

    Die Bauarbeiten sind dort zum Erliegen gekommen, das Haus ist abgerüstet, aber nicht saniert. Tlw. fehlen Fenster (!), was natürlich katastrophal für die Bausubstanz ist. Ich habe kein Fotos aus dem Auto geschossen, aber das ist eindeutig ein Wermutstropfen im ansonsten hocherfreulichen Ausflug.

  • Das anscheinend in Bremerhaven als "Grüne Häuser" bekannte Ensemble seit vielen Jahren leerstehender Häuser in der nördlichen Goethestraße (siehe Beitrag #45) ist Thema in einem Artikel auf der Homepage der Stadt Bremerhaven mit weiteren Informationen zum Sanierungsplan für das Goethequartier:

    Bremerhaven bringt Goethequartier weiter voran – Bremerhaven.de
    Das Goethequartier in Bremerhaven ist mit seinen 500 Gebäuden aus der Gründerzeit einzigartig und hat aus Sicht der Stadt viel Potential.
    www.bremerhaven.de

    Immerhin 500 Wohnhäuser aus der "Gründerzeit" in der üblich gewordenen erweiterten Definition, die die gesamte Epoche des Deutschen Kaiserreichs umfasst, stehen im Viertel, was durchaus beachtlich ist angesichts der nicht übermäßigen Ausmaße des Gebiets. Es werden im Artikel noch weitere Häuser unter Sanierung besprochen, u.a. Lutherstraße 34a-38, die ich trotz meines "Sanierungsröntgenblicks" leider auf meinem Ausflug neulich verpasst habe.

    Nochmal mein altes Vorherbild:

    Die Sanierungsbilder sind wie gesagt auf dieser Seite oben im Beitrag 45 zu sehen. Neu ist eine Visualisierung des angestrebten Ergebnisses:

    Das Gebäude soll eine Art Quartierszentrum mit Kneipe, Kita und anderen Funktionen im Erdgeschoss werden. Insgesamt hat die Stadt eindeutig die richtigen Ideen (Belebung der Erdgeschosszonen durch Läden und Gastronomie, Aufwertung und Attraktivierung der Gegend für Studenten und "normale" Leute).... mal sehen, ob es auch klappt.

  • Das anscheinend in Bremerhaven als "Grüne Häuser" bekannte Ensemble seit vielen Jahren leerstehender Häuser in der nördlichen Goethestraße (siehe Beitrag #45) ist Thema in einem Artikel auf der Homepage der Stadt Bremerhaven mit weiteren Informationen zum Sanierungsplan für das Goethequartier:

    Die Sanierungsbilder sind wie gesagt auf dieser Seite oben im Beitrag 45 zu sehen. Neu ist eine Visualisierung des angestrebten Ergebnisses:

    Das Gebäude soll eine Art Quartierszentrum mit Kneipe, Kita und anderen Funktionen im Erdgeschoss werden. Insgesamt hat die Stadt eindeutig die richtigen Ideen (Belebung der Erdgeschosszonen durch Läden und Gastronomie, Aufwertung und Attraktivierung der Gegend für Studenten und "normale" Leute).... mal sehen, ob es auch klappt.

    Also, die Visualisierung sieht umwerfend aus. Da geht bei mir wirklich das Herz auf. Das macht Hoffnung auf mehr. Mit der neuen Leiterin des Stadtplanungsamtes ist offensichtlich auch ein neuer Geist in die Baubehörde eingezogen. Ich hatte hier schon mal von ihrem Vorgänger berichtet, der bei buten un binnen immer nur seine Abrisspläne kommunizierte und diese mit dem baufälligen Zustand der Gebäude begründete. Aber ich hatte immer den Eindruck, dass es bei ihm andere Gründe gab und die von ihm erklärte Baufälligkeit auch ein Vorwand war, um seine Abneigung gegen diese Art von Architektur zu kaschieren. Das mag die Stadtbildgemeinde vielleicht wundern, aber es gab und gibt nun mal von Seiten der Modernisten - vielleicht nicht alle - eine abgrundtiefe Abneigung gegenüber dem Historismus.

  • Ja, solche Nichtsnutze sollten lieber schnell noch ihren Platz im Altenheim buchen bevor der Abriss bei Ihnen selbst ansteht. Das ist bei den DDR-Bonzen ähnlich gewesen. Diese Unfähigkeit des Erkennens von Schönheit und Potenzial. Diese Nichtachtung von Baukunst.

  • Das mag die Stadtbildgemeinde vielleicht wundern, aber es gab und gibt nun mal von Seiten der Modernisten - vielleicht nicht alle - eine abgrundtiefe Abneigung gegenüber dem Historismus.

    Das liegt vielleicht auch daran, dass Architekten in einer Kopie klassischer Architektur vielleicht kein Potential zur Selbstverwirklichung sehen. Ich gehe aber schon davon aus, dass den meisten heutigen Architekten die Austauschbarkeit ihrer Entwürfe klar ist und dass die meisten Modernisten die ganzen ewig gleichen Kisten, die landauf und landab gebaut werden, selbst als unbefriedigend empfinden. Nur einen Ausweg aus dieser Zwickmühle finden sie nicht. Das höchste der Gefühle was man erwarten kann ist dann eben dieser kantige Neuklassizismus den man in Berlin z.B. ja vielerorts bewundern kann. Finanzielle Zwänge spielen dann sicher auch noch mal eine Rolle.
    Übrigens bin ich der Ansicht, dass eine Stadt die aus 100% Altbau besteht auch nicht wirklich gut funktionieren kann. Viele Menschen wünschen sich dann nämlich einen Befreiungsschlag von den ganzen Schnörkeln, was dann wiederum zum genauen Gegenteil führt und letzten Endes für den Menschen noch weniger befriedigend ist. So hat die Moderne ja ihren Anfang genommen.

    Meiner Meinung nach funktioniert eine Stadt dann wirklich gut, wenn sie zu 70% aus Altbau und zu 30% aus (hochwertigem) Neubau besteht. Das halte ich für ein recht ausgewogenes Gleichgewicht, dass vermutlich von den meisten Menschen akzeptiert wird. Was den Modernisten fehlt, ist ein Gefühl für diese Ausgewogenheit, die eine Stadt lebenswert macht.

  • Hallo Heinzer,

    ich bin Teil des Redaktionsteams von Stadtbild Deutschland. Wir wollen bis Ende März unseren nächsten Stadtbild Deutschland-Newsletter rausschicken. Die Neuigkeiten von der Sanierung der Gründerzeit-Häuser in Bremerhaven-Lehe sind wirklich erfreulich und ganz nebenbei ist Bremerhaven meine Geburtsstadt.

    Daher würden wir in unserem Newsletter gerne darüber berichten. Wäre es möglich, dass wir dein Foto von dem sanierten Haus in der Goethestraße 60 für den Newsletter verwenden ?

    Viele Grüße

    Hannes

  • Der aktuelle Stand der "Grünen Häuser" in der Goethestraße ließe sich sicher genauer beantworten. Die ersten Eindrücke wirken zumindest sehr vielversprechend und ehrlich gesagt für die Zukunft gesehen auch sehr verheißungsvoll. Daß die Häuser "jetzt" und "auf den Stutz" fertigzuwerden hätten, ist nicht notwendig. Wichtig für das Stadtbild ist, daß sie erhalten bleiben, wichtig für ihre Zukunft wird sein, daß sie eine vorbildliche Sanierung erhalten und wieder für den Zweck genutzt werden, für den sie ursprünglich gebaut wurden.

    In einem Quartier mit ca. 500 Häusern der Gründerzeit stellt diese Anzahl eine große Geschlossenheit dar und besitzt das Potential für eine hohe Aufenthalts- und Verweilqualität. Die relative Geschlossenheit könnte mit einem "maßgeschneiderten" Nutzungskonzept zu einer starken, erfolgreichen Identifikation führen, die man dem Stadtteil wirklich wünschen würde. Zukunftsweisend könnte auch der Focus auf Wohnraum für alle Altersstufen und evtl. auch für Mehrgenerationen-Wohnprojekte sein, vor allem in Zeiten, in denen man sich in der Zukunft auch mit solchen Fragen wie Wohnraum, Klima, Energie- und Ernährungssicherheit beschäftigen wird müssen. Die Visualisierung vermittelt das Gefühl von einem offenbar natürlichen Wohlfühlfaktor, von großer Geschlossenheit und einem großen Zukunftspotential. Es wird sicher sehr interessant werden, die weitere Entwicklung mitzuverfolgen.

  • Hallo Heinzer,

    ich bin Teil des Redaktionsteams von Stadtbild Deutschland. Wir wollen bis Ende März unseren nächsten Stadtbild Deutschland-Newsletter rausschicken. Die Neuigkeiten von der Sanierung der Gründerzeit-Häuser in Bremerhaven-Lehe sind wirklich erfreulich und ganz nebenbei ist Bremerhaven meine Geburtsstadt.

    Daher würden wir in unserem Newsletter gerne darüber berichten. Wäre es möglich, dass wir dein Foto von dem sanierten Haus in der Goethestraße 60 für den Newsletter verwenden ?

    Viele Grüße

    Hannes

    Könnt Ihr natürlich gerne nutzen, wenn gewünscht auch in höherer Auflösung (?). Absolut kein Problem.

    Der aktuelle Stand der "Grünen Häuser" in der Goethestraße ließe sich sicher genauer beantworten. Die ersten Eindrücke wirken zumindest sehr vielversprechend und ehrlich gesagt für die Zukunft gesehen auch sehr verheißungsvoll. Daß die Häuser "jetzt" und "auf den Stutz" fertigzuwerden hätten, ist nicht notwendig. Wichtig für das Stadtbild ist, daß sie erhalten bleiben, wichtig für ihre Zukunft wird sein, daß sie eine vorbildliche Sanierung und eine ebensolche Nutzung erhalten und wieder für den Zweck genutzt werden, für den sie ursprünglich gebaut wurden.

    In einem Quartier mit ca. 500 Häusern der Gründerzeit stellt diese Anzahl ohnehin schon eine große Geschlossenheit und das Potential für eine hohe Aufenthalts- und Verweilqualität dar. Die relative Geschlossenheit des Quartiers könnte mit einem "maßgeschneiderten" Nutzungskonzept zu einer starken, erfolgreichen Identifikation führen, die man dem Stadtteil wirklich wünschen würde. Zukunftsweisend könnte auch der Focus auf Wohnraum für alle Altersstufen und evtl. auch für Mehrgenerationen-Wohnprojekte sein, vor allem in Zeiten, in denen man sich in der Zukunft auch mit solchen Fragen wie Wohnraum, Klima, Energie- und Ernährungssicherheit beschäftigen wird müssen. Die Visualisierung vermittelt das Gefühl von einem scheinbar natürlichen Wohlfühlfaktor, von großer Geschlossenheit und einem großen Zukunftspotential. Es wird sicher sehr interessant werden, die weitere Entwicklung mitzuverfolgen.

    Man muss sich immer vor Augen führen, dass es sich hier um einen der, in vielen Medien sogar als der ärmste bezeichneten Stadtteile Deutschlands handelt. Kinderarmut, Bürgergeldempfänger, Arbeitslosigkeit, Anteil Bewohner mit Migrationsgeschichte - da spielt Lehe praktisch in jeder Rubrik "ganz oben" mit.

    Umso schöner ist natürlich, dass dort so viel passiert. Wenn es gelingt -und das ist aus meiner Sicht noch nicht gesagt- dann weil sich eine praktisch ideale Gruppe von Menschen dort gemeinsam engagiert - von der wohlwollenden und motivierten Stadt über eine ebenso motivierte kommunale Wohnungsbaugesellschaft über einen Investor mit dem passenden Knowhow und Kleingeld und einer echten Liebe für Details und einem engagierten Künstlerhaus in der Goethestraße 45, die ebenfalls enorm viel für die Außenwahrnehmung und Vernetzung der Akteure im Stadtteil tun.

    Grundproblem für Bremerhaven bleibt aber, dass diese Schicht an jungen Leuten/Studenten und Menschen mit Bock auf Stadt weitgehend fehlt, die Hochschule ist klein und am anderen Ende der Stadt, es gibt nicht viele Menschen aus den typischen "Entdecker"-Milieus, den solche Stadtteile oft zumindest als Kickstarter für eine positive Entwicklung brauchen. So ist die Nachfrage von Wohnungen im sogenannten "Starthaus" in der Uhlandstraße leider hinter den Erwartungen zurückgeblieben (die Wohnungen wurden nach Grundsanierung des Hauses für niedrige Mieten angeboten, dafür musste man den Feinschliff/Innenausbau selber machen, die Idee war so, Künstler und andere Leute mit knapper Kasse in den Stadtteil zu bekommen). Umgekehrt gibt es auch weitere Wohnprojekte um die Ecke, auch ein von Dir angesprochenes Mehrgenerationenhaus - für alle solche Ideen ist natürlich bei dem insgesamt wesentlich geringeren Renditedruck in einem solchen Stadtteil viel eher Platz als in Prenzlauer Berg.

    Die meisten anderen fertiggestellten Häuser wirkten aber (fast) vollvermietet. Insgesamt sieht man dem Stadtteil schon die harten Zeiten an, die er hinter sich hat, von der Massenarbeitslosigkeit, nachdem die Werften und die Häfen und die Fischerei weggebrochen waren über Alkohol und Drogen. Schon in den 70er/80er Jahren hatte der Stadtteil einen Ruf wie Donnerhall, hohe Kriminalität, Arbeitslosigkeit etc. Trotzdem ist die Stimmung dort zumindest tagsüber vollkommen ok, null bedrohlich. Man sieht in den Gesichtern die Armut, oft auch Alkohol, Jahrzehnte harter Arbeit und ungesunder Lebensstile.

    Durch die massive Zuwanderung der letzten 10 Jahre ist der Stadtteil nun sehr stark migrantisch geprägt, die Mieten sind hier niedrig und die Wohnungsnot sogar in Bremerhaven groß. Trotzdem hat man nicht das Gefühl, dass der Stadtteil irgendwie "kippen" würde oder in Gewalt versinken, im Gegenteil würde ich die Stimmung als vorsichtig optimistisch bezeichnen.