Bremen - Bahnhofsvorstadt

  • Die Empfangshalle im Detail

    Abbildung 01

    Medaillon : Hermes mit Füllhorn und Stab auf geflügeltem Eisenbahnrad. Darüber Kopf der Germania mit Kaiserkrone (?). Ist die Letztere möglicherweise der Grund weshalb der Kopf heute nicht mehr vorhanden ist ?

    Abbildung 02

    'Kathedralglas' mit geflügeltem Eisenbahnrad.

    Abbildung 03

    Gepäck-Abfertigung.

    Abbildung 04

    'Zu den Bahnsteigen'. Man beachte die markant marmorierte Sockelzone !

    Abbildung 05

    Tafel 'Wartesaal 1. und 2. Klasse.

    Abbildung 06

    Bogen über Wartesaal-Eingängen mit Glassegmenten und Uhr.

    (Die ionischen Halbsäulen wurden bei der Renovierung der 1990er Jahre wieder ungefähr an ihrem originalen Standort angebracht)

    Abbildung 07

    Giebel über Wartesaal-Eingängen.

    Abbildung 08

    Erfrischungsbrunnen (mit anscheinend feuchtem umgebenden Bodenbereich), Sitzbank und abgestelltem Gepäck.

    Abbildung 09

    Gemusterter Bodenbelag.

    Abbildung 10

    Fahrscheine nach Oldenburg - alle Klassen.

  • Abbildung 11

    Detail des Schnitzwerkes der Billetterie.

    Abbildung 12

    Schalter und Aushänge.

    Abbildung 13

    Ablagen und Schranken.

    Abbildung 14

    Blick zur Gepäckwaage.

  • Wartesaal 1. und 2. Klasse

    Innenansicht auf einer - etwas genialisch - kolorierten Ansichtskarte. Das rechte Viertel der Karte scheint im Übrigen per Hand gezeichnet worden zu sein. Man beachte die schiefen Fenster der Südseite und die krumme Tür rechts vom zentralen Bogen der Ostwand.

  • Eine etwas qualitätvollere Ansicht desselben Raumes (Wartesaal 1. und 2. Klasse), welcher auch das Bahnhofsrestaurant beherbergte. Leider wurde der Raum in den Jahren 1959 bis 1960 durch das Einziehen einer Zwischendecke in zwei Etagen unterteilt. Dieser Bauzustand ist bei der großen Renovierung der späten 1990er Jahre - trotz Rekonstruktion der zwischenzeitig zerstörten großen Bogenfenster - leider nicht rückgängig gemacht worden. Daher beherbergt die die untere Etage -erschlossen durch einen zentralen Mittelgang -diverse 'Fast-Food' Anbieter sowie einen Blumenladen, während die obere Etage von einer 'Rossmann'-Filiale eingenommen wird...

  • Fundstücke aus dem eigenen Garten

    Wenn man direkter Anlieger der Bundesbahn ist ( Strecken nach Osnabrück, ins Rheinland, nach Hannover und nach Berlin), findet man bei der Gartenarbeit manchmal unerwartete 'Schätzchen'. So ging es mir vor Jahren, als ich diese Relikte des seinerzeitgen Bahnhofsrestaurants ausgrub, die - nach der Machart zu schließen - vor dem 1. Weltkrieg im obigen - im letzten Beitrag gezeigten - Wartesaal zum Einsatz gekommen sein dürften...

    (eigene Fotos)

    Abbildung 01

    Relikte von zwei Tellern und - wohl - einem Kännchen.

    Abbildung 02

    Das geflügelte, auf einer Schiene laufende Eisenbahnrad, welches sich ja als Bauschmuck am Hauptbahnhof häufig findet.

  • Frage, Bitte und Appell an Bremer und Bremen-Besucher unter den Mitforisten:

    Falls jemand von Ihnen über Ansichtskarten, Fotos oder sonstige Abbildungen von dem im neu eingezogenen Obergeschoß des ehemaligen Wartesaals 1. und 2. Klasse seit 1959 / 60 bestehenden Gaststättenbetrieb verfügt, wäre ich für einen Hinweis sehr dankbar.

    Ebenso interessiert wäre ich an Fotos und Abbildungen der im (süd-)östlichen Flügelbau eingerichteten , zum Gaststättenbetrieb gehörigen Restaurantküche !

  • Damit kann ich leider nicht aufwarten, Pagentorn, aber ich habe noch einige Bilder zum Hauptbahnhof bei mir finden können.

    Hier ein Querschnitt vom Empfangsgebäude

    Wartesaal erste Klasse

    Eine schmiedeeiserne Prunktreppe verband die fürstlichen Empfangsräume im Obergeschoss des rechten Seitenflügels direkt mit dem Vorplatz

    Fürstenzimmer im Empfangsgebäude

    Und jetzt noch zwei neuere Fotos:

    Diese scheußlichen, an bestimmte Etablissements erinnernde Baldachine "schmückten" einst den Eingangsbereich des Hauptbahnhofs. 70/80er-Jahre-Stil. Yes Sir, I can Boogie.......

    Der Hauptbahnhof 1980, er wurde erst 1973 vom neuen Landesdenkmalpfleger Hans-Christoph Hoffmann unter Denkmalschutz gestellt.

    Ein Blick ins Innere. Der Schokostand war durch sein markantes Äußeres einmalig, hier eine Aufnahme von 1976.

  • Sehen Sie,

    und genau um die furchtbare Metamorphose des Fürstenzimmers nachvollziehen zu können, wären Bilder von der Restaurantküche wichtig (denn dazu wurde das Zimmer 1959 / 60 umgebaut).

    Na ja, heute wird der Raum als Lager des Drogeriemarktes 'Rossmann' verwendet. :kopfwand:

    Ich werde in bälde dort einmal Nachschau halten können (dazu habe ich bereits Kontakt aufgenommen), wie sich die 'Kubatur' (denn mehr wird nicht mehr vorhanden sein - außer den Fenstern) heute präsentiert. Ich hoffe zwar immer noch auf Reste der Decke oberhalb von Abhängungen und Verkleidungen, aber solche versteckten Reste hätten eigentlich bei der großen Renovierung der 1990er Jahre schon zum Vorschein kommen müssen; sind sie aber nicht...

    P.S.: Ob S.M. jemals in diesem Raum gewesen ist und den Kaiseradler über der Anrichte gesehen hat, ist nicht eindeutig geklärt. Meistens wird er unmittelbar vom dem an Gleis 1 haltenden Hofzug zur gußeisernen Treppe des fürstlichen Treppenhauses und von dort weiter zur Kutsche bzw. zum Hofautomobil geschritten sein.

    Abbildung

    Abfahrt von S.M. vom Bahnhof zum Beginn seines Besuches in Bremen am 6. März 1901 (dem Besuch bei dem später der unselige Weiland sein Eisenstück auf den Kaiser werfen sollte). Im Hintergrund der Eingang zum Ostflügel mit dem Fürstenzimmer. In der Kutsche neben dem Kaiser: Bremens großer Bürgermeister Alfred Dominicus Pauli (ein gebürtiger Lübecker).

    P.P.S. : Der letzte Benutzer von Fürstenzimmer und -treppe soll in den 50 Jahren übrigens 'Papa Heuss' gewesen sein. Und dann schlugen die Modernisten zu. In Oldenburg war man seinerzeit hingegen klüger. Dort bestehen die historischen Wartsäle im Bahnhof bis heute, inklusive des Zimmers für Seine Königliche Hoheit, Großherzog Friedrich August. Sie bilden gegenwärtig den edlen Rahmen des Bahnhofsrestaurants.

    Als Bremer schmerzt es einen natürlich, Oldenburg in der Form loben zu müssen, aber Ehre wem Ehre gebührt !

  • Nur noch mal ganz schnell zwei der - sicherlich unwiederbringlich verlorenen - Details des Fürstenzimmers:

    Kaiseradler mit Krone des Deutschen Kaiserreichs.

    Zentaur mit Keule (in pompejanisch anmutender Wandmalerei.

  • Pagentorn, aber ich habe noch einige Bilder zum Hauptbahnhof bei mir finden können.

    Beim Betrachten der alten Hauptansicht des Empfangsgebäudes müßte es dem Dudler Max ganz schwarz vor Augen werden. Umwerfend schön!

  • Das von Professor Hubert Stier entworfene Gebäude des Bremer Hauptbahnhofs gilt unbestritten als einer der schönsten historistischen Bahnhöfe Deutschlands.

    Ja. Und unbestritten hier einer der schönsten Bahnhofsvorplätze Deutschlands. Das waren noch Zeiten! Traumhaft schön und grün.

    Unbestritten zunehmende Verschlechterung. Wobei linker Hand noch die Rasenrabatte geblieben sind. Das Loch der Tiefgarage schmälert die Wirkung. Rechter Hand die Verunstaltung einer der ehemals schönsten Bahnhofsplätze Deutschlands durch das moderne Zweckdenken. Aus meiner Sicht einer der hässlichsten Bahnhofsvorplätze Deutschlands geworden.

    Das waren auch noch Zeiten! Mein Vorschlag für die Bahnhofsinitiative 2014 des Rückbaus des Platzes und weiträumiger Begrünung. Schade darum. Nun stehen vorne links die mächtigen Dudlerbauten. Ich habe heute nochmals nachgelesen, Interview von Max Dudler mit den Bremer Nachrichten, 5. Juni 2017: "Mit Kritik kann ich gut leben." Und weiter: "Wo kommen wir denn hin, wenn Menschen durch Partizipation die Architektur bestimmen?"

    Nichtsdestoweniger habe ich heute nochmals Überlegungen zu einer Verbesserung der Platzsituation und auch nachträglichen Begrünung der Dudlerbauten angestellt, zumal die Bremer GRÜNEN mit Maike Schaefer heute im WK den "Weg zur kühlen Großstadt" propagieren - es wird ihnen allmählich zu heiß - soll sie von meiner Seite bekommen, und ich sende ihr meine Vorschläge gleich morgen zu. Zumal ihre Behörde im WK heute verlautbaren liess: "Vor allem in dicht bebauten Innenstadtgebieten heizten sich unverschattete, vegetationsarme und versiegelte Flächen sehr stark auf."

    Womit wir am dicht bebauten, unverschatteten, vegetationsarmen und versiegelten Bahnhofsplatz wären, der sich in diesen Tagen enorm aufheizt. Hier Vorschläge eines ´Weges zur kühlen Großstadt´:

    Lageplan mit ca. 80 neuen Baumpflanzungen, 6 neuen Rasenrabbaten, teils mit Wasserspielen, sowie einem neuen Bushalteplatz. Die diagonal strukturierten Platzmuster resultieren aus der betonten Diagonale des City-Gate.

    Luftschau mit Richtung Bahnhof verschobenen Straßenbahnhaltestellen und neuen Glasüberdachungen. Vor dem Dudlerbau wird ein breiterer Raum für Bäume, Gehwege und Haltestelle geschaffen. Im Vordergrund rechts der neu angelegte Bushalteplatz für ca. 13 Busse.

    Blick zum Überseemuseum. Ein Stück des Alt-Bremer Bahnhofsplatz-Flairs wird mit neuen Formen wieder spürbar. Wenn das nicht das Aufheizen der Platzflächen mindert, was dann?

    Blick aus dem City-Gate. Der Weg für Fußgänger aus dem City-Gate zum Bahnhof und umgekehrt ist frei. Die Verschiebung und Neuanlage der Haltestellen- und Dächer macht´s möglich. Ampelgeregelt muß der Besucher, Gast oder Bremer beim Überwegen nicht mehr, wie heute, um sein Leben fürchten, auch nicht über Bordsteine stolpern. Alles ist planeben und barrierefrei. Das Design der glasüberdachten Haltestellen ist heiter und leicht. Pflastersteine mit Sickerfugen in Teilflächen sorgen für eine natürliche Entwässerung.

    Und zurück zu Max Dudler: ´Wo kommen wir denn hin, wenn Kollegen durch Partizipation meine Architektur verändern wollen?´

    Nämlich Begrünung seiner 5 x abterrassierten Geschosse, welche an den Terrassenunterseiten der Fassaden ringsum bereits hässliche Vermoosungen aufweisen. Lieber Kollege, das kommt davon, wenn man falsch plant und niemand partizipieren lässt. Ist doch jedem Architekten klar, dass solche Terrassenaufstufungen ideale Regen- und Schmutzfänger sind, das Wasser nun mal verschmutzt ist. Und so wären neue Terrassenpflanzen in Trögen nicht nur ein Mittel, die zunehmend unschönen Verfärbungen Ihres wunderschön weissen Steins zu kaschieren, sondern zudem ein "Weg in die kühle Großstadt." Oder wollen Sie daran auch keinen Menschen partizipieren lassen?

    Wir Architekten müssen alle mit "Kritik" leben. Ob wir wollen oder nicht. Wir sind mit dem, was wir bauen, jeden Tag und überall allen Blicken ausgesetzt. Ich aber kann nicht gut mit Kritik leben, weil ich immer wieder, und schon lange, bestrebt bin, nicht zu planen und zu bauen, was solche Kritik - wie jene zu Ihrem Bau - provozieren würde. Ich will auch Menschen partizipieren, weil ich für Menschen planen und bauen will, nicht aber nur für mich und mein Ego. Schade, aber mit solchem Bestreben läßt sich auch nicht gerade gut leben, zumindest materiell gesehen, mit Ihrem Denken schon eher.

  • Die zukünftige Entwicklung der Bahnhofsvorstadt nach Vorstellung der Baubehörde:

    Von wann stammt diese Entwicklungsstudie?

    Wobei ich am Status Quo des zuletzt in der Bahnhofsstadt Erbauten so gut wie nichts BREMISCHES entdecken kann. Wer plant und baut denn noch das typisch Bremer Haus, Steildächer, Erker, Vorgärten? Schöne Fassaden, die zum Altbestand harmonieren? Was wurde aus unserem echt BREMISCHEN Gegenplan Harms am Wall? BREMISCHER? Nein, gleichförmiger, Allerweltsmodernismus mit möglichst hoher Rendite und Flächennutzung bis zum letzten Dachgeschoßwinkel. DICHTER, ja, das wurde es dort, und an allen Ecken und Enden, um jetzt die Flächenverdichtung im Zusammenhang mit der Klimakrise und Aufheizung der Innenstadt in jammervollen Tönen zu beklagen. Habeck fordert neuerdings "Hitzepläne" für die Städte.

    URBANER? - ist die Frage, was man darunter verstehen will: für die einen wie Max Dudler & Co. ist es noch mehr Verdichtung, Klötze, Rendite und Träumerei von schicken Läden und Restaurants in seinen beiden Blöcken, wie er es im o. g. Interview einmal großmundig versprach. Für die anderen ist URBAN = Vielfältigkeit, Lebendigkeit, Kleinteiligkeit, lebenswerte Quartiere, vereint mit einer architektonisch identitätsstiftenden Umgebung. So kann man aus Sicht der Ersteren den Bahnhofsvorplatz als URBANER geworden propagieren, aber niemals BREMISCHER. Denn so Baubehörde: "Angesichts des Megatrends Urbanisierung gilt es, die Bahnhofsvorstadt.... strategisch zu entwickeln." Mir wird megaschwindlig.

    Lange Baubehörden-Megastrategien, kurzer Sinn und vielmehr Papierverschwendung. Bürgerbeteiligung zum Wohle von mehr BREMISCHEM und URBANEM war und ist dort unerwünscht. Die ist in MEGA-CITY Störfaktor. Für Architekten wie Dudler ja ohnehin. Was die Herren Sieling und Lohse letztendlich eindrucksvoll am Beispiel Dudlerblöcke unter Beweis gestellt haben. Diese Herren sind weg vom Fenster und haben sich doch ein Mega-Denkmal gesetzt, an das man sich inzwischen gewöhnt hat. Bürgerwiderstand in der Innenstadt? Nein Danke.

    Fasst man sich trotz gebranntem Kind ein Herz und schlägt der Baubehörde als Architekt mal echt mehr BREMISCHES und URBANES vor, gibt´s nicht einmal eine Antwort und Resonanz. Wozu auch, wenn der Laden auch ohne Beschäftigung mit Alternativen funktioniert?

    Es müssen erst 45°-Hitzesommer und weitere verheerende Geschäftsniedergänge über die Hansestadt hereinbrechen, ehe es eine Umkehr gibt, und auch die Bürger wieder neuen Mut fassen, sich für mehr BREMISCHES einzusetzen. Derzeit sehe ich derlei nicht in Sicht. Man nimmt alles und jede "Entwicklung" als unabänderlich hin und legt die Hände in den Schoß. Ja, das waren noch Zeiten! die Bahnhofsinitiative, oder unsere Pläne, Träume und Ideen für Kühne+Nagel - jetzt druckt der Weser Kurier gar keine solchen Ideen mehr ab. Wozu auch, Zeitung verkauft sich auch ohne derlei Bildvorstellungen. Seit dem "Disneyland und Playmobil" eines Lesers Hans Wilhelm Kaufmann erschien trotz mehrmaligem Versuch, anschauliche Bilder einzustellen, nichts mehr vom "Heile-Welt-Bildchen-Maler" Axel Spellenberg.

    Die "zukünftige Entwicklung" - nicht nur der Bahnhofsvorstadt als, nicht strategisch in Angriff zu nehmender, sondern stadthistorisch bedeutender Teil der Innenstadt - sieht düster aus, und auch der gesamten Innenstadt: Gipfelrunden und Runde Tische als endlose Palaverrunden ohne jeden Effekt, Idee und Kreativität. BREMISCH eben. Wir können hier im erlauchten Kreise der Freunde schönerer und lebenswerterer Städte schreiben was wir wollen - wenn wir nicht gleichzeitig hinausgehen, hin zu den Verantwortlichen, Baubehörde, Senat, Presse, Öffentlichkeit, um wieder und wieder stetertropfenweise mit Vorschlägen deren Stein zu höhlen, wird sich nichts ändern.

    Nicht nur der "Weg zur grünen Stadt Bremen ist steinig", wie es ein Kolumnist im WK unlängst schrieb, sondern auch der Weg zur BREMISCHEREN Stadt ist steinig. Wobei, wenn eine solche nur ansatzweise wieder geschaffen würde, sich auch die Klima- und Hitzprobleme und Geschäftsniedergänge lösen würden. Letztere Problemlösung zeigt doch die Frankfurter Altstadt, wieder echt FRANKFURTERISCHES und URBANES, ein Quartier, das jährlich 3! Millonen Menschen besuchen. Das vormalige MEGA-Bauwerk techn. Rathaus ist weg, in Bremen schraubt man immer noch am MEGA herum: "Wir wollen bauen, bauen, bauen und so viel wie möglich für neue Wohnungen betonieren" (designierter Bürgermeister Bovenschulte). Wer will denn solche strategisch aus dem Boden gestampften Betonstädte besuchen?

  • Hauptbahnhof – Ostflügel – Ostfassade

    In diesem und den folgenden Beiträgen soll der Ostflügel des Hauptbahnhofs mit seinen erhaltenen Details und dem Schicksal seines Innenlebens im Vordergrund stehen.

    Zunächst - hier anliegend - eine Beschreibung der beiden wichtigsten erhaltenen Teile des äußerlichen Bauschmucks, nämlich der beiden Gehänge am zweiten Obergeschoß der Ostfassade. Diese stellen feinste Bildhauerarbeiten dar.

    Abbildung 01

    Totale des Originalzustandes des Ostflügels.

    Abbildung 02

    Die Lage der beiden Reliefs oberhalb des fürstlichen Empfangssalons. Links ‚Verteidigungsbereitschaft’ (rot) und rechts ‚Landwirtschaft und Industrie’ (blau).

    Nördliches Gehänge: ‚Landwirtschaft und Industrie’

    Hinter einem zentralen Zahnrad sind gekreuzt (oben) eine Sense und ein Dreschflegel sowie (unten) zwei Spaten zu erkennen. In das Zahnrad – sozusagen – hineingesteckt sind (im Uhrzeigersinn) zwei Hämmer eine Spindel, eine Spitzhacke, eine Hacke und eine Sichel. Auf dem Zahnrad liegt ein Pflug. Umgeben wird das Zahnrad von einem Früchte- und Getreidekranz. Man erkennt (zunächst im Uhrzeigersinn) Äpfel Kornähren, Pilze, Weinblätter mit Weintrauben, Quitten, Zitrusfrüchte, Maiskolben (und dann diverse Wiederholungen in bunter Reihung). Das ganze Gehänge ist an einem stabilen Ring aufgehängt und wird oben und unten von zwei Flatterbändern abgeschlossen.

    Abbildung 03

    Detailansicht von ‚Landwirtschaft und Industie’.

    (Eigenes Foto vom 15.08.2020)

    Südliches Gehänge: Verteidigungsbereitschaft ‚ Si vis pacem, para bellum’

    Ein Raupenhelm (dessen ‚Raupe’ einem Drachenflügel ähnelt) mit schuppenbesetztem Kinnriemen, Wangen- sowie einem Nackenschutz bildet gemeinsam mit einem mit einer Sonne und Troddeln sowie einer gemusterten Kante besetzten Ringkragen das Zentrum des Arrangements. Zwischen Helm und Ringkragen zwei gekreuzte Hiebwaffen: Ein Säbel mit Adlerkopf als Griff und einer in einem Dreipass endenden Scheide sowie ein Krummschert mit einem Hundekopf als Griff. Umgeben werden die genannten Elemente von zwei mit reichlich Früchten besetzten Lorbeerzweigen. Wo sich die Stiele der Zweige überschneiden sind sie mit einem Band am Ring der Aufhängung verknotet. Im Hintergrund zwei ebenfalls gekreuzte Kanonenläufe, deren hintere Enden mit Kugel, Arkanthusblättern und Perlringen besetzt sind, während die Mündungen nur von Arkanthusblättern umgeben sind. Auch hier bilden Flatterbänder den oberen und unteren Abschluß.

    Abbildung 04

    Detailansicht von ‚Verteidigungsbereitschaft’.

    (Eigenes Foto vom 15.08.2020)

    Der Bau des Bahnhofsgebäudes wurde noch zu Lebzeiten Wilhelms I. begonnen. Damit könnten die Reliefs über dem -primär für ihn konzipierten - fürstlichen Empfangssalon ein Hommage an seine Rolle als Verteidiger der Sicherheit des Reiches und Patron der aufblühenden Wirtschaft sein.

    Abbildung 05

    Die Ostfassade mit den Fenstern des fürstlichen Empfangssalons und den Reliefs im gegenwärtigen Zustand.

    (Eigenes Foto vom 15.08.2020)

  • Hauptbahnhof – Ostflügel – Südfassade

    (Links Original - und rechts gegenwärtiger Zustand)

    (Rechtes Bild: Eigenes Foto vom 15.08.2020)

    Der verhunzte Eingangsbereich:

    Links ein Foto des - bis heute unverändert erhaltenen - Portalbereichs des Westflügels, der allerdings etwas schmaler als der Ostflügel ist. In der Mitte der Originalzustand des Ostflügels . Rechts der durch den Umbau 1959/60 verhunzte Portalbereich des Ostflügels, der bei der großen Renovierung der 90er Jahre nur partiell im Erdgeschoß 'repariert' wurde.

    (Alle aktuellen Bilder: Eigene Fotos vom 15.08.2020)

  • Der Eingangsbereich des Ostflügels

    Ein schockierender direkter Vergleich . Die rot markierten 'Pfeiler' sind das einzige, was noch eine Verbindung zwischen den beiden Raumfassungen herstellt. Die beiden Ansichten wurden vom exakt selben Standort aus aufgenommen .

    (Aktuelles Bild: Eigene Fotos vom 15.08.2020)


    Auch S.M. wäre bestimmt sehr erstaunt ob dieser Trivialisierung des im wohlbekannten Foyers.

    Historische Ansichtskarte von S.M. (Bildmitte, mit Schirmmütze, sich zu einem Kind niederbeugend) direkt vor dem Eingang zur Fürstentreppe (rechts erkennt man den Natursteinsockel des Ostflügels mit seiner markanten 'Wulst') . Die Beschriftung der Karte beweist, daß sich auch seinerzeit manchmal grobe Fehler einschlichen. Hier ist nie und nimmer der Ratskellereingang zu sehen !

  • Kreuzgratgewölbe des ehemaligen Anrichteraums

    Innerhalb der zentralen Längsachse des Ostflügels hat sich - soweit ersichtlich - nur das Gewölbe des ehemaligen Anrichteraums des Bahnhofsrestaurants erhalten, welches vom fürstlichen Eingang - anders als heute - natürlich nicht mehr einsehbar war, lagen doch die Stützwand der Treppe und der 'Bierkeller' zwischen Gewölbe und Portal. Und vom Wartesaal der 1. und 2 . Klasse (dem Restaurant) wurde der Anrichteraum durch den Schankraum abgeschirmt.

    (Alle aktuellen Bilder: Eigene Fotos vom 15.08.2020)

    Abbildung 01

    Die Lage des Gewölbes auf dem historischen Grundriß des Erdgeschosses des Bahnhofs (links) und Blick vom ehemaligen 'Bierkeller' zum 'Anrichteraum' mit seinem Gewölbe (rechts).

    Abbildung 02

    Das Kreuzgratgewölbe. Blick nach Nord.

    Abbildung 03

    Blick den es zur Zeit der Fürstentreppe nicht gab: Perspektive durch den Bierkeller und den fürstlichen Eingang hindurch zur Innenseite des Portals. Gleichzeitig ein Blick nach Süd ins Kreuzgratgewölbe des ehemaligen Anrichteraums.

  • Man korrigiere mich bitte, aber ich habe bei der Fürstentreppe der Eindruck daß Hubert Stier bei ihr den Trick der Scala Regia im Vatikanischen Palast angewandt hat und sie dadurch optisch gedehnt hat. Trügt meine Vermutung ?

  • Ja, sehr geehrter findorffer, es wäre in der Tat interessant zu wissen, wer die Entwicklungsstudie in Auftrag gegeben hat !

    Letztendlich war es die Bausenatorin bzw. ihr Vorgänger, die oder der den Auftrag erteilt hat. Es handelt sich hier ja um einen längeren Prozess, der über Jahre geht, auch in der Umsetzung.

    Diese Entwicklungsstudie unter der Leitung der Senatsbaudirektorin Iris Reuther zeigt uns, wie sich das Bahnhofsviertel verändern wird, die Grundsätze hat die Baubehörde vermutlich zusammen mit der politischen Ebene entwickelt. Wütend macht mich beispielsweise der lange, moderne Riegel mitten im Rembertiring, rechs im zweiten Bild, rot markiert. In den 60er Jahren haben sie das ganze Viertel hier abgerissen, um die Mozarttrasse zu bauen, dann als Fehler erkannt und jetzt folgt eine Art Stadtreparatur. Danach sieht es aber nicht mehr aus wie früher - dieses gewachsene Viertel ist dahin - sondern es sieht danach aus wie heute. Überseestadtästhetik. Für mich gibt es kaum etwas, was die Stadtplanung noch richtig macht. Man ärgert sich ohne Unterlass.