Das Ornament der Architektur (toter Gegenstand) hat mit Tätöwierungen (Haut = Lebewesen) nichts gemein. Eine Tätowierung ist der Wunsch eines Menschen nach Individualität und Gruppenzugehörigkeit (die Tätowierten, die Träger bestimmter Tatoos). Diese Funktion haben Ornamente von Gebäuden nicht. Hier steht das Vermögen eines Hausbesitzers im Vordergrund. Frauen kaufen zum Beispiel gern sündhaft teure Taschen bestimmter Luxusmarken und verschwenden damit sichtbar einen Teil Ihres Vermögens, um zu signalisieren: Schaut her, ich kann es mir leisten. Ich bin eine gute Partie. Wenn man dann noch besonders clever ist, hat man einen Sinn für Dinge, die teurer aussehen, aber günstig sind. Das gleiche lässt sich auf Bauwerke übertragen. Je mehr Ornamente ein Gebäude hat, desto höher die Zusatzkosten für seine Errichtung. Gleichzeitig lassen sich mit Ornamenten/Figurenschmuck usw. Bildungseigenschaften und Einstellungen / Überzeugungen unterschwellig vermitteln. Das lässt sich sehr schön verifizieren, wenn man bedenkt, dass es zumeist nur die Schaufassade war, welche so opulent gestaltet wurde (Ausnahme Riemers Hofgärten in Berlin / hier gibt es nur Schaufassaden). Wer also etwas auf sich hielt, zog unter keinen Umständen in einen Seitenflügel oder Gartenhaus, sondern in die Beletage des Vorderhauses. Und wer als Eigentümer besonders clever war, hatte teuer aussehende Materialien verwendet, welche billig in der Herstellung waren (z. B. Marmorimitationen).
Durch den zunehmenden Verkehr veränderten sich die Wohnbedürfnisse bald dahingehend, dass es schick wurde, weiter oben zu wohnen, denn dort war die Abgas- unf Lärmbelästigung nicht so groß und es gab nun eiserne Lastenaufzüge, um auch dort einfach hoch und hinunter zu gelangen. Das Ornament indes machte aber nicht an der Fassade halt, sondern zog sich in die Innenräume in Form von Stuck, Kacheln von Öfen, Eisengitter von Treppengeländern und Aufzugsschächten. Voraussetzung dafür ist eine Gesellschaft, welche Schmuck als essentiellen Teil ihres Lebens ansieht. Das war Ende des 19. Jahrhunderts sehr stark der Fall. So ist der Beruf der Putzmacherin (Putz hier im Sinne von sich herausputzen) stark verbreitet. Es waren aber nicht alle Gesellschaftsschichten gleichermaßen zur Teilhabe befähigt. Deshalb führte die politische Emanzipation der Unterprivilegierten zum Kampf gegen den Schmuck, eben auch an Gebäuden und das Prinzip zieht sich bis heute ins Wahlprogramm der Linken (überspitzt: mehr Geld für Kindergärten und Schulen statt Barock). Dabei ist beides überaus wichtig. Nicht entweder oder.
Sonst wäre die zweckmäßige DDR nie untergegangen. Man musste nicht hungern. Es gab Bildungsmöglichkeiten (gerade auch unpolitsche). Wer reisen wollte, hat sich seine Nischen gesucht. Wohnraum war billig und die Grundnahrungsmittel ebenso. Also das Arbeiterparadies schlechthin. Nur fehlte es an richtiger Hochkultur, an Freiheit sowieso und auch ganz wichtig an Bildungsniveau, was die verschiedenen Künste anging. Naturwissenschaftlich-technische Bildung war sehr gut und vorzeigbar. Baukulturelle Bildung hingegen litt unter politischer Indoktrination und somit entwickelte sich hier die Katastrophe schlechthin: Plattenbauten und Langeweile. Loos hätte seine helle Freude gehabt. Dieser Dummkopf.
Doch auch in der sogenannten freien Welt wurde gegen das Ornament polemisiert. Hier sollte das Ornament die Ursache für den Faschismus und seine Folgen gewesen sein. Wenn dem so wäre, hätten faschistische Gebäude eine überbordende Ornamentik, was nicht der Fall ist. Vergleicht man hingegen diese Bauten mit heutigen nach Effizienzdogma gebauten modernen Blöcken so sind deutliche Gemeinsamkeiten zu erkennen. Jegliche fehlende Schönheit, keine menschlichen Proportionen, Kühle und Monotonie. Kurz LEBENSFEINDLICHKEIT. Eine Schande, dass ausgerechnet steuerfinanzierte Professoren-Darsteller diese (…) Mod Ideologie des Bauens in völligem Verkennen ihrer eigenen Propaganda weiter verbreiten.