Köln - Außenbezirke

  • (...) Ein bisserl noch Ornament und Fassadengliederung und man kann wieder von so etwas wie nachhaltiger Architektur sprechen.

    Ein schönes Satteldach dürfte es meinetwegen auch mal sein. Für die gemütliche Dachgeschosswohnung.

    Das Projekt gefällt mir aber auch recht gut. Da kann man nur hoffen, daß die Entwürfe nicht im letzten Moment noch vereinfacht/banalisiert werden. Der erste Spatenstich ist für Juli 2020 vorgesehen. Das sollte doch wohl klappen.

    Auf dem Gelände müsste nur eine flache Halle beseitigt werden.

    https://goo.gl/maps/U6JdmM75Nk1Tv8KL8

    Auf dem Grundstück gegenüber ist auch noch jede Menge Platz.

    Leider ist dieses schöne Bauprojekt am A***h von Köln. Im Zentrum täte das auch mal ganz gut. So weit außerhalb, wird man die Häuser eher nicht zu Gesicht bekommen.

  • Also, das Gelbe vom Ei ist das Projekt für mich nicht. Aber es zeigt Ansätze, die in eine richtige Richtung weisen.

    Positiv: Die Rundbögen im Erdgeschoss. Die Verwendung von Backstein. Die Blockrandstruktur. Der begrünte runde Innenhof.

    Verbesserungsbedürftig: Ein spitzes Dach, statt der mit Magerrasen begrünten Flachdächer. Eine kleinteiligere, besser gegliederte Fassadenstruktur, z.B. durch Risalite und Giebel. Etwas dezente Ornamentik.

  • Volle Zustimmung @Heimdall ! Und selbst der Backstein passt eigentlich nicht wirklich zu Köln, da er vor der Industrialisierung praktisch nicht "einheimisch" war, sondern eher verputzte Tuffsteinbauten mit Lavasteinumrahmung der Fenster, oder (verputztes) Fachwerk.
    Naja ein paar Rundbögen machen noch keine Architektur-Revolution. Kann mir sogar vorstellen dass die Architekten die nur als "Gag" benutzt haben. Die darüberliegende Geschosse sehen jedenfalls so 0815 Investorenschrott aus, leider, allein schon die bodentiefen Fenster...

  • Na sicher geht es immer noch irgendwie besser. Aber man kann nicht immer das Maximum fordern. In der letzten Ecke von Köln, auf einer Industriebrache kann man doch mit solch einem Projekt sehr zufrieden sein. Das Fassadenmaterial ist doch auch völlig in Ordnung. Oder soll man nur noch Stoffe benutzen, die es schon in der Steinzeit in dieser Region gab? Im Vergleich zu 90% der sonstigen Neubauten, ist dieses Ovum doch ziemlich gut. Auch wenn es keine Ornamente, Stuck, Satteldach, Kuppel, ... gibt.

  • noch Stoffe benutzen, die es schon in der Steinzeit in dieser Region gab?

    Naja der "genius loci", der, Geist, die Besonderheit des Ortes, sollte man schon ein wenig berücksichtigen. Köln ist halt noch nicht richtig norddeutsch, weder kulturell noch architektonisch. Aus Sicht der Hanseaten zb mag so eine Architektur zb in Hamburg gut passen, da es dort seit jeher Backstein gibt, aber in Süd/Westdeutschland zb wurde dieser Baustoff nach wie vor außer durch die Gründerzeit kaum benutzt und ist daher ziemlich atypisch.
    Auf der anderen Seite; ja dann wird das Projekt auch teurer, wenn man Baustoffe aus der Region benutzt, da diese immer weniger abgebaut werden.

  • Wobei sich der Gebrauch von Backstein/Klinker doch auch für mich überraschend weit nach Süden runterzieht im Westen. Münster etwa könnte so gesehen "norddeutscher" gar nicht wirken. Der Klinkerexpressionismus hat auch in Düsseldorf noch einige sehr prominente Beispiele, das ganze Ruhrgebiet kennt ebenfalls derartige Ensembles aus den 20er Jahren, tlw. als stadtbildprägende Gebäude, weil sie nach dem Krieg anders als Gründerzeitarchitektur häufig erhalten und wiederaufgebaut wurden. Fremd ist Backstein als Baumaterial der Niederrheinregion ganz sicher nicht.

    Köln ist aber zugegebenermaßen wohl ein Grenzfall, Zustimmung.

  • Ich würde der These, das Backstein ein für Köln ortsuntypisches Material ist, ebenfalls widersprechen. Nach allem, was ich bisher an Bildmaterial gesichtet habe, besteht ein Großteil des historischen Kölns, also auch des vorgründerzeitlichen aus Steinbauten.
    Zum Einsatz kam tatsächlich Lavagestein aus der Eifel, wie schon von @Fachwerkliebhaber erwähnt zum Beispiel für Fensterumrandungen, aber auch zur Verstärkung der unteren Mauerbereiche. So weisen sowohl der Gürzenich, das Stapelhaus, die noch stehenden Torburgen wie zum Beispiel das Hahnentor Basaltsteine aus der Eifel in ihren Mauern auf, sogar am historischen Rathausturm sind sie zu finden. Nichtsdestotrotz waren sie nur an den großen, wichtigen Gebäuden zu finden.
    Diese Gebäude bestehen ansonsten tatsächlich aus Tuffstein (wobei ich sagen muss, ich bin kein Natursteinexperte). Alle romanischen Kirchen, und die eben angesprochenen Gebäude sind abgesehen vom Basalt aus diesem Material aufgemauert, der Kölner Dom ist dagegen aus Sandstein vom Drachenfels und beim Weiterbau im 19. Jahrhundert aus Niedersachsen.
    Das die gewöhnliche Wohnbebauung dagegen auch aus Tuffstein bestanden hat, wage ich stark zu bezweifeln. Patrizierhäuser wie das Overstolzenhaus oder Haus Saaleck sind zwar ebenfalls aus diesem Material, aber es waren eben auch Patrizierhäuser.
    Wenn man sich folgende Bilder der vorgründerzeitlichen Bauten anschaut, erkennt man in meinen Augen aber gewöhnliche Ziegel:

    Hier im Bereich der Lintgasse, in Kombination mit Fachwerk, wohl kurz vor dem Abbruch:


    k%C3%B6ln_altstadt_nord_lintgasse_22_denkmal_denkmalpflege_konservator_stadt_historisch_7ada122729_600x450xfr.jpeg

    Oder hier dieses Haus in der Faßbindergasse, direkt am Neumarkt, ebenfalls kurz vor dem Abriss in den 30ern:

    k%C3%B6ln_altstadt_nord_fa%C3%9Fbindergasse_8_denkmal_denkmalpflege_konservator_stadt_historisch_9086312291_600x450xfr.jpeg

    Und direkt daneben, die Rückseite des "Haus zum Drachen", die Vorderseite war am Heumarkt:

    k%C3%B6ln_altstadt_nord_haus_zum_drachen_denkmal_denkmalpflege_konservator_stadt_historisch_ad6f85294_600x450xfr.jpeg

    Oder hier, ein Blick ins Laurenzgittergässchen, ebenfalls kurz vor dem Abriss in den 30ern:


    k%C3%B6ln_altstadt_nord_vor_dem_umbau_zum_parkplatz_unter_goldschmied_stadt_historisch_denkmal_6ae2288361_600x450xfr.jpeg

    Natürlich kann man es auf den Schwarzweiß-Bildern nicht gut erkennen, aber vom Steinmetz behauene Tuffsteine dürften in der Masse doch viel zu teuer gewesen sein, deswegen gehe ich hier von Ziegelsteinen aus.
    Gerade wenn hier Bilder aus Lübeck gezeigt werden, erinnern mich die schmalen Bürgerhäuser aus Stein häufig an das historische Köln.
    Vielleicht ist ein Grund, dass man das historische Köln erstmal so gar nicht mit Backstein in Verbindung bringt, die völlige Abwesenheit von Bauten im Stile der Backsteingotik. Wie gesagt, die wichtigen Gebäude waren aus Vulkangestein und Sandstein. Aber das ist ja gerade das spannende, wie sich die Materialen und Bauweisen von Ort zu Ort unterscheiden.

    Im Übrigen deckt sich die These, dass in Köln viel mit Backstein gebaut wurde, mit meinen Beobachtungen aus den eingemeindeten ehemaligen Dörfern am Rand der Stadt. Was ich an historischen Gebäuden aus Marsdorf, Junkersdorf, Müngersdorf und Westhofen kenne, ist fast alles aus Backstein, wenn natürlich auch etwas jüngeren Datums.

  • Schon wieder ich und schon wieder Köln. Dort scheint aus meiner Sicht eine ganze Menge sehr Interessantes zu passieren, ich verliere mittlerweile den Überblick über die die vielen neoexpressionistischen Dinger mit Klinker, die dort entstehen, hier mal was aus Mülheim, das Gebäude ist nur Teil eines sehr großen Konversionsprojekts im Stadtteil:


    (Bild: Art-Invest OSMAB Projekt GmbH)

    Viel mehr kann man aus meiner Sicht für Neubauten auf Industriebrachen außerhalb der Innenstadt in Nord- und westdeutschen Industriestädten für einen Hotelneubau nicht erwarten. Grandios, der grüne Klinker. Und immer wieder die Frage, warum so etwas Einfaches so schwer ist in Deutschland.

  • Hallo zusammen, eines der schönen Wohnhäuser im Agnesviertel (gegenüber der Agneskirche) hat einen neuen Anstrich bekommen.

    Wie häufig Geschmackssache, ich finde aber es wirkt nun etwas "entschmückt".

    Ein Vergleich:

    Etwas nördlicher: ein interessantes Wohngebäude (Kempener Straße 93) mit ungewisser Zukunft. Ungewöhnlich finde ich u.a. die großen Erkerfenster,

    aber auch die obere Fensterreihe. Das Erdgeschoss wurde vermutlich in den 70ern "verschlichtet".

    Stadt prüft Haus auf Verwahrlosung (Kölner Stadtanzeiger, online)

    Fotos von mir, Angaben ohne Gewähr.

  • eines der schönen Wohnhäuser im Agnesviertel (gegenüber der Agneskirche) hat einen neuen Anstrich bekommen.

    Seltsamerweise hat man nur den linken Erker geweisst, den rechten aber im vorherigen Zustand belassen.

  • Köln-Bickendorf: Eine, wie ich finde, sehr schön gemachte Seite mit Bildeindrücken und -informationen eines nicht so im Fokus stehenden Stadtteils.

    Auch das "Herzhäuschen" findet Erwähnung: Eher unscheinbar wurde es abgebrochen um wohl wieder aufgebaut zu werden. Es gibt auch Information zur historischen Bebauung zu entdecken. Das Vorwort (Stand: 06.05.2020) und Engagement finde ich bemerkenswert.

    Quelle: Bürgerinitiative Kulturpfad Bickendorf

  • Abgesehen vom albernen Namen ein schönes Projekt in Köln-Ehrenfeld:

    The Wid

    Auf dem Gelände eines Autoteilehändlers sollen diese Gebäude entstehen:

    Klar ist das "obenrum" auch nur relativ üblicher Modernismus, aber die Klinkerbögen geben dem ganzen Projekt einen echten Pfiff. Die gleichen Jungs zeichnen auch für dieses bereits hier gezeigte Projekt verantwortlich:

    nennt sich "Neue Mitte Braunsfeld".

    Ich bleibe dabei, dass Köln neben Hamburg einer der Orte ist, an denen ich zeitgenössischer Architektur noch am meisten Qualität zuweisen würde. Berlin ist sicherlich die Hauptstadt des reduzierten Neoklassizismus (vielleicht zusammen mit Düsseldorf), aber in puncto moderner Architektur wirklich größtenteils gruselig/seelenlos. Das machen Hamburg und Köln mit diesen Melangen und einem gewissen Mid-Century Chic definitiv besser.

  • Und ich bleibe dabei: Sobald auch nur einfachste Teile von Form und Ornament außerhalb von Rechteck-bzw. Strichcodefenstern und eingravierten Schriftzügen am Klingelschild in die Architektur einfließen, bekommt alles mehr Klasse. :smile: Schöner Bau, finde ihn auch ganz passend.

  • Die Rundbögen wirken zeitlos klassisch.

  • Nichts neues aus dem unbelehrbaren Köln: Der Erweiterungsbau einer Realschule in Ehrenfeld ist das neueste Beispiel. Die Argumentation ist wie ein Schlag ins Gesicht für Freunde des klassischen Bauens.


    Zitat

    Der historischen Architektur mit ihrer ornamentalen Hülle begegnen trint + kreuder bewusst mit einer konfrontativen Haltung. Schroff ragen ihre Baukörper auf, die Fassaden bestehen aus Betonfertigteilen mit Ausfachungen aus geschlämmtem Backstein. Statt wie der Altbau mit hübschen Details in Rot und Gelb zu kokettieren, zeichnen sich ihre Gebäude auch farblich durch eine kompromisslose Reduktion auf wenige Grautöne aus. Die Architekten sehen diese gestalterische Dialektik nicht zuletzt als Herausforderungen des Schulalltags zwischen Anpassung und Individualität. Zugleich rahmen die beiden neuen Volumen aber auch den Bestand und schreiben dessen Symmetrie mit zeitgenössischen Mitteln fort. Alles also eine Frage der Balance.

    Block in Balance - Realschule in Köln von trint + kreuder d.n.a.

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Zitat aus dem Link:

    Zitat

    Der historischen Architektur mit ihrer ornamentalen Hülle begegnen trint + kreuder bewusst mit einer konfrontativen Haltung.

    Das sind ja krasse Rebellen. Ein in heutiger Zeit fast nicht zu glaubendes Ausmaß an Mut und Zivilcourage gegen den Mainstream.

    Und dazu noch die Ausführung mit Sichtbeton! eek:)eek:)eek:) So etwas originelles hat Deutschland ja lange nicht gesehen.

    Also, für mich klar ein Kandidat für einen Architekturpreis.

    *Ironiemodus aus (für den Fall einer der Vögel liest das und fühlt sich noch gebauchpinselt)*