Bewertung der Bau- und Abrisstätigkeiten in der DDR

  • Moderationshinweis: Aus der Diskussion über die größten Enttäuschungen bezüglich Städten und Sehenswürdigkeiten entstand eine Unterdiskussion über die Bau- und Abrissvorgänge in der DDR am Beispiel Magdeburg. Da die Unterdiskussion das andere Thema gesprengt hat, wurde die zugehörigen Beiträge ab diesem ausgelagert.

    Zu den Städten mit sehr hohem Enttäuschungspotential zählen für mich Magdeburg und Kaliningrad. Trotz der massiven Kriegszerstörungen wurden diese Städte durch die ideologisch geprägte Abrisswut (sämtliche Kirchen, außer den beiden Domen) und die sozialistischen Magistralen der Rest gegeben.

    Wie kann man denn von Magdeburg und Kaliningrad enttäuscht sein? Dass sie schwer zerstört wurden, ist doch allgemein bekannt. Und dass Kaliningrad in Puncto Wiederaufbau und Stadtentwicklung nach 1945 extrem benachteiligt war, ist doch auch klar.

    Wie kommst du auf die Idee, dass "sämtliche Kirchen, außer den beiden Domen" abgerissen worden seien? Das verstehe ich schon gar nicht, weil es für beide Städte überhaupt nicht stimmt.

    Nach Magdeburg habe ich mal einen Tagesausflug mit einer Kollegin aus Budapest gemacht. Sie hatte schon viel gesehen von der Welt und war sehr anspruchsvoll. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihr genug würde bieten können, aber da der Magdeburger Dom absolut sehenswert ist, habe ich sie dahin gelotst. Und es klappte. Der Dom hat sie einfach überwältigt. Mir geht es auch jedesmal so, wenn ich den Magdeburger Dom besuche - einer der schönsten und großartigsten Bauten der Gotik!

    Dann hat Magdeburg ja noch das Kloster Unser Lieben Frauen, eine wertvolle romanische Kirche mit Kreuzgang. Die katholische Kathedrale St. Sebastian gefällt mir auch sehr gut. Magdalenenkapelle, Petrikirche und Wallonerkirche gibt es im Stadtzentrum auch noch. Und nicht zu vergessen die Johanniskirche hinter dem Rathaus. Außerhalb der Altstadt gibt es auch noch einige Kirchen.

  • Wie kann man denn von Magdeburg [...] enttäuscht sein? Dass sie schwer zerstört wurden, ist doch allgemein bekannt.

    Ich kann die Enttäuschung voll nachvollziehen. Schwer zerstört wurden einige Städte. Magdeburg hat es aber zB außergewöhnlich gut verstanden, seine vormalige Einkaufsstraße in der Altstadt (Breiter Weg) fast ausschließlich belanglos "wiederaufzubauen". (Ausnahme in jüngerer Vergangenheit: Hundertwasserhaus, wems denn gefällt, aber Belanglosigkeit kann man immerhin nicht vorwerfen) Des Weiteren wurde zwischen jenem Breiten Weg und der Elbe scheinbar besonders Wert darauf gelegt, möglichst viele historische Strukturen, wie zB Straßenverläufe, gänzlich zu zerstören, um stattdessen mitten in der Altstadt in bester Elbnähe Wiesen anzulegen und sie mit DDR-Klötzen zu garnieren.

    Anbei eine Veranschaulichung der heutigen Bebauung mit darübergelegtem (vereinfacht historischem) Straßenraster.

    openstreetmap - Eigenes Werk

    98% of everything that is built and designed today is pure shit. There's no sense of design, no respect for humanity or for anything else. Frank Gehry

  • Rastrelli:

    Zu den Kirchensprengungen in Magdeburg gibt es diese Seite:

    Kirchensprengungen

    Es waren nicht alle betroffen, aber die eindeutige Mehrheit.

    Unabhängig davon, dass man derartige Handlungen auch aus dem Blickwinkel der damaligen Zeit betrachten sollte, war sicher einiges kulturhistorisch betrachtet bereits damals nur schwer nachzuvollziehen.

    In Kaliningrad beginne ich die Liste mit den leicht beschädigten sakralen Bauwerken wie Tragheimer Kirche, Altstädtische Kirche, Steindammer Kirche, Löbenichtsche Kirche und Haberberger Trinitatiskirche und andere. Selbst das Schloss mit der Schlosskirche war wiederaufbaufähig, ähnlich wie viele Bauwerke des Historismus und der Gründerzeit. Nahezu Totalschaden hatte die Probstei Kirche und das Kneiphofareal mit dem Dom. Die letzte Kirche, die in den 1970ern gesprengt wurde, war die ausschließlich durch Vernachlässigung betroffene Lutherkirche. Hierzu muss man sich nur die Aufnahmen nach der Einnahme, die Filme der späten 1940er als Propaganda und WerbefIlme für die Neusiedler ansehen, um den Gebäudestatus vorsichtig zu bewerten.

    Zur Ehrenrettung der Kaliningrader muss ich beitragen, dass diese BilderstürmereI von Gegenprotesten russischer Bürger begleitet war, und heute nur wenige Kaliningrader darauf stolz sind. Kaliningrad war eben nicht Danzig, obwohl der Zerstörungsgrad im Altstadtbereich ähnlich war. Die Motivation der jeweiligen Nationen die gewonnen, in Polen wiedergewonnenen, Städte für sich zu nutzen und dementsprechend wieder aufzubauen konnte unterschiedlicher nicht sein.

  • Die Info zu den gesprengten mittelalterlichen Kirchen in Magdeburg ist mir in dieser Menge komplett neu. Danke.
    Ich bin entsetzt.


    Natürlich kann man die Situation in der total zerstörten Stadt Magdeburg nicht mit heutigen Maßstäben messen.

    Auch in Westdeutschland sind ein paar Kirchen nach dem Krieg verschwunden. Aber in diesem Ausmaß ist Kulturbarbarei eigentlich immer undenkbar.

    Zum Vergleich:

    In Frankfurt sind mit dem Krieg verschwunden:
    - Englische Kirche Victoria Memorial dedicated to St. Boniface

    - Französisch-reformierte Kirche

    - Weißfrauenkirche

    https://www.hf2004.de/index.php/start/listen-2/115-gruft15

    - Deutsch-reformierte Kirche

    Wie sieht das in anderen westdeutschen Großstädten im "Autogerechten Aufbau-Schwung" aus?

    Wer weiß mehr?

  • Die Info zu den gesprengten mittelalterlichen Kirchen in Magdeburg ist mir in dieser Menge komplett neu. Danke.
    Ich bin entsetzt.


    Natürlich kann man die Situation in der total zerstörten Stadt Magdeburg nicht mit heutigen Maßstäben messen.

    Auch in Westdeutschland sind ein paar Kirchen nach dem Krieg verschwunden. Aber in diesem Ausmaß ist Kulturbarbarei eigentlich immer undenkbar.

    ....

    Für mich eigentlich die beste Aufbauleistung im Westen: Die Kirchen. Was da teilweise an völlig zerstörten Kirchen wieder rekonstruiert wurde ist wirklich beeindruckend.

    ...

  • Kaliningrad war eben nicht Danzig, obwohl der Zerstörungsgrad im Altstadtbereich ähnlich war. Die Motivation der jeweiligen Nationen die gewonnen, in Polen wiedergewonnenen, Städte für sich zu nutzen und dementsprechend wieder aufzubauen konnte unterschiedlicher nicht sein.

    Ein wesentlicher Unterschied zu Polen bestand darin, dass im gesamten Kaliningrader Gebiet bis zur Zeit der Perestrojka die Tätigkeit von Religionsgemeinschaften verboten war. Von den alten Königsberger Kirchen überstand in der Tat die Mehrzahl die Sowjetzeit nicht. Immerhin wurden seit etwa 1980 die Luisenkirche (genutzt als Puppentheater) und die Kirche Zur Heiligen Familie (genutzt als Philharmonie) zu den Sehenswürdigkeiten der sowjetischen Stadt gerechnet. Darüber hinaus sind noch einige weitere Kirchen erhalten. Dazu später mehr im passenden Strang.

    Zu den Kirchensprengungen in Magdeburg gibt es diese Seite:

    Kirchensprengungen

    Es waren nicht alle betroffen, aber die eindeutige Mehrheit.

    Wenn wir anfangen, Kirchen stückweise zu zählen, dann können wir das Fach Kunstgeschichte ja abschaffen. Hältst du die mickrige Französische Kirche wirklich für gleichrangig mit dem Dom? Beim Dom könnte man übrigens die nur vom Remter aus zugängliche Marienkapelle ebenfalls als "ein Stück Kirche" zählen. Dann würde der Domkomplex schon "für zwei zählen". Aber ich will sogar darauf verzichten und den Dom nur als eine Kirche zählen.

    Meyers Lexikon, 7. Auflage, 7. Band von 1927, gibt die Zahl der damals sakral genutzten Kirchen in Magdeburg mit 32 an. Laut kirchensprengung.de wurden 8 Kirchen nach dem Krieg abgerissen. Nach einer "eindeutigen Mehrheit" sieht das nicht aus. Ich habe aufgrund von Angaben in Wikipedia die aktuell in Magdeburg vorhandenen Kirchen oberflächlich gezählt. Wenn ich nur die Kirchen nehme, die vor dem Ersten Weltkrieg erbaut wurden, und dabei die äußerlich klar als Dorfkirchen erkennbaren Kirchen nicht berücksichtige, dann komme ich auf einen Wert von ungefähr 20 alten Kirchen (mit städtischem Charakter), die in Magdeburg heute noch stehen.

    Das ergibt also 20 zu 8 für mich. Meyers Lexikon bezeichnete 1927 als "erwähnenswert" unter den Magdeburger Kirchen nur den Dom und die Liebfrauenkirche. Beide sind erhalten. Bei den Kirchen mit Kreuzgang steht es 2 zu 0 für mich. Nehmen wir die Kirchen in Magdeburg-Altstadt, dann erhalten wir 7 zu 5 für mich (wobei ich, wie gesagt, den Dom großzügig nur mit 1 ansetze). Betrachten wir die mittalterlichen Zweiturmkirchen im Stadtzentrum, dann lautet das Ergebnis 4 zu 3 für mich. Wie wir auch zählen, es kommt immer heraus, dass die Mehrheit der Madgeburger Kirchen in der DDR erhalten blieb.

    Ich finde solche propagandistischen Falschaussagen immer sehr ärgerlich. In den Köpfen vieler junger Menschen spukt die Vorstellung herum, in der DDR sei nichts für den Erhalt von Kirchen oder Schlössern getan worden. Da wird die Lebensleistung zahlreicher Menschen einfach so negiert. Fehler beim Wiederaufbau und einzelne Verbrechen des Regimes in Bezug auf Baudenkmale hat es gegeben. Das bestreitet niemand. Aber man sollte konkret bleiben. Einfach mal zu behaupten, die "eindeutige Mehrheit" der Kirchen sei abgerissen worden, wo es eigentlich nicht sehr aufwendig wäre, mal nachzuzählen und sich zu vergewissern, ist unredlich.

  • Betrachten wir die mittalterlichen Zweiturmkirchen im Stadtzentrum, dann lautet das Ergebnis 4 zu 3 für mich. [...]

    Ich finde solche propagandistischen Falschaussagen immer sehr ärgerlich. In den Köpfen vieler junger Menschen spukt die Vorstellung herum, in der DDR sei nichts für den Erhalt von Kirchen oder Schlössern getan worden. Da wird die Lebensleistung zahlreicher Menschen einfach so negiert. Fehler beim Wiederaufbau und einzelne Verbrechen des Regimes in Bezug auf Baudenkmale hat es gegeben. [...]

    Also wenn man mir sagt, dass man 3 von 7 mittelalterlichen Kirchen abgeräumt hat, darunter solche, die nach dem verheerenden dreißigjährigen Krieg wiederaufgebaut wurden oder so gut erhalten waren wie die Ulrichskirche, dann vermag ich da nichts positives zu erkennen.

    Du magst richtigstellen, dass es nicht die Mehrheit ist, aber es ist trotzdem viel zu viel ideologisch motivierte Zerstörung von Kunstschätzen, die nicht nur die Magdeburg, sondern überall in der DDR stattgefunden hat.

    Die Lebensleistung, die ansprichst (zum Beispiel beim Dresdener Schloss) vieler Einzelner scheint auch nicht wegen, sondern trotz der DDR erfolgt zu sein. Ich erkenne da (von außerhalb) immer so eine Identifikation der Menschen in Mitteldeutschland mit diesem Unrechtsstaat, dabei richtet sich die Kritik an der DDR doch nicht an die normalen Einwohner, sondern der von sowjetischen Gnaden ernannten kommunistischen Führung und derer furchtbaren Ideologie.

  • Zitat von Rastrelli
    Meyers Lexikon bezeichnete 1927 als "erwähnenswert" unter den Magdeburger Kirchen nur den Dom und die Liebfrauenkirche. Beide sind erhalten. Bei den Kirchen mit Kreuzgang steht es 2 zu 0 für mich.

    Müssen wir jetzt dankbar sein, dass diese beiden Kirchen nicht auch noch abgerissen worden sind? Und darf man von einer DDR-Stadt überhaupt enttäuscht sein?

    Fragen über Fragen.

    Ich persönlich finde den Verlust von gleich 3 stadtbildprägenden Doppelturm-Kirchen, die man allesamt zumindest als Ruinen hätte bestehen lassen können schon als sehr gravierende Minderleistung.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Wie wäre es, wenn ihr meine Beiträge mal wirklich lesen würdet?

    Berkowitz hatte zweimal eklatante Falschbehauptungen gebracht. Ich habe lediglich die Tatsachen richtiggestellt. Erste Falschbehauptung: "sämtliche Kirchen außer dem Dom" war schon heftig. Darauf hatte ich für Magdeburg so viele Kirchen genannt, dass Berkowitz hätte klar sein müssen, dass die abgerissenen Kirchen nicht die Mehrheit sind. Trotzdem schreibt er, "nicht alle, aber die eindeutige Mehrheit". Sollte das eine Falle sein, um "Krypto-Kommunisten" zu enttarnen, an die Wand zu stellen und zu exekutieren?

    Ich hatte mich insbesondere auch gegen den Versuch von Berkowitz, Kirchen stückweise zu zählen, gewandt und darauf mit Formulierungen reagiert, die normalerweise dazu dienen, Ergebnisse im Sport mitzuteilen ("4 zu 3 für mich"). Für mich ist jede Kirche, jedes Baudenkmal ein Einzelfall. Ist etwa der Kölner Dom nur eine unter vielen Kirchen in Köln? Ich wollte zeigen, dass selbst wenn man sich auf den Unsinn von Berkowitz einlässt, er nicht recht hat. Das war alles. Beschönigt habe ich gar nichts.

    Was wird denn gewünscht? Dass ich einem Beitrag eine zwanzigzeilige Verurteilung der DDR voranstelle? Dass ich lieber eine schönere Magdeburger Innenstadt gehabt hätte, mit ein paar Kirchen mehr, ist ja wohl klar.

    Was die Lebensleistung der Menschen in der DDR betrifft, machst du es dir zu einfach, Centralbahnhof. Ein Beispiel: Allen Wessis gefällt die Rekonstruktion der Dresdner Semperoper. Glaubst du, das war ein Werk des Widerstandes? Würden wir suchen, dann fänden wir einen "SED-Beschluss" als politische Grundlage. Der Wiederaufbau der Semperoper wurde aus dem Staatshaushalt finanziert. Geleitet von dem angesehenen Architekten Wolfgang Hänsch, der kein Regimekritiker war. Zu Testzwecken wurde die Semperoper mit abkommandierten NVA-Soldaten gefüllt. Die Institution, die in die Semperoper einzog, war die Staatsoper. Die feierliche Eröffnung im Februar 1985 wurde im Staatsfernsehen übertragen. Erich Honecker saß damals in der Königsloge. Die Semperoper war genauso ein Staatsbau wie der Dresdner Kulturpalast, den du negativ mit dem DDR-Staat identifizierst und gerne abreißen würdest. Letztlich ist nahezu jede höhere kulturelle, technische oder wissenschaftliche Leistung in solchen politischen Systemen irgendwie mit dem Staat verbunden. Du in Köln hast es leicht, den "guten Menschen" vom "bösen Staat" zu trennen. Es ist ja auch nicht dein Leben, nicht deine Heimatregion betroffen. Wenn du die DDR konsequent wegstreichst, verlierst du gar nichts. Stempel "Unrechtsstaat" drauf, Akte zu, weg damit. In der ehemaligen DDR ist das nicht so einfach.

    Ich habe im Kalten Krieg zu viel Propaganda von Ost und West mitbekommen. Mich stört sowas heute noch. Ich sehe, wie sich das auswirkt. Beispiel: In einem Wikipedia-Artikel über eine Kirche wird eine wichtige Restaurierungsmaßnahme in der DDR-Zeit erwähnt. Auf der Diskussionsseite zu dem Artikel fragt jemand ganz verwundert: Wie kann denn das sein? Die DDR war doch ganz böse und hat alle Kirchen abgerissen oder zumindest verfallen lassen. So mit Propaganda zugemüllt sind viele junge Leute heute.

    Ich hatte schon mal daran gedacht, einen Strang zu besonderen Projekten der Denkmalpflege in der DDR aufzumachen. Darüber weiß kaum jemand was. Aber im hiesigen Forumsklima ist sowas wohl unerwünscht. Und ihr könntet natürlich immer auf das verweisen, was nicht gemacht wurde, und dann Rosinenpickerei vorwerfen. Letztlich waren bei den begrenzten Ressourcen immer klare Schwerpunktsetzungen erforderlich.

    Einmal editiert, zuletzt von Rastrelli (19. Mai 2020 um 20:30)

  • Ich habe das Gefühl, Kritik an der DDR nehmen manche Menschen doch sehr persönlich, auch weil wohl noch viel Selbstidentifikation in einem ist, was ja auch verständlich sein kann.

    Die denkmalpflegerischen, architektonischen und rekonstruktiven Leistungen der DDR sind trotz aller widriger Umstände zu würdigen. Davon unabhängig war eben der Abriss der Mageburger Kirchen (und so vielem anderen) eben keine Glanzleistung, sondern ein Fehler, das gilt es zu kritisieren, kritisch aufzuarbeiten und nicht zu beschönigen. Dem Magdeburger Stadtbild nutzt es wenig, wenn im fernen Dresden die Semperoper schön wie nie wider aufgebaut wird und die Leipziger Unikirche bringt es auch nicht zurück.

  • Ist etwa der Kölner Dom nur eine unter vielen Kirchen in Köln?

    Na jetzt aber mal nicht Evan... äh... Äpfel mit Birnen vergleichen. Man kann von Köln halten was man will. Aber in punkto Wiederaufbau von Kirchen ist Köln eine beinahe vorbildliche Stadt. Die noch erhaltenen 12 romanischen Kirchen wurden alle wiederaufgebaut. Sie sind kunsthistorisch bedeutsam und in der geballten Konzentration wohl einmalig in Deutschland, aber das muss ich dir sicherlich nicht sagen. Selbst wenn es ein paar Kirchen nicht so gut durch den Krieg geschafft haben, die Magdeburger Abrissquote wird nicht erreicht, Von daher 1:0 für Köln, um beim Fußball zu bleiben.
    Und wie im Fußball, ist Magdeburg leider in Punkto Wiederaufbau der Stadt nur knapp drittklassig zu verorten. Zwar nicht Kreisklasse, aber geradezu amateurhaft. (An die Fußball-Amateure: nix für ungut!)

    Lebensleistung der Menschen in der DDR betrifft

    Ja genau, es war häufig die Lebensleistung, der Kampf Einzelner. Das kann gar nicht hoch genug gelobt werden, hüben wie drüben. Nichtsdestotrotz muss der Staat das Thema Denkmalpflege hochhalten, sonst fehlt in der Breite das Geld.


    Doch die Führung fand vorrangig Gefallen an repräsentativen Bauwerken, ein Beispiel lieferst du ja selber....

    Der Wiederaufbau der Semperoper wurde aus dem Staatshaushalt finanziert

  • Centralbahnhof 19. Mai 2020 um 01:11

    Hat den Titel des Themas von „Bewertung der Bau- und Abrissttätigkeiten in der DDR“ zu „Bewertung der Bau- und Abrisstätigkeiten in der DDR“ geändert.
  • Zitat

    Die DDR war doch ganz böse und hat alle Kirchen abgerissen oder zumindest verfallen lassen. So mit Propaganda zugemüllt sind viele junge Leute heute.

    Das ist sicherlich eine unzulässige Aussage. Nichtsdestotrotz sind zu DDR-Zeiten unverhältnismäßig viele Sakralbauten über einen vergleichsweise kurzen Zeitraum in einen absolut beklagenswerten Zustand geraten oder aus politischen Gründen zerstört worden. Das ist ein Fakt. Es hatte überhaupt nichts mit begrenzten Ressourcen zu tun, wenn in Magdeburg mittelalterliche Kirchen weggesprengt werden.

    Über den aussichtslosen Kampf der Denkmalpfleger können wir uns gerne unterhalten. Meine Wahrnehmung ist eher die, dass ihnen gerade wegen dieser Umstände über die Fachwelt hinaus eine außergewöhnlich hohe Wertschätzung zu Teil geworden ist.

  • Würde es nicht schon etwas helfen, einfach die Ulbricht-Ära von der Honnecker-Ära zu unterscheiden?

    Eher nicht. Auch wenn man sich vielleicht nicht so sehr an alter Architektur vergriffen hat.


    Es würde schon helfen, wenn unsere Google-Künstler auch mal seitwärts schauen würden. Die Guten, also z.B. anerkannte Widerstandskämpfer gegen den Faschismus fanden den Antifaschistischen Schutzwall gut und notwendig. Natürlich wurde die automatisierte Tötungsanlage nicht an die große Glocke gehängt.

    1024px-Sm-70_schlagsdorf.jpg

    Sm-70 schlagsdorf

    ChrisO / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

    Was hätte man von dem Geld für die Grenzanlagen nicht alles retten können?


    HERMANN LORENZ - der letzte Henker der DDR- hat sich sogar nach seiner Pensionierung zur Tötung per Hand gemeldet.

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    Arndtstraße 48 Leipzig 1

    Martin Geisler / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)

  • Über den aussichtslosen Kampf der Denkmalpfleger können wir uns gerne unterhalten. Meine Wahrnehmung ist eher die, dass ihnen gerade wegen dieser Umstände über die Fachwelt hinaus eine außergewöhnlich hohe Wertschätzung zu Teil geworden ist.

    Guter Punkt! Besonders möchte ich hier - aus mehreren Gründen - Hans Nadler hervorheben! Ein Denkmal vor dem von ihm mit immer wieder mit raffinierten Tricks vor dem Abriss durch die Kommunisten gerettenen Dresdner Satdschlosses ist wohl das Mindeste! Das Maximum wäre natürlich die Rekonstruktion der Sophienkirche. Dieser Verlust hat Hans Nadler bis zum Schluß nicht verwunden und wäre wohl die größte Wertschätzung, die man ihm post mortem entgegenbringen müsste und hoffentlich auch in feerrrnnner Zukunft einmal vielleicht, unter Umständen, wenn die Zeit reif ist,...wird :wink: .

  • Guten Abend ins Forum.

    Zum Thema Abrisse in der DDR darf ja eins nicht fehlen: Halberstadt.

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  • Was hätte man von dem Geld für die Grenzanlagen nicht alles retten können?

    Jedenfalls hätten sie die SED-Herrschaft ohne die Grenzanlagen nicht retten können. Die Grenzanlagen dienten ja nicht gegen eine Bedrohung von außen, sondern, um die eigene Bevölkerung einzusperren. Die DDR wäre vermutlich ohne sie schon in den 1960er Jahren durch den Wegzug der produktiven Arbeitnehmer ausgeblutet und ökonomisch zusammengebrochen.

  • um das Thema Ulbricht vs. Honecker zu präzisieren, unter Ulbricht waren es doch wohl eher Abrisse aus ideologischen Gründen, und es traf damit vor allem Kirchen, Schlösser und Herrenhäuser, neben der Idee vom sozialistischen Neuaufbau ganzer Städte, während unter Honecker das historische Erbe an sich höhere Wertschätzung von oben bekam, in vielen Städten aber der Verfall aufgrund Geld- und Materialmangel fortschritt, und man sich statt zu restaurieren lieber immer noch der Idee vom industriellen (und damit vorgeblich effektiveren) Bauen verschrieb.

  • um das Thema Ulbricht vs. Honecker zu präzisieren, unter Ulbricht waren es doch wohl eher Abrisse aus ideologischen Gründen,

    Auch wenn ich selbst das DDR Regime verabscheut habe, hier muß ich leider widersprechen. Es hat an den finanziellen Möglichkeiten gefehlt entsprechende Gebäude zu erhalten und instant zu setzen. Somit fielen sie dem Sprengmeister zum Opfer.

    Die Sprengung des Stadtschlosses in Berlin zum Beispiel, hätte sich verhindern lassen, wenn sich westliche Investoren und Bauleute gefunden hätten, welche es wieder herrichten. Wo ich Dir allerdings Recht geben muß, ist die Umgestaltung des Alexanderplatzes - dies geschah tatsächlich aus ideologischen Gründen. Viele Häuser könnten heute noch stehen, aber die Mitte Berlins sollte nach sozialistischem Vorbild gestaltet werden.