• Hier ist noch ein youtube-Video, veröffentlicht am 23. November 2020 von der armenischen Nachrichtenagentur Novosti-Armenia:

    Besuch in Dadivank (23. November 2020)

    Das Video ist auf Armenisch. Da verstehe ich auch nur das Wort "Dadivank". Die Bilder sprechen aber für sich: Eine Gruppe Armenier fährt mit dem Bus aus Armenien in die Republik Arzach (Artsakh). Das blaue Schild "Willkommen in Arzach" erscheint bei Minute 1:07 des Films. Nach Zwischenstopp fährt die Gruppe weiter durch den Rayon Kelbadschar nach Dadivank. Bei Minute 1:45 wird der Abzweig der Straße zum Kloster erreicht. Dort ein touristisches Hinweisschild auf das Kloster. Hier eine Luftaufnahme dieser Stelle:

    Abzweig der Straße, die zum Kloster Dadivank hinaufführt, von der Landstraße

    (Foto: Verteidigungsministerium Russlands, 25. November 2020, CC-BY-4.0)

    Und die gleiche Szene von der Straße aus:

    Russischer Posten am Abzweig der Straße zum Kloster Dadivank. Im Vordergrund zwei gepanzerte Fahrzeuge vom Typ "Tigr". Der Tigr links mit erhöhtem Dachaufbau ist eine Spezialversion für Kommando- und Nachrichtenfunktionen. Er stand wohl nur am 25. November dort - aus Anlass der Übergabe des Rayons Kelbadschar an die aserbaidschanische Armee. Eine Übergabezeremonie an dieser Stelle wurde in den Medien dokumentiert. Möglicherweise wurde dabei besprochen, dass die Russen weiter am Kloster verbleiben

    (Foto: Verteidigungsministerium Russlands, 25. November 2020, CC-BY-4.0)

    Nun weiter im Film: Die Gruppe ist im Kloster. Die Leute beten und nehmen Abschied. Ab Minute 2:09 ist der Klostervorsteher zu sehen. Bei Minute 3:00 zeigt die Kamera demonstrativ die Kanone des russischen BTR-82A vor dem Kloster. Bei Minute 3:30 der Klostervorsteher im liturgischen Gewand. Bei Minute 4:10 die russische Trikolore. Bei Minute 5:36 nochmal die Kanone mit den Kreuzen. Ab 5:38 einer der russischen "Friedensstifter" (so die russische Bezeichnung für die Angehörigen einer solchen Friedensmission).

  • Hier ist noch ein interessantes Video des russischen Youtubers "WarGonzo":

    WarGonzo - Dadivank gesichert (3. Dezember 2020)

    Inhalt: Die Armenier danken den russischen Friedenstruppen und speziell auch Präsident Putin für den Schutz des uralten Klosters Dadivank. Die Aserbaidschaner lauern in der Umgebung. Sie wollen die Geistlichen einschüchtern und beunruhigen, die auf Bitten des Katholikos in Dadivank ausharren. Die Aserbaidschaner kommen immer mal wieder her, aber zum Glück sind die russischen Soldaten wachsam, sodass sie wieder abziehen müssen. Die aserbaidschanischen Soldaten sind in dem Video an der helleren Kleidung und den Fellmützen erkennbar. Die Russen tragen alle aufwendige Schutzausrüstung und Waffen.

    Besonders interessant ab Minute 2:55: Der Mann sagt, hier waren alte Fresken. Da nicht klar war, was aus dem Kloster nach dem 25. November wird, haben Spezialisten, die mit der Restaurierung der Fresken befasst waren, diese abgenommen und in Sicherheit gebracht. Ab Minute 3:10 ist die Wand zu sehen, von der die Fresken abgenommen wurden.

    Diese Nachricht hatte ich woanders noch nicht gefunden. Dass die beweglichen Güter aus dem Kloster in Sicherheit gebracht wurden, hatte ich schon gehört. Die Fresken wurden also auch gesichert. Sie sind von herausragender kunstgeschichtlicher Bedeutung. Ich habe dazu schon russischsprachiges Material gefunden und kann später mal Näheres zu den Fresken mitteilen.

    Der Mann sagt, dass die Aserbaidschaner ja schon Kirchen geschändet haben. Konkret nennt er Schuscha. (Die Vorfälle dort hatten wir hier im Strang schon erfasst.)

    Ab Minute 4:27 das Grab des heiligen Dadi.

    Der Klostervorsteher aus dem vorigen Video ist hier nicht zu sehen. Möglicherweise hat er Dadivank verlassen, da er von aserbaidschanischer Seite als Teilnehmer des Ersten Karabachkrieges identifiziert und als "Kriegsverbrecher" bezeichnet wurde. Ich mache mir diese Behauptungen ausdrücklich nicht zu eigen. Ich berichte nur, was ich in einem aserbaidschanischen Video gehört habe.

  • Anbei ein Link zu einem Artikel in "Die Welt"

    https://www.welt.de/politik/auslan…rgkarabach.html


    Darin wird noch einmal die massive Unterstützung der Türkei für Aserbaidschan deutlich:

    "Mit einer riesigen Militärparade hat Aserbaidschans Präsident Ilcham Alijew seine Erfolge im Krieg um die Südkaukasusregion Bergkarabach gefeiert. An seiner Seite: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der extra für die Feierlichkeiten in die Hauptstadt Baku gereist war....

    An Pathos und drastischen Worten wurde an diesem Donnerstag in der Metropole am Kaspischen Meer nicht gespart. Erdogan sprach von einem „epischen Kampf“ und einem „glorreichen Sieg“...

    Tausende Soldaten marschierten, es rollten Panzer durch die Straßen, von Häuserwänden hingen riesige Flaggen beider Länder. Zur Schau gestellt wurden außerdem türkische Drohnen des Typs Bayraktar: Sie sollen maßgeblich zur militärischen Überlegenheit Aserbaidschans gegen Armenien beigetragen haben."


    Wohingegen die fehlende bzw. beschränkte Unterstützung Armeniens durch Russland erklärt wird:

    "Das christlich geprägte Armenien beruft sich auf Russland als Schutzmacht, das im jüngsten Konflikt vor allem eine vermittelnde Rolle zwischen den beiden Ex-Sowjetrepubliken einnahm. Der Politologe Alexander Zipko von der Russischen Akademie der Wissenschaften lobte in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung „Nesawissimaja Gaseta“ Russlands Zurückhaltung in dem militärischen Konflikt und die Entsendung von Friedenssoldaten. Er reagierte damit auf Kritiker, die meinten, russische Soldaten hätten an der Seite der Armenier kämpfen sollen.

    Russlands wichtigste Aufgabe sei es hingegen derzeit, „die Einheit der Völker in der Föderation zu bewahren“, schrieb Zipko."

    Die Zurückhaltung Russlands hat also auch innerpolitische Gründe, man befürchtet wohl der eigenen muslimischen Völker die "Einheit der Völker der russischen Förderation".

  • Noch ergänzend dazu aus einem Artikel der FAZ

    https://www.faz.net/aktuell/politi…ab-global-de-DE

    ...

    „Wir haben uns all diese Jahre vorbereitet und nie eine militärische Lösung des Konflikts ausgeschlossen“, sagte Alijew. Damit widersprach er dem von ihm selbst in den Verhandlungen unter der Leitung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zugesagten Gewaltverzicht...

    In der Siegesparade wurden neben türkischen und israelischen Drohnen auch erbeutete Panzer und Raketen der Armenier präsentiert. Auch türkische Soldaten marschierten mit. Sie waren eine von vielen Drohungen an die Armenier. Alijew bezeichnete weite Teile Armeniens einschließlich der Hauptstadt Eriwan als „unser historisches Land“.

    ---

    Erdogan sagte, der Waffenstillstand „bedeutet nicht, dass der Kampf beendet ist“. Die Türkei werde weiter an der Seite ihrer „aserbaidschanischen Brüder“ stehen. „Heute ist der Tag, an dem die Seelen der Märtyrer von Karabach, Enver Paschas und aller Helden der ganzen türkischen Welt Frieden gefunden haben!“, rief Erdogan. Enver Pascha war einer der Hauptverantwortlichen für den Völkermord an den Armeniern im Jahre 1915.

  • Die Produktionsfirma "Baku Media Center" hat das offizielle Video der Siegesparade auf Youtube eingestellt. Die Begrüßung und die Reden der Präsidenten Aliyev und Erdogan kann man überspringen. Die eigentliche Parade beginnt bei Minute 46.

    Baku Media Center - Siegesparade am 10. Dezember 2020 in Baku

    Die Redetexte der beiden Präsidenten sowie eine inhaltliche Zusammenfassung der Parade kann man auf der Internetseite des aserbaidschanischen Präsidenten auf Russisch und Englisch nachlesen:

    ru.president.az/articles/48788

    Es ist nicht ungewöhnlich, den Sieg in einem Krieg zu feiern. Die Parade in Baku steht in der Tradition sowjetischer Militärparaden. Der Begriff "Siegesparade" weckt im postsowjetischen Raum Assoziationen zur jährlichen Feier des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg. Aliyev verstärkte dies noch, indem er den letzten Karabach-Krieg als "Vaterländischen Krieg" bezeichnete. Der Schauplatz der Parade war derselbe wie zu Sowjetzeiten. Die Bildunterschrift in dem von newly verlinkten FAZ-Artikel ist falsch. Das Gebäude ist nicht der Präsidentenpalast, sondern das "Haus der Regierung". Früher stand dort an der Stelle der aserbaidschanischen Flagge eine Leninstatue. Bei der Parade präsentierte sich die aserbaidschanische Armee und zeigte, was sie so alles hat. Die Türkei war durch eine Kompanie Spezialkräfte vertreten. Sie sind nicht nur an ihrer Flagge, sondern auch an dem auffälligen "Storchenschritt" zu erkennen. Die musikalische Begleitung der Parade durch die Militärkapelle klang zum Teil sowjetisch, überwiegend aber nach "Janitscharenmusik". Ein wesentlicher Unterschied zu russischen Paraden bestand darin, dass die Kettenfahrzeuge auf Lkw vorbeigefahren wurden. Die Panzer rollten also nicht selbst, wie in dem "Welt"-Artikel behauptet wird.

    Die Redetexte der beiden Präsidenten habe ich gelesen. Aliyev sprach, wie immer, wortreich. Erdogan sprach als zweiter und kürzer - in dem pathetischen und blumigen Stil, den man von ihm kennt. Unter anderem rezitierte er aus Gedichten. Zu der konkreten Art der Unterstützung durch die Türkei wurden im Rahmen der Parade keine Angaben gemacht.

    Zu sehen waren unter anderem gepanzerte Geländewagen der Marke Sand Cat. Die kommen aus Israel. Überhaupt hat Aserbaidschan gute Beziehungen zu Israel. Seit 2009 stellt die Firma Azad Systems, ein Joint Venture beider Staaten, israelische Drohnen in Aserbaidschan her. Sie waren bei der Parade zu sehen. Auch die großen Heron-Drohnen, die Aserbaidschan aus Israel importiert. Warum erwähnt der "Welt"-Artikel nur die türkischen Bayraktar?

    Die großen Parolen auf den Plakaten, die in dem Video zu sehen sind, bedeuten: "Siegesparade", "Eiserne Faust" (das ist der Name der Militäroperation) und "Karabach ist Aserbaidschan".

    Es gibt auch schon Wikipedia-Artikel zur Siegesparade in Baku. Auf Englisch und Russisch, nicht auf Deutsch.

  • Warum erwähnt der "Welt"-Artikel nur die türkischen Bayraktar?

    Da musst du bei der "Welt" nachfragen. Vielleicht liegt es am Thema des Artikels? Nach der Überschrift: Erdogan feiert mit Militärparade "glorreichen Sieg" um Bergkarabach.

    Der FAZ -Artikel erwähnt ja die israelischen Drohnen, siehe oben.

  • Es ist nicht ungewöhnlich, den Sieg in einem Krieg zu feiern...

    Kriege werden ständig geführt, auch in den letzten Jahrzehnten. Nur...wann wurde denn das letzte mal ein Krieg geführt und anschließend der Sieg in einer solchen Art und Weise gefeiert...noch dazu mit unserem Nato-Bündnispartner?

    Und wann zuletzt verkündeten die Sieger, dass sie den Rachen noch nicht voll haben?

  • Luxemburger

    Schau dir mal meine beiden Beiträge vor dem über die Siegesparade an! Da geht es um das bedeutende Kloster Dadivank und die aktuelle Lage dort.

    Dadivank wird vom russischen Militär geschützt. Wenn wir uns mit Baudenkmalen in und um Bergkarabach beschäftigen, dann bewegen wir uns in einem Krisengebiet und können den Konflikt nicht völlig ausblenden.

    Zur Siegesparade habe ich - in Reaktion auf zwei Beiträge von newly - lediglich Informationen zugänglich gemacht und auf den kulturellen Hintergrund der sowjetischen Tradition hingewiesen.

  • Kriege werden ständig geführt, auch in den letzten Jahrzehnten. Nur...wann wurde denn das letzte mal ein Krieg geführt und anschließend der Sieg in einer solchen Art und Weise gefeiert

    Nach dem Falkland-Krieg 1982 gab es eine Siegesparade in London. 300.000 Menschen sollen die Straßen gesäumt haben. Ich kann mich auch noch an diese Parade erinnern (ebenso Wikipedia). Nicht uninteressant die Ansprache von Margaret Thatcher damals (hier nachzulesen). Der englische Wikipedia-Artikel "Military parade" macht deutlich, dass es weltweit zahlreiche Paraden zu verschiedenen Anlässen gibt.

    Die seit dem 10. November geltende Waffenruhe wurde bis heute einmal gebrochen. Am 11. Dezember gab es einen Zwischenfall südlich des eigentlichen Verantwortungsbereichs der russischen Friedensmission. Es gab mehrere Verletzte. Die Russen schritten ein und klärten die Lage.

    Seit dem 14. November sind mehr als 46.000 Flüchtlinge aus Armenien in das verbliebene Territorium der Republik Arzach (Bergkarabach) zurückgekehrt. In Relation zur Vorkriegsbevölkerung der Republik Arzach ist das geschätzt mehr als ein Drittel. In der Nesawissimaja Gaseta gibt es einen Artikel, der sich mit der demografischen Situation in Bergkarabach beschäftigt. Dort wird die Zahl der aus Arzach vor den Kämpfen geflohenen Personen nach armenischen Quellen mit etwa 90.000 angegeben. Diese Zahl bezieht sich aber auf ein größeres Territorium und umfasst auch Personen, die nicht nach Aserbaidschan zurückkehren können, weil sie sich erst in den Jahren nach dem Ersten Karabachkrieg dort angesiedelt hatten. Präsident Aliyev hatte mehrfach zugesagt, dass die autochthone armenische Bevölkerung weiterhin in Karabach bleiben könne - als normale aserbaidschanische Staatsbürger. Die aserbaidschanische Führung vertritt hier eine Auffassung, die mit jener des französischen Staates in Bezug auf Elsass-Lothringen 1918 vergleichbar ist. In der nächsten Zeit werden weitere armenische Flüchtlinge nach Arzach zurückkehren.

    Die Zerstörungen in Stepanakert, der Hauptstadt von Arzach, werden als deutlich geringer eingeschätzt als nach dem Ersten Karabachkrieg. Man rechnet mit einem Wiederaufbau innerhalb von zwei, drei Jahren. Die wichtigsten Teile der Infrastruktur wurden mit russischer Hilfe wieder in Gang gebracht. Der Flughafen von Stepanakert ist nicht zerstört. Es gibt Pläne, ihn für zivile und militärische Verbindungen nach Russland zu nutzen. Mit Ausnahme der Beschießung der Ghazanchetsots-Kathedrale in Schuscha und der Schändung einer weiteren Kirche dort - das Thema wurde hier im Strang schon angesprochen - bin ich bislang nicht auf Nachrichten über Schäden an armenischen Kirchen gestoßen. Das berühmte Kloster Dadivank, das im Rayon Kelbadschar liegt - also außerhalb des Verantwortungsbereichs der Friedensmission - wird nach wie vor von den Russen geschützt. Zu Dadivank mache ich nachher noch einen Beitrag mit aktuellen Bildern. Der Katholikos der Armenischen Apostolischen Kirche hat sich in einem Brief an den Moskauer Patriarchen Kirill für die russische Hilfe bedankt.

  • Hast Du Informationen zum geplanten künftigen Status von Bergkarabach? Soll es wieder eine Autonomie im Rahmen des aserbaidschanischen Staates geben? Ich glaube, gelesen zu haben, dass Aliyev sich dagegen ausgesprochen habe.

    Und, wenn die einst vertriebenen Azeri wieder zurückkehren, wie sieht die Infrastruktur aus? Sind denn genug intakte Wohnhäuser noch vorhanden? (Ich habe in Aufnahmen häufig Ruinen in den entvölkerten Arealen gesehen, hier z.B. in Fizuli) Oder muss es dort ein Wohnungsbauprogramm geben, ähnlich wie in Süd-Ossetien?

    Vielleicht sagen die russischen Medien ja näheres dazu.

  • Kriege werden ständig geführt, auch in den letzten Jahrzehnten. Nur...wann wurde denn das letzte mal ein Krieg geführt und anschließend der Sieg in einer solchen Art und Weise gefeiert...noch dazu mit unserem Nato-Bündnispartner?

    Und wann zuletzt verkündeten die Sieger, dass sie den Rachen noch nicht voll haben?

    Nach dem Falkland-Krieg 1982 gab es eine Siegesparade in London. 300.000 Menschen sollen die Straßen gesäumt haben. Ich kann mich auch noch an diese Parade erinnern (ebenso Wikipedia). Nicht uninteressant die Ansprache von Margaret Thatcher damals (hier nachzulesen). Der englische Wikipedia-Artikel "Military parade" macht deutlich, dass es weltweit zahlreiche Paraden zu verschiedenen Anlässen gibt.

    Also du hast einen Fall vor 38 Jahren gefunden. Wobei der Vergleich natürlich hinkt und Thatcher z.B. zumindest nicht verkündet hat, dass der Kampf gegen Argentinien weiterginge und auch noch Buenos Aires an Großbritannien angeschlossen werden müsse. Um die "weltweit zahlreiche Paraden zu verschieden Anlässen" geht es ohnehin nicht.

    Wer immer noch an die Zusagen von Präsident Aliyev vertraut, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.

  • Hast Du Informationen zum geplanten künftigen Status von Bergkarabach? Soll es wieder eine Autonomie im Rahmen des aserbaidschanischen Staates geben? Ich glaube, gelesen zu haben, dass Aliyev sich dagegen ausgesprochen habe.

    Aliyev vermeidet das Thema, was bedeutet, dass er keinen besonderen Status für Bergkarabach wünscht. Am 11. Januar trafen sich die Führer Armeniens, Aserbaidschans und Russlands in Moskau. Es wurde eine trilaterale "Erklärung" angenommen, in der es aber nur um den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und den Abbau von Blockaden geht (Quelle: kremlin.ru/events/president/news/64872 und folgende Meldungen vom 11. Januar 2021). Kein Wort zur Statusfrage.

    Das Infrastrukturthema hat mit deiner Frage zu tun:

    Und, wenn die einst vertriebenen Azeri wieder zurückkehren, wie sieht die Infrastruktur aus? Sind denn genug intakte Wohnhäuser noch vorhanden? (Ich habe in Aufnahmen häufig Ruinen in den entvölkerten Arealen gesehen

    Die Armenier haben in den sieben Rayons, die sie rund um das eigentliche Bergkarabach besetzt gehalten hatten, ein verwüstetes Land hinterlassen. Eine nennenswerte armenische Besiedlung gab es in den besetzten Gebieten während der Zeit der armenischen Okkupation nicht. Dazu fehlte den Armeniern schon das demografische Potenzial. Die Bevölkerung in Armenien und Arzach ist heute geringer als am Ende der Sowjetzeit. Näheres zu den jetzt wieder unter aserbaidschanischer Kontrolle stehenden Gebieten bringe ich in einem späteren Beitrag. Aliyev wird sich in den kommenden Jahren mit dem Wiederaufbau beschäftigen. Bei einem ersten Besuch in der Region kündigte er am 16. November 2020 in Fisuli / Физули als erste Maßnahme den Bau einer neuen Straße nach Schuscha / Шуша an. Diese wird gebraucht, um das armenisch-russisch kontrollierte Gebiet zu umgehen.

    Die Zahl der dorthin, also in die Republik Arzach, aus Armenien zurückgekehrten Flüchtlinge ist inzwischen auf mehr als 49.000 gestiegen. Während es in der Republik Armenien Machtkämpfe gibt, aber Paschinjan sich weiter im Amt des Premierministers halten kann, ist die politische Lage in der Republik Arzach (Bergkarabach) ruhig. Die Bevölkerung ist froh, dass das russische Friedenskontingent da ist. Seit meiner letzten Meldung wurden keine neuen Verstöße gegen die Waffenruhe registriert. Maßgeblich sind hierfür die Meldungen des russischen Verteidigungsministeriums.

    Größere Fälle von Vandalismus seitens der Aserbaidschaner wurden aus den sieben Rayons, die nun wieder unter aserbaidschanischer Kontrolle sind, nicht berichtet. (Schuscha war hier im Strang bereits erwähnt worden.) Ich verfolge dazu auch die Berichte des russischen Senders RBK und von "HAYK media", einem Youtube-Kanal, der von der armenischen Diaspora in Russland betrieben wird. Außerdem auch das Nachrichtenportal "Kawkaski Usel". Das hat seinen Sitz in Moskau und bringt Nachrichten aus der gesamten Kaukasusregion. Alle diese Medien sind in russischer Sprache.

    Hier nochmal eine aktuelle Karte:

    Karte der Karabachregion (Quelle: Verteidigungsministerium Russlands, 15. Januar 2021, CC-BY-4.0)

    Über den Link lässt sich eine vergrößerte Version der Karte anwählen. Westlich und süwestlich von Schuscha zeigt die Karte seit dem 4. Januar 2021 einen zugunsten von Arzach leicht veränderten Grenzverlauf. Das aserbaidschanische Schuscha / Шуша ist nun an drei Seiten von arzachischem Gebiet umgeben.

    Der Schutz kulturhistorischer und religiöser Stätten wurde in politischen Gesprächen der letzten Wochen immer wieder angesprochen. Angesichts des Umfangs des russischen Engagements in der Region, der Verbundenheit großer Teile der russischen Bevölkerung mit Armenien und der Stärke der armenischen Diaspora in Russland kann sich die russische Führung in dieser Frage kein Scheitern leisten.

  • Am 6. Januar wurde in Armenien Weihnachten gefeiert. Das russische Weihnachtsfest war am 7. Januar.

    Russische Neujahrstanne in einem gerade erst aus vorgefertigten Modulen errichteten Soldatenstädtchen in der Siedlung Karakend / Каракенд

    (Foto: Verteidigungsministerium Russlands, 10. Januar 2021, CC-BY-4.0)

    "Kawkaski Usel" berichtet, dass in beiden Kirchen der Hauptstadt Stepanakert / СТЕПАНАКЕРТ am 6. Januar Gottesdienste stattfanden. Beide Kirchen waren offensichtlich unbeschädigt.

    Aktuelles Foto der Kirche der Hl. Gottesmutter (6. Januar 2021)

    Die älteste Kirche von Stepanakert ist die 2005 bis 2007 errichtete Kirche St. Jakob. Davor hatte es keine Kirche in der Stadt gegeben.

    Stepanakert, Kirche St. Jakob (Foto: harutune, 9. August 2011, CC-BY-SA-3.0)

    St. Jakob war für die 50.000 Einwohner zählende Hauptstadt von Arzach natürlich zu klein. Deshalb begann 2006 der Bau der Kirche der Hl. Gottesmutter.

    Stepanakert, Baustelle der Kirche der Hl. Gottesmutter (Foto: Yerevantsi, 5. März 2018, CC-BY-SA-4.0)

    Diese Kirche wurde am 7. April 2019 durch den Katholikos aller Armenier, Garegin II., geweiht.

    Stepanakert, die Kirche der Hl. Gottesmutter von Nordwesten (Foto: Nathan868, 28. Dezember 2019, CC-BY-SA-4.0)

    "Sputnik Armenia" brachte zur Weihe der Kirche ein interessantes Interview mit dem Architekten Gagik Jeranosjan (nur auf Russisch und Armenisch verfügbar, Anklicken des Links lohnt sich für euch nicht, dient nur als Quellennachweis).

    Näheres aus dem Interview in einem späteren Beitrag. Hier erstmal ein paar Bilder:

    Bild 1 - Computermodell der Kirche und ihrer Umfeldgestaltung, die noch nicht ganz fertig ist

    Bild 2 - die Kirche von Norden

    Bild 3 - die Kirche von Südosten

    Bild 4 - die Kirche von Osten, Zeichnung des Architekten

    Bild 5 - die Kirche von Norden, Zeichnung des Architekten

    Bild 6 - Computermodell des Innenraumes der Kirche

    Bild 7 - Blick in die Kuppel, Foto (zeigt die reale Farbigkeit des Innenraumes)

    Bild 8 - Chatschkar am Eingang zur Kirche

  • Die älteste Kirche von Stepanakert ist die 2005 bis 2007 errichtete Kirche St. Jakob. Davor hatte es keine Kirche in der Stadt gegeben.

    Die Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Georgskirche (Surp Kevork) wurde unter Josef Stalin in den 1930er Jahren abgerissen, um dem Stepanakerter Theaterbau Platz zu machen.

    Am nördlichen Rand der Stadt nahe dem Soldatenfriedhof gibt es auf einem Stück Privatland eine kleine mittelalterliche Kirche...

    https://de.wikipedia.org/wiki/Stepanakert#Kirchen

  • Die Kleinstadt Tschartar / Чартар liegt im Rayon Martuni / Мартуни der Republik Arzach (Bergkarabach). Anlässlich eines Besuchs von Angehörigen des russischen Friedenskontingents in der dortigen Schule Nr. 1 entstand am 17. Dezember 2020 das unten folgende Bild, auf dem als Beifang die Kirche gut zu sehen ist. Sie wurde in den Jahren 2014 bis 2018 erbaut. Finanziert wurde der Bau durch die 2013 gegründete Stiftung "Entwicklung armenischer Dörfer" des aus Karabach stammenden russischen Staatsbürgers Wladimir Awakjan (Владимир Авакян). Die Kirche wurde am 16. Juni 2018 durch den Bischof von Arzach, Pargew Martirosjan, geweiht. Unter den Gästen war auch der armenische Premierminister Nikol Paschinjan. Damals, im Sommer 2018, hatte Tschartar nach Angaben des Bürgermeisters etwa 4.500 Einwohner, fünf Schulen, zwei Kindergärten, ein Kulturhaus, eine Kunstschule, eine Teppichfabrik und ein Krankenhaus. Die Mehrheit der Bevölkerung lebte von der Landwirtschaft.

    (Quelle der Informationen: Bericht in Kawkaski Usel).

    Bild 1 - Ansicht der Kirche "Surb Wardanank" von Nordwesten am 16. Juni 2018

    Bild 2 - Nordseite der Kirche am 16. Juni 2018

    Bild 3 - Der Altarbereich der Kirche bei der Weihe am 16. Juni 2018

    Die Kirche ist im traditionellen armenischen Stil gehalten. Der Glockenturm ist deutlich niedriger als die Kuppel und wurde an der Westseite direkt vor das eigentliche Kirchengebäude gestellt. Diese Bauform ist typisch für armenische Kirchen, ebenso das Baumaterial - Tuffstein. Der Altarbereich erscheint wie eine Theaterbühne - leicht erhöht und mit einem Vorhang versehen. Der Name eines Architekten wurde in dem Bericht nicht genannt. Die Tradition wurde gut aufgegriffen, sodass nur das geübte Auge erkennt, dass es sich um einen Neubau handelt.

    Und hier nun das aktuelle Bild:

    Tschartar (Чартар) im Rayon Martuni der Republik Arzach, Blick zur Kirche Surb Wardanank von Nordosten, im Vordergrund die Schule Nr. 1

    (Foto: Verteidigungsministerium Russlands, 17. Dezember 2020, CC-BY-4.0)

    Über Kriegsschäden in Tschartar ist mir nichts bekannt. Die Schule Nr. 1 und die Kirche scheinen aber nicht beschädigt zu sein. Informationen aus kleineren Ortschaften wie Tschartar gibt es für die Zeit seit dem 10. November 2020 kaum. Die Berichterstattung konzentriert sich auf die Hauptstadt Stepanakert, in der etwa ein Drittel der Bevölkerung Arzachs lebt.