Vorschläge für das Gebäude des Jahres 2020

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    Mit Stuckelementen an der Fassade, wäre dieses Haus perfekt. Aber da hat man sich leider am typischen Berliner Bild der Entstuckung orientiert.

    Und deshalb würde ich es auf keinen Fall als "Gebäude des Jahres" nominieren.

    In dubio pro reko

  • Da hast Du wohl Recht. Wenn man so ein Haus im alten Stil baut, sollten ein paar tausend Euro für Fassadenschmuck auch noch drin sein. Auch die Farbgestaltung hätte man, mit mindestens einer weiteren Farbe, deutlich ansprechender machen können.

    Trotzdem ist dieser Neubau natürlich einer der Besten, die in den letzten Jahren entstanden sind. Wenn man so alle Berliner Lücken schließt, wäre ich sehr glücklich.

  • Man hätte damit zumindest einen ersten Schritt gemacht, der zweite wäre dann eine Wiederbestuckung zu einem späteren Zeitpunkt.

    Allerdings habe ich (wie schonmal geschrieben) die Befürchtung, mit solchen Beispielen soll gerade die Entstuckung als Berliner Markenzeichen kultiviert werden. Das wäre alles andere als in unserem Sinne.

    In dubio pro reko

  • Ich würde gerne diesen Neubau in Görlitz nominieren.

    RE: Görlitz

    Görlitz ist bereits zu großen Teilen saniert und entsprechend wird sich sicher nun der Fokus auf die Neubebauung der Baulücken legen. Hier wurde ein hervorragender Start hingelegt, wo wir mit unserer Auszeichnung zeigen können, dass es Menschen gibt, die die geschaffene Leistung wertschätzen. Vielleicht kann man damit auslösen, dass man sich in Görlitz bestärkt fühlt und die restlichen Baulücken entsprechend anspruchsvoll geschlossen werden.

  • Görlitz ist bereits zu großen Teilen saniert und entsprechend wird sich sicher nun der Fokus auf die Neubebauung der Baulücken legen. Hier wurde ein hervorragender Start hingelegt, wo wir mit unserer Auszeichnung zeigen können, dass es Menschen gibt, die die geschaffene Leistung wertschätzen. Vielleicht kann man damit auslösen, dass man sich in Görlitz bestärkt fühlt und die restlichen Baulücken entsprechend anspruchsvoll geschlossen werden.

    Sehr gutes Beispiel und treffende Begründung! Ein wenig ähnelt der Bau dem Preisträger 2019, fast könnte man denken, es hätte den gleichen Architekten.

    Ich sehe es auch so, dass der Preis beispielsweise nicht dazu da ist, sich quasi im Glanz der bekanntesten und größten Rekonstruktion des Landes, dem Berliner Stadtschloss, zu sonnen. Sondern dazu, unser beinahe wichtigstes und schwer durchzusetzendes Anliegen zu unterstreichen: eine generelle Verbesserung der "Alltagsarchitektur", deren sensiblere Einpassung in vorbestehende, traditionelle, ortstypische Bauweisen. Wichtig erscheint mir schon alleine die Anerkennung der psychische Stärke von Architekt und Bauherr, dem Anpassungsdruck des vermeintlich Zeitgemäßen zu widerstehen. Nur Stadtbild Deutschland zeichnet solche Leistungen aus, sonst eigentlich niemand hierzulande.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Jedenfalls wird Weinstraße 7 meine Stimme nicht erhalten, da mir eigentlich nichts daran liegt dass dieser "Wir sparen uns die echte Fassade"-Stil Nachahmer findet.

    In dubio pro reko

  • Uwe Schröder - Haus am Burggarten, Bonn 2020


    Die Architektur muss romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder.[1]

    [Symposium über unsere Zukunft, 30. Juni 2019, Staatliche Akademie der bildenden Künste Stuttgart]

    „Denk ich an Deutschland in der Nacht,“[2]dann stellt es mir seine Geschichte selektiv und von Brüchen gekennzeichnet vor; Denk ich an Architektur in der Nacht, dann stellt sie mir ihre Geschichte aufeinanderfolgend und als ein Kontinuum vor. Zwei Geschichten, zwei Vorstellungen: Meine erste kommt obgleich – vielleicht auch wegen – einer seit Jahrzehnten sich entwickelnden Erinnerungskultur in Deutschland – die ich vorbildlich heiße: „Alle Erinnerung ist Gegenwart“ (Novalis) – nicht über Ereignisse der jüngeren Vergangenheit hinaus, nicht über das 20. Jahrhundert. Die zweite führt indes tiefer hinab, und stellt mir Architektur als gebundene Ideengeschichte vor, die mich aber weit weniger auf nationale Grenzen, als vielmehr und immerzu auf kontinentale Übergänge hinzuweisen scheint. Schon von daher, wegen beider Geschichten, käme mir die Frage nach „nationaler“, oder „deutscher“ Architektur nicht in den Sinn, geschweige denn eine Antwort...

    Hypothese: Die Modernisierung, auch und vor allem diejenige, der Architektur, ist von zwei, scheinbar gegenläufigen Prozessen gekennzeichnet: von einer nivellierenden Globalisierung und von einer differenzierenden Individualisierung. Für die drängenden Fragen, die sich – geographisch gesehen – vermeintlich aus der Ferne und aus der Nähe – von „außen“ und von „innen“ – an die Architektur stellen, erscheint m.E. der Maßstab der Nation und der Nationalität als gegenwärtig vollkommen unpassend, als entweder zu klein oder auch zu groß gewählt. Denn soll der Krise der Disziplin, die sich in einer Erosion ihrer Grundlagen darstellt, Einhalt geboten werden, dann hat Architektur auf beide Herausforderungen angemessen und vor allem maßstäblich zu reagieren: Auf das Globale mit Aufmerksamkeit für das Lokale: als eine Architektur der Orte; Auf das Individuelle mit Aufmerksamkeit für das Generelle: als eine Architektur der Gesellschaft.

    Was wir brauchen, ist eine „qualitative Potenzierung“[3], für die Novalis schon die Losung ausgegeben hatte: „Die Welt muß romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder.“ (...) „Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“[4]

    [1] Novalis, Fragmente und Studien (1797 – 1798), in: Ders., Werke, Schulz, Gerhard (Hg.), 5. Aufl., München 2013, S. 384f.

    [2] Nach dem Eingangsvers im Gedicht Nachtgedanken (1843) von Heinrich Heine, in: Ders., Sämtliche Gedichte in zeitlicher Folge, Briegleb, Klaus (Hg.), 10. Aufl., Frankfurt am Main/Leibzig 2015, S. 446.

    [3] Novalis, 2013, S. 384.

    [4] Novalis, 2013, S. 384 - 385.

    https://www.usarch.de/project/haus-im-burggarten

    Außen:

    https://www.usarch.de/uploads/media/…cd0c2968b1.jpeg


    Treppenhaus:

    https://www.usarch.de/uploads/media/…254fec24c7.jpeg

    Loggia:

    https://www.usarch.de/uploads/media/…bfb92e30d5.jpeg

    Wohnraum:

    https://www.usarch.de/uploads/media/…91c7bfd71c.jpeg

    ______

    Schnitt:

    https://www.usarch.de/uploads/media/…447eded959.jpeg

    Ansicht:

    https://www.usarch.de/uploads/media/…dbbd2bc554.jpeg

    Grundriss:

    https://www.usarch.de/uploads/media/…ac4b07786a.jpeg

  • Uwe Schröder - Haus am Burggarten, Bonn 2020

    Zwei Anmerkungen zu dem Gebäude und den Ausführungen des Architekten:

    1.) Der antinationale Affekt ist erstens kindisch und wird zweitens dem Umstand nicht gerecht, dass gerade "internationale" (d.h. gesamteuropäische) Baustile vor dem 19. Jahrhundert immer wieder nationen- und regionentypische Ausprägungen hatten. Ein durchschnittliches deutsches Bürgerhaus des 16. Jahrhunderts weist andere Charakteristika auf als ein durchschnittliches italienisches Bürgerhaus des 16. Jahrhunderts (und wird aufgrund dieser Charakteristika auch identifizierbar). Umso mehr gilt das für die Stadtbilder.

    Das hat nichts mit Nationalismus zu tun, sondern ist ein schlichtes Faktum. Wenn man das leugnet, gerät man genau in den abstrakten Gegensatz zwischen Individualismus und Universalismus/Globalismus, in den der Architekt hineinläuft (und der sich m.E. auch nachteilig auf das Gebäude auswirkt), weil dann eben genau die Vermittlungsinstanz zwischen beidem verlorengeht.

    2.) Den Bezug auf Novalis finde ich sehr sympathisch: genau das, was Novalis "Romantisierung" nennt, macht(e) den Reiz der untergangenen Stadtbilder und ihrer Architektur aus. Sie wurden in dieser Weise im Lauf des 19. Jahrhunderts "romantisiert", was aber eben nur ging, weil sie sich eben auch aufgrund ihrer vorindustriellen Herkunft dafür eigneten.

    Allein: Das vorgestellte Gebäude selbst löst diesen Gedanken m.E. nicht ein. Es hat gerade nichts Geheinmisvolles, nicht den "unendlichen Schein", der die Welt vom Prosaischen zum Poetischen erhöht. Ich finde das Gebäude selbst eher sogar steril. Nichtsdestotrotz scheint der Architekt mir auf dem richtigen Weg zu sein und die richtigen Grundideen zu haben. Insofern auf jeden Fall eine der interessanteren Optionen für den Preis als die 248.379ste neoklassische Fassade.

  • Von innen ist das Bonner Haus sehr schön, von außen etwas zu glatt. Bis auf die Rundbögen könnte die Fassade fast aus den 50er Jahren stammen. Trotzdem, ein interessanter Kandidat.

    München gefällt mir. Ich finde, man sollte gerade auch mal solche außerhalb des Standards stehenden, innovativen Ansätze auszeichnen. Der Bezug zum alten ist da, es gibt Bauschmuck, und die Sgrafitti-Technik ist sehr münchnerisch, finde ich.

    Gleichrangig oben steht bei mir Leipzig, da auch dies eines der wenigen neuen Gebäude ist, das aus dem Korsett des abstrakten ausbricht und echten Bauschmuck, ja sogar Skulpturen verwendet. Auch wenn die konkrete Auswahl der Persönlichkeiten nicht jedem gefallen mag.

  • Davon habe ich nichts gehört. Komischerweise findet sich auch zu der gesamten Wahl kein Bericht auf der Homepage oder im Blog von SBDEV.

    Der Vorstand hat mit dem Preisträger einvernehmlich beschlossen, die Übergabe aus politisch-organisatorischen Gründen auf nach der Wahl zu verschieben.

  • Organisatorisch ok aber warum denn politisch? Hat die Preisverleihung negativen politischen Einfluss?

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland