Niederrhein 1944/45 damals und heute

  • Vor allem die jüngere Generation macht sich heute wenige Gedanken darüber, dass der Niederrhein vor 75 Jahren Kriegsschauplatz war. Ich habe 2013 angefangen Motive historischer Fotos heute an gleicher Stelle abzufotografieren.
    Operation Veritable hatte im März 1945 das Ziel den linken Niederrhein einzunehmen. Britische und Kanadische Truppen kamen vom Norden, die Amerikaner vom Süden. Sie trafen in Geldern-Veert aufeinander.

    Nachdem Goch eingenommen wurde, war das nächste Ziel Weeze. In Höst, zwischen Goch und Weeze, kam es zu heftige Gefechte. Darüber hinaus machte das Tauwetter den alliierten Truppen das Leben schwerer. Alle modernen Bilder sind von mir.

    Ich habe sehr lange gebraucht um die Stelle oben zu lokalisieren. Es ist heute der Hof Krebbers am Höst-Vornicker-Weg in Weeze. Grundsätzlich versuche ich zu vermeiden Fotos vom Eigentum fremder Leute ohne Erlaubnis ins Netz zu stellen, also hatte ich mit den Eheleuten Krebbers Kontakt aufgenommen in der Hoffnung die Erlaubnis zu bekommen. Ihre Gastfreundschaft war umwerfend. Ich wurde zum Kaffee eingeladen, man zeigte mir historische Fotos (die ich abfotografieren durfte) und man führte mich herum. Auf meine Frage hin, ob sie denn häufiger solche Anfragen bekommen, sagte man mir: ich war bis jetzt der einzige!

    Weeze

    Haus Loe an der Loestraße in Weeze (unten). Als Commonwealth-Truppen im Februar 1945 in Weeze einmarschierten schneite es.

    Der nahezu vollständig zerstörte Marktplatz von Weeze:

    Die Wasserstraße in Weeze. Alliierte Truppen schleichen sich an Fassaden der Häuser entlang in denen später Fahrrad Caspars und Bürobedarf Schreurs zu finden sein werden.

    Kevelaer

    Im Frühjahr 1940 herrschte beim Westfeldzug auch in der Kevelaerer Hauptstraße Aufbruchstimmung...



    ...dies hatte sich aber bis 1945 schon wieder erledigt, als nahezu an der gleichen Stelle, jedoch in der anderen Richtung fotografiert, Commonwealth Truppen in Kevelaer einmarschierten.



    Die Amsterdamer Straße in Kevelaer. Für die alliierten Truppen war es eine erfreuliche Abwechslung mal eine Stadt einzunehmen, die nicht vorab von Bombern dem Erdboden gleichgemacht wurde.


    Weitere Bilder der Amsterdamer Straße in Kevelaer. Die modernen Fotos sind vom Dezember 2019





  • Weiter Kevelaer

    Churchill tanks begegnet man heute am Kapellenplatz in Kevelaer zum Glück nicht mehr. Der Brunnen ist jedoch noch da!

    Links im Bild die Glasmalerei Derix an der Gelderner Straße in Kevelaer. Der Zwiebelturm wurde nicht mehr wieder aufgebaut. Der Bahnhof in Kevelaer war mehrmals Ziel alliierter Bomber und somit hatten umliegende Gebäude auch Treffer abbekommen. Bei genauem Hinsehen erkennt man, dass die Flugzeuge im Bild Lastersegler sind, die in Tandem also paarweise geschleppt werden. Es ist Operation Varsity, die Überquerung des Rheins bei Wesel 24.03.1945

    Umgebung von Kevelaer

    Kervenheim

    Kervenheim war auf Grund der strategisch sehr wichtigen Lage heftig umkämpft. Hier die Pastoratstraße in Kervenheim. Das Foto ist offensichtlich gestellt, der Fotograf befindet sich genau in der Schusslinie. Interessant ist, dass der Soldat rechts im Bild eine erbeutete Deutsche Waffe hält.

    Auch Goch stand hoch auf der Liste der Bomberkommandos.. Das ist Mühlenstraße Ecke Marktplatz in Goch. Die Kirche im Hintergrund ist Maria Magdalena die 1993 auf Grund von Kriegsschäden einstürzte.

    Winnekendonk
    Nachdem Kevelaer den Alliierten weitgehend kampflos übergeben wurde, zog sich die Wehrmacht weiter in Richtung Rhein zurück. Die Alliierten bekamen Meldung, dass sich starke Verbände in Winnekendonk versammelt hatten also wurden vorab Tiefflieger herbeibefohlen um sie aus dem Ort zu treiben. Das ist was von Winnekendonk übrig blieb.

    Geldern

    Geldern war mehrmals Ziel des britischen Bomberkommandos. Hier ist der Marktplatz gegen Kriegsende.

    Hier die Bahnhofstraße

    Hier die Kirche Maria Magdalena am Marktplatz in Geldern

    Heilen ist besser als Wunden offenhalten!

    Einmal editiert, zuletzt von Olympic1911 (14. Dezember 2019 um 17:31)

  • Es fällt ein weitenteils sehr angenehmer Wiederaufbau auf.

    Richtig, es hat aber leider in anderen Ortschaften wiederum Grenzen!

    Kranenburg bei Kleve

    Kranenburg bei Kleve war die erste Stadt im Reichsgebiet die von den Joint Forces der Kanadier und Engländer eingenommen wurde.

    Vorab wurden die Deiche des nahegelegenen Rheins gesprengt und die gesamte Gegend überflutet um den Vormarsch der Alliierten zu stoppen. Selbst Bereiche der Kranenburger Innenstadt waren überflutet. In dem Haus rechts kann man im Mauerwerk noch Spuren der ursprünglichen Fensteröffnungen erkennen.

    Es muss wohl in den siebziger/achtziger Jahre Mode gewesen sein, diese wunderschönen verputzten Häuserfassaden mit einer Schale Verblendmauerwerk zu überziehen. Das Ergebnis ist, was mich betrifft - einfach scheußlich! Vielleicht haben aber auch praktische Gründe wie Wärmedämmwerte dazu beigetragen. Aber in dem Bild unten sieht man es sehr deutlich:

    Die Große Straße in Kranenburg. Das einzige was in beiden Bildern gleich ist, ist der Schweifgiebel mitten im Bild. Selbst die Kirche ist nicht mehr wie früher.

    Zwischen Kranenburg und Kleve liegt Nütterden. Hier vor der Gaststätte Forellenteich posieren Alliierte Soldaten mit Souvenirs, die sie haben mitgehen lassen. Die Flagge rechts im Bild ist von der Schützengemeinschaft Nütterden. Sie ist später in Holland wieder aufgefunden worden. Ich hatte mit der Schützengemeinschaft Kontakt aufgenommen um denen das historische Bild zu zeigen. Sie waren völlig begeistert, da sie das Bild noch nicht kannten. Dieses Bild ist dann an gleicher Stelle , jedoch ohne Alliierte Soldaten aber mit der Flagge nachgestellt worden. Leider konnte ich daran nicht teilnehmen.

    Ob das moderne Foto unten wirklich genau an der Stelle an der die historische Vorlage gemacht wurde, weiß der Kuckuck! Es ist aber die gleiche Straße:

    Hier eine weitere Aufnahme aus Goch: das Steintor, 1371 erstmals erwähnt:

    Und hier zum Abschluss, der völlig zerstörte Marktplatz von Uedem 1945 und im Sommer 2013

    Heilen ist besser als Wunden offenhalten!

  • Danke für das, was Du uns zeigst, Olympic1911, und für die "aufsuchende Feldforschung", die dahintersteht!
    Die enormen Schäden durch den Bodenkrieg 1944/45 finden hier im Forum tatsächlich weniger Beachtung als die Zerstörungen durch die Bomben der Luftangriffe. Hier waren es insbesondere die kleineren Orte in Grenznähe, die teilweise sehr gelitten haben.
    In Berlin fällt auf, dass es insbesondere bei den Eckgebäude viele Kriegsverluste gegeben hat. Sie wurden oft erst im Verlauf der Bodenkämpfe kurz vor Kriegsende zerstört.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • In Berlin überlebten manchmal einige Gründerzeitler zwischen den Eckbauten.....
    Aber auch im Westen wurden viele Bauten die den Krieg übe ohne rlebten oder leicht beschädigt wurden (meistens die Dächer) nach dem Krieg beiseitigt oder so "modernisiert" dass sie heute kaum noch identifiziert werden können.
    Damals und Heute ist en Zeitschrift mit Kämpfen in West Deutschland und was nach dem Krieg noch (richtig schön) wiederaufgebaut wurde, wurde in den 60-er und 70-er Jahren massive aus alle Deutsche Städten beiseitigt. Modernisierung oder einfach bewusste Beiseitigung historische Gebäuden, Türme, Echtürmchen und fast alle Giebel, viele Erker, fast alle Dachreiter usw..........Sehe Nicolaikirche: von alle 5 Spitzen existiert heut nur Eine; Fast alle Kirchtürme wurden abgeflacht und verloren ihre schöne Laternen.

    So sieht heute alles quasi Modern aus, was vor dem Krieg und danach noch richtig schön und detailliert war.