Schloss Weesenstein

  • Unlängst besichtigten wir Schloss Weesenstein im Tal der Müglitz im Osterzgebirge. Hier einige Bilder des hervorragend renovierten Schlosses, das über Jahrhunderte zur heutigen Gestalt gewachsen ist:

    Das Schloss ragt hoch auf einem Felssporn über der Müglitz:


    Ein wenig erinnert mich Schloss Weesenstein an ein Märchenschloss:




    Hinter den vier hohen, über zwei Stockwerke gehenden Fenster befindet sich die barocke Schlosskirche, die heute als ev. Kirche des Ortes genutzt wird:


    Der Schlosspark wurde 2002 beim Hochwasser sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Heute ist der Schlossgarten wieder völlig hergestellt.


    Links oben im Bild sieht man eine Art von "Vorburg".

  • Villa1895 8. Juli 2020 um 14:03

    Hat den Titel des Themas von „Achloss Weesenstein“ zu „Schloss Weesenstein“ geändert.
  • Oh, schade, da seid ihr ja ganz in meiner Nähe gewesen. Sollte es wieder mal so kommen, sagt gern Bescheid. Vielleicht klappt es ja auf einen Kaffee, wenn ich in der Heimat bin. Ansonsten exzellente Fotos.

    Gruß DV

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Lieber Dark Vision,

    vielen Dank für dein Angebot. Das würde mich freuen. Wenn es passt und ich es nicht bis dahin wieder vergessen habe, dann können wir das gerne mal machen. Meine mich zu erinnern, dass du aus Pirna bist. Vielleicht kannst du uns auch etwas Sehenswertes in deiner näheren Heimat zeigen, was wir noch nicht kennen. Dein Lob zu den Fotos gebe ich an meinen Neffen weiter, der diese aufgenommen hat. Meine Aufgabe ist es, die Motive auszusuchen.

    Freundliche Grüße

    Villa1895

    P. S. Voraussichtlich heute Abend folgen weiter Bilder, auch aus dem Innern des Schlosses, wo mich besonders die vollständig möblierten Räume von König Johann und seiner Familie begeistert haben.

  • Hier der Wirtschaftshof, wo die Ställe und Kutschenremisen sowie die Wohnräume für das Gesinde untergebracht waren:


    Der Festsaal. Auf dem Bild zeigt die künstlerisch hoch begabte Prinzessin Amalie von Sachsen (anlässlich einer Sonderausstellung):


    Der barocke Marmorkamin im Festsaal mit dem Wappen der einstigen Besitzer (nach meiner Erinnerung das Wappen der Herren von Bünau):


    König Johann von Sachsen war wissenschaftlich tätig und nutzte Schloss Weesenstein als Sommerresidenz. König Johann beherrschte etliche Fremsprachen in Wort und Schrift und übersetzte auf Schloss Weesenstein große Teile von Dantes "Göttlicher Kommödie" in die deutsche Sprache :


    Nochmal im Festsaal:

    Es existieren noch mehrere kostbare Tapeten aus der Zeit um 1800:




  • Das Gemälde im Festsaal stellt König Johann von Sachsen dar:


    Renovierungsarbeiten, hier an geprägten und teilweise vergoldeten Ledertapeten aus der Zeit um 1700, wir konnten einen Blick in den Raum erhaschen:


    Die kostbare Ledertapete in Nahaufnahme:



    Der lange Gang:


    Seit August der Starke zum kath. Glauben übertrat, ist das Kur- und spätere Königshaus katholisch. König Johann ließ diese kleine kath. Hauskapelle für sich und seine Familie in Schloss Weesenstein einrichten. Er übergab die große ev. Schlosskapelle der ev. Kirchengemeinde Weesenstein zur Nutzung als Pfarrkirche:



  • Hier ist das Schlosstor zu sehen, welches über eine Brücke erreichbar ist. Die steinerne Brücke spannt sich über einen sehr tiefen Halsgraben.




    Das Tor wurde 1575 in schönster Renaissance errichtet.

  • König Johanns Familiensalon mit einer sehr bedeutenden asiatischen Papiertapete. Die Möblierung ist dem Übergang vom späten Biedermeier zum frühen Historismus zuzurechnen.









  • Der "Felsengang" führt sowohl zur Schlossgaststätte, als auch zur ev. Schlosskirche:



    In der Schlosskirche, Blick aus der Patronatsloge zur Orgel



    Die Orgel


    Blick vom Haupteingang zum Kanzelaltar mit Petrus und Paulus und links davon die Patronatsloge im oberen Stockwerk:


    Das Deckengemälde zeigt Christi Himmelfahrt:

  • Der Schlosspark wurde 2002 beim Hochwasser sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Heute ist der Schlossgarten wieder völlig hergestellt.

    Hier mal ein Foto mit Hochwasser.

    Daß man da nicht die Flinte ins Korn wirft.... lobenswert.

    Quelle: Adventskalender 2018 TU-Chemnitz

  • In der ev. Schlosskirche durfte ich schon einer Hochzeit beiwohnen. Mich erinnert sie von Form- und Farbgebung innen sehr an die Dresdner Frauenkirche.

    Ansonsten, sehr gern Villa1895. Ja ganz, recht, bei Pirna. Die Region böte da noch Einiges, allerdings weiß ich natürlich nicht, wo du schon überall gewesen bist.

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  • Als ich das Schloss vor einigen Jahren besuchte habe ich aufgrund dessen hoher und wuchtiger Erscheinung ebenso monumentale Innenräume erwartet. Das war aber ein Trugschluss. Die Innenräume sind sehr schön, wirkten auf mich aber eher klein, teilweise gedrungen und ähneln eher einer bürgerlichen Biedermeierwohnung als "typischen" Schlossinnenräumen.

  • Hallo Maecenas,

    dein Eindruck der Räume von Schloss Weesenstein trifft es genau. Das war die Sommerresidenz, hier wurden keine Staatsgäste empfangen und auch nicht repräsentiert. Dafür war das Dresdner Residenzschloss da. Man wohnte hier auf Schloss Weesenstein in den Sommermonaten "privat", wie in der Sommerfrische. Ohne große Etikette und relativ zwanglos. Die Ausstattung der königlichen Wohnung ist gemütlich und entspricht durchaus bürgerlichen Wohnräumen des späten Biedermeier, wenn man mal von den wandfesten Lederprägetapeten oder den Landschaftstapeten absieht, die aber als wandfeste Ausstattung von den früheren Eigentümern beim Kauf übernommen worden waren.

  • Servus,

    die Bilder zeigen allerdings nur einen Ausschnitt des Schlosses, vornehmlich die Innenräume des Unterschlosses sowie die Kapelle von Johann George Schmid, dem Schüler und Erben George Bährs (was Büro und Ehefrau anbelangt - wenn du die witwe nicht heiratest, kannst auch das Büro nicht übernehmen...). Die Nähe zur Frauenkirche ist deutlich.

    Das Schloss weist ja eine ziemlich verzwackte Baugeschichte auf. Begonnen hat es mit dem Bergfried und einem Wohnturm auf der Felsspitze am Anfang des 14.Jh.. Dort wo sich heute das Unterschloss befindet, war die Vorburg und über den Graben ging es im letzten Teil über eine Zugbrücke. Auch die Spitze mit dem Brauhof war befestigt. Später baute man an der Nordseite den heutigen Saaltrakt an. Ob dies vor dem Schicksalsjahr 1402 geschah ist unbekannt. 1402 wurde der Weißenstein (die Sachsen machten Weesenstein draus) im Anschluss an die Zerstörung der Burg Dohna vom Markgrafen belagert und zerstört. Davon finden sich noch über 100 kg schwere Steinkugeln. Da die Lage der Burg nicht sehr vorteilhaft war (Überhöhung auf kurze Distanz) müssen die Zerstörungen gewaltig gewesen sein. Der Burggraf von Dohna floh dann auf den Königstein und von dort zum Kaiser nach Budapest. Der war allerdings ein Kumpel des Markgrafen und daher verlor der Burggraf auf schnittige Art seinen Kopf... Der Weesenstein wurde den Bünaus übergeben und diese bauten ihn zur Stammburg aus. Es entstanden die Gewölbe im Saaltrakt über 2 Geschosse mit dem sehenswerten Gerichtsgewölbe und am Anfang des 16. Jahrhunderts eine erste Schlosskapelle. Im Verlauf erfolgte der weitere Ausbau mit Festräumen im Oberschloss, welcher über einen Arkadengang erschlossen wurde. Teilweise sind diese erhalten, vom einstigen Festsaal allerdings nur Reste der Bemalung (der sogenannte Mönchsboden) und vom Arkadengang erhielt sich leider nichts. Das Schlossportal befand sich damals im übrigen am Eingang der Oberburg und die Schaufront der Oberburg zierten Renaissancegiebel. Während des Dreißigjährigen Krieges muss die Anlage und die Umgebung stark gelitten haben, so war der Rundbau (= Gerichtsgewölbe) bis ins 18. Jh. ruinös. Im frühen 18. Jh. erfolgte dann der Ausbau des Unterschlosses und bis 1750 folgte noch die Neuerrichtung der protestantischen Kapelle und der Bau des Vorschlosses. Im Siebenjährigen Krieg wurden die Bünaus finanziell komplett ruiniert und mussten ihr Stammschloss verkaufen. So kam das nunmehrige Schloss in bürgerliche Hände. Die Ungers rissen dann einen Teil der Obergeschosse der Kernburg samt Giebeln ab und schufen mit dem Mezzaningeschoß eine einheitliche Dachtraufe. Dort wurde das Getreide zum Bier brauen gelagert, welches im hierzu ausgebauten Brauhof hergestellt wurde. Die Schlossbrücke erhielt zu dieser Zeit auch ihr heutiges aussehen. Als Verbindung zum Park wurde noch ein Flügel im Zopfstil mit wunderschön stuckierten Innenräumen geschaffen, die allerdings noch nicht saniert sind. Auf der Anhöhe errichteten sie den wunderschönen Jagdpavillon, der die sozialistische Bodenreform allerdings nur in Fundamentresten überstand. Diese verwunschene Anlage übernahmen dann im 19. Jh. die Wettiner. Die alten Festräume und die Kapelle lagen in den obersten Geschossen. Alte Kellerräume in der Mitte und der barocke Festsaal mit den Ledertapeten (Bünauära) in den unteren Geschossen. Zu den Zopfstilräumen musste man noch weiter hinab. Für die Brauerei wurden zudem noch weitere Gänge in den Felsen getrieben, um die alten Keller der Burg für die Brauerei zu erschließen (bis Jahresende wird hier noch Bier gebraut / anschließend hoffentlich dann in der Nähe in Maxen). Für die bessere Erschließung des Brauhofes wurde auch der Zugang zur Oberburg um bis 1 - 3 m tiefer gelegt und das Renaissanceportel zum Vorschloss umgesetzt. Daher hängen im Felsengang die gotischen Burgportale auch in der Luft. Das war so ganz nach dem Geschmack der Wettiner, welche nur wenig am Schloss veränderten. Von ihnen stammt die Schlossküche im Brauhof und die katholische Kapelle. Diese war notwendig, da man die protestantische Kapelle, welche von den Dörfern der Umgegend genutzt wurde, nicht umwidmen wollte. Ein netter Zug, wie ich finde. Ansonsten hie und da eine neue Wandtapete und neues Mobiliar sowie die Deckengestaltung im Speisesaal (neben dem Ledertapetensaal). Die Vielzahl der alten Wandgestaltungen lies Weesenstein auch zu einer Art Tapetenmuseum werden. Allerdings hat sich da auch eine eingemogelt, die nicht hierher gehört. Es ist die Tapete mit der Befreiung Griechenlands vom Joch des osmanischen Reiches. Diese stammt aus Schloss Niederruppersdorf in der Lausitz und wurde zu DDR-Zeiten umgesetzt.

    Wer sich die Abfolge der baulichen Entwicklung mal in groben Modellen ansehen will, kann dies auf Arstempano tun. Dort gibt es auch einen Panorundgang durch die frei zugänglichen Teile. Hier noch der Link zum virtuellenJagdpavillon.

    In der Fotothek gibt es einige Aufnahmen der Innenräume im Parkflügel Bild 1; Bild 2

    Viele Grüße Andreas

    Weesenstein_Bel_2016_001.jpg

    Jagdpavillon heute - ein Wiederaufbau aufgrund fehlender Nutzung und fehlender Finanzen leider aussichtslos, zudem gibt es im Schloss selbst noch genug Arbeit

  • Hier die Brücke über den Schlossgraben:


    Wie man hier anschaulich sieht, stehen die Gebäude auf gewachsenen Felsen auf. Wer diese Treppe nebst Geländer ohne Leibesschaden übersteht, der darf Gott und seinem Schutzengel danken:


    Im Schlosshof. Auch hier ist das Felsgestein nicht zu übersehen:


    "Durch diese hohle Gasse muss er kommen."

  • Damit auch die alten Gebäudeteile nicht unterschlagen werden, stelle ich hiervon einige Fotos ein.


    Renaissance:


    Gotische Wandmalerei, Kreuzigungsgruppe:


    Entdeckte Wandmalereien: Wohl links ein Schalksnarr (mit Eselsohren), rechts in sich verschlungene Schlangen:



    Der "Mönchsboden". Hier wurden Wandmalereien aus der Renaissance entdeckt, menschliche Gestalten, bei denen aber zumeist die Gesichter bis zur Unkenntlichkeit zerkratzt worden sind.



  • menschliche Gestalten, bei denen aber zumeist die Gesichter bis zur Unkenntlichkeit zerkratzt worden sind.

    Gibt es dafür, das ausgerechnet die Gesichter betroffen sind, einen Grund? War das eine Attacke gegen die Herrscherfamilie und deren Vorfahren? Wer verübte das?

  • Vielleicht könnte uns diese in der Tat interessante Frage Arstempano, der ja wie man an seinen obigen Ausführungen offensichtlich erkennen kann, sehr gut in der Geschichte von Schloss Weesenstein bewandert ist.

  • Also ich habe drei Theorien.

    1. Ich weiss nicht wer da zu sehen ist. Aber in der Regel findet sich ja immer einer dem das nicht passt. Da die Anlage sicherlich auch immer mal von Personen heimgesucht wurde die unbegleitet waren ergibt sich die Gelegenheit hier einzugreifen. (Vandalismus)

    2. In Brandenburg gibt es den Ritter Kahlbutz. Eine beliebte Mumie. Die Passage aus Wikipedia "Sage und Erzählungen" ist sehr zu empfehlen. Jedenfalls wie ich von Erzählungen vor Ort gehört habe hatte der Ritter mal Stiefel. Aber jeder meinte sich etwas davon abschneiden zu müssen, als Andenken, so das am Ende Halbschuhe übrig blieben. Ich könnte mir Vorstellen das hier jemand einen Martin Luther oder Anderen drin gesehen hat und dachte er könnte sich ein Stück von ihm mitnehmen. Darstellungen in Farbe waren ja früher nur was für Menschen mit Geld. Und sollte es besagter Martin gewesen sein kann ja auch immer mal ein Katholik vorbei geschaut haben um ihn zu ärgern. (Vandalismus aus Souveniersucht)

    3. Hier hat schonmal im Lauf der Zeit ein Restaurator sein Glück versucht die Malerei abzunehmen um diese irgendwo zu konservieren. (ungewollter Vandalismus)

    Schöne Städte werden letztlich auch glückliche Städte sein.