Potsdam - Neubauquartier IV am Alten Markt

  • Wo ist bitte die Schloßstraße in Potsdam?

    Die heißt jetzt Anna Zielenziger Straße. :wie:

    Wo die Kaiserstraße?

    Die heißt jetzt Anna Flügge Straße. :wie:

    Vielleicht heißt die Straße unter den Linden in Berlin irgendwann einmal Lieschen Müller Allee?

    Ja,zur Zeit hat man's jetzt überall mit der Weiblichkeit.

  • ...entlarve ich mich jetzt als bildungsfernen Banausen, wenn ich kundtue, dass ich noch nie etwas von den Damen Erika Wolf, Anna Flügge oder Anna Zielenziger gehört habe? Wie viel schöner, erhabener, bedeutsamer waren da doch die Namen Kaiserstraße, Schlossstraße, Schwertfegerstraße... Ich werde mich an die neuen Namen jedenfalls nicht gewöhnen.

    Bleibt auch hier zu hoffen, dass zukünftige Generationen sich des Wertes der historischen Namen erinnern und diesen Quatsch der Umbenennung rückgängig machen werden.

  • Das Glashaus am Neumarkt empfinde ich als extrem störend. Ein hässliches, dunkles, klaffendes Loch im Raum. Es ist tatsächlich pure Ironie, dass darin die 1900 Location untergebracht ist.
    Warum hat man nicht wenigstens eine Glasfassade im Stil um 1900 daraus gemacht?

    Dafür ist es wie es so oft bei modernen Gebäuden ist: Von innen ist das Haus recht nett und der Ausblick von der Wohnung ganz oben.... herrlich

    stadtbild-deutschland.org/foru…dex.php?attachment/50360/

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    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • ...entlarve ich mich jetzt als bildungsfernen Banausen, wenn ich kundtue, dass ich noch nie etwas von den Damen Erika Wolf, Anna Flügge oder Anna Zielenziger gehört habe?

    Überhaupt nicht! Die drei Damen waren Politikerinnen von CDU, SPD und KPD. Zumindest für Frau Wolf (CDU) weiß ich, dass ihre Tochter ausdrücklich darum gebeten hat, die Straße nicht nach ihr zu benennen, aber auf solche Befindlichkeiten kann man im Namen der guten Sache natürlich nicht Rücksicht nehmen...

    Das ganze passierte mit einem Trick, auf den die SPD mächtig stolz ist: da es sich verfahrensrechtlich um ein Neubaugebiet handelt, war die Stadt verpflichtet, die neuen Straßen nach Frauen zu benennen. Es ergibt sich die groteske Situation, dass die Schwertfegerstraße nur die Hausnummern 7 und 8 besitzt. (Die Verpflichtung war übrigens eine Selbstverpflichtung, eine Ausnahme von der Regel wäre mit Leichtigkeit möglich gewesen.)

    EDIT: danke für die Korrektur, Konstantindegeer

  • Eine solche Verpflichtung zur Bennennung neuer Straßen nach Frauen gibt es nicht. Die Schloßstraße ist ja auch weder männlich noch weiblich, insofern greift das Geschlechterargument wenig.

    Es handelte sich um eine politische Entscheidung im Kulturausschuß der SVV; in die sich die CDU hat einbinden lassen - ein schwerer Fehler, wie die Partei auch heute weiß. SPD und Sozialisten wollten modern sein und - wenn denn schon die Architektur und die Konzeption des Quartieres größtenteils recht konservativ ist - wenigstens hier punkten.

    Über die Damen kann man in diesem rotroten Steuergeldverbrennungsprojekt mehr erfahren: https://frauenwahllokal.com/potsdamerinnen…iger-1867-1943/

  • Zum Leitbau Palazzo Barbaran da Porto Eckhaus Schwertfegerstraße 1

    Erbaut: 1753

    Architekt: Christian Ludwig Hildebrandt

    Erstbesitzer: Wilhelm Sternemann

    Vorbild: Palazzo Barbaran da Porto in Vicenza (1570 von Andrea Palladio)

    Skizze von Friedrich II:

    Rechts steht "facade de la rue de l'eglisse egale a cette la" - "Fassade zur Seite der Straße der Kirche gleicht dieser." Unten steht "Maisson de Sternemann facade de la Schwertfeger Strasse"- "Haus des Sternemann - Fassade der Schwertfegerstraße"

    schwertfeger-skizzevc4k.jpg

    Das alte Photo von mir koloriert und vergrößert:

  • Dieser Strang behandelt die Neubebauung des Blocks IV (rund um die Stadt- und Landesbibliothek) und umfasst als Leitfassade den Palast Barberan da Porto von Andrea Palladia und als Bauten mit Gestaltungsvorgaben das nordöstliche Archeckenhaus und das sog. Trippen- oder Probenhaus.

    Der südliche Teil ist durch Ausschreibung in zwei Losen à drei Parzellen zwei privaten Investoren an die Hand gegeben worden. Der westliche Teil soll von der kommunalen Pro Potsdam umgesetzt werden und Sozialwohnungen sowie kommunale Einrichtungen enthalten. Der nordöstliche Teil (an der ehem. Kayserstraße) soll vom Studentenwerk des Landes Brandenburg bebaut werden.

  • "Modern" heißt aus der heutigen Architektursprache übersetzt oft einfach nur gestaltungsarm und billig. Also "Weniger ist mehr" laut Mies van der Rohe.

    Insofern glaube ich (hoffe es aber nicht), dass es eine stark abgespeckte oder "futuristische" Glas-/Betonversion werden könnte.

  • Jeder Neubau ist modern. Es geht ja gar nicht anders. Wir sind ja auch moderne (sprich: gegenwärtige) Menschen - auch das geht gar nicht anders.

    Modernistisch sollte man an dieser Stelle nicht bauen dürfen, sondern weitestgehend an den historischen Vorbildern orientiert.

  • Die ersten überarbeiteten Visualisierungen der Häuser des Loses 4 im Block IV. Tatsächlich dind signifikante Verbesserungen zu erkennen. Stärkere Ausprägung von Gesimsen, Gauben, Plastizität und Materialwechsel. Auch bri der Fuge scheint die extravagante Vorhangfassade tiefer in die Parzelle hineingezogen zu sein um die Straßenflucht nicht zu beeinträchtigen.

    Quelle: https://www.kosmowski-architects.com/

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Danke, sehr interessant! Irgendwie gibt es die alte Seite der potsdammermitte.de nicht mehr, oder? Die neue Seite ist sehr viel unübersichtlicher, finde ich...

    Bei dem Achteckenhaus hätte ich diesen Entwurf hier trotzdem sehr viel besser gefunden:

    Der hätte uns auch dieses komische Fugengebäude - den Auffahrunfall - erspart. Aber was solls, hätte hätte... Das wird trotzdem ein sehr schöner Block. Hoffen wir, dass die Lose der Pro Potsdam und des Studentenwerks auch noch gut werden.

  • Wo einst das Trippenhaus stand: Antike Ideen für die Leerstelle neben der Potsdamer Bibliothek
    Ungewöhnlicher Vorschlag: Das junge Architekturbüro Planwerk mischt sich in die Debatte um die Gestaltung der Neuen Mitte ein.
    www.tagesspiegel.de

    "Seit vielen Jahren klafft neben der Stadt- und Landesbibliothek am Platz der Einheit eine große Leerstelle. Nicht wenige dürften sich schon Gedanken gemacht haben, was dort neben die fensterlose Wand des Bildungsforums gebaut werden könnte? Auch das junge Architekturbüro Planwerk aus Potsdam hat dies getan – und einen Entwurf mit überraschendem Design veröffentlicht: Rote Backsteinfassade, antike Rundbögen, klare Formen"

    Für mich die beste Nachricht in dem Artikel:

    "Dennoch ist ausgeschlossen, dass der Entwurf gebaut wird, denn Planwerk durfte nicht am Wettbewerb teilnehmen: Bedingung für die Ausschreibung war, dass mindestens drei Geschäftsjahre vorgewiesen werden können, Planwerk gibt es jedoch erst ein Jahr."

    Geradezu als Frechheit empfinde ich die Architektenprosa, mit der ernsthaft versucht wird, diesen völlig unpassenden Kastenbau als würdigen Nachfolger des Huis Trip, das an dieser Stelle stand, zu verkaufen:

    "Als Vorbild diente der altertümliche Bautyp des Tabulariums: „Tabularien waren in der Antike öffentliche, staatliche Gebäude, die der Archivierung von Urkunden dienten“, sagt Giesecke. Also gewissermaßen Bibliotheken, was zur Funktion des Hauses passen würde. Die Wahl des Baumaterials verweist ebenfalls auf die Vergangenheit: „So waren tatsächlich in dem Bereich der Altstadt Backsteinbauten anzutreffen“, sagt Giesecke. „Berühmtestes Beispiel ist hier sicherlich das Trip Huis."

    Das Trippenhaus war eine Art Probebau für das Neues Palais, dessen Mauerwerk ebenfalls von roten Backsteinen dominiert wird. Damit geht Planwerk auf eine Vorgabe der Pro Potsdam ein: „Neuinterpretation ,Huis Trip’ empfohlen“, steht in den Wettbewerbsunterlagen.

    Zusammen mit den geraden, modernen Formen des Entwurfs ergibt sich eine Verbindung aus alt und neu: „Das Gebäude funktioniert als Vermittler zwischen der zeitgenössischen Fassade der Bibliothek und den in der Friedrich-Ebert-Straße anschließenden drei Stadthäusern nach Potsdamer Fassadentypologie“, so Giesecke. Dass das Gebäude so klobig angelegt ist, hat auch seinen Grund: „In Potsdam war es Standard, Eckbauten sehr stabil auszurichten, so dass die Häuser an den Seiten davon eingefasst wurden“, sagt Giesecke.

    Also, wenn mit derartigen Entwürfen die Anlehnung an das Huis Trip, die gefordert wird, schon als erfüllt angesehen wird, dann :gutenacht:.

    Ich hoffe doch sehr, dass wir im nächsten Jahr deutlich bessere Entwürfen für das Los 1 des Blocks IV zu sehen bekommen. :opa: