Gemeinnützigkeit und Rekonstruktion

  • 'Amtsschimmel' - Skulptur von Blasius Spreng am Heilbronner Rathaus (Foto von Peter Schmelzle)


    Gemeinnützigkeit nach §52 AO und Rekonstruktionen

    Der im Vereinsregister eingetragene Bremer Verein ‚Anschari’, der sich satzungsgemäß insbesondere der Förderung der Rekonstruktion der St. Ansgarii Kirche, des Kornhauses und des Essighauses verschrieben hat, befindet sich (aufgrund extremen Personalmangels in der zuständigen Abteilung des hiesigen Finanzamts) bereits seit Monaten in der Gemeinnützigkeitsprüfung. Nun wurde dem Verein mitgeteilt, daß sich – nach gegenwärtigem Wissenstand der Behörde - die Rekonstruktion verschwundener Gebäude keinem der in § 52 Abgabenordnung (AO) aufgelisteten Zwecke zuordnen ließe und die Gemeinnützigkeit deshalb zu versagen sei.

    Diese Auffassung könne allerdings revidiert werden, wenn der Verein Beispiele aus anderen Städten präsentieren könne, in denen Rekonstruktionen bereits als gemeinnützig anerkannt worden seien. Eine Kopie des jeweiligen Anerkennungsbescheides sei dafür essentiell.

    Vor diesem Hintergrund erlaube ich mir, das folgenden Anliegen vorzutragen:

    Lieber Mitforist ,

    falls Sie Mitglied eines der diversen deutschen Rekonstruktionsvereine sind und Kenntnis von der Existenz eines Anerkennungsbescheids für Ihren jeweiligen Verein haben sollten, möchte ich Sie vielmals bitten, uns Bremern mit einem entsprechenden Hinweis behilflich zu sein. Schon jetzt unseren ganz herzlichen Dank dafür !!! (Ich stelle dieses Thema auf den allgemeinen Strängen ein, da das geschilderte Problem vielleicht auch andernorts einmal von Interesse sein könnte.)

    Anlage :

    Abgabenordnung (AO )§ 52 Gemeinnützige Zwecke

    (1) Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nicht allein deswegen vor, weil eine Körperschaft ihre Mittel einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuführt.
    (2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen:

    1. die Förderung von Wissenschaft und Forschung;
    2. die Förderung der Religion;
    3. die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, insbesondere die Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, auch durch Krankenhäuser im Sinne des § 67, und von Tierseuchen;
    4. die Förderung der Jugend- und Altenhilfe;
    5. die Förderung von Kunst und Kultur;
    6. die Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege;

    7. die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe;
    8. die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes, des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes;
    9. die Förderung des Wohlfahrtswesens, insbesondere der Zwecke der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege (§ 23 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung), ihrer Unterverbände und ihrer angeschlossenen Einrichtungen und Anstalten;
    10. die Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer; Förderung des Suchdienstes für Vermisste;
    11. die Förderung der Rettung aus Lebensgefahr;
    12. die Förderung des Feuer-, Arbeits-, Katastrophen- und Zivilschutzes sowie der Unfallverhütung;
    13. die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens;
    14. die Förderung des Tierschutzes;
    15. die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit;
    16. die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz;
    17. die Förderung der Fürsorge für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene;
    18. die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern;
    19. die Förderung des Schutzes von Ehe und Familie;
    20. die Förderung der Kriminalprävention;
    21. die Förderung des Sports (Schach gilt als Sport);
    22. die Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde;
    23. die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports;
    24. die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich dieses Gesetzes; hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind;
    25. die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke.
    Sofern der von der Körperschaft verfolgte Zweck nicht unter Satz 1 fällt, aber die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird, kann dieser Zweck für gemeinnützig erklärt werden. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben jeweils eine Finanzbehörde im Sinne des Finanzverwaltungsgesetzes zu bestimmen, die für Entscheidungen nach Satz 2 zuständig ist.

    [Hervorhebungen von mir.]

    Auszug aus dem Schreiben des Finanzamtes:

    "[...] Herauszufinden ist daher zunächst, welchem gemeinnützigen Zweck bzw. welchen gemeinnützigen Zwecken die beschriebene Art der Zweckverwirklichung zugeordnet werden kann.

    Die Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege erfordert, dass es sich um vorhandene Gebäuden handelt, die als Denkmal anerkannt sind.

    Die Förderung von Kunst und Kultur umfasst auch die Pflege und Erhaltung von Kulturwerten. Die vorhandenen Kulturwerte sollten als solche durch das zuständige senatorische Ressort anerkannt sein.

    Unter Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde ist die Pflege der Verbundenheit mit der Heimat als sozialem Erfahrungs- und Zugehörigkeitsraum (mit ihrer geschichtlichen und kulturellen Tradition, mit ihren Lebensformen) und dem ihr innewohnenden Bildungswert (Unabhängige Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, S. 115) zu verstehen.Dazu zählt u.a. die historische Landesforschung sowie die Landes-, Volks- und Heimatkunde, die Pflege der regionalen Sprache (Mundart), Musik und Kleidung, die Brauchtumspflege, Unterstützung von Heimatmuseen und Förderung der Schulen im Fach Heimatkunde, die Pflege der Tradition der außerhalb des Bundesgebietes beheimatet Gewesenen (Vertriebene); das Herausgeben von Chroniken und landschaftsbezogener Fachliteratur. [...]

    Eine originalgetreue Rekonstruktion nicht mehr bestehender Gebäude vermag ich im Moment keinem gemeinnützigen Zweck zuzuordnen.[...]

    Bitte prüfen Sie innerhalb des Vorstandes, welche gemeinnützigen Zwecke aus Ihrer Sicht zutreffend sind. Ähnlich gelagerte Fälle in anderen Städten sollten nicht nur genannt, sondern mit Satzung und Anerkennungsbescheid als Beispiel angeführt werden. [...]"

    [Hervorhebungen von mir.]

  • Ich würde mal bei den Altstadtfreunden Nürnbergs e. V. nachfragen. Allerdings sind sie mehrfache Hausbesitzer, und zwar von Häusern, die nicht nur der Gemeinnützigkeit dienen (Kulturscheune, Museum Künertsgasse), sondern auch von vermietbaren Wohnobjekten, die Einnahmen generieren. Von daher denke ich, dass sie nicht als gemeinnützig anerkannt sind.

    Wenn es aber möglich ist, einen Verein mit den Zielen einer Rekonstruktion zu betreiben, der als gemeinnützig anerkannt wird, müsste man eine zweite Gesellschaft gründen, sobald Hausbesitz mit ins Spiel kommt, die dann steuerpflichtig ist und somit den Verein davor bewahrt. Einfach mal so als Gedankengang, aber das werden die Nürnberger und andere sicher schon geprüft haben.

    Die Satzungen sind öffentlich einsehbar, auch für nicht Mitglieder. Natürlich steht dort nichts über den Status der Gemeinnützigkeit, aber vielleicht helfen diese trotzdem weiter.


    Ein mit Euch vergleichbares Bündnis ist die Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt e. V.. Mit ihnen würde ich auch mal in Kontakt treten betreffend dem Anliegen.

  • Besitz und Vermietung von Wohnraum steht m.M.n. der Gemeinnützigkeit nicht per se entgegen, solange die daraus entstehenden Erträge für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Ich bin allerdings kein Jurist...

  • Pagentorn Stadtbild Deutschland ist ein gemeinnütziger Verein. Frag doch mal Tilo Bergmann unseren Vorsitzenden.

    Wir hatten keine Probleme die Anerkennung vom Finanzamt zu bekommen. Ich bin mir sicher, dass es eine Möglichkeit gibt. Ich möchte aber hier nichts weiter schreiben.

    Beauty matters!

  • Rekonstruktion der St. Ansgarii Kirche

    Abgabenordnung
    § 54 Kirchliche Zwecke

    (1) Eine Körperschaft verfolgt kirchliche Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern.

    (2) Zu diesen Zwecken gehören insbesondere die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und die Pflege des Andenkens der Toten, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen.

  • Lieber Agon,

    was Sie hier insinuieren , ist natürlich der Traum von Vielen, die ganz große Lösung, das Endziel.

    Leider ist momentan eher eine museale Nutzung realistischer - da vermittelbarer -, denn die Ansgari-Gemeinde und erst recht die BEK und leider auch breite Kreise der Bevölkerung sehen momentan keinen Bedarf für eine weiteres christliches Gotteshaus in der Altstadt. Selbst viele der Mitstreiter hier würden eine sakrale Nutzung bisher leider skeptisch sehen.

    Aber schön ist sie schon, die Vorstellung, eines Tages wieder das Evangelium Jesu Christi von würdigen Nachfolgern Pastor Bodes und Pastor Leonhardts an neu geweihtem Ort vernehmen zu können sowie die Klänge der großen Renaissance-Orgel quer durch das gewaltige Kirchenschiff über die Häupter der Gemeinde hinweg bis in die Zütphen -Kapelle wehen zu hören...

    Wenn § 54 AO ein Tor zu diesem Fernziel aufzustoßen vermag, dann sollten wir uns diese Norm jedenfalls gut einprägen...