• Von der Bremer Landesbank am Domshof stehen nur noch vorbildlich gesicherte Teile der Außenwand. Die Frage, ob es tatsächlich sinnvoll ist, dass ein Stuttgarter Bauunternehmen das Gebäude der Bremer Landesbank baut, ist für dieses Forum wohl nicht entscheidend.


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    704 Der Neubau wird allerdings ein Schmuckstück und ein Riesengewinn für die Bremer Innenstadt.

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  • Also die Eckansicht des Baus hatte mich postiv überrascht, aber die Frontalansicht überzeugt mich nicht so ganz, die Fassade wirkt doch etwas billig. Aber immerhin versucht man hier in der Intention keinen "spannenden Kontrast" zu wagen sondern versucht einen Ortsbezug und dieser Wille ist in der Tat bemerkenswert.

    Zum Abriss des historischen Gebäudes: War irgendetwas historisches im Inneren erhalten, das weggerissen wurde?
    Grundsätzlich bin ich kein befürworter von Entkernungen, wenn diese nicht unumgänglich sind, es hat etwas von einer Ausschlachtung.
    Und so eine Fassade wirkt ziemlich gespenstisch so ohne Gebäude dahinter...
    Naja zum Glück ist das ja kein Dauerzustand und von außen wird man dann hoffentlich bald vergessen können, dass das Gebäude je "ohne innere Werte" war.

  • Die Reaktionen auf den Entwurf sind ja im öffentlichen Raum (Presse, Internetkommentare, Fernsehen etc.) fast durchgehend positiv.

    Aber auch ich muss gestehen, dass ich dem Entwurf nicht übermäßig viel Positives abgewinnen kann, ich befürchte sogar, dass er in der gebauten Realität mit seiner fast an die 70er gemahnenden Rasterfassade recht düster und unfreundlich daherkommen wird. Die umgebungsangepasste Materialwahl allein wird wohl kaum ausreichen, denn sogar der Vorgängerbau war ja rot verklinkert. Der Eingang mit Portal ist natürlich fein und auch die veröffentlichten Innenansichten sehen gut aus. Beim Gesamteindruck wird wohl nur der Bau selbst zeigen können, ob das Projekt gelungen ist. Zu oft versprachen die Renderings vorher mehr, als der Bau dann einhalten konnte.

    Ich kann zumindest den offenen Hass auf die Dudler-Neubauten auf dem Bahnhofsplatz vor dem Hintergrund der gleichzeitig ebenso offenen Liebe zum LB-Neubau in den Reaktionen hier in Bremen nicht so nachvollziehen. Ich würde beide in die Kategorie: "für einen Neubau erträglich" stecken. Nicht mehr und nicht weniger.

    **duck und weg**

  • Die Firma Kühne und Nagel plant eine Neubau, bzw. den Abriss des alten Gebäudes von 1961 an der Weser direkt an der Wilhelm-Kaisen-Brücke. Das wäre ein Traum, weil das alte Gebäude ebenso auffällig wie hässlich ist. Das neue Gebäude soll laut Weserkurier „die Umgebung … mit zum Teil historischen Bauten und dem Welterbe von Rathaus und Roland … berücksichtigen“. So wie man es 1961 getan hat (Ironie). Wir werden sehen, was passiert und ob überhaupt etwas passiert.

    http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-…id,1037922.html

  • Ein Traum?
    Ich lese: "Der Firmensitz an der Martinistraße ist zu klein." Und dann: "Ein Entwurf für den Neubau indes sieht ein größeres Gebäude vor."
    Es wird also ein noch größeres Gebäude als der Bestand entstehen. Und möglichenfalls farblich nicht so gut in den norddeutschen Bereich eingepasst wie der offenbar mit Backsteinen verzierte Bestandsbau. Die Entwicklung dürfte also vermutlich eher ins Negative laufen. Vermute ich mal so pessimistisch.

  • Also das alte Gebäude ist nicht gerade schön, auch wenns weitaus schlimmer ginge. Es wäre nicht so leicht das mit einem Neubau noch zu unterbieten. Das 2006 gebaute Kühne + Nagel Gebäude in Hamburg ist gar nicht so schlecht, daher bin ich eher optimistisch.

    98% of everything that is built and designed today is pure shit. There's no sense of design, no respect for humanity or for anything else. Frank Gehry

  • Man liest dazu dieses:

    Zitat

    Auch soll das Gebäude offenbar nicht höher werden als die jetzigen insgesamt zehn Stockwerke. Die derzeit noch ungenutzte Fläche vor dem Firmensitz könnte den Plänen nach mit bebaut werden. Dadurch entstünde eine größere Grundfläche und damit mehr Platz für die wachsende Zahl an Mitarbeitern.

    An sich besteht Grund zu einem gewissen Zweckoptimismus. Es kann ja in Ansehung des Bestandes nur besser werden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Bei Bauarbeiten auf dem Bremer Bahnhofsvorplatz kommen aktuell Reste des in der Gründerzeit gebauten Stadtbades zu Tage, das (funktionstüchtig!) in den frühen 50er-Jahren abgerissen wurde. Das Foto im unten beigefügten Artikel aus dem Weserkurier ist ohne nähere Beschreibung und Ortskenntnis nicht mehr zu lokalisieren. Es wurde in der Richtung der heutigen Hochstraße aufgenommen, rechts ist das Stadtbad, noch weiter rechts wäre dann der Bahnhof. Die hier zu sehenden Gebäude sind zu 100% verloren. In der weiter beigefügten Fotostrecke ist mir das fünfte Bild aufgefallen, das Postamt im Hintergrund links steht heute noch, die überraschend gut erhaltene Bausubstanz im Hintergrund rechts ist offenbar der Hochstraße zum Opfer gefallen.


    http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-…id,1056929.html

  • Im Bremer Stadtteil Horn-Lehe schlägt für eine 1795 erbaute kleine Häuserreihe die letzte Stunde. Sie werden ab August abgerissen und durch moderne Stadtwohnungen ersetzt.

    Zitat

    Dass die alten Häuser abgerissen werden, verurteilt Stadtteilchronist Michael Koppel: „Der Prozess der Verstädterung Horn-Lehes schreitet unaufhaltsam voran.“ Es sei bedenklich, dass in einem schleichenden Prozess immer mehr historische Bausubstanz, die noch an die dörfliche und vorstädtische Geschichte erinnere, durch zeitgemäße funktionale Gebäude ersetzt würde.

    Michael Koppel verlangt ein Umdenken. Es gelte, „der massiven Veränderung gewachsener Baustrukturen Einhalt“ zu gebieten. Auch architektonisch geschlossene Wohnstraßen wie die Elsa-Brändström-Straße bleiben laut Koppel „nicht vom Sog der Moderne verschont“. Der Stadtteilchronist gibt den Investoren die Schuld. Sie würden mit ihrem „Verwertungsinteresse“ neue Wohneinheiten auf gleicher Grundfläche profitabel verkaufen.

    http://www.weser-kurier.de/bremen_artikel…id,1096403.html

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Hier noch ein interessantes und vielsagendes Zeitdokument (1961) der 'Bremischen Gesellschaft Lüder von Bentheim' aus dem Bremer Staatsarchiv.

    Bezugnahme des damaligen Vorschlags war die vorbörsliche Bebauung, hier die Aufnahme von 1859:

    Und das hat man bekanntermaßen erhalten:

    Bildquelle: Wikipedia, Benutzer 'Jürgen Howaldt', CC BY-SA 2.0

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Skandalös!

    Daran sieht man überdeutlich, daß den "Entscheidungsträgern", damals wie heute, die Meinung und der Wille der Bevölkerung piepegal ist. Es werden nur die eigenen Interessen durchgeboxt. Für solch einen Entschluss darf es eigentlich nur den Bürgerentscheid geben.

    Im Bremer Beispiel war die Forderung mit den Giebelhäusern vielleicht etwas unrealistisch. Ein Wiederaufbau der Neuen Börse wäre aber gut machbar gewesen. Das Gebäude hätte man für die Zwecke der Bürgerschaft umbauen können.

  • Mir ist erst beim zweiten Mal ansehen der Bilder aufgefallen, dass beim heutigen Bankhaus Neelmeyer sich nicht nur der Verlust der Giebel nach dem Krieg verändert hat. Die zwischenzeitliche Erhöhung um eine Etage war mir zuerst entgangen. Dieses Gebäude hat eine recht bewegte Baugeschichte, wie eine kurze Recherche gezeigt hat. Bei wikipedia kann man einiges dazu nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Bankhaus_Neelmeyer
    Dort steht ja auch, dass das Vorgängergebäude, das Wilcken'sche Haus, abgerissen wurde. Wenn man sich dieses Haus aber bei bildindex ansieht, erscheint es mir eher so, als wäre es in den Neubau einbezogen worden. Link: http://www.bildindex.de/dokumente/html/obj20199254#|home

  • Im Bremer Beispiel war die Forderung mit den Giebelhäusern vielleicht etwas unrealistisch. Ein Wiederaufbau der Neuen Börse wäre aber gut machbar gewesen. Das Gebäude hätte man für die Zwecke der Bürgerschaft umbauen können.

    Bereits 1952 hatten Handelskammer und Bauverwaltung einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben mit der Vorgabe, den Zustand vor dem Bau der Neuen Börse wiederherzustellen. Am Erhalt des Gebäudes der Neuen Börse bestand offensichtlich keinerlei Interesse - mir wäre dieser Bau aber, wenn schon keine Giebelhäuser, wesentlich lieber gewesen als das, was da jetzt steht.
    Weitere Informationen hier:
    http://www.bremen-history.com/#!schtting-und-neue-brse/cwoi

  • Sehr geehrter Vulgow !

    Vielen Dank, daß Sie mir durch das Einstellen der Anzeigenseite der seinerzeitigen ‚Bremischen Gesellschaft Lüder von Bentheim’ Gelegenheit geben, auf ein Problem aufmerksam zu machen, welches sich im Zusammenhang von Denkmalpflege und Rekonstruktionen gelegentlich stellt.

    Zuvor lassen Sie mich aber bitte auf die wunderbare Ansicht der ‚vorneubörslichen’ Bebauung eingehen, die Sie ebenfalls hochgeladen haben. Ich muß gestehen, daß ich beim Betrachten dieser frühen Photographie immer wieder in einen inneren Konflikt gerate, denn hier handelt es sich um einen jener Fälle, bei denen einen beide bauliche Gestaltungen überzeugen und man deshalb ungern eine Entscheidung fällen mag, welcher der Vorzug zu geben ist. Letztendlich tendiere ich dann aber doch zur ‚Neuen Börse’. Das hat folgende Gründe: So sehr mich die bauliche Dichte dieses Bildes durch die lückenlose Reihe von Bürgerhäusern von der Gotik bis zum Klassizismus in ihren Bann zieht und so sehr ich mir bewußt bin, daß diese Häuserzeile in ihrer Bauflucht die Umgrenzung des ursprünglich sächsischen, später fränkischen Adelshofes nachzeichnet, welchen Bremens erster Bischof Willehad zu seiner Bischofsburg und damit zum innersten Kern der späteren Stadt machte, so sehr ist mir auch gegenwärtig, daß Bremen im 19. Jahrhundert – anders als viele hansische Schwestern, die in dem mit dem Ende des Bundes angebrochenen Dornröschenschlaf verblieben – einen wirtschaftlichen Aufschwung durchmachte, der sich in der 1864 eingeweihten Kaufmannsbörse am Markt baulich manifestierte. Ja, der Bau der neuen Börse markierte den Beginn eines Prozesses, in dem während der Gründerzeit und den danach folgenden Jahren bis 1914 viele Gebäude aus älterer Zeit zugunsten neuer Geschäfts- und Verwaltungsbauten geopfert wurden. Aber was damals entstand, fügte sich jeweils auf spezifische Weise in das existierende Stadtbild ein und bereicherte es, da man (anders als z.B. das gegenwärtige Gebäude der Bremischen Bürgerschaft) keinen radikalen Bruch mit den europäischen Bautraditionen vornahm. Die Dynamik, deren Anfang die Neue Börse markiert, führte letztlich auch dazu, daß der große Bremer Mäzen, Franz Schütte, die Sanierung des St. Petri Domes in Angriff nahm, welcher infolgedessen endlich wieder seinen Südturm zurückerhielt (dieser war im 17. Jahrhundert eingestürzt). Wäre Bremen hingegen biedermeierlich verschlafen geblieben, würden die Bürgerhäuser mit Sicherheit bis zum Zweiten Weltkrieg Bestand gehabt haben und der Dom wäre heute noch eine Bauruine aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ! Abgesehen davon, daß der imposante Hauptsaal der Neuen Börse allein schon den Wiederaufbau des Gebäudes gerechtfertigt hätte, sollte einen darüber hinaus hellhörig machen, daß man andernorts die baulichen Qualitäten der Werke des aus Bremen-Oberneuland gebürtigen Architekten der Börse, Heinrich Müller offenbar sehr wohl zu schätzen weiß: So wird die direkt am Pregel stehende Börse von Königsberg, die ebenfalls von seiner Hand stammt und die sich als eines der wenigen Gebäude aus deutscher Zeit bis auf den heutigen Tag in Ostpreußens alter Hauptstadt erhalten hat, von den jetzigen Bewohnern gehegt und gepflegt ! Vor diesem Hintergrund werden Sie es mir bitte nicht übel nehmen, wenn ich der Neuen Börse Heinrich Müllers - mit ihrem in vielfacher Weise auf die Hanse und Handel hinweisenden Bauschmuck Diedrich Kropps - nachtrauere !

    Und nun zur Anzeige der ‚von Bentheim-Gesellschaft’:

    Wenn Sie die auf dieser abgebildeten Giebelhäuser mit der Photographie vergleichen, werden Sie feststellen, daß lediglich zwei Gebäude, die sie auf der letzteren sehen können, zur Rekonstruktion vorgesehen waren. Zum einen das Eckhaus zwischen Markt und Grasmarkt, das sog. Balleer’sche Haus mit seinem markanten gotischen Giebel. Zum anderen das diesem direkt östlich benachbarte Renaissancehaus, das sog. Pundsack’sche Haus.
    Die auf dem Anzeigenblatt weiter rechts folgenden beiden Bauten wären keine Rekonstruktionen, sondern Translozierungen von Häusern gewesen, deren Fassaden den Krieg einigermaßen leidlich an ihrem angestammten Plätzen überdauert hatten. Unmittelbare Gründe für ihre geplante ‚Verschiebung’ waren entweder intendierte Straßenverbreiterungen oder die Tatsache, daß sie als ‚letzte historische Mohikaner’ in ansonsten völlig zerstörten Teilen der Altstadt gelegen waren. Dahinter stand der übergeordnete Wille, in Zukunft gewissermaßen ‚sortenrein’ zu bauen. Zu diesem Zweck. ‚kratzte’ man die über die Altstadt verbliebenen historischen ‚Krümel’ zusammen, konzentrierte diese an wenigen Traditionsinseln und hatte dann ansonsten freie Hand, das ganz überwiegende Gebiet der Altstadt völlig neu nach ‚modernen’ Maßstäben zu gestalten (und so sieht Bremen leider heute auch aus…). Auf diese Weise begab man sich der Möglichkeit – wie es Heimdall in dem Themenstrang über das Kornhaus treffend formuliert hat – die historischen Relikte auf ihr Umfeld ‚ausstrahlen’ zu lassen. Es ist nämlich gut möglich, daß die an ihrem ursprünglichen Standort verbliebenen – und wenn nötig ergänzten – Gebäude gewissermaßen ‚disziplinierend’ auf die entstehenden Neubauten in ihrem Umfeld eingewirkt hätten. Wer weiß, vielleicht hätten dadurch in den betroffenen Straßenzügen zumindest die gröbsten Bausünden der 60er und 70er Jahre vermieden werden können ? Nun es kam anders. Die Fassaden wurden aus ihrem Kontext (und dazu gehören eben nicht nur Nachbarbauten – die ja in der Regel fehlten – sondern auch Sichtachsen) herausgerissen und in artifiziell gebildeten Ensembles zuammengefaßt. An ihren neuen Standorten wirken sie dann oft merkwürdig unmaßstäblich und generell fremd (vergleichend sei diesbezüglich auf das Schicksal des Leibniz-Hauses in Hannover hingewiesen, auch wenn dies eine Vollrekonstruktion, aber eben nicht am historischen Standort, ist). Ihre ‚freigezogene’ alte Heimat war aber jeweils der größte Leidtragende, denn hier wurde nun brachial und alte Grundstücksgrenzen oft missachtend neu gebaut. Keine Reminiszens erinnert heute dort mehr an das alte Straßenbild der Vorkriegszeit.

    Die nun folgenden Beispiele umfassen nicht nur die auf der Anzeige der ‚von Bentheim-Gesellschft’ abgebildeten Häuser ‚Domshof 21’ und ‚Sögestraße 18/20, sondern auch das Haus ‚Schlachte 31’ und das Haus ‚Langenstraße 28’, welches dem Schicksal einer Translozierung glücklich entging.

    Karte der Translozierungen in der Bremer Altstadt

    1. Beispiel: Domshof 21 – ‚Caesar’sches Haus’

    Hier wurde die Sandsteinelemente, die die Giebelzone der rückwärtigen (nördlichen) Fassade umrahmten, der zweiten Wiederaufbauversion des Essighauses in der Langenstraße Nr. 15/21 regelrecht aufgepfropft. Die von der ‚von Bentheim-Gesellschaft’ ja eigentlich für die Ostseite des Marktplatzes vorgesehene südliche Frontfassade dürfte seit dem Abbruch des Hauses im Depot der Denkmalpflege lagern. Aber das ist nur eine Vermutung.

    Der ursprünglich Standort des Hauses am Domshof ist nicht mehr wiederzuerkennen, wenn man das aktuelle Bild von Jürgen Howaldt mit einer Vorkriegsaufnahme vergleicht… Auf der letzteren ist das Caesar’sche Haus das dritte Gebäude von links.

    2. Beispiel: Sögestraße 18/20 – ‚Sonnenapotheke’

    Die Fassade dieses wunderbaren Renaissance-Baus, der während des Kaiserreichs um ein halbes Geschoß erhöht worden war, hatte den Krieg fast unbeschadet überstanden. Dennoch mußte sie weichen. Auf dem dritten Bild von links sieht man die Sicherungsmaßnahmen, die zum Erhalt der Bausubstanz eingeleitet worden waren. Das vierte Bild zeigt die heutige verballhornte Verwendung des Giebels in der Langenstraße 15/21. Eine sehr unglückliche Lösung !


    Der Vergleich mit der Vorkriegssituation der Langenstraße zeigt, daß diese wesentlich harmonischer war. Die Verschiebung der Fensterachsen beim Neubau ist einfach nur unästhetisch !


    Beim Betrachten des historischen Standortes der Sonnenapotheke fehlen einem einfach nur noch die Worte… Zumindest kann man aber feststellen: Rudolph Karstadt (Gebäude mit Türmchen rechts von der Apotheke auf dem alten Bild) ließ wesentlich einfühlsamer und kleinteiliger Bauen, als seine heutigen Nachfolger !


    3. Beispiel: Schlachte 31 – ‚Hoffschlaeger’sches Haus’

    Die Fassade dieses verspielten Rokoko-Baus hatte zwar – insbesonder im Giebelbereich – Schaden genommen, stand aber ansonsten noch aufrecht und blickte wie seit Jahrhunderten über Bremens ältesten Hafen – die Schlachte – direkt auf die Weser. Da die Bürgermeister-Smidt-Straße (die ehemalige Kaiserstraße) beim Wiederaufbau verbreitert werden sollte, mußte dass Gebäude – als Steh-im-Weg –weichen. Seine Fassade wurde an den Bremer Marktplatz verpflanzt und zwar vor den Eckhausneubau am Beginn der Langenstraße (mit der Adresse: Am Markt 12). Dieser Neubau verdrängte ein historisches Haus, dessen Fassade ursprünglich noch aus dem 17. Jahrhundert stammte und – wenn auch leicht historistisch überformt – als einzige am Marktplatz bis 1939 nie gefallen war ! Seit der Jahrhundertwende war in diesem Gebäude das Restaurant ‚Dom-Schänke’ ansässig.


    Beim Vergleich der Wirkung, die die beiden Bauten an dieser Stelle auf ihr Umfeld hatten bzw. haben, fällt auf, daß der Rokokogiebel von der mächtigen Ratsapotheke zu seiner Rechten regelrecht marginalisiert wird – zumal die Apotheke beim Wiederaufbau nach dem Kriege noch einen zweiten Giebel hinzu erhielt, der den ‚neuen Nachbarn’ förmlich bedrängt. Die alte Domschänke hätte sich optisch wesentlich besser behaupten können, zumal sie auch die gleiche Höhe wie die Rathsapotheke besaß. Zudem war sie eine wirkungsvollere Flankierung des Auftaktes der Langenstraße. Das mußte sie auch sein, da bis ins 19. Jahrhundert hinein noch ein kleiner gotischer Bau zu ihrer Linken stand, der nur einen schmalen Durchlaß von der Straße zum Markt frei ließ. Heute ist diese Passage weit aufgerissen und zerfasert etwas…


    Auch bei diesem Beispiel hat der historische Standort der versetzten Fassade den Hauptschaden davon getragen. Während die ersten fünf Gebäude links von der Straße ‚Krahnpforte’ zumindest noch die Grundstücksgrenzen der Vorkriegszeit einhalten, sind der Standort des Hoffschlaeger’schen Hauses (rote Markierung) und der seiner beiden Nachbarn zum Tei in einem großen Neubau, zum Teil im Straßenraum aufgegangen.


    4. Beispiel: Langenstraße 28 – ‚Haus Suding & Soeken’

    Dieses Haus, welches bei Kriegsende allein auf weiter Flur der ansonsten weiträumig zerstörten mittleren Langenstraße stand, war – wenn man die beigefügten Zeichnung konsequent deutet – wohl auch zum Abbruch und die Fassade zur Translozierung vorgesehen. Aber hier gibt es ein ‚happy end’: Das prächtige Gebäude hatte wohl zu starke ‚Wurzeln’. Es konnte sich behaupten und ist heute das prächtigste erhaltene Bürgerhaus Alt-Bremens – leider aber auch das einzige von dieser Größe !



    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (10. April 2015 um 20:29)

  • Der sehr informativen Zusammenstellung Pagentorns zu den diversen Fassadenjonglagen möchte ich die Entwicklung der NW-Seite des Bremer Marktplatzes hinzufügen.

    Merian (perspektivisch idealisiert), Mitte 17. Jhdt:

    Etwa 1820 nach Errichtung der klassizistischen Ratsapotheke anstatt des abgerissenen Doppelgiebelhauses:

    Im Jahr 1894 nach dem Umbau der tw. abgebrannten Ratsapotheke durch Salzmann:

    Für den repräsentativen Umbau trugen sowohl die Stadt Bremen als auch der Kaufmann Franz Schütte einen Teil der Kosten - denn "nach einer regen, öffentlichen Diskussion, auch in der Bremischen Bürgerschaft, verfestigte sich der Standpunkt, dass „...der Marktplatz so sehr jedem Bremer an Herz gewachsen sei, daß eine dauernde Verunzierung desselben womöglich abgewehrt werden sollte...“. Das waren noch Zeiten!

    Fazit um das Jahr 1900 herum: sehr gelungen.

    Und schließlich die heutige Situation mit der Wiederaufnahme der Doppelgiebel bei der Ratsapotheke und der (in der Tat) an dieser Stelle nicht idealen Fassade des ehem. Hauses 'Schlachte 31' für das Eckgebäude Markt 12.

    Bildquelle: Wikipedia, Urheber 'Rami Tarawneh', CC BY-SA 2.5

    Alles in allem ist natürlich der Marktplatz das unbestrittene Schmuckstück der Bremer Altstadt, das bekräftigt auch diese im letzten Jahr erschienene Briefmarke aus der Serie "Deutschlands schönste Panoramen" (bis auf eine Achse am Rand ist das Haus der Bürgerschaft in diesem Panorama konsequenterweise nicht abgebildet):

    Bildquelle: Senatspressestelle HB; Entwurf: Stefan Klein und Olaf Neumann, Iserlohn; Motiv: Maren Arndt

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Der von Vulgo hochgeladenen Bildfolge zur Entwicklung der Westseite des Marktplatzes möchte ich zunächst ein weiteres Vergleichsbild an die Seite stellen. Dieses gibt links den aktuellen und rechts den Vorkriegszustand (aus der Sorger-Farb-Dia-Serie von September 1939) wieder. Gehen wir die Veränderungen im Einzelnen durch: Das Gebäude der Disconto Gesellschaft am linken Bildrand (heute übrigens ‚Kontorhaus am Markt’ genannt) hat seine Giebel zur Langestraße verloren (und zwar erst deutlich nach dem Kriege, welchen diese unbeschadet überstanden hatten !). Der Wilhadi-Brunnen vor dem Rathaus, der Bremens ersten Bischof gewidmet war, wurde für den unsäglichen Adolf eingeschmolzen (ob das auch für das ‚2,5-Tonnen’ Verkehrsschild gilt, entzieht sich meiner Kennntis; um diese einzige Hässlichkeit auf dem Vorkriegsbild trauere ich allerdings nicht….). Der Giebelhausreihe ist das Rot gewissermaßen in den ‚Kopf gestiegen’, denn es ist aus den Frontfassaden komplett verschwunden und findet sich nun im Dachbereich, der ja in im Vorkriegszustand durch auschließlich schwarze Dachpfannen bzw. Schindeln gekennzeichnet war. Ob ich diese Farbänderung gut finden soll weiß ich nicht so recht. Was mich allerdings gewaltig stört, ist der hinter den Dächern der Häuser aufragende (und mit roten Dachpfannen nur notdürftig kaschierte) Aufbau des umgebauten – ansonsten sehr gediegenen - ehemaligen Bankhauses Schröder (heute C & A) an der Obernstraße, welcher die Dachlinien der Giebelhäuser in einer amorphen organge-roten Masse aufgehen läßt und so deren ehemals klaren Konturen verwischt. Die Verantwortlichen der Baubehörde, die diese unmaßstäbliche Dominanz von Westen her genehmigt haben, haben damit aber auch wirklich jedes Recht verwirkt, die ja angeblich den Marktplatz ehemals von Osten her in den ‚Schatten’ stellenden Bauten von Heinrich Müller (Neue Börse) und Johann Georg Poppe (Baumwollbörse) zu kritisieren. Doch weiter in der Analyse der Veränderungen: Das ehemalige Ratscafe (heute ‚Deutsches Haus’) von Rudolph Jacobs (erbaut 1907-11) welches die rechte Flanke der Giebelhausreihe bildet und mit seinen integrierten Spolien von um 1900 abgetragenen Bürgerhäusern damals ein Novum in Bremen darstellte, hat gegenüber dem Vorkriegszustand sämtliche seiner grünen Fenterläden eingebüßt, scheint aber ansonsten äußerlich unverändert zu sein. Über die Verdrängung der Domschänke durch das Hoffschlaeger’sche Haus wurde bereits oben referiert. Wie Vulgo bereits vermerkte, hat die Ratsapotheke nun zwei Giebel aber dafür keine Dachgauben mehr. Zudem hat sein an Nürnberger ‚Chörlein’ erinnernder Erker sein geschweiftes Dach mit Spitze und Knauf zugunsten einer flacheren Deckung verloren.
    Die im Übrigen augenfälligste Veränderung hat sich zwischen Ratscafe und Ratsapotheke ereignet: Der Ersatz des Vorkriegsbaus durch ein neues Gebäude und die komplette Überbauung der kleinen Stichstraße neben dem Ratscafe (am Schwibbogen erkenntlich), welche den Namen ‚Fleischstraße’ trug.
    Bevor ich diese konkrete Veränderung durch Bilder näher illustriere, möchte ich noch kurz die Geschichte des verschwundenen Baus darstellen: Das Haus mit der Adresse ‚Am Markt 9’ war im Jahre 1620 als Kaufmannhaus erbaut worden, diente dann aber vom Ende des 17. Jahrhunderts bis 1809 als Sitz der sog. Consumptionskammer, eines Teiles der städtischen Fiskalverwaltung. Hernach gelangte es wieder in Privathand. 1886 wurden die oberen Geschosse unter Wahrung des Bestandes ergänzend historistisch umgestaltet. Dies ist der Zustand, den wir auf dem Vorkriegsfoto sehen. Aus der Erbauungszeit unverändert übernommen wurde das Portal, welches zwei Musen bekrönen. Bis zum Zweiten Weltkrieg war das Gebäude Sitz von ‚Kaunes Restaurant’.
    Wenn man nun – in wohlmeinender Weise – das Verschwinden des Konsumtionshauses einer totalen Zerstörung im Weltkrieg zuschreiben will, so ist man auf dem Holzweg ! Es war weit besser erhalten als sein nördlicher Nachbar, der östlichste Teil der Ratsstuben von Rudolph Jacobs (von diesem stand nur noch das Erdgeschoß) und hatte genau wie sein südlicher Nachbar, die Ratsapotheke, im Grunde nur seinen Giebel verloren. Der Rumpfbau wurde ungefähr auf Höhe des alten Giebelansatzes mit einem Pultdach gesichert und hatte in dieser Form bis 1962 Bestand ! Bis 1954 wurde sein Nachbar zur Rechten äußerlich originalgetreu wiederhergestellt und auch der Nachbar zur Linken erhielt seinen – nun sogar – verdoppelten Giebelschmuck wieder. Warum nicht auch das Consumptionshaus in voller Höhe wiederhergestellt, sondern abgerissen wurde, ist mir unbegreiflich. Wahrscheinlich war die historistische Umgestaltung von 1886 sein ‚Todesurteil’ denn der Zeitgeist der 60er Jahre war dem Historismus noch extrem feindlich gesonnen (aber das brauche ich hier im Forum nicht besonders zu betonen…) . Der Neubau des Architekten Bernhard Wessel nahm 1963 Gestalt an und orientierte sich mit dem Fassadenmaterial (Obernkirchner Sandstein) am Sandstein der Ratsapotheke, während der Rotstein des Consumptionshauses ja der Fassade des Ratscafes verwandt gewesen war. Bauherr war die Brauerei Beck & Co. deren Symbole (gekreuzte Anker) an der Spitze des neuen Giebels erscheinen. Genutzt wird das Gebäude bis heute als Restaurant (darauf nehmen die Fassaden-Reliefs Bezug). Seinen Namen erhielt das neue Gebäude nach der Walfisch-Skulptur auf der Giebelspitze, die an den alttestamentarischen Propheten Jonas erinnern soll. Es heißt infolgedessen: ‚Zum Jonas’. Einzige Konzession der Modernisten war das Portal, welches vom Vorgängerbau übernommen wurde.
    Nach allem hat die Weser-Renaissance mit dem alten Consumptionshaus ihren letzten Repräsentanten an der Westseite des Marktplatzes verloren (mit Ausnahme des Portals natürlich) ! Ich finde das sehr bedauerlich. Dieser Abriß war in keiner Weise gerechtfertigt !

    Und nun zu den Bildern:

    Ehemaliges Consumptionshaus / ‚Haus Kaune’ nach 1886 aber noch vor Erbauung der Ratsstuben.

    Teilansicht des Bremer Marktplatzes Mitte 1946
    (Entnommen der ‚Geschichte der Freien Hansestadt Bremen von 1945 bis 2005, Band 1, S. 13). Man sieht die fast totale Zerstörung des östlichsten Teils der ‚Ratsstuben’. Bei deren erhaltenem Mittelteil sind die schwarzen Dachziegel großflächig abgerutscht (ob dies wohl ein ‚Präjudiz’ für die spätere Neueindeckung mit roten Pfannen war ?). Das Consumptionshaus / Haus Kaune ist - trotz der fehlenden Giebel - hingegen in einem derart guten Zustand, daß die Inhaber schon wieder ordentlich geraffte Gardinen in den Fenstern angebracht haben !


    Vergleich des Vorkriegszustandes mit dem im Jahre 1954
    Hier ist die Rekonstruktion des östlichsten Teils der ‚Ratsstuben’ bereits vollendet. Die Ratsapotheke sollte bald folgen. Warum bloß wurde dem ‚Haus Kaune’ keine gleichartige Chance gegeben ? Es hätte diese in jedem Fall verdient !


    Totale des Consumptionshaus-Portals

    Die Detailansicht offenbart die reine Weser-Renaissance !

    Muse 1 vom Poral

    Muse 2 vom Portal

    Jonas’ Wal und die Anker von Haake-Beck

    Die ‚Gastronomie’-Reliefs

    Welches Gebäude ist am historischen Markplatz einer Hansestadt wohl angemessener ?

    Als Abschluß ein Blick vom Domturm auf das Consumptionshaus / Haus Kaune und das alles überragende größte Bremer Rekonstruktions-Desiderat: St. Anschari !

    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (11. April 2015 um 22:21)