Potsdam - Verkehrsführung in der Innenstadt

  • Das hat mit "alteingesessen" nichts zu tun - Freunde des Interhotels gibt es junge und alte, Zugezogene und Alteingesessene.

    Das Interhotel ist allerdings - so ist die Ansicht auch vieler sonst zur Rekonstruktion neigenden Potsdamern - momentan nichts das Problem an seiner Stelle. Selbst wenn es weg wäre und die banale Gestaltung des Lustgartens fortgeführt würde verbesserte sich die Aufenthaltsqualität im Lustgarten dank 55.000 Kfz/Tag genau gar nicht. Dieses Thema wäre zuerst zu lösen - das will aber Potsdam nicht, jedenfalls nicht durch den Bau einer weiteren Havelbrücke. Damit wird die Situation bleiben wie sie ist.

  • Wo könnte denn eine solche neue Havelbrücke (und eine Alternativstrecke) gebaut werden ??

    Vielleicht parallel zur Eisenbahn? So könnte man die gesamte Breite Straße zurückbauen.

  • Keine Spange und die Straßen auf die alten Querschnitte zurückbauen.
    Einfach das Angebot verkleinern. Irgendwann gibt dann der letzte Autofahrer auf.

  • ^^So ähnlich war es ja mal vor 15 Jahren geplant. Derweil haben alle eingesehen, daß es bizarr wäre das südliche Havelufer mit einer überörtlichen Bundesstraße hinzurichten. So ist für Kfz die Havelspange bei Pirschheide für die Einwohner von Potsdam Nord, die morgens nach Babelsberg oder Berlin wollen, die beste und in der Relation preiswerteste Alternative. Um diesen Bevölkerungsteil geht es ja - der steht morgens am Neuen Garten oder in der Breiten Straße und fährt abends zurück.

    Parallel müsste natürlich der ÖPNV ausgebaut werden. Aber selbst mit den neuen Straßenbahnen wird das Gros der neuen Einwohner von Potsdam Nord und Nordwest den Hauptbahnhof erst mit über 20-minütigen Fahrzeiten erreichen können. Die Kfz-Alternative über Spandau ist schon lange genauso hoffnungslos verstopft.

    Deshalb bliebe nur der Ausbau der DB-Bahnhöfe Golm und Charlottenhof. Hier müssten die Verbindungen nach Berlin und Babelsberg attraktiver werden und ausreichend P&R-Plätze zur Verfügung stehen. Allerdings braucht bei der DB die Einfügung eines zusätzlichen Zugpaares schon 5 bis 7 Jahre - über eine weitere Taktverdichtung reden wir ja gar nicht. Die letzten P&R-Flächen am Bahnhof Charlottenhof werden gerade zugebaut - da ist dann kein Platz mehr. Deshalb habe ich hier kaum Hoffnung, daß sich etwas zum Guten ändert.

  • Eigentlich wäre die Lösung ganz einfach:
    Man leitet den Verkehr direkt nördlich an der Bahnbrücke entlang, dann weiter ganz an der südlichen Seite des Lustgartens, wo sich aktuell ein Parkplatz befindet und nutzt im Anschluss die bereits bestehende Infrastruktur Am Lustgartenwall und dann über die heute schon sehr breite Kiezstraße und führt den Verkehr dann auf die Breite Straße zurück.
    Diese Lösung hätte viele Vorteile:

    1. Es würde weitgehend vorhandene Infrastruktur genutzt

    2. Durch die Bahnlinie existiert sowieso eine Geräuschkulisse, hinzu kommt, dass am Lustgartenwall kaum Wohnbebauung stehen dürfte.

    3. Der Lustgarten könnte wieder ans Stadtschloss herangeführt werden, es entstünde eine wirkliche Verbindung

    4. Die aktuelle Straßennutzung rund ums Schloss ist dann nur noch dem öffentlichen Nahverkehr vorbehalten

    Ich fände das die beste Lösung, weil es auch die kostengünstigste wäre, so aber trotzdem das historische Zentrum vom Verkehr befreit werden könnte. Aber Konstantin wird sicher erklären können, warum man diese Lösung seitens der Stadt nicht sieht.

    APH - am Puls der Zeit

  • Könnte man nicht auch einen Tunnel bauen ?? Kurz hinter der Langen Brücke unter die Erde, im Bereich westlich der Garnisonkirche wieder hoch. Immerhin handelt es sich um eine hoch frequentierte Bundesstraße.

  • Also die Kiezstraße ist 1. deswegen so breit, weil sie in der Mitte eine doppelte Baumreihe besitzt (ehemaliger Dorfanger - hier war vor der Stadterweiterung die slawische Fischersiedlung vor den Toren der Stadt), ist 2. ein bedeutender Bestandteil der historischen Innenstadt mit mehr historischer Bausubstanz als die gesamte Breite Straße inklusive Marstall/Filmmuseum (ein Großteil der Häuser stammt zumindest im Kern von 1780 - Architekt Unger, vgl. Friedrich Mielke, Das Potsdamer Bürgerhaus) und 3. mündet sie am Ende in die Breite Straße, womit das Problem nicht einmal verlagert, geschweige denn gelöst würde. Ganz abgesehen davon, dass sie eine Wohnstrasse ist, deren Bewohner sich bedanken werden, wenn man ihnen eine vierspurige Autobahn vor die Nase setzt...

    Apollo will also, um die Breite Straße zu entlasten, an der wenig historische Bausubstanz existiert und kaum Menschen wohnen, die beinahe vollständig historisch bebaute Kiezstraße zur Bundesstraße machen, die schätzungsweise 50 völlig gesunden Kastanien und Linden abhauen, und dann an der einzigen stelle, wo an der Breiten Straße nennenswerte Wohnbebauung in Form von drei Punkthochhäusern existiert, eine Kreuzung mitsamt damit einhergehender Feinstaubbelastung durch stop-and-go-Verkehr einrichten.

    Muß da Konstantindegeer wirklich noch was zu sagen??

  • @UrPotsdamer

    du kannst dir deinen Sarkasmus ruhig sparen. Wenn man eine neue Bundesstraße, egal wo in der Stadt baut, wird es immer negative Aspekte geben. Eine Lösung, die alle zufrieden stellt und null Nachteile hat, die kann es in einem besiedelten Gebiet gar nicht geben.
    Die Bäume könnte man dann problemlos an die Breite Straße versetzen und dort sogar noch weitere Bäume pflanzen. Und ja, die Bewohner in der Kiezstraße würden belastet, das ist nicht schön, dafür würden alle Anwohner der Breiten Straße (allein die ganzen Studenten in ihrem Wohnheim) entlastet. Aber es ist wie überall in Deutschland, alle wollen Neue Energien, aber die Leitungen und die Windräder bitte beim Nachbarn, nicht bei mir. Die Gesellschaft ist teils so zynisch und voller Doppelmoral geworden, dass es einen manchmal echt anekelt.
    Deutschland war mal das Land der Dichter und Denker, wir sind mal Risiken eingegangen, haben revolutionäre Technologien entwickelt. Ein neues System wie die Eisenbahn könnte man in Deutschland heute doch gar nicht mehr bauen, denn die ganzen Ökologen, die ständig den öffentlichen Nahverkehr in den Himmel heben, wären doch die ersten, die neue Bahntrassen verhindern würden.
    Aber was soll man sich aufregen, man lässt eben alles, wie es ist, nur dreht sich die Welt um uns weiter. Und während wir für 10 Mio die nächste Krötenbrücke über die ach so böse Autobahn mit dem ach so bösen Diesel bauen, ist man in China schon mit künstlicher Intelligenz am Werke. Nur das will in Europa keiner wahrhaben, weil .. ja, wir müssen ja unsere Kastanien schützen und es könnte vorm Haus ja etwas zu laut sein :gehtsnoch:

    APH - am Puls der Zeit

    Einmal editiert, zuletzt von Apollo (25. Januar 2019 um 20:16)

  • Nein, Apollo, das ist falsch. Auch nicht jede Kritik an deinen Ideen, die in Potsdam ja nun seit 15 Jahren diskutiert werden (auch deine Ideen sind schon vor 10 Jahren vorgebracht worden) hat gleich mit der Diesel-Krise oder der KP Chinas zu tun. Wenn Du etwas politisch verändern willst musst Du schon geduldiger werden und im übrigen nicht zu jedem Thema gleich den ersten Mist raushauen, der Dir einfällt.

    Deshalb systematisch:

    1. Ein Tunnel wurde mehrfach verworfen. Dieser müsste durch den sumpfigen Boden gebaut werden und über einen Kilometer lang sein. Das kann keine Stadt Potsdam bezahlen. Auch das Land will das nicht aufbringen. Zudem ist das Problem bei Straßentunnels stets der Tunnelmund, der in der Regel antiurban ist. Das will auch niemand.

    2. Der beschriebene Weg durch den Lustgarten (Stummel-ISES genannt, wenn nur am Lustgartenwall entlang) löst das Problem nicht, sondern verlagert nur den Verkehr um 50-100 Meter. Der Lustgarten bleibt genauso unattraktiv, trotzdem müsste eine neue KfZ-Brücke gebaut werden. Zudem fallen die Parkplätze für die Weiße Flotte und das Barberini weg. Das macht keinen Sinn.

    3. Die ISES (Innerstädtische Entlastungs-Straße) führt im Plan über das Areal des Bauministeriums. Die wollen kein Stück abgeben. Die ISES würde die Stadtkanaltrasse kreuzen und einen Wiederaufbau dort verunmöglichen. Und durch die Kietzstraße wird der Durchgangsverkehr sicher nicht geführt: da steht alles - auch der Mittelstreifen und die Bäume - unter Denkmalschutz. Also auch keine Option.

    Zusammengefaßt kommt man immer zum gleichen Ergebnis: 55.000 Autos am Tag passen nicht durch eine 1000 Jahre alte Altstadt. Deshalb muss mindestens die Hälfte woanders langfahren oder ihr Auto stehen lassen.

  • Ich wüsste ja doch gern mal, wo in Deinen Augen, lieber @Apollo, der Vorteil liegt, wenn man eine historisch beinahe völlig intakte Bausituation wie in der Kiezstraße mutwillig zerstört, um eine verlorene Bausituation wie in der Breiten Straße zu rekonstruieren. Das wäre denkmalpflegerischer Kannibalismus.
    Und es hat nichts mit NIMBY (Not in my back yard) zu tun - denn unterm Strich wird ja dadurch nichts besser. Es würden genauso viele Menschen wie vorher an einer Autobahn leben, es würde genauso viel Feinstaubbelastung geben - aber eine historische Straße wäre zerstört.

  • Wie "Konstantin" schon geschrieben hat, kommt eine Straßenumlegung oder Untertunnelung derzeit nicht in Frage. Schon früher hat er einmal geschrieben, dass der Lustgarten keine Aufenthaltsqualität wegen der vielen Autos in unmittelbarer Nähe habe. Dennoch könnte man meiner Meinung nach die Aufenthaltsqualität verbessern, indem man die jetzigen Wiesen einfach wieder dichter bepflanzt und somit optisch stärker von der Hauptstraße abgrenzt. Auch hinsichtlich Lärm und Feinstaub wäre das eine Aufwertung. Es gibt ja viele Grünanlagen, die sich in der Nähe von Hauptstraßen befinden, durch geschickte Bepflanzung aber durchaus dazu genutzt werden, mal ein Päuschen auf der Parkbank einzulegen. Andernfalls wäre z.B. die Grünanlage am Frankfurter City-Ring eine ungenutzte Fläche, was aber nicht der Fall ist. Also, es bedarf in Potsdam umfassender gartenpflegerischer Maßnahmen, um die Situation real (und ohne Luftschlösser) in eine positive Richtung zu verändern.

    Ich verlinke mal Bilder der heutigen Situation und der ehemaligen Bepflanzung. Als Orientierungspunkt diene das Neptunbassin:

    Heute: https://goo.gl/images/sDwDSB

    1713, barocke Gestaltung: https://goo.gl/images/ERqq7W

    Englische Gestaltung: https://goo.gl/images/kNg7Bn

    Zumindest gab es ja Pläne zur Umgestaltung und Aufwertung. Vielleicht lohnt es sich für die Aktiven vor Ort, sich daran in Zukunft zu beteiligen und das Machbare zur Verbesserung herauszuholen.

    https://buergerbeteiligung.potsdam.de/content/planun…n-abgeschlossen

  • Zusammengefaßt kommt man immer zum gleichen Ergebnis: 55.000 Autos am Tag passen nicht durch eine 1000 Jahre alte Altstadt. Deshalb muss mindestens die Hälfte woanders langfahren oder ihr Auto stehen lassen.

    Und da dies freiwillig niemand tun wird (und eine Maut für den Straßenabschnitt wohl kaum erhoben werden wird) bleibt alles wie es ist.

  • Wie "Konstantin" schon geschrieben hat, kommt eine Straßenumlegung oder Untertunnelung derzeit nicht in Frage. Schon früher hat er einmal geschrieben, dass der Lustgarten keine Aufenthaltsqualität wegen der vielen Autos in unmittelbarer Nähe habe. Dennoch könnte man meiner Meinung nach die Aufenthaltsqualität verbessern, indem man die jetzigen Wiesen einfach wieder dichter bepflanzt und somit optisch stärker von der Hauptstraße abgrenzt. Auch hinsichtlich Lärm und Feinstaub wäre das eine Aufwertung. Es gibt ja viele Grünanlagen, die sich in der Nähe von Hauptstraßen befinden, durch geschickte Bepflanzung aber durchaus dazu genutzt werden, mal ein Päuschen auf der Parkbank einzulegen.


    Genau das ist aber gestalterisch nicht gewollt sondern das Gegenteil: es soll der Zusammenhang zwischen Schloß, Leibreitstatt verstärkt werden, nicht das Trennende (was die Konsequenz einet solche Bepflanzung wäre). Und bei 55.000 Autos/Tag und dem dortigen Schallpegel mache ich auch mit "geschickter Bepflanzung" dort kein Päuschen, zumal mir am Barberini und am Hafen (Abschirmung durch das Mercure) und auf der Freundschaftsinsel viel schönere Plätze im direkten Umfeld zur Verfügung stehen.

    Hinzu kommt, daß die Stadt die Betonwüste in der Verlängerung der Priesterstraße (heute: Henning-von-Tresckow-Straße) noch fortwährend für jedes Proletenbesäufnis der Stadt nutzen will (Sommer-, Herbst- und Frühlingsfeste), darüber hinaus "Holländische Stoffmärkte" mit Chinawaren stattfinden und ansonsten dort kiffende Skater abhängen. Ein "moderner Volkspark" (Jann Jakobs) eben, kein königlicher Lustgarten.

  • Der einzige Ansatz ist eben Verkehrsreduzierung und Umgestaltung. Die Mautidee finde ich gut. Es gibt ja schon die Pförtnerampeln an der Stadtgrenze, die einfach nach einer bestimmten Zahl von Auto auf rot gehen. Deshalb gibt es natürlich einen Mordskrach mit den Nachbargemeinden, die jetzt den Stau bei sich haben.

    M.E. birgt der notwendige Neubau der Langen Brücke (nach bisheriger Planung 2022/3) die Chance, die Zahl der Kfz-Spuren auf insgesamt 2 zu verringern. Sanka/Feuerwehr fährt über die Bus/fahrrad/Strababrücke).

    Dann müsste man die namenlose Straße zur den Lustgarten mit zwei Spuren verringern und an den Grenzen zum Lustgarten klare optische Barrieren errichten (Havelkolonnade, Lustgartenzaun), die für den Kfz-fahrer deutlcih machen, daß das Auto hier nur zu Gast ist. Dafür müsste der Mastenwald raus (momentan sieht es von der Fahnentreppe aus wie an einem Grenzübergang), Betonplatten raus, zweispurige Straße nur mit Bordsteinbeleuchtung, der Rest begrünt.

    Diesen Schritt aber traut sich die Stadt nicht, weil sie den Volkszorn fürchtet.

  • Ein Thema das mich schon so lange beschäftigt, wie ich mich für die Entwicklung rund um den Alten Markt mit seinen Quartieren interessiere, ist die Verbreiterung der Friedrich-Ebert-Straße von der Yorckstraße bis zum Steubenplatz. Als ich damals mit ca. 15 Jahren heraus fand, dass der Plögersche Gasthof gar nicht an seiner historisch genauen Stelle wiederaufgebaut wird und die Acht-Ecken-Kreuzung extrem verzehrt wird, war ich ziemlich deprimiert. Seitdem habe ich mich immer wieder dafür interessiert, wie wohl die stark verbreiterte Straße aussehen wird, wenn dort einmal die Quartiere zu ende gebaut werden sollten. Meine große Sorge war, dass der Steubenplatz zu stark aufgeweitet werden würde und sein Gesicht verlieren würde und das die Breite der Straße jegliche Maßstäbe der barocken Innenstadt sprengen würde.

    Kleine Vorgeschichte, die Friedrich-Ebert-Straße wurde nun breiter als historisch gebaut, weil heutzutage die Straßenbahn und die Busse dort lang fahren und die historische Straße zu eng für dieses hohe Verkehrsaufkommen wäre. Vor der Bombardierung Potsdams wurde der Straßenbahnverkehr über den Alten Markt geleitet. Allerdings war damals auch das Verkehrsaufkommen noch nicht so hoch.

    Straßenbahnführung früher (grün), derzeit (rot), Häuserblockgrundriss früher (blau):

    Ich persönlich hätte die Idee ganz charmant gefunden, über den Alten Markt mit der Straßenbahn in die Stadt zu gelangen, vor allem wären dann auch viele andere Probleme neben der Verbreiterung der Friedrich-Ebert-Straße gelöst worden. Zum Beispiel würde nicht vor den Lustgartenseiten des Stadtschlosses ein solcher Mastenwald stehen wie aktuell und die Ringerkolonade könnte viel einfacher wieder vervollständigt werden. Aktuell fährt die Straßenbahn genau zwischen ihr und dem Marstall durch.

    Allerdings kann ich auch verstehen, dass man den Alten Markt von einer dermaßen starken Verkehrsbelastung frei halten wollte. Ich persönlich kann inzwischen mit der Entscheidung leben. Nun stellt sich mir allerdings die Frage, wie sich diese Entscheidung auf die Friedrich-Ebert-Straße auswirkt. An der Straße werden die neuen Stadtquartiere mit den Resten der Altstadt verschmelzen und der Alte Markt endlich an die Innenstadt anknüpfen, es handelt sich also städtebaulich um einen sensiblen Ort.

    Da nun schon vom Quartier III die Rohbauten bis zum zweiten Stockwerk stehen, kann man schon einen ersten Vorgeschmack auf die spätere räumliche Wirkung der Friedrich-Ebert-Straße erlangen. In den folgenden Fotos habe ich versucht diesen Eindruck einigermaßen einzufangen, hier Ecke Yorckstraße/Friedrich-Ebert-Straße:

    Was auf diesem Bild auffällt ist, dass durch die Verbreiterung die Geschlossenheit der Straße aufgelöst wurde. Die Straß ging von ihrer Breite früher etwa von den Straßenbahnmasten bis zu den historischen Häusern. Während die Straße früher als Endpunkt den Marstall hatte, die Straße damit an einer Fassade endete und man noch gar nicht die Kolonaden sehen konnte, kann man heute die Kolonaden fast in ihrer gesamten Länge sehen, Teile des Stadtschlosses und das Mercure. Diese Überraschung, die man früher vielleicht hatte, wenn man das Ende der Straße erreichte, wird einem heutzutage vor weg genommen.

    Den Vergleich kann man sich übrigens auf der Website von Mitteschön beim Stadtmodell raus suchen: Hier klicken (Dort heißt die Friedrich-Ebert-Straße Hohewegstraße)

    Nun ein paar Bilder vom Steubenplatz aus gesehen:

    In meinen Augen haben sich meine Sorgen größtenteils nicht bewahrheitet und der Steubenplatz wirkt nicht zu aufgelöst, wie ich anfangs befürchtete. Die Neubauten werden auch noch einige Geschosse bekommen, wodurch die Straße optisch später auch noch ein wenig schmaler wirken wird. Die Straße wirkt zwar wirklich breit, aber die Friedrich-Ebert-Straße verläuft nach dem Platz der Einheit durch die zweite barocke Stadterweiterung, welche so dort aussieht:

    Hier klicken

    Man sieht also, es gab bereits im 18. Jh in Potsdam so breite Straßen und die Friedrich-Ebert Straße wird nun auch im neuen Abschnitt diese Breite besitzen. Für mich hat dieser Gedanke etwas tröstendes, dass die Breite der Straße damit nicht allzu auffällig sein wird.

    Wie seht ihr das? Das würde mich mal interessieren. Ich bin aktuell ziemlich erleichtert, dass die Straße mir doch nicht so krass überdimensioniert vorkommt, wie ich anfangs befürchtet hatte. Ich bin auf jeden Fall auf den fertigen Zustand gespannt.

  • Hi Graf Cylinar , danke für Deine differenzierten und bebilderten Ausführungen. Ich war im April 2022 in Potsdam und konnte mir selbst ein Bild machen. Es ist GENIAL, wie sich der Bereich am alten Markt zum Positiven gewandelt hat. Zum ersten Mal war ich 2015 in Potsdam, kannte die Stadt und die ganze Thematik/Historie in der Innenstadt vorher nicht, und war gelinde gesagt schockiert, wie die Mitte aussah. Da wollte man nur schleunigst weg, ein absoluter Un-Ort, und das mitten in der Stadt! Von westdeutschen Städten kannte ich genug verhunzte Innenstädte, aber DAS - das war wirklich einmalig desaströs. Man muss ich immer wieder vor Augen halten, was seitdem geschafft wurde. Ich saß im April 2022 in der Sonne in einem Café neben dem Rathaus, konnte die Sonne genießen und auf das Stadtschloss und das Barberini samt Nebenbauten blicken, die Nikolaikirche strahlte in der Sonne und die Neubauten am Block III waren am entstehen und gaben dem Ort schon fast das geschlossene Platzgefühl zurück. Es ist ein wunderschöner Ort entstanden.

    Das Thema der Breite der Friedrich-Ebert-Straße wird ja hier immer mal wieder diskutiert, zum Beispiel ausführlich hier. Das Thema ist durch, nun werden ja auch die neuen Quartiere schon hochgezogen, das Ganze wurde vor 2010 entschieden, und war später nicht mehr zu ändern, weil dann sogar Fördermittel hätten zurück gezahlt werden müssen, so mein Stand.

    Ich persönlich halte die Verbreiterung dennoch für einen großen und unnötigen Fehler. Auf der F.-E. Straße ist so gut wie kein Individualverkehr unterwegs, konnte ich bei meinem Besuch live erleben. Und es fährt jetzt auch nicht alle 2 Minuten eine Straßenbahn. Man hätte also die Schienen der Straßenbahn einfach auf der Straße legen können. Das wird andernorts auch gemacht, und hier wäre es sicher möglich gewesen. Das Problem für mich ist, dass dadurch nun der historische Stadtgrundriss der Blöcke III und IV nicht wiederhergestellt werden konnte. Dadurch fehlen historische Parzellen, auf denen jetzt auch noch zum Großteil hässliche "Fugenbauten" gebaut werden. Anders als bei dem ein oder anderen verhunzten Gebäude, das man zukünftig noch verbessern kann (zumindest theoretisch), befürchte ich, dass man diese Verbreiterung nie wieder rückgängig machen wird. Die Achteckenhäuser, der Plögersche Gasthof - sie sind ja schon im Bau, und niemand wird diese Bauten in 50 oder 100 Jahren einfach mal um 8 Meter nach Westen versetzen. Es hilft alles nichts, aber ich bin mit der Lösung nicht glücklich. Zumal sie, aufgrund des so gut wie nicht vorhandenen Verkehrs auf der Straße, in meinen Augen einfach unnötig war.

  • Hi Altstädter, ich kann dich total verstehen, mich hat die Verbreiterung, ohne zu übertreiben, mehrere Jahre gestört. Wahrscheinlich tritt bei mir schon langsam die Resignation und Gewöhnung ein und finde sie deshalb nicht mehr so schlimm, immerhin bin ich mit der Straßenbahn schon hundermal dort vorbei gefahren. Auszuschließen ist das nicht.

    Danke übrigens für die interessante Disskussion, die verlinkt hast, an die konnte ich mich gar nicht mehr erinnern und die wahr noch einmal sehr spanned zu lesen.

    Ich denke auch nicht, dass die Verbreiterung jemals rückgängig gemacht wird. Die Rekonstruktion des Plögerschen Gasthofs wird nicht angefasst, denke ich.

    Ich denke man muss die Verbreiterung im Kontext ihrer Entstehung sehen. Die überbreite, aus heutiger Sicht, völlig wahnsinnige Straße, die damals über das Grundstück des Stadtschlosses und Teile der jetzt entstehenden Grundstücke verlief, wurde jetzt schon deutlich verschmälert. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine Verschmälerung auf die historische Straßenbreite aus damaliger Sicht utopisch erschien.

    Bitte verstehe mich nicht falsch, aus ästethischer Sicht ist die Verbreiterung, in meinen Augen, im Vergleich zur Vorkriegszeit, eine Vollkatastrophe und ich suche eigentlich eher Gründe, um mit der jetztigen Situation leben zu können.

    Das Hauptproblem ist, denke ich, dass man um die Verkehrsproblematik nicht drum herum kommt. Es geht nun einmal der wichtigste Teil des öffentlichen Nahverkehrs durch dieses Nadelöhr. An einem normalen Wochentag fahren, wahrscheinlich fast alle 3 Minuten, Bus oder Bahn vorbei auf jeder Fahrspur und die sind auch sehr stark belegt. Diesen Verkehrstrom kann man eigentlich auch nicht woanders lang lenken.

    Man hatte also die Wahl, diese Verkehrshölle (für Potsdamer Verhältnisse) über den Alten Markt oder über die Friedrich-Ebert-Straße zu leiten. So zumindest stelle ich mir das als Laie vor. Die Friedrich-Ebert-Straße war zu Vorkriegszeiten zwar nett, aber auch eigentlich nicht bedeutend. Deshalb kann ich die Entscheidung verstehen.

    Ich denke, die Friedrich-Ebert-Straße hat die Chance, nach ihrer Fertigstellung ein urbaner Stadtraum zu werden. Ich halte mich aber noch ein bisschen mit meiner Meinung zurück, bis sie fertig ist, ich bin sehr gespannt.

  • Ja, Du hast sicher recht mit Deinem Gedanken zur historischen Situation. Genau daran habe ich auch schon gedacht. Die F.-E.-Straße war ja einfach eine MEGA-Schneise, und es erschien den Verantwortlichen damals wahrscheinlich schon sehr krass, wie sehr sie die Straße wieder verschmälern wollen. Ich finde gerade kein Bild, aber hier im Forum gibt es genug Ansichten, wie krass diese Verkehrsachse 1990 ausgesehen hat.

    Die Verantwortlichen dachten damals wahrscheinlich, dass mehr Verschmälerung einfach nicht geht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass daraus diese Straßenbreite entstanden ist. Vor 20 Jahren diskutierte man ja auch noch ganz anders über den MIV in Innenstädten als heute. Heute sind in vielen Städten Prozesse am Laufen, die Straßen anders zu gestalten, Autospuren zu streichen und stattdessen Radwege einzurichten, Bäume zu pflanzen und Aufenthaltsqualität zu schaffen. Kann ich hautnah im seit 2020 Grün regierten Bonn miterleben. Heute würde man sich sicher überlegen, ob die schmalere F.-E.-Straße nicht doch möglich ist, zumal dann mehr Wohn- und Gewerbefläche mitten in der Stadt entstehen würde.

    Die Lösung über den Alten Markt hätte ich auch nicht favorisiert. Das stört zu sehr die Aufenthaltsqualität. In Bremen zum Beispiel, dort habe ich 3 Jahre lang gewohnt, störte mich die Straßenbahn, die mitten durch die Fußgängerzone fährt, und den Markt vom Rathaus und Dom trennt, sehr. Wenn man da lang lief schaute man ständig über die Schulter, ob nicht schon wieder ne Straßenbahn angerollt kommt. Sehr unangenehm. Aber selbst bei Bussen und Bahnen alle drei Minuten wäre es doch kein Problem, alles auf einer Spur zu führen. Auf der F.-E.-Straße ist doch sonst nichts los, kein Durchgangsverkehr, so gut wie keine Autos. Also, Glückwunsch an alle, die sich mit dieser Situation abgefunden haben. Mir fällt es sehr schwer - auch wenn ich in Potsdam nur gelegentlich zu Besuch bin.