• Manchmal löst der morgentliche Blick in die Zeitung völlig überraschend Hochgefühle aus. Wurde das Weltklima gerettet, Afghanistan befriedet oder Deutschland Fußball-Weltmeister? Nein, aber immerhin wird das Gebäude der Bremischen Volksbank an der hiesigen Domsheide abgerissen. Ein absoluter Schandfleck aus den 60ern, an extrem exponierter Stelle und somit extrem störend. Erfreulich. Somit werden mit Bremer Landesbank und eben der Volksbank zwei der drei Katastrophen-Gebäude im sonst halbwegs intakten süd-östlichen Teil der Bremer Altstadt verschwinden. Der komische rote Klinkerhaufen rechts ist ein Verkehrsbeobachtungsposten aus den ca. 70ern, er soll stehen bleiben, warum auch immer.

    Volksbank-Gebäude wird abgerissen | WESER-KURIER

    Fehlt nur noch der Abriss des Amtsgerichtes, in der Bildmitte der Komplex aus Hoch- und Querwürfel mit einer grässlichen Brücke zum gründerzeitlichen Landgericht links.

    Einmal editiert, zuletzt von Erpel (14. Dezember 2011 um 20:54)

  • Solche seltenen Nachrichten liebe ich ja, vielen Dank! :smile:

    Es bleibt aber spannend:

    Zitat

    Was stattdessen kommt, wird das Ergebnis eines Architektenwettbewerbs zeigen.

    Der Verkehrsbeobachtungsposten fügt sich hervorragend in die Bremer Aura ein - geradezu eine Glanzleistung, würde ich meinen.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Das ist natürlich eine gute Nachricht, aber ich würde den Tag nicht vor dem Abend loben. Was da folgen wird, muss nicht unbedingt besser sein.

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Zitat

    Fehlt nur noch der Abriss des Amtsgerichtes, ...

    Nicht zu vergessen, der Abriss der Bremischen Bürgerschaft. Ich gebe ja die Hoffnung nicht auf, daß die Mülltonne bei der nächsten fälligen Sanierung aus dem Stadtbild radiert wird. Doch meines Wissens wurde das Ding bereits 2004 saniert und steht unter Denkmalschutz. :crying:

    Hier ein Bild, als stark wirkendes Brechmittel: http://rpmedia.ask.com/ts?u=/wikipedi…ergerschaft.jpg

  • Der Verkehrsbeobachtungsposten hat ein wenig von einem mittelalterlichen Wachturm und kann getrost stehen bleiben. Bei dem Volksbank-Gebäude sollte man genau beobachten, was als Neubau geplant ist. Gut wäre natürlich, wenn Materialität und Dachform der historischen Nachbarbebauung Berücksichtigung erfahren würde.

  • Hallelujah. Kann nur besser werden.

    Vielleicht wäre es einfach auch am besten, an dieser Stelle nichts neu zu errichten. Man hätte dann eine wunderbare Sichtachse vom Rathaus zum alten Postamt; selbst die St. Johannis Kirche wäre dann teilweise von der Glocke aus erkennbar. Auch würde ein wenig Raum die Enge der Domsheide entlasten. Ein wenig Wunschdenken am Samstag Nachmittag.

    Einmal editiert, zuletzt von MAK (17. Dezember 2011 um 13:41)

  • @ Agon: Auch wenn „früher“ nicht richtig präzise ist, hast Du Dir Deine Antwort mit dem Link auf die Wikipedia-Seite selbst gegeben. Die wunderbare Photochrome-Aufnahme ist relativ bekannt.

    Ich kann noch diese ebenfalls wunderbare Luftaufnahme anfügen, die während des Krieges aufgenommen wurde. Den relevanten Bereich habe ich eingekreist, ganz links sind die Vorgängerbauten der heutigen Bank, die wohl nicht sonderlich bedeutend waren. Die weitere Bebauung weserseitig Richtung zur damaligen Börse wurde nach dem Krieg im Zuge der Verlegung der Weserbrücke für die heutige Straßenbahnführung abgerissen. Wir hatten hier schon mal im Forum eine Bild der Nachkriegssituation des Areals, das ich aber aktuell nicht finde. Das eingekreiste kleine Gebäude wurde übrigens erst nach dem Krieg für die bereits genannte Straßenbahnführung abgerissen. Bildquelle Bildindex.

    Das Gelände wurde offensichtlich während der Kaiserzeit völlig umgestaltet. Als Hinweis auf die Situation um 1900 habe ich noch dieses Bild der alten Post. Heute steht auf dem Gelände das gründerzeitliche Gericht. Links noch einmal das Gebäude, das -völlig unversehrt- nach dem Krieg abgerissen wurde. Bildquelle Bildindex.

  • Genau das Bild meinte ich, danke. Ich gäbe etwas darum, wenn der Bildausschnitt etwas größer wäre. Man erkennt auch, dass die Nordseite des Domshofes, wo an der linken Ecke die Bremer Landesbank demnächst neu baut, weitgehend unversehrt war. In der Verlängerung dieser Front nach rechts steht auf der anderen Straßenseite (etwas links der Bild-Ecke rechts oben) das Cäsars’sche Haus, das ebenfalls unversehrt war und dennoch abgerissen wurde. Stichwort „tabula rasa“. Geringe Teile des Hauses finden sich heute auf dem bekanntlich misslungenen neuen Essighaus wieder.

  • Heute war im Weserkurier ein interessanter Artikel, der sich mit dem Versetzen Bremer Häuser in der Innenstadt befasst.

    Wenn Gebäude umziehen | WESER-KURIER
    (Man beachte auch die Fotostrecken unten, u.a. den Beitrag zum Frese-Haus.)

    Im Prinzip nicht ganz viel Neues. Aber es scheint tatsächlich noch relevante Fassaden alter Häuser in Depots zu geben, die man (an eventuell neuer Stelle) wieder aufbauen könnte. Ich hatte auch schon mal gelesen, dass zumindest Teile des ehemaligen Lloyd-Gebäudes noch irgendwo vorhanden wären.

    Leider ist die Einstellung des obersten Bremer Denkmalschützers zum Thema verpflanzter Fassaden die Folgende (Zitat):
    „Das müssen Ausnahmen bleiben. Wir schaffen damit falsche Welten, ein Freilichtmuseum mit Disneyland-Anmutung.“

    Das hat er tatsächlich gesagt. Disneyland. Vom obersten Bremer Denkmalschützer. Aber jetzt verstehe ich auch (Ironie), weshalb so viele Leute und gerade Touristen skeptisch die der Bürgerschaft gegenüberliegende Häuserzeile betrachten (die Rokoko-Fassade der heutigen Sparkasse wurde an den Markt versetzt) und stattdessen lieber (immer noch Ironie) das Haus der Bürgerschaft photographieren.

  • Das hat er tatsächlich gesagt. Disneyland. Vom obersten Bremer Denkmalschützer.


    Hier findest Du seine Kontaktadresse: Kontakt - Impressum

    Schreib ihm doch bitte persönlich, was Du davon hältst. Danke!

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  • Leider ist die Einstellung des obersten Bremer Denkmalschützers zum Thema verpflanzter Fassaden die Folgende (Zitat): „Das müssen Ausnahmen bleiben. Wir schaffen damit falsche Welten, ein Freilichtmuseum mit Disneyland-Anmutung.“

    Das hat er tatsächlich gesagt. Disneyland. Vom obersten Bremer Denkmalschützer. Aber jetzt verstehe ich auch (Ironie), weshalb so viele Leute und gerade Touristen skeptisch die der Bürgerschaft gegenüberliegende Häuserzeile betrachten (die Rokoko-Fassade der heutigen Sparkasse wurde an den Markt versetzt) und stattdessen lieber (immer noch Ironie) das Haus der Bürgerschaft photographieren.

    Denkmalschutz und Disneyland sind zwei verschiedene Sachen. Disneyland ist das Gegenteil von Denkmalschutz. Wenn man Renaissancefassaden rekonstruiert, dann betreibt man natürlich keine Erhaltung von Denkmälern, was den Denkmalschutzmännern gefällt. Wenn man Denkmäler versetzt ist das natürlich nicht wünschenswert.

    Was aber nicht stimmt ist das pejorative Werturteil gegenüber dem Disneyland.

  • Leider ist die Einstellung des obersten Bremer Denkmalschützers zum Thema verpflanzter Fassaden die Folgende (Zitat):
    „Das müssen Ausnahmen bleiben. Wir schaffen damit falsche Welten, ein Freilichtmuseum mit Disneyland-Anmutung.“

    Die Aussage des Denkmalschützers ist vor dem Hintergrund, dass es zuvor im Artikel heisst, Verpflanzungen seien in Bremen schon immer gang und gäbe gewesen ("Tradition"), irgendwie merkwürdig.

    Weiss jemand mehr darüber, welche Fassaden tatsächlich noch eingelagert sind?

    Einmal editiert, zuletzt von MAK (30. Dezember 2011 um 00:57)

  • Heute morgen in der Zeitung: Das Projekt Bahnhofstraße 1 (Eckhaus gegenüber dem Contrescarpe-Center) soll nun nach 2 Jahren Hin- und Her starten. Weichen muss dafür ein maximal verunstalteter, entstuckter, mit Werbebanderolen überklebter Gründerzeitler. Sowas geht hier in Bremen schnell. Ich weiß zwar nicht, wie das Gebäude früher aussah, aber in vielen anderen Städten wäre wohl zumindest die Überlegung angestellt worden, das Gebäude zu sanieren, fast müsste man sagen zu rekonstruieren. In Bremen ist dann nur von einem "Schandfleck" die Rede, der "endlich" beseitigt werde. Dass fast die gesamte Bahnhofsvorstadt aus Schandflecken besteht, wird hierbei geflissentlich übersehen.

    Der Neubau soll so aussehen:

    Neubau Bahnhofstraße 1

    Man ist geneigt zu sagen: es hätte schlimmer kommen können. Von all der gesichtslosen, austauschbaren modernen Architektur scheint diese Art (in Bremen auch besonders beliebt, s. direkt gegenüberliegendes Contrecarpe-Center oder Kontorhaus am Wall) wohl mit die erträglichste, oder was sagt ihr?