Kriegszerstörungen in Mitteleuropa zwischen 1500 und 1900

  • Zerstörung des Heidelberger Schlosses 1693

    (Bildquelle: CES / Faber Courtial)   

    Mit diesem Beitrag möchte ich den Anstoß zu einer lockeren Folge von Beiträgen geben, die die baulichen Abgänge, welche von nicht deutschsprachigen Mächten vom Beginn der Neuzeit bis zur Jahrhundertwende im Raum zwischen Metz, Brügge, Hadersleben, Reval, Brünn und Salurn verursacht wurden, thematisieren sollen.

    Im Vordergrund sollen dabei die Gebäude stehen, die gänzlich abgängig sind, wie z.B. die Schlösser in Homburg (Karlsberg) und Oggersheim. Einbezogen werden sollen aber auch diejenigen Architekturen, die infolge von militärischen Aktivitäten zu – bis heute bestehenden – Ruinen wurden, wie die z.B. die berühmte - von Dehio mit einem Ewigkeitsstatus versehene - Ruine des Heidelberger Schlosses (eine erschütternde Beschreibung der Vorgänge am Neckar findet sich hier: https://www.rnz.de/nachrichten/he…arid,18399.html).

  • Interessanter Strang, den du da aufmachst, Pagentorn .

    Allerdings ist ein Beschränkung auf Bauwerke, die nicht von Deutschland zerstört wurden, nicht nachvollziehbar. Sollten uns Kriegszerstörungen nicht gleichermaßen berühren, egal von wem sie begangen wurden? Eine Einschränkung sollte doch eher auf den Standort bezogen sein (hier: Mitteleuropa), aber doch nicht hinsichtlich der Verantwortlichen. Das ergäbe für einen historischen Überblick verlorenen Kulturgutes doch nur dann einen Sinn, wenn man daran eine Ideologie anknüpfen möchte.

    Ich möchte daher dringend anregen, den Zusatz aus dem Titel zu nehmen.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Snork 24. August 2020 um 13:51

    Hat den Titel des Themas von „Kriegszerstörungen in Mitteleuropa zwischen 1500 und 1900 - ausgehend von nichtdeutschen Mächten“ zu „Kriegszerstörungen in Mitteleuropa zwischen 1500 und 1900“ geändert.
  • Lieber Pagentorn, ich sehe es auch so, dass dieses sehr interessante Thema nicht des genannten Zusatzes im Titel bedarf. Es mag ja auch Zerstörungen durch Deutsche gegeben haben, die es ebenso wert sind, im Forum dokumentiert zu werden, aber für die man dann ja wiederum einen eigenen Strang eröffnen müsste. So kommt alles hier unter.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Ok, danke, Snork

    Ich möchte an dieser Stelle an die Zerstörung Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg durch Tilly und Pappenhiem erinnern.

    lossy-page1-1920px-The_Siege_of_Magdeburg_%281631%29_%28Peeter_Meulener%29_-_Nationalmuseum_-_17230.tif.jpg

    Die Belagerung Magdeburgs, Gemälde von Pieter Meulener um 1650

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • 31. Mai 1689: Die Zerstörung Speyers im Pfälzischen Erbfolgekrieg.

    http://historischer-verein-speyer.de/?p=1453

    Danach waren zerstört: 788 Bürgerhäuser, 23 Städtische Gebäude, 14 Zunftstuben,, die Stifte am Dom, St.Guido, Allerheiligen und St. German, fünf Klöster, acht Kirchen, und 14 Kapellen. Der Dom war teilweise zerstört. Erst 1697 konnte Speyer wieder planmäßig besiedelt werden. Es dauerte bis 1778 bis der Dom wieder aufgebaut war.

    https://www.swr.de/geschichte-des…d5qs/index.html

  • Die damals Nassau-Weilburgische Burg Gleiberg (Heute: Gemeinde Wettenberg/Kreis Gießen) wurde im Jahr 1646 im sogenannten Hessischen Bruderkrieg, im Verlauf es Dreißigjährigen Krieges von Hessen-Kasseler Truppen der zerstört.

    Da der Burg nach dem Krieg keine militärische Bedeutung mehr zukam, wurde nur noch die Unterburg wiederhergestellt. Die Oberburg ist seitdem Ruine.

    https://www.burggleiberg.de/burg/geschichte/

    https://www.burg-gleiberg.de/burg-gleiberg/merenberger-bau/


  • Guter Strang! Ich erinnere an die Zerstörung der vor Wien liegenden Burg Kreuzenstein, die von den Schweden gesprengt wurde...und ca 250 Jahre quasi als Phantasieburg durch die Familie Wilczek wiederaufgebaut wurde und nun schöner dasteht als je zuvor :thumbup:! Kaiser Wilhelm II. war ein Freund des Erbauers und hat die Burg deroselbst mitsamt Gefolge besucht!

    Wikipedia

    Mehr dazu auch zum Besuch von Willi II. unter https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Kreuzenstein

    oder

    http://www.kreuzenstein.com/

  • Dresden , Teilzerstörung 1760 (Lizenz : > Gemeinfrei)

    Die Dunkelschraffierten Bereiche waren zerstört.

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…en_1760_-_4.jpg

    _______________________________________________________________________________________

    220px-Dresden1750.jpg
    Festung Dresden (1750)

    220px-Dresden_Lindau_pg733_Kreuzkirche_1760.jpg
    Kreuzkirche vor und nach der Bombardierung 1760

    Der Siebenjährige Krieg brach Dresdens Blüte auf längere Zeit. Friedrich II. rückte am 9. September 1756 in Dresden ein und nahm die bei Pirna eingeschlossene sächsische Armee „gefangen“. Als sich Anfang November 1758 die Reichsarmee und die österreichische Hauptarmee unter Daun der Stadt näherten, ließ der preußische Gouverneur, Generalleutnant Karl Christoph Graf von Schmettau, die Pirnaische und später (1759) auch die Wilsdruffer Vorstadt abbrennen. Nach der Schlacht bei Kunersdorf erschienen die feindlichen Truppen am 26. August 1759 vor Dresden, verdrängten die Preußen zunächst aus der Neustadt und nahmen nach einer von diesen am 4. September geschlossenen Kapitulation Besitz von der ganzen Stadt. Die härtesten Leiden aber trafen die Stadt bei der erfolglosen Belagerung und dem Bombardement durch die Preußen unter Friedrich dem Großen selbst im Juli 1760.

  • Die Zerstörung der Stadt Magdeburg im Dreißigjährigen Krieg geschah nicht durch Tilly und Pappenheim.

    Die kaiserlichen Truppen mussten größtes Interesse daran haben, die Stadt unversehrt zu besetzen - die Zerstörung war für die Truppen ein großes Unglück: Sie brauchten Quartiere. Löschversuche der kaiserlichen Truppen auf Befehl Tillys sind nachgewiesen, die Flammen breiteten sich in der zumeist aus Holz gebauten Stadt aber unaufhaltsam aus.

    Wer den Brand verursacht hat, ist letztlich nicht eindeutig zu klären. Es gibt Hinweise auf schwedische Abwehrmaßnahmen - es gab schwedische Befehlshaber in der noch unbesetzten Stadt - die zu einer Brandstrategie führen konnten. Nachweisbar ist das nicht.

    Möglicherweise ist der Brand einfach als Folge des zügellosen Plünderns zu betrachten. Da die Stadt nicht per Akkord, sondern militärisch durch Erstürmung eingenommen worden war, durfte sie nach damaligem Kriegsrecht auf eine befristete Zeit geplündert werden. Jeder Soldat nahm, so viel er kriegen konnte, er verschaffte sich die Beute auch mit zügelloser Gewalt.

    Die Todesrate durch Plünderung und Feuer wird auf über zwanzigtausend Opfer gerechnet.

    Der damals in Schwang gekommene Begriff vom Magdeburgisieren wurde als Drohung und Schuldzuweisung von beiden Seiten gebraucht und hat das Gerücht verstärkt, die Kaiserlichen unter Tilly hätten die Stadt angesteckt.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Schloß Bremervörde - von Dänen beschossen und von Schweden abgerissen

    Eines der stattlichsten Renaissance-Schlösser Norddeutschlands stand bis zum Jahre 1682 im Kernbereich des ‚Weser-Elbe-Dreiecks’, in der Stadt Bremervörde. Es war das administrative und repräsentative Herz des Erzstifts Bremen und Hauptresidenz der Landesherren, seitdem diese aus der Stadt Bremen ‚herauskomplimentiert’ worden waren.

    Bereits während des 30jährigen Krieges, aber auch im Zuge des Dänisch-Schwedischen Krieges 1657 wurde es belagert und erlitt starke Beschädigungen. Nachdem das im westfälischen Frieden zum ‚Herzogtum’ säkularisierte ehemalige Erzstift 1648 an Schweden gefallen war, verlegte Letzteres die Verwaltung des Territoriums von Bremervörde nach Stade an der Niederelbe. 1682 ließen die schwedischen Autoritäten das Schloß bis auf den Kanzleitrakt in der Vorburg abtragen. Mit diesem markanten norddeutschen Beispiel für einen ‚Palazzo in Fortezza’ verlor das ‚Herzogtum Bremen’ seine historische Mitte. Seither hatte das ‚Weser-Elbe-Dreieck’ immer Schwierigkeiten, seine eigene Identität gegenüber Hamburg und Bremen zu behaupten, denn mit dem Gebäude fiel auch ein großer Teil derselben fort. Das Gebiet wurde - auf jeden Fall in der Außenwahrnehmung - zu einer bloßen Übergangszone zwischen den beiden genannten Hansestädten sowie zur Nordseeküste, ohne eigenen markanten Charakter. Lediglich die Marschlande an der Peripherie ( Osterstade, Land Wursten, Land Hadeln , Altes Land) konnten sich noch eine gewissene eigene Prägung bewahren, aber dem großen Binnenbreich fehlt seit 1682 einfach das Zentrum !

    Abbildung 01

    Merian-Ansicht des Schlosses

    Abbildung 02

    Die Beschießung durch die Dänen 1657

    Abbildung 03

    Modell der Schloßanlage, gegenwärtig auf dem ehemaligen Schloßareal aufgestellt.

  • Schade, dass dieser Strang quasi "gekapert" und mit anderen Inhalten gefüllt wurde, als vom Eröffner des Strangs angekündigt und ursprünglich beabsichtigt.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Das Renaissance-Schloss von Tönning wurde während des Nordischen Krieges beschädigt und schließlich 1735 vom dänischen König Friedrich V. abgerissen.

    Toenning_1598.jpg

    Das Tönninger Schlosss - Stich von 1598

    Schade, dass dieser Strang quasi "gekapert" und mit anderen Inhalten gefüllt wurde, als vom Eröffner des Strangs angekündigt und ursprünglich beabsichtigt.

    Hier ist nichts gekapert worden, lediglich die gute Idee von Pagentorn in eine sinnvolle Richtung gelenkt worden. Du darfst dich gerne beteiligen.

    Die Zerstörung der Stadt Magdeburg im Dreißigjährigen Krieg geschah nicht durch Tilly und Pappenheim.

    Da ist sich die Geschichtsforschung uneins, wer letztlich dafür verantwortlich ist. Es musste den beiden klar sein, dass die Einnahme der Stadt nicht ohne erhebliche Zerstörungen einher gehen würde. Immerhin erwuchs aus der Tragödie eine der prächtigsten Barockstädte Nordeuropas, die dann leider im letzten Krieg wieder zerstört wurde.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Was heißt denn "gekapert"? Valjean , du solltest die Beiträge vielleicht mal lesen! Der von Pagentorn anvisierte Inhalt ist doch vorhanden, und zwar auch in Beiträgen anderer Foristen. Ja, selbst beim "linken" Andreas wirst du fündig. Zerstörung von Kulturgut sollte uns aber auch nicht gleichgültig sein, wenn sie von Deutschen ausgeführt wurde. In der frühen Neuzeit waren ja häufig mehrere deutsche Territorialstaaten an kriegerischen Konflikten im Reich beteiligt. Vor 1867 gab es immer wieder bewaffnete Konflikte der deutschen Staaten untereinander.

  • Magdeburg wurde im Mai des Jahres 1631 dramatisch verwüstet. Zur chronologischen Einordnung, nachfolgend ein Ausschnitt eines Artikels der WELT:

    Geschichte    DREISSIGJÄHRIGER KRIEG

    Mit diesem Vertrag begann die Verwüstung Deutschlands

    Nur wenige Monate nach seiner Landung auf Usedom 1630 war Gustav II. Adolf von Schweden pleite. Da rettete ihn Kardinal Richelieu mit einem Bündnisangebot – mit entsetzlichen Folgen für das Reich.

    Spätestens im Januar 1631 hörte der Dreißigjährige Krieg auf, ein Religionskrieg zu sein. In Bärwalde in Westpommern (heute: Mieszkowice) schlossen die Abgesandten Frankreichs und Schwedens einen Pakt. Darin verpflichteten sich der katholische Kardinal Richelieu und der protestantische König Gustav II. Adolf, den Krieg gemeinsam „für die Verteidigung ihrer beiderseitigen, respective gemeinsamen Freunde“ fortzuführen, deren wichtigster Feind niemand anderes als der katholische Kaiser Ferdinand II. war. Damit begann die Verwüstung Deutschlands.

    Der Dreissigjährige Krieg hätte 1630 beendet sein können, wenn nicht das katholische Frankreich (geführt von Kardinal Richelieu) auf Seiten des protestantischen Schwedens eingegriffen hätte.

    [Weshalb hat der Papst Frankreich gewähren lassen, weshalb wurde Kardinal Richelieu nicht exkommuniziert? Das habe ich mich schon früher gefragt, braucht aber hier naturgemäss nicht erörtert zu werden.]

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Es stimmt, dass die Franzosen die Schweden im Krieg gegen den Kaiser hielten, und das mehrfach. 1635, 1637/38 und 1641 wurden die Schweden in mehr oder weniger prekären Lagen durch französische Zahlungen von einem Friedensschluss oder der Meuterei ihrer Truppen abgehalten. Schon viel länger wurden die Kaiserlichen aber wesentlich von den Spaniern finanziert, den französischen Hauptrivalen, die bis etwa 1642 vergleichbar hohe Zahlungen leisteten. Deutschland war leider zum Nebenkriegsschauplatz des Hegemonialkampfes zwischen Habsburgern und Bourbonen geworden, was den Krieg deutlich in die Länge zog. Die französische Politik war antihabsburgisch und antikaiserlich, aber gleichzeitig durchaus prokatholisch. Frankreich bot 1631 Kurtrier und Kurköln Schutzverträge ab, die diese vor schwedischer und damit protestantischer Eroberung schützen würden. Der Bischof von Trier und Speyer, Philipp Christoph von Sötern, nahm das Angebot an und gab den Franzosen den Ehrenbreitstein und Philippsburg zur Besatzung. Das schützte sein Gebiet vor den Schweden, aber nicht vor Eroberung und Vergeltung durch die Kaiserlichen, die ihn ab 1635 für 10 Jahre gefangen hielten.

    Im Vergleich zum Pfälzischen Erbfolgekrieg erscheinen mir die Zerstörungen von Städten oder Burgen im Dreißigjährigen Krieg zufälliger und verstreuter zu sein. 1644-48 kontrollierten die Franzosen den Süden und Westen von Rheinland-Pfalz, aber als Verbündeter und Schutzherr des Trierer Bischofs. Die schlimmsten Verwüstungen während des Krieges in der Region hinterließen 1635 die Kaiserlichen unter Gallas, deren kroatische Reiter als berüchtigt galten. Anders im Pfälzischen Erbfolgekrieg: 1689 und 1693 haben die Franzosen jeweils beim Rückzug auf einem eng umgrenzten Gebiet systematisch verbrannte Erde hinterlassen und die meisten noch erhaltenen Burgen in der Pfalz, an der Mosel und am Mittelrhein zerstört, damit sie nicht von der Gegenseite als Befestigung genutzt werden konnten. Das betraf unter anderem die ursprüngliche Reichsburg Cochem, Madenburg und Hardenburg in der Pfalz (bei letzterer aber nur die Befestigungsanlagen, nicht den Wohnbau) sowie den Vorläufer von Schloss Stolzenfels am Rhein. Wesentliche Ausnahmen waren der Rheinfels bei St. Goar und der Ehrenbreitstein, die die Franzosen nicht erobern konnten, und die Burg Eltz, die verschont blieb, weil ein von Eltz als ranghoher Offizier im französischen Heer diente. Trier konnte mutmaßlich nur durch eine "Entschädigungszahlung" an die Franzosen vor einer großflächigen Verwüstung bewahrt werden. Koblenz wurde 1688 erfolglos belagert, aber durch Artilleriebeschuss schwer beschädigt. Die Mosel scheint mir insgesamt deutlich besser weggekommen zu sein als die Pfalz. An der Mosel gibt es in jedem Ort noch Gebäude von vor 1689, in der Pfalz fast nirgendwo. Neustadt an der Weinstraße und Meisenheim sind hier die große Ausnahme, die fast als einzige das 17. Jahrhundert ohne Kriegszerstörung überstanden haben.

  • Deutschland war leider zum Nebenkriegsschauplatz des Hegemonialkampfes zwischen Habsburgern und Bourbonen geworden, ... Die französische Politik war .... durchaus prokatholisch.

    Beide Auffassungen teile ich nicht.

    [Deutschland als Nebenkriegsschauplatz im 30jährigen Krieg zu begreifen, entbehrt meiner Auffassung nach nicht einer gehörigen Portion Zynismus]

    Zum Punkt Frankreich als katholische Schutzmacht in deutschen Landen, ein weiterer Auszug des bereits verlinkten Artikels der WELT:

    Nicht umsonst lässt der schwedische Historiker Peter Englund die Verwüstung Deutschlands mit dem französisch-schwedischen Bündnis beginnen. Mit ihm verließ der Konflikt die konfessionelle Frontlage des Reiches und wurde zu einem Ringen, in dem es um die Hegemonie in Europa ging [...]

    Damit wollte der Kardinal [Anm.: Richelieu] vor allem verhindern, dass Schweden seinerseits eine hegemoniale Position in Deutschland aufbaute. Seine katholischen Glaubensgenossen kümmerten den Kardinal weniger.

    Nach fünfzehn Jahren Schrecken und Terror sollte der Dreißigjährige Krieg 1635 in seine letzte Phase eintreten - Dem "Schwedisch-Französischen Krieg". Frankreich hatte sich nun, da die Schweden auf verlorenem Posten schienen, dazu entschlossen selbst aktiv in den Kampf einzusteigen um einen möglichen Sieg und Machtgewinn der Habsburger im Reich und in Spanien zu verhindern.

    Meiner Auffassung nach steht die französische Politik des Pfälzer Erbfolgekriegs in Traditionslinie mit der französischen Politik des Dreissigjährigen Kriegs. Es handelt sich um eine Fortführung der Politik der "verbrannten Erde", der gezielten Verwüstung (und Entvölkerung) weiter Landstriche.

    Die französischen Truppen Mélacs verwüsteten mit großer Brutalität während des Pfälzer Erbfolgekriegs 1688–1697 große Teile der Kurpfalz und Städte in Württemberg und Baden. Damit wurde die barbarische Politik der Entfestigung der Städte und Burgen sowie der Verbrennung der Dörfer mit Zerstörung der Lebensgrundlage und Morden der Bevölkerung in die Tat umgesetzt.

    He became notorious for mercilessly and brutally executing the French policy of devastating the enemy's lands rather than seeking major military engagements. The southwestern part of Germany—the Palatinate, the Margraviate of Baden, and the Duchy of Württemberg—especially suffered from Mélac's execution of Louvois's order, "brûlez le Palatinat!" (French: "Burn the Palatinate down!").

    In diesem Zusammenhang ist es auch sehr aufschlussreich, sich zu vergegenwärtigen wie und wann Straßburg französisch wurde:

    Die Stadt wurde mitten im Frieden im September 1681 durch Frankreich besetzt. Der französische König nutzte hierbei die militärische Schwäche der Straßburger Schutzmacht (des deutschen Kaisers) aus, da die habsburgische Residenzstadt Wien ihrerseits von den Türken bedroht wurde.

    Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass französische Sprengmeister (Ingenieure) 1683 bei der Belagerung Wiens im Dienste der Osmanen standen.

    Französische Ingenieure im osmanischen Heer traten für den Angriff auf die Kärntner Bastei ein, nahe am Wienfluss, an deren Abschnitt die Osmanen schon 1529 gescheitert waren.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Auf YouTube gibt es eine Video-Animation über die Zerstörung des Heidelberger Schlosses. Dieses Video wurde erstellt in Zusammenhang mit der regionalen Ausstellung „Die Wittelsbacher am Rhein. Die Kurpfalz und Europa“ (hier), welche im September 2013 in Mannheim eröffnet wurde.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (der ja nichts anderes war als ein imperialistischer Eroberungskrieg) haben französische Truppen ja, wie Kurpfalz richtig bemerkt, praktisch sämtliche Städte und Dörfer der Pfalz und vielen angrenzenden Gebieten zerstört, sobald klar war, dass Frankreich sie würde räumen müssen.
    Unter den größeren Städten der Region, die niedergebrannt wurden, waren unter anderem: Speyer, Worms, Heidelberg, Trier (teilweise), Saarbrücken, Zweibrücken, Homburg, Lemberg, Pirmasens (teilweise), Mannheim, Durlach etc. Während der Plünderungen und Brandschatzungen kam es auch zu Massenvergewaltigungen und Massakern unter der Zivilbevölkerung durch die französischen Truppen.

    Dieser Krieg begründete in Deutschland erst die "Erbfeindschaft" und den (nicht ganz unberechtigten) Haß gegen Frankreich, das auch in den etwas über 150 Jahren bis 1815 diese Art der Kriegführung immer wieder in Süd- und Westdeutschland betrieb, wenn auch meistens nicht mit der enormen, von Ludwig XIV. angeordneten Brutalität wie im Pfälzischen Erbfolgekrieg.

  • Dieser Krieg begründete in Deutschland erst die "Erbfeindschaft" und den (nicht ganz unberechtigten) Haß gegen Frankreich,

    Zumindest wurde er später als Grund dafür genannt.

    Richtig ist, dass es sich bei dem Pfälzischen Erbfolgekrieg um einen Krieg mit dem Ziel der Annexion eroberter Gebiete (die Bezeichnung Imperialistisch scheint mir in diesem Zusammenhang nicht angebracht, spielt aber auch keine Rolle) gehandelt hat. In deinem Krieg sind auch, wahrscheinlich auch aus Sicht der Zeitgenossen, massive Verbrechen (wir würde heute sagen Kriegsverbrechen) begangen worden. Allein das Niederbrennen einer Vielzahl von Städten und Dörfern, stellt dies dar. Nach Augenzeugenberichten ist es auch zu Gräueltaten wie Tötung von Zivilisten und Vergewaltigungen gekommen. Ob dies angeordnet oder systematisch war und über das in Kriegen in dieser Zeit "Übliche" hinausging, müssten wir, soweit dies hierweiter diskutiert werden sollte, seriöser weise erst einmal prüfen. Für die Opfer ist dies allerdings in der Tat unerheblich. Für unser Forum ist (auch wenn es in diesem Zusammenhang fast zynisch klingt) der Verlust von Kulturgut das maßgebliche.

    Trotzt der Kriege hatte aber während des 18. Jahrhunderts in den Ländern des deutschen Reiches hingegen Frankreich durchaus einen positiven Ruf, auch noch zu Beginn der Revolutionskriege, zumindest bei einem Großteil der Bevölkerung.

    In nationalstaatlichen Kategorien wird bis dahin auch Niemand, zumindest nicht Viele, gedacht haben.

    Erst in den Befreiungskriegen ist dies dann aufgekommen und da war es propagandistische natürlich von Vorteil wenn man sagen konnte, "die Franzosen waren schon immer die Bösen".

    Der bis dahin zumindest im Westen Europas gute Ruf der Preußen, soll sich erst im Zusammenhang mit der Belagerung von Paris im Jahre 1871 verschlechtert haben.