Bremen - Steintor

  • In diesen schönen Frühlingstagen wollte ich noch ein paar Bilder aus einem Teil der Östlichen Vorstadt zeigen, der hier noch nicht so viel gezeigt wurde, weil er sicherlich den "unschönsten" Teil des Stadtteils darstellt. Das Steintor ist noch heute der verruchteste und runtergekommenste der 3 Ortsteile, die im Volksmund als "Viertel" zusammengefasst werden und hatte anteilig auch die meisten Zerstörungen im Krieg erlitten. Besonders im Südosten des zwischen der Hauptstraße "Vor dem Steintor" und dem Osterdeich gibt es die einzigen Bereiche in der ganzen Östlichen Vorstadt, die wirklich flächig zerstört wurden.

    Aber es gibt trotzdem viel zu sehen in diesem etwas spröden und sehr heterogenen Bereich, der Bremens Drogenumschlagsplatz Nr. 1 geblieben ist und die einzige "Bordellstraße" der Stadt enthält - auf der anderen Seite aber auch Straßen von großer Schönheit.

    Wir fangen an der Hauptmeile an, die sehr heterogen bebaut ist, es gibt hier aber auch eines der wenigen erhaltenen Ensembles bremischer gründerzeitlicher Geschäftstraßenarchitektur, so in etwa mit im Schnitt 1-2 Stockwerken mehr stelle ich mir immer die Obernstraße vor dem Krieg vor:

    Nach Osten hin überwiegt aber Nachkriegsarchitektur, dies stellt wohl den Abschnitt des gesamten Stadtteils dar, der am wenigsten von Vorkriegsarchitektur geprägt ist. Die Seitenstraße nach Norden hin sind aber gleich schon sehr sehenswert, hier die Horner Straße:

    oder die Straße Fehrfeld, deren sehr schöne und geschlossene Nordostseite leider fast immer im Schatten liegt:

    Am nördlichen Ende auch mit einem herrlich verspielten und heterogenen Geschäftsabschnitt:

    Fortsetzung folgt....

  • Weiter geht es im Steintor, wir bewegen uns langsam nach Osten, hier in der Römerstraße, die eine interessante Biegung hat:

    Die nächste Querstraße ist die Wielandstraße, die in etwa die Heterogenität der Zustände der Häuser abbildet, es gibt hier auch noch reichlich verhunzte/verflieste/entstuckte Bremer Häuser, auch wenn ich diese auf dieser Tour nicht aktiv gesucht habe:

    Die sehr schöne Schweizer Straße:

    Und von der anderen Seite gesehen:

    Die Gleimstraße hat in ihrem Nordteil eine sehr interessante Reihe, die sogar noch britischer wirkt als die anderen Häuserreihen, weil ein Teil der Schmuckfunktion durch verschiedenfarbige Klinker übernommen wird und diese Variante mit weniger Stuck auskommt. Diese Art der Gestaltung wurde in späteren Jahren häufig durch blödsinnige Farbanstriche zunichte gemacht, hier aber mal ein paar Häuser "am Stück", die sich erhalten haben:

    Die Hauptachse dieses Viertels heißt Friesenstraße und ist wieder heterogener:

    Mit v.a. nach Osten hin zahlreichen Fehlsanierungen, die ich uns hier aber mal erspare.

  • Es folgen noch einige Bilder aus dem wohl am stärksten zerstörten Bereich des Stadtteils südlich der Straße "Vor dem Steintor", zunächst die Lübecker Straße, in der etwas verloren diese beiden Vorkriegshäuser inmitten von sehr schlichten Nachkriegsbauten stehen:

    Dieses Bild ist typisch für das südliche Steintor, hier nochmal etwas ähnliches, man kann nur ahnen, was alles verlorengegangen ist:

    Immerhin sind die Nachbargebäude von einer zumindest nicht störenden Schlichtheit. Drei Epochen der Architekturgeschichte (später Historismus, Nachkriegsmoderne und Jetztzeit) finden sich auf diesem Bild:

    Auch das ist typisch für den Stadtteil, wobei ich zur Beruhigung der Gemüter sagen möchte, dass für den Neubau zumindest kein Gebäude abgerissen wurde, hier wurde einfach ein Garagenplatz bebaut (ggf. Kriegsbrache?).

    Die sonst durchaus sehenswerte Heidelberger Straße nochmal in anderen Perspektiven:

    Störend wie fast immer die albernen gelben, ockerfarbenen und sonstwie gearteten Anstriche auf den roten Klinkern, die teure Folgeanstriche nach sich ziehen und das Ensemble erfolgreich zerstören.

    That's all, folks!

  • Noch ein bisschen Nachschlag aus dem zerrockten Steintor, zunächst mal die ganz nette Vagtstraße:

    Hier im Steintor stören eben fast immer ein oder zwei Nachkriegsbauten, auch in den schönen Straßen. Gibt hier auch interessante Varianten des Bremer Hauses, diese hier kenne ich von nirgends anders, sehr reduziert, aber auch schick:

    Schön verwunschene Vorgärten gibt es hier auch:

    Die Straßen im südlichen Steintor sind alle etwas zerrupfter, tendenziell ungepflegter und viel, viel weniger geschlossen als in der restlichen Östlichen Vorstadt, aber bei diesem Wetter gehen sogar nachkriegsdominierte Straßen:

    Man beachte hier den original nicht gestrichenen Bau aus den Fünfzigern rechts im Bild, der sogar kürzlich neue, nach außen öffnende Fenster bekommen hat und dessen Besitzer der Versuchung widerstanden hat, sein eigentlich ganz reizvolles Haus mit einem WDVS zuzukleistern.

    Noch zwei typische Straßenszenen:

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    Auf seine Art sehr beeindruckend!

    Was aber ist damit gemeint: (etwa 2, Haus von links in rosa?)

    Zitat von Heinzer
    Störend wie fast immer die albernen gelben, ockerfarbenen und sonstwie gearteten Anstriche auf den roten Klinkern, die teure Folgeanstriche nach sich ziehen und das Ensemble erfolgreich zerstören.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ja, genau, ich meine die blöden Anstriche auf Klinker. Der Klinker (oder genauer die Spaltriemchen) ist -wie auch an den Farbmustern der nicht gestrichenen Häuser z.B. vorne zu erkennen- selbst Zierelement mit seinem Wechsel aus orange und rot. Wenn man nun das ganze Haus cremegelb streicht, zerstört man also nicht nur diese sehr elegante und filigrane Gestaltung, nein, man muss von diesem Tag an eine (bis auf die Stuckelemente natürlich) vorher vollkommen wartungsfreie Fassade auch noch alle 10 oder 15 Jahre neu streichen, weil sie sonst grau oder anderweitig unschön altert.

    Abkriegen tut man diese Farbe von den Spaltriemchen auch nur noch mit extremem Aufwand, so dass die meisten Hausbesitzer ihre Entscheidung oder die ihres Vorgängers verfluchen und weiter streichen müssen, manche versuchen durch Anstriche mit großem Aufwand die ursprüngliche Farbgebung wieder herzustellen, aber auch das muss dann eben alle 10, 15, 20 Jahre wiederholt werden, damit es nicht schäbig aussieht.

    In jedem Falle war die Entscheidung, die Klinkerriemchen zu streichen dumm, unnötig, teuer auch durch perpetuierte Folgekosten und ästhetisch ein schwerer Fehler. Das Gegenteil von gut also.