Farbgebung von Fachwerkhäusern: Bunt oder nicht?

  • Toll, dass Du dein Haus so schön saniert hast!

    In Dänemark gibt es fast keine PVC-Fenster. Wo ein Wille ist.... PVC-Fenster sind eine deutsche Krankheit, die leider auch im Elsass und anderswo immer häufiger wird. Ich fürchte, dass eine PVC-Welle bald über Frankreich rollt (Klimaschutz). Meine Frage war eigentlich, ob vermehrt Sprossenfenster in Deutschland eingebaut werden oder nicht?

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Toll, dass Du dein Haus so schön saniert hast!

    In Dänemark gibt es fast keine PVC-Fenster. Wo ein Wille ist.... PVC-Fenster sind eine deutsche Krankheit, die leider auch im Elsass und anderswo immer häufiger wird. Ich fürchte, dass eine PVC-Welle bald über Frankreich rollt (Klimaschutz). Meine Frage war eigentlich, ob vermehrt Sprossenfenster in Deutschland eingebaut werden oder nicht?

    Also ich persönlich kann keinen klaren Trend erkennen. Ich sehe, dass in alten Häusern Fenster ohne Sprossenteilung eingebaut werden, dass in neuen Häusern Sprossenfenster eingebaut werden und beides findet auch umgekehrt statt. Sprossenfenster sind halt keine Frage des Alters des Gebäudes sondern wohl eher des Geldbeutels und des Geschmacks... und natürlich auch der Bequemlichkeit.

    Denn die meisten originalen hölzernen Sprossenfenster sind in der Vergangenheit wohl eher der "faulen Hausfrau" zum Opfer gefallen als der Holzfäule. 8o

    P.S. und jetzt bitte keinen Shitstorm bzgl. Frauenfeindlichkeit oder dergleichen. Ansonsten outet sich derjenige oder diejenige automatisch als humorlos :biggrin:

  • Wir sanieren gerade einen Gründerzeitler (Baujahr 1880), und für 14 zweiflüglige Kastenfenster ohne Sprosse (nach historischem Vorbild, es gibt Bauzeichnungen und Fotos) sind je nach Firma zwischen 50 und 75 Tausend Euro fällig.

    Fazit: a) man kann nicht generalisieren - Sprossenfenster waren keineswegs bis 1950 generell üblich, und b) was wirklich zu Buche schlägt, sind nicht die Sprossen, sondern die Kastenfenster.

  • Fazit: a) man kann nicht generalisieren - Sprossenfenster waren keineswegs bis 1950 generell üblich, und b) was wirklich zu Buche schlägt, sind nicht die Sprossen, sondern die Kastenfenster.

    Ich glaube der Begriff"Sprossenfenster" wird umgangssprachlich für alle Fenster mit irgendeiner Unterteilung verwendet, also auch für Galgenfenster oder Kreuzzstockfenster; und fenstergliedernde Elemente wie Kämpfer und Setzholz als "Sprossen" interpretiert, was genau genommen falsch ist. Aber egal ob Sprosse, Kämpfer oder Setzholz, die Gliederung der Fenster ist ein wichtiger Teil der Archietktur.

    Gleichwohl ist es interessant, dass auf so vielen Bauplänen traditionell die Fenster weggelassen werden und nur die dunklen Fensterhöhlen zu sehen sind. Hatten die Fenstermacher so wenig mit dem Baumeister am Hut (und es war schlicht klar, wie die Fenster gemacht werden mussten) oder woran mag das gelegen haben?

  • Hatten die Fenstermacher so wenig mit dem Baumeister zu am Hut (und es war schlicht klar, wie die Fenster gemacht werden mussten) oder woran mag das gelegen haben?

    Tatsächlich eine berechtigte und interessante Frage, wobei diese Gebäude auf den traditionellen Baupläne durch die fehlende Gliederung der Fensteröffnungen optisch schlechter abschneiden und damit bereits das uns bekannte, reale, traurige Fassadenbild sanierter Altbauten mit ihren toten, leeren Löchern vorwegnehmen.

    Das Problem ist, dass genau dieser Umstand jedoch von Modernisten, Gegnern und Gleichgültigen gegenüber traditionellen Fenstergliederungen letztlich als Plädoyer für das Verzichten gewertet werden dürfte und die Gliederungen schlicht auf die damals mangelnden, technischen Möglichkeiten sowie auf Kostenminimierung zurückzuführen seien.

    Aspekte der Schönheit und Harmonie für das Gesamtbild der Fassade, für welche gegliederte Glasflächen, sprich die „Fenster als Augen des Hauses“ die entscheidende Rolle spielen, kommen in dieser Gedankenwelt nicht vor so wenig wie die negierten funktionalen Vorteile des traditionellen Fensterbaus (Abzug, Lüftung, Dämmung, Nachhaltigkeit,...)

    Vielleicht könnte man die Beiträge hier zur Fensterthematik in den entsprechenden Strang verschieben und dort weiter erörtern. Hier gehen sie vermutlich inhaltlich verloren.

  • Ich bestreite die Behauptung, dass auf historischen Bauzeichnungen die Fenster grundsätzlich nicht gezeichnet worden seien. Der Beweis:

    Bauzeichnung eines Gründerzeitlers

    Baujahr 1880, und genau so verwirklicht worden. Es handelte sich um zweiflügelige Kastenfenster, der Halbbogen oben war zwar senkrecht zweigeteilt, ließ sich aber nicht öffnen.

  • Ich bestreite die Behauptung, dass auf historischen Bauzeichnungen die Fenster grundsätzlich nicht gezeichnet worden seien. Der Beweis:

    Hat doch niemand behauptet. Der Beweis:


    Gleichwohl ist es interessant, dass auf so vielen Bauplänen traditionell die Fenster weggelassen werden [...]

    Von "grundsätzlich" ist hier nirgendwo die Rede. Aber es gibt viele, viele alte Baupläne ohne Fenster (vor allem vor dem Historismus). Ob das jetzt die Mehrheit der "alten Pläne" ausmacht, habe ich jetzt nicht statistisch eruiert. Dass es auch alte Baupläne mit eingezeichneten Fenstern gibt, bestreite ich ja gar nicht. Auch Zeitlos hat nicht von einer Grundsätzlichkeit gesprochen.

  • Von grundsätzlich war auch nicht die Rede. Jedoch eben auffällig und häufig, vielleicht auch vermehrt bei Bauplänen aus der Zeit vor dem Historismus. In Anbetracht der detaillierten Darstellung von Fassadenelementen auf traditionellen Bauplänen ist der gleichzeitige Verzicht der exakten Fenstergliederungen durchaus erwähnenswert.

  • Da wohl nicht jedem bekannt ist was ein Fachwerkhaus ist - das sind so die Häuser welche sich von anderen Häusern durch äußere sichtbare Holzbalken unterscheiden. Wem es nicht zu lang ist, der kann hier noch mal weiteres darüber lesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Fachwerkhaus

    Ach lieber Henry, grantel doch nicht herum, wenn sich eine kleine (aber ergiebige) Off-Topic-Diskussion zum Thema Fenster entwickelt hat, dichter am Thema Architektur geht es doch gar nicht. Zur Not müssen eben ein paar Beiträge verschoben werden, sofern das nicht zu viel Aufwand bedeutet.

    Außerdem deine Defenition schlicht falsch. Weder haben alle Fachwerkhäuser sichtbares Fachwerk (es gibt verputzte Fachwerkhäuser) noch muss ein Fachwerkhaus zwangsläufig aus Holz sein. Es gibt auch Stahlfachwerk.

  • Außerdem deine Defenition schlicht falsch. Weder haben alle Fachwerkhäuser sichtbares Fachwerk (es gibt verputzte Fachwerkhäuser) noch muss ein Fachwerkhaus zwangsläufig aus Holz sein. Es gibt auch Stahlfachwerk.

    Aber sind denn die verputzen Fachwerkhäuser nicht erst in späterer Zeit verputzt worden? Bei so manch schlichten Häuschen war es bis zur Freilegung des Fachwerkes garnicht als solches zu erkennen. Das sich jedoch unter einer Barock oder Gründerzeitfassade Fachwerk befinden könnte, erlebte ich bisher nicht.

    Stahlfachwerk? Wo kommt das denn vor? In alten Industrieanlagen vielleicht? Würde mich mal interessieren - wär schön wenn Du Bilder solcher Bauten hättest - und vor allem wie die gestrichen (oder auch nicht gestrichen) sind.

  • Aber sind denn die verputzen Fachwerkhäuser nicht erst in späterer Zeit verputzt worden?

    Es gibt genügend Fachwerk, das nicht als Sichtfachwerk ausgeführt wurde, sog. konstruktives Fachwerk, das dann auch ursprünglich verputzt war. Oft geschah das, um teurere Steinfassaden vorzutäuschen, viele Häuser wurden auch erst später verputzt, das ist richtig. Im letzten Jahrhundert begann man dann mit der Fachwerkfreilegung, dabei wurde oft auch konstruktives Fachwerk freigelegt, das eigentlich nie dafür bestimmt war, Fassade zu sein. Es gibt Städte und Regionen, in denen sind verputzte Fachwerkbauten seit Jahrhunderten ortsbildprägend und keineswegs ein ästhetischer Mangel, Beispiel Dinkelsbühl:

    Dinkelsbuehl-Elsasser_Gasse-Ost.jpg

    CC BY-SA 3.0 by Mylius

    Stahlfachwerk? Wo kommt das denn vor? In alten Industrieanlagen vielleicht? Würde mich mal interessieren - wär schön wenn Du Bilder solcher Bauten hättest - und vor allem wie die gestrichen (oder auch nicht gestrichen) sind.

    Konstruktives Stahlfachwerk ist weit verbreitet, in Ost wie West war es Mittel um schnell und günstig auch größte Höhen zu erreichen. Sämtliche alten Wolkenkratzer in Manhatten sind Fachwerkhäuser. Ein weiteres Beispiel Beispiel für Stahlfachwerk wird jeder kennen. Denkt mal an Paris.

    e3678efa0b41dc3f002672792e47cf9f.jpg

    (gemeinfrei)

    Das ist nun aber sehr weit weg, von dem, was wir uns unter einem Fachwerkhaus vorstellen. Doch es gibt auch Sichtstahlfachwerk bzw. Sicht-Eisenfachwerk, wie du schon richtig sagst, insbesondere bei Industriebauten. Ein bekanntes (und wunderschönes) Beispiel ist die Maschinenhalle der Dortmunder Zeche Zollern, dort haben wir es sogar mit Jugendstilfachwerk zu tun.

    vor der Sanierung:

    Zeche_Zollern_Dortmund_-_Maschinenhalle.jpg

    © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

    Nach der Sanierung. Wie wir sehen, ist auch bei Eisenfachwerk die Farbgebung nicht irrelevant. Man hat sich statt des Chromoxidgrüns für ein dunkleres Tannengrün entschieden:

    Dortmund_-_Zeche_Zollern24_-_Maschinenhalle_06_ies.jpg

    by Frank Vincentz CC BY-SA 3.0


    Innen:

    Zeche_Zollern_Maschinenalle_Maschinen.jpg

    CC BY-SA 4.0 by Arnoldius

    Die Essener Zeche Zollverein ist ebenfalls komplett in Sicht-Stahlfachwerk errichtet, hier im Stile der Neuen Sachlichkeit. Interessant ist die ähnliche Farbe zwischen Trägern und Ziegelgefachen, semi-monochrom wenn man so will. Kennt ihr weitere Beispiele von "Bauhaus"-Fachwerk?

    1280px-Zeche_Zollverein_abends.jpg© Thomas Wolf, http://www.foto-tw.de/ (CC BY-SA 3.0 DE)

    Zollverein_4_4.jpg

    by Nordenfan CC BY-SA 3.0

    Weitere Beispiele für sichtbares Stahlfachwerk:

    http://2.bp.blogspot.com/-8J0FWqkzCjE/T…ahlfachwerk.jpg

    Vor 10 Jahren abgerissen, der Bau am Förderturm des Oyenhausenschachts der Zeche Ibbenbüren:

    https://www.rag-anthrazit-ibbenbueren.de/fileadmin/user…te/Bild_056.jpg

  • Nachtrag zum Stahlfachwerk: Ein Pionier im Stahlbzw. Eisenfachwerks ist der Architekt und Lebensrefomer Karl Buschhüter gewesen.

    Von ihm sind auch mehrere Wohnhäuser mit entsprechendem Fachwerk erhalten, auch mit sehr interessanten Farbgebungen, um wieder etwas zum Thema zurückzukommen:

    Hochstraße 57 in Viersen, gekachelte Ausfachungen sieht man auch nicht aller Tage:

    12_Buschh%C3%BCterhaus%2C_Hochstra%C3%9Fe_57_%28S%C3%BCchteln%29.jpg

    by Käthe und Bernd Limburg, http://www.limburg-bernd.de/ / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de

    und in Krefeld:

    Buschh%C3%BCterhaus_Westwall_Krefeld.jpg

    (gemeinfrei)

  • Der Großteil der Wohnhäuser in der Potsdamer "Neustadt" (d.h. der barocken Stadterweiterung, die heute als "Altstadt" verkauft wird), sind Fachwerkbauten auf Steinsockel, die aber durchgehend verputzt waren.

  • In der "Barocken Stadterweiterung" in Potsdam hat ein Eigentuemer diese Fassade gestaltet, um eine voher/nachher Renovierung des Jahres um ca. 1820 zu veranschaulichen. Meiner Meinung nach grandios gemacht:

    Potsdam Stadt

    Daneben:

    Potsdam Stadt

    meine Bilder

  • Danke Karou fuer die Detalierten Informationen!

    Frage: In dem Nahen Osten, oder auch in Laendern wie Brasilien wird gern ein Geruest aus Beton gesetzt, die Gefache dann zugemauert.

    Ist das auch Fachwerk?

    Frage zwei:

    In der Oberpfalz wurde im Mittelalter bestimmt, dass alle Buerger ihre Haeuser verputzen muessen. Der Feuergefahr wegen.

    Die Oberpfalz hat viel Fachwerk, nur weiss das niemand. Die Oberpfalz wirkt in manchen Gegenden Saechsisch. Obwohl direkt

    an Franken liegend. Weiss jemand wann das Gesetz gegeben wurde? Mir war das Jahr 1250 im Kopf. Kann aber nichts dazu sagen!


  • In der "Barocken Stadterweiterung" in Potsdam hat ein Eigentuemer diese Fassade gestaltet, um eine voher/nachher Renovierung des Jahres um ca. 1820 zu veranschaulichen. Meiner Meinung nach grandios gemacht:

    Potsdam Stadt

    Daneben:

    Potsdam Stadt

    meine Bilder

    Danke Bohnenstange,

    aber historisch waren die fachwerkbauten in Potsdam immer verputzt. Bei der von Dir fotografierten Fassade handelt es sich soweit mir bekannt nicht um einen vorher/nachher-Zustand, sondern um das an sich ahistorische Sichtbarmachen des normalerweise versteckten Fachwerks.

  • In der "Barocken Stadterweiterung" in Potsdam hat ein Eigentuemer diese Fassade gestaltet, um eine voher/nachher Renovierung des Jahres um ca. 1820 zu veranschaulichen. Meiner Meinung nach grandios gemacht:

    Potsdam Stadt

    Daneben:

    Potsdam Stadt

    meine Bilder

    Das Projekt vom ersten Haus ist wirklich sehr schön gemacht.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Frage: In dem Nahen Osten, oder auch in Laendern wie Brasilien wird gern ein Geruest aus Beton gesetzt, die Gefache dann zugemauert.

    Ist das auch Fachwerk?

    Das fällt unter die Skelettbauweise, wozu auch der Fachwerkbau gehört. Ob man das jetzt dem Fachwerk zurechnet, ist sicher eine Definitionsfrage, aber der entscheidende Unterschied im Gegensatz zum Holz- und Stahlfachwerk ist, dass beim Stahlbetonskelettbau die tragenden Elemente fest und untrennbar miteinander verbunden sind, wohingegen beim Fachwerkbau die tragenden Elemente grundsätzlich auch wieder auseinander gebaut werden können. Dadurch können Fachwerkbauten auch einfacher als Massivbauten transloziert werden, weil man sie (mit Substanzverlust) abbauen und wieder aufbauen kann.

    Das geht bei Stahlbetonskelettbauten so nicht, die tragende Struktur ist da später eine Einheit.

    Übrigens sind Stahlbetonskelette auch bei uns schon lange oft das Mittel der Wahl, wenn es um größere Bauten geht; mit dem Unterschied, dass bei uns die tragende Struktur meist mit einer Vorhangfassade verkleidet und damit verdeckt wird.