Die Geschichte der "Café Achteck" in Berlin

  • Ein etwas anrüchiges Thema , daß aber unweigerlich zu Berlin gehört ist die Geschichte der öffentlichen Pissoirs im Berliner Volksmund auch Café Achteck ( da wird man den Café los ) genannten Bedürfnissanstalten. 1737 bestand ein öffentliches Urinal unter einem Portal am Berliner Stadtschloss, die Entleerung erfolgte in die Spree. Das war natürlich ein unhaltbaren Zustand und so verlangte die Öffentlichkeit den Bau von moderneren Bedürfnissanstalten. Aber erst unter dem Polizeipräsidenten Karl Ludwig Hinkeldey kam es wieder in die öffentliche Diskussion. Der Berliner Volksmund dichtete darauf:

    Ach lieber Vater Hinkeldey

    mach uns für unsere Pinkelei

    doch bitte einen Winkel frei

    Die Konzession für die Aufstellung von 180 Anschlagsäulen davon 30 Urinale erhielt dann der Unternehmer Ernst Litfaß. Die 30 Urinale sind aber nie wegen der fehlenden Wasserversorgung oder deren Finanzierung gebaut worden. 1863 entstanden erste Bedürfnissanstalten am Askanischen Platz und an der Fischerbrücke. Ab 1870 unter dem Polizeipräsidenten Guido von Madai entstanden weitere Modelle ( im Volksmund Madai- Tempel ) genannt. Ein Konkurrenzmodell war das runde Modell ( im Volksmund Rotunde ) der Firma Aslen & Hirschberg. 1878 wurde ein Wettbewerb für die Gestaltung der öffentlichen Bedürfnissanstalten ausgerufen und der Entwurf des Stadtbaudirektors Carl Theodor Rosputt setzte sich durch, es bestand aus einem achteckigen Grundriss. Am Eingang stand eine Sichtschutzwand, das Material der dann genannten Café Achteck bestand aus grün angestrichenen Gusseisen. 1883 gab es über das Stadtgebiet verteilt bereits 77 Stück, 1920 mit der Bildung von Groß- Berlin 142 Café Achteck. Im Jahr 2000 waren noch 25 Café Achteck vorhanden,davon 17 unter Denkmalschutz. Die Restaurierung dieser zu Berlin gehörenden Café Achteck hat in den letzten Jahren die Firma Wall AG übernommen. Auch die Aufstellung modernerer Bedürfnissanstalten die aber nicht den "Charme" der alten Café Achteck haben, werden durch die Firma Wall AG aufgestellt und betrieben. Vielleicht entdecken noch andere Foristen Café Achteck im Stadtgebiet.

    Noch einige Beispiele folgen jetzt:

    Siegerentwurf des Café Achteck von Carl Theodor Rosputt

    Quelle: berlingeschichte.de


    Café Achteck am Senefelder Platz

    Quelle: berlingeschichte.de


    Vorgängermodell an der Schlossbrücke am Stadtschloss

    Quelle: berlingeschichte.de


    Café Achteck Schönhauser Allee

    Quelle: flickr.com


    Café Achteck Gendarmenmarkt

    Quelle: wikimedia


    Café Achteck Schöneberg Leuthener Platz

    Quelle: wikimedia


    Café Achteck Karl-Marx-Strasse / Kirchhofstraße

    Quelle: berlinonline.de


    Café Achteck Huttenstraße

    Quelle: wikimedia


    Café Achteck Tempelhof Friedenstraße

    Quelle: berlingeschichte.de

  • Es gibt auch noch andere, Bilder bitte zu dieser typischen Berlingeschichte einstellen.

    Café Achteck der FA Protz in anderer Form unter der Hochbahn am Schlesischen Tor

    Quelle: wikimedia


    Café Achteck am Chamisso Platz

    Quelle: wikimedia


    Café Achteck der FA Protz auf dem Alexanderplatz


    Café Achteck der FA Protz Alexanderplatz links von der Berolina


    Hinweis an die Moderatoren diesen Artikel unter sonstige Berlinische Themen einordnen. Ich weiss nicht wie das geht. Danke !!!

  • Es ging hier wohl nur um die Bedürfnisse der männlichen Bevölkerung - oder ?

    Sind die verbliebenen Exemplare noch in Betrieb ?

    Wie siehts dann mit der Reinigung bzw. Geruchsbelästigung aus ? Dafür waren die Anstalten ja berüchtigt.

    In Berlin- Niederschönhausen am Herthaplatz stand eine, die hatte eine lange Pinkelrinne am Boden und eine geteerte "Prallwand"

  • Es gibt in Berlin noch 29 öffentliche Pissoirs aus Gusseisen. 2 davon sind abgebaut und dienen als Ersatzteilspender ( Liesenstraße und Lohmühlenstrasse ) , 1 ist zum Café !!! umgebaut worden ( am Schlesischen Tor unter der Hochbahn ) . Von den vorhandenen haben 23 eine achteckige Grundform und das erste Pissoir für Frauen entstand 1882 im Tiergarten, danach gab es die Möglichkeit auch in den vorhandenen der FA Rudolf Protz. 17 gusseiserne Pissoirs stehen unter Denkmalschutz, 16 stehen noch an ihrem alten Standort. Das Café Achteck am Chamisso Platz wurde in den neunziger Jahren durch die FA Wall AG restauriert ( die Kosten betrugen damals 250 000 DM ), die anderen warten noch auf ihre Restaurierung. Die meisten der noch vorhandenen Café Achteck stehen im Bezirk Kreuzberg und Wedding jeweils 6 Anlagen, im gesamten ehemaligen Ostteil sind noch 5 vorhanden darunter das mit viel Presserummel neu aufgebaute Café Achteck am Gendarmenmarkt vor dem Französischen Dom. Soweit ich weiß, sind alle noch in Betrieb über den inneren Zustand kann ich keine Auskünfte geben, aber vielleicht wissen andere Foristen da Bescheid. Es ist immer wieder interessant auf alten Berlinbildern auch alte Standorte neu zu entdecken, ich schaue jetzt meine Sammlung gründlich durch !

  • Ich war letztes Jahr im Café Achteck am Sendefelderplatz und war positiv überrascht. Kaum unangenehme Gerüche und verblüffend sauber. Man sollte hierbei allerdings die Lage in Prenzlauer Berg bedenken. Ich denke im Wedding könnte es anders aussehen. :wink:

  • ich habe noch 2 alte Café Achteck auf alten Berlinbildern entdeckt, sie bestehen aber heute nicht mehr. Die FA Rudolf Protz die im Jahr 1879 eine Ausschreibung gewann errichtete weitere Anlagen. Sie bestanden überwiegend aus Holz und hatten je 6 Sitzplätze für Damen und Herren wovon 1 Sitzplatz kostenlos anzubieten war, eine Auflage des Magistrats !!!. Sie hatten eine rechteckige Grundform und keines von diesen ist erhalten. Außerdem wurden einige umgewidmet z.B. am Kottbusser Damm und am Amtsgerichtsplatz in Charlottenburg zum Imbiss, genauso wie der von mir erwähnte Imbiss am Schlesischen Tor. In Friedrichshagen vor dem Spreetunnel ist ein jahrelang verwahrloste Anlage in ein Café umgebaut worden, am Marktplatz in Friedrichshagen kann man in einem Teil inzwischen Zeitungen und Veranstaltungskarten erwerben. Die Anlagen in Friedrichshagen bestehen aber aus gewöhnlichen Mauerwerk. Jetzt zu den Bildern

    das erste Café Achteck ist vom Potsdamer Platz und lag etwas versteckt am Rand des Platzes, rechts hinter einer Werbetafel vor dem rechten Torhaus von Schinkel


    hier ist es besser zu sehen auf der linken Seite


    das zweite Café Achteck ist vom Spittelmarkt


    und eine Vergrößerung des Bildes vom Spittelmarkt


    Außerdem eine Aufnahme vom Kurfürstendamm Ecke Joachimsthaler Straße, am unteren Bildrand ist das ein rundes "Café Achteck" ? und exestiert es noch ?

    viel Spaß beim weiteren stöbern in alten Aufnahmen !

  • Es ist einer unterirdischen Toilettenanlage und der Verbreiterung der Joachimsthaler Straße gewichen - oberirdisch seit dem ein Kiosk und die noch vorhandene Verkehrskanzel.

  • Außerdem eine Aufnahme vom Kurfürstendamm Ecke Joachimsthaler Straße, am unteren Bildrand ist das ein rundes "Café Achteck" ? und exestiert es noch ?

    Die Rotunde n der Nähe des Bahnhof Zoo existiert meines Wissens nach schon lang nicht mehr.

  • Heutige Nachricht:

    Das Café Achteck auf dem Gendarmenmarkt wurde abgerissen.

    Grund: Statische Probleme - nicht mehr sanierungsfähig.

    Nach Aussage WALL ist ein Ersatz nicht vorgesehen.

    Allerdings war diese Anstalt ("Man bittet, die Kleider in der Anstalt zu ordnen") kein historisches Objekt. Sie wurde 2003 als Replik aufgestellt.

  • Wer hat das Gutachten über die Standhaftigkeit in Auftrag gegeben ? Etwa Wall ? Übrigens steht auf dem Gendarmenmarkt ein neuzeitliches der FA Wall. Musste das historische deshalb weg. Ein Schelm wer böses dabei denkt !:cursing:


    Historisches Café Achteck der FA Rudolf Protz vor dem Deutschen Dom

    Quelle : photos.google.com

  • Snork 19. Januar 2020 um 13:17

    Hat den Titel des Themas von „Die Geschichte der Café Achteck in Berlin“ zu „Die Geschichte der "Café Achteck" in Berlin“ geändert.