Lustwandeln in Ludwigslust

  • Weshalb Schweizerei? […] In der Schweiz kennen wir diesen Begriff nicht.

    Kein Wunder, Riegel. Ihr seid ja auch alle Schweizer. :zwinkern:

    Schweizer, veraltet auch Schwitzer, ist eine ehemalige Berufsbezeichnung. Schweizer übten außerhalb ihres Landes entsprechend ihren Fähigkeiten bestimmte Berufsarten aus. Mit der Zeit ging der Begriff Schweizer auf den typischen Beruf über (oft auch unabhängig von der Herkunft des Ausübenden): Schon im Spätmittelhochdeutschen bezeichnet das Wort swîzer nicht nur einen Einwohner der Schweiz, sondern auch verschiedene Berufe, für die die Schweizer bekannt waren.

    Dies noch:

    http://www.allerleischweiz.de/schweizen-in-d…nung-schweizer/

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • HelgeK und Mantikor Danke für eure Erläuterungen. Ich erinnere mich jetzt wieder, dass mir ein befreundeter Archivar, mit dem ich mich viel über Bau- und Kunstgeschichtliches austausche, darüber erzählt hat. Dies deckt sich mit euren Aussagen. Sein Grossvater war als Käser(?) nach Ostdeutschland ausgewandert und leitete dort so eine Schweizerei. Vor Ausbruch des 1. Weltkrieges kehrte er nach St. Gallen zurück.

    Schon im Spätmittelhochdeutschen bezeichnet das Wort swîzer nicht nur einen Einwohner der Schweiz, sondern auch verschiedene Berufe, für die die Schweizer bekannt waren.

    So viel ich weiss, betrifft dies schon mehrheitlich land- und milchwirtschaftliche Berufe.

  • Nix da. "Schweizerhaus" bedeutet in etwa Restaurant im Grünen, also ein idyllisch gelegenes Ausflugsziel. Ein Schweizerhaus gibt es im Wiener Prater, und in den Sudeten war das überhaupt ganz üblich. Schweizerei unter dem Glatzer Schneeberg, Schweizerhaus auf der Heuscheuer, Schweizerei und der Altvater... sogar in meinem Weinviertler Heimatdorf gab es im Schlosspark ein Schweizerhaus, das war eine Art größeres Puppenhaus für Kinder. "Schweiz" stand generell für landschaftliche Schönheit. Daher die vielen Schweizen in Böhmen, Sachsen, Mecklenburg, Franken, Pommern etc.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nix da. "Schweizerhaus" bedeutet in etwa Restaurant im Grünen, also ein idyllisch gelegenes Ausflugsziel.

    Ich gebe es ja ungern zu, aber damit scheinst Du richtig zu liegen, siehe hier.

    Trotzdem war das hier ein sehr interessanter Exkurs, denn den hier erörterten Kontext mit Landwirtschaft allgemein bzw. Milchwirtschaft speziell gab es ja tatsächlich ebenfalls, und dies offenbar weit verbreitet.

  • Ich vermute - so wie das Haus aussieht - eher dass das der Wohnort der Familie des Aufsehers der Melker war.

    Zum Schweizer Haus könnten Aufseher... oder Türhüter doch auch gut passen. In dem oben von Mantikor genannten Zitat aus Wikipedia heißt es weiter:

    Bekannt wurden Schweizer in fremden Heerdiensten, seit den Burgunderkriegen des 15. Jahrhunderts als Reisläufer, dann als Schweizertruppen der französischen Könige und an europäischen Fürstenhöfen (gardes Suisses), als die heute noch bestehende Schweizergarde des Vatikan, sowie als Leibwächter und als Eingangswachen (Thürhüter bei vornehmen Personen). In diesem Zusammenhang entstand auch der Begriff Kirchenschweizer.

    Die Literatur kennt mehrfach den Berufsbegriff Schweizer, so in Carl Maria von Webers Oper Oberon: „als ich ohne Schwierigkeit von dem gemalten Schweizer eingelassen wurde“, bei Jean Paul: „sie mögen ihre Karten dem Schweizer (Thürhüter) geben“ und bei August von Kotzebue: „umsonst ermüdet er mit Fragen nach seinem Herrn den Schweizer, der die Wach’ am Thore hat (im Lateran)“. Der Begriff erscheint auch im Englischen bei Shakespeare: „Where are my Switzers? Let them guard the door.“ (Hamlet, 4. Akt, 5. Szene.)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Schweizer_(Beruf)

  • Nix da. "Schweizerhaus" bedeutet in etwa Restaurant im Grünen, also ein idyllisch gelegenes Ausflugsziel.

    Nix da. :wink: Wenn du einfach "Schweizerhaus" ergoogelst, erhältst du lauter Resultate für solche Ausflugsziele. Hier reden wir aber vom kunsthistorischen Begriff, und da hättest du Schweizerhausstil eingeben müssen. Im frühen 19. Jahrhundert, mit dem aufkommen des ersten Tourismus', kam die Liebe zu den Schweizer Chalets auf. Wer es sich leisten konnte, wollte bei sich zuhause im Park auch ein solches Schweizerhäuschen haben. So ist das "Schweizerhaus" entstanden. Es zeichnet sich aus durch Blockbauweise (oft nachgeahmt mit Mauerwerk und vorgeblendeter Holzschalung oder Schindelschirm), 30° Grad geneigten Dächern, breiten Balkonen und Laubsägearbeiten. Im "Schweizerhausstil" wurden nebst Wohnhäusern auch Bahnhöfe, Schuppen, Ausflugsziele, Gartenhäuser etc. errichtet.

  • Beim Gebäude in Ludwigslust haben wir aber eben diesen Schweizerhausstil nicht vordergründig ausgebildet, sondern wir haben es mit einem klassischen Cottage zu tun.
    1790-91 entstanden war das Ludwigsluster Objekt ein Rückzugsort für die Herrschaften, wie

    - das Hameau de la Reine des Petit Trianon mit seiner Meierei, Kuhstall etc. (http://www.ulrich-travelguide.de/petit-trianon-…es-meisterwerk/) (1783 bis 1788)

    - die Pfaueninsel in der Potsdamer Kulturlandschaft mit ihrer Meierei (um 1795)

    - die Fasanerie in Moritzburg mit ihren ländlichen Freuden (um 1780) etc. pp.

    Der Begriff kommt in Ludwigslust sicher von Schweizerei im Sinne von Cottage, Bauernhof ländlicher Idylle etc.

    Dass man Schweizerhäuser oder Meiereien in herrschaftlichen Parks (i.d.R. sekundär) als Ausflugsgaststätten nutzte, ist korrekt.

    Dass solche Gebäude aber in herrschaftlichen Parks extra dafür errichtet wurden, kam erst später auf.
    Das Englische Haus in Bad Muskau dürfte eine der ersten "Ausflugsgaststätten" in einem herrschaftlichen Park gewesen sein.

    https://www.google.de/search?q=bad+m…iw=1536&bih=783

    Der Chinesische Turm im Englischen Garten ist natürlich auch zu würdigen. Gaststättennutzung auch ab etwa 1820.

  • ist uns eher ungebräuchlich, das Wort Schweizerstil. Eher bringt man das mit "Tirol" in Bezug. Will dir ja nicht widersprechen, Riegel, aber ob gerade das Ludwigsluster Beispiel im Schweizerstil gehalten ist, wie schon dargelegt, ist eher zweifelhaft. Hier ist mE wohl eher auf die idyllische Einschichtlage bzw auf den landwirtschaftlichen Hintergrund abzustellen. Und irgendwie überlappt sich das auch alles irgendwann. Am Anfang stand die Liebe zu einem fremden Land namens Schweiz.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Laut einem Schild, das wohl davor stand, ist es das Haus der auswärtigen Angestellten am Schloss!

    In Bayern ist ein "Schweizer" umgangssprachlich ein Vorarbeiter auf einem Guts- oder großen Bauernhof.

    Nicht umsonst hat das Wort "Heimweh" seinen Ursprung aus der Schweiz. Es schienen wohl recht viele Schweizer ihr Glück im Ausland gesucht zu haben.

    Beauty matters!