Potsdam - Neubauquartier V - Staudenhof

  • Nun, schön war 's schon, das ist klar. Aber der Hl. Geist-Turm fehlt halt heute als Attraktion und ohne den ist's sowieso die halbe Miete.

    Ich "verteidige" die Hochhäuser nicht und sie sind natürlich desillusionierend.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Gibt es Neuigkeiten vom Staudenhofblock ?:wink:

    Ja - siehe vorstehenden Beitrag #381 von Konstantin... - der Abriss ist ausgeschrieben und beginnt dann voraussichtlich ab 15. Mai 2023 - also in exakt 3 Monaten

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Das Trommelfeuer der Aktivisten gegen den Abriss des Staudenhofes geht ungerührt weiter. Nach einem Rückstück in den Lokalmedien über die arme Apothekerin im Staudenhof, die ausziehen muss, kommen jetzt hochmotivierte Studenten der TU Berlin mit ihrem "Natural Building Lab" mit Vorschlägen, die wenig mit Architektur allerdings viel mit politischem Aktivismus zu tun haben.

    Bis wirklich Ruhe ist wird es noch bis in den Sommer dauern. Wer der Ansicht ist über die einzig richtige Ansicht zu verfügen läßt sich sicher nicht von Majoritätsbeschlüssen aufhalten, das kann man ja in Berlin besichtigen.

    Bauwende in Potsdam Ideen für Waisenhaus und Staudenhof vom Natural Building Lab.pdf

  • Es wird langsam Zeit, sich auf die Zukunft zu konzentrieren.

    Das zu bebauende Quartier V war originär in Ost-West-Richtung in die Länge gezogen, ist aber in der Form nicht wieder herstellbar, da die heutige Straße "Am Alten Markt" es fast mittig durchschneidet und der östliche Teil mit Wohnblöcken der DDR überbaut ist.

    Alter Plan mit dem Quartier V nördlich der Nikolaikirche.

    Aus der Luft betrachtet. Die Hinterhofbebauung war wirklich sehr dicht.

    Hinweis: Die Nikolaikirche steht eigentlich auf dem Alten Markt, deshalb bildet die Südkante des Quartiers V die Nordkante des Alten Marktes.

    Der Mittelrisalit der Neuen Post ist dann (so wie jetzt) in der Sichtachse vom Alten Markt.

    Siehe aktuelle Situation.

    Laut Schadenskarte war das Quartier V beinahe ein Totalverlust (gelb), ausgenommen der Eckbau am Alten Markt 12.

  • Einige historische Bilder des Quartiers V.

    Blick vom Alten Markt: auffällig ist das dreistöckige Haus im Hintergrund (Quartier V), rechts von der alten Nikolaikirche.

    Hier ebenfalls sichtbar 1795, daneben ein zweistöckiges Typenhaus.

    Auf dem Photo ist es bereits aufgestockt auf vier Stockwerke.

    Das Photo von Lobenstein 1940 (von mir vergrößert). Links zu sehen ist wieder das Quartier V mit dem 3 (+1) Geschosser und dem Typenhaus.

    Blick vom Wilhelmplatz (Platz der Einheit) in die Kaiserstraße zum Stadtschloss. Links ist des Quartier V. Das Photo ca. 1910 ist von mir koloriert und vergrößert. Rechts zu sehen ist das Quartier IV mit der späteren Bibliothek.

    Wieder Blick entlang der Kaiserstraße auf das Quartier V mit dem großen Haus Kaiserstraße 1, erbaut 1772 ursprünglich als imposantes Bürgerpalais von Georg Christian Unger, dreigeschossig mit Attika, aber später aufgestockt. Kennzeichnen ist die plastische Fassade mit Risaliten und neun Puttenreliefs. (Photo von mir koloriert)

    Rechts sehen wir die Westfassade (rosa) des einzigen Leitbaus Am Alten Markt 12, zu dem wir später noch kommen.

  • Zu den aktuellen Plänen der Stadt Potsdam: zwischen Leitbau (1x) und moderner Architektur an der Ostseite.

    Konkretisierung Leitbautenkonzept für Block V

    Bebauungsstruktur, Nutzung und Gestaltung der Neubebauung richten sich nach den Vorgaben des Integrierten Leitbautenkonzeptes Potsdamer Mitte... Besondere Betrachtung erforderte hierbei der östliche Blockrand des Blocks V. Im historischen Stadtgrundriss führte hier keine Straße entlang – der einstige Block erstreckte sich deutlich weiter nach Osten. Somit entsteht eine neue städtebauliche Kante, welche durch moderne Architektur und Sichtbarmachung der Gebäudeschnittkanten an der Nordost- und Südostecke sichtbar werden.


    An der Südwestecke des Blockes entsteht eine weitere Leitfassade wieder – der Vorgängerbau fand im 18. Jahrhundert sein Vorbild in einem Entwurf Andrea Palladios für den „Palazzo Guilio Capra“ in Vicenza von 1581, der jedoch nicht gebaut wurde.

  • Gesichert ist leider nur ein Leitbau (Leitfassade): der bereits angesprochene Eckbau an der Südwestecke nach einem nicht-ausgeführten Entwurf von Andrea Palladio für den „Palazzo Guilio Capra“ in Vicenza von 1581.

    Rechts im Bild das Quartier V mit dem Leitbau Palazzo Guilio Capra. Bilder von mir koloriert (und vergrößert)

    Link

    Link

    Ein seltenes Farbbild des Eckhauses mit der Einfarbigkeit des späten Kaiserreiches. Es gab zudem anscheinend bereits Regulierungen gegen zu auffällige Werbeplakate.

    Östlich des 1753 nach dem Vorbild des Palazzo Barbaran da Porto erbauten Eckhauses Schwertfegerstraße 1, ließ Friedrich II. im gleichen Jahr das Eckhaus Alter Markt 12, Ecke Kaiserstraße errichten. Diesmal war das Vorbild der ebenfalls von Palladio entworfene, aber nicht ausgeführte Palazzo Giulio Capra in Vicenza. Friedrich II. orientierte sich dabei an einer Darstellung im 1752 von Charles Étienne Briseux veröffentlichten "Traité du Beau essentiell dans les art (…)". Während Palladio die Zone über dem Gesims im Obergeschoss frei lässt, zeigt Briseux hier Relieftafeln, die der ausführende Architekt Carl Ludwig Hildebrandt in eine Fensterreihe abwandelt. Wie üblich wurde das Vorbild in Potsdam gestaucht, erhielt aber im Gegensatz zum Vorbild beidseitig je einen Risalit. 1795 beim Brand der Nikolaikirche zerstört und 1797 klassizistisch vereinfacht wiederaufgebaut, wurde in diesem Haus 1803 der Architekt Ludwig Persius geboren. 1945 zerstört, wurde 1955 die Ruine abgerissen. (Thomas Sander, 2014)

    Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. "AK-2012-36: Flasche für Benzin aus der Potsdamer Drogerie Nonnast" last modified 2021-11-26. https://brandenburg.museum-digital.de/object/10628

    Das Photo ca. 1910 zeigt die vorher so übliche Werbeplakatierung.

    Das Bauwerk hatte den Krieg aber recht gut überstanden (abgesehen vom Dach) als einziges Haus des Quartiers laut Schadenskarte. Das Photo zeigt es eindeutig als aufbaufähig.

    Mitarbeiter des Potsdamer Verkehrsbetriebs auf Turmwagen bei Oberleitungsarbeiten in der Von-Guericke-Straße (bis 1945 Kaiserstraße).

    Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. "FS 21574: Oberleitungsarbeiten in der Von-Guericke-Straße" last modified 2021-12-28. https://brandenburg.museum-digital.de/object/68379

    Hier noch ein Link für ein Photo nach dem Krieg, welches rechts im Bild das beschädigte Eckhaus Palazzo Capra zeigt. Im Hintergrund ist der Rest der Acht-Ecken-Kreuzung.

    Skizze von Friedrich II für das Haus. Links steht, wenn ich das richtig entziffern kann: "facade dela rue de l'eglisse toute pareille mais sans fronton" - "Fassade der Straße zur Kirche genauso, aber ohne Giebel". Rechts steht "Caserne de la Kirche Strasse" - "Kaserne an der Kirchen Straße".

    Die Vorlage aus Vicenza: Grundriss und Aufriss eines Palazzo für Giulio Capra am Corso in Vicenza (Entwurf), 1581 von Palladio, Andrea

    Grundriss und Aufriss eines Palazzo für Giulio Capra am Corso in Vicenza (Entwurf) | Hamburger Kunsthalle

  • Also, wenn eine blöde rote Wendeltreppe und etwas angeklebtes Efeu die Utopie sein soll, fände ich die 3. Wiederholung des "Traumschiffs" spannender.

  • Auf der Südseite des Blocks V (zum Alten Markt hin) soll nach den aktuellen Festlegungen der Palast Guilio Capra als Leitfassade wiederhergestellt werden. Es handelt sich um einen Entwurf Palladios, der für Potsdam adaptiert wurde und das Geburtshaus des bekannten königlichen Architekten und Schinkelschüler Ludwig Persius.

    Darüber hinaus hat die Denkmalpflege durchgesetzt, dass ein Typenhaus wiederkehren soll. Ziel ist es, die Bebauungstypologie VOR der friderizianischen Umgestaltung zu zeigen. Das Typenhaus

    Leider hat die Stadtplanung entschieden, den Bau aus Flächeneffiziengründen auf zwei Geschosse plus Dach aufzustocken. Dies führt auch dazu, dass eine Fassadenrekonstruktion 1:1 nicht möglich ist. Honi soit qui mal y pense.

  • Danke für die Informationen, als Berliner ist es immer schwer in Potsdam den Überblick zu behalten.

    Zwei Fragen an die Potsdam-Experten hätte ich jedoch: Auf der historischen Fotografie hat das Typenhaus ja auch bereits zwei Geschosse und ein Dachgeschoss? In der Konzeptvisualisierung entspricht dieses doch dem alten Foto oder irre ich mich?

    Und ist die Rekonstruktion des Palazzo Barbaran da Porto (Schwertfegerstraße 1) in sicheren Händen oder steht diese noch nicht fest?

  • Snork 16. Februar 2023 um 20:36

    Hat den Titel des Themas von „Potsdam - Staudenhof“ zu „Potsdam - Neubauquartier V - Staudenhof-Areal“ geändert.
  • Muss man die gut sortierten Beiträge zum Quartier V ungefragt in diesen vollgemüllten Faden versenken? Dieser Faden hat keinen sinnvollen Beginn und ist mit endlosen Clickbait und abschweifenden Diskussionen zugestopft.

    Danke für Deine sehr hochwertigen Beiträge, unify! Ich bin allerdings der Meinung, dass es in einer Stadt wie Potsdam nur einen einzigen Themenstrang pro geographischer Einheit geben sollte, also Staudenhof = Quartier V. Es ist dann meines Erachtens ein Vorteil, bei Interesse die gesamte Geschichte dieses Areals in einem einzigen Themenstrang nachlesen zu können, anstatt sich durch mehrere Stränge zum gleichen Thema zu klicken.

    Ab Sommer wird der Staudenhof sowieso hoffentlich Geschichte sein, dann werden die Themen auf natürliche Weise ineinander übergehen.

    P.S. für inhaltlich ordnende Moderationsentscheidungen auch noch die Forumsteilnehmer um Erlaubnis zu fragen, können wir aus Zeitgründen nicht leisten, es würde auch den Rahmen sprengen.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Danke für die Informationen, als Berliner ist es immer schwer in Potsdam den Überblick zu behalten.

    Zwei Fragen an die Potsdam-Experten hätte ich jedoch: Auf der historischen Fotografie hat das Typenhaus ja auch bereits zwei Geschosse und ein Dachgeschoss? In der Konzeptvisualisierung entspricht dieses doch dem alten Foto oder irre ich mich?

    Und ist die Rekonstruktion des Palazzo Barbaran da Porto (Schwertfegerstraße 1) in sicheren Händen oder steht diese noch nicht fest?

    Beim Typenhaus werden wir sehen, wie der Bau tatsächlich in den Vorgaben erscheint. Das gesamte Quartier soll ja von der Stadt selbst errichtet werden.

    Der Palast Barberan da Porto ist in den Händen eines kleinen Potsdamer Bauträgers. Bis dato gibt es keine warnenden Hinweise. Der Palast gehört zum Block IV.

  • Hier wieder ein Ausschnitt des Gemäldes von 1772, welches das dreistöckige Haus zum Alten Markt hin zeigt. Man erkennt die barocke Zweifarbigkeit mit gelb und bleu mourant (?) und Dreiecksgiebel über den Fenstern im zweiten Geschoss. Im Erdgeschoss gibt es Wohnfenster und Durchgänge.

    Link

    Auf diesem Farbphoto (?) ist das Haus links dann einfarbig und hat gerade Giebel über den Fenstern. Wahrscheinlich war dies auch auf den Brand 1795 zurückzuführen. Das Erdgeschoss hatte dann große Ladenfenster bekommen.

    Link

  • Blick auf die Südseite des Wilhelmplatzes durch die Kaiserstraße mit dem Quartier V (links) und IV (rechts).

    Die Südseite vom Platz der Einheit ist noch nicht entschieden (jenseits der Bibliothek), aber äußerst wichtig für den Eindruck dieses geschundenen Platzes. Langfristig wird der Platz der Einheit wohl die eklektische Nahtstelle zw. allen möglichen Baustilen sein. Erinnert irgendwie an den Dresdner Altmarkt mit dem Kulturpalast.

    Ich vermute, Architekten werden sich wohl zuerst am neuen Hotel um die Ecke oder an der Wilhelmgalerie orientieren... Vielleicht bekommt man auch einen Patzschke präsentiert. Die drei Stockwerke der historischen Vorgänger werden wohl modernen Renditeversprechen nicht mehr genügen.

    Das Photo koloriert.


    Ca. 1900?

  • Der Block V wird von der Pro Potsdam errichtet, die zu 100 % der Stadt gehört und Sozialwohnungen errichten soll. Die Ecke des Blocks IV zur Kayserstraße wird nach dem Willen der Statverordneten ein Studentenwohnheim des staatlichen Studentenwerkes.

    Vor diesem Hintergrund würde ich Begriffe wie "Patzschke" oder "Rendite" nicht in den Mund nehmen sondern eher einmal im Netz suchen in welcher Art die Pro bis dato Sozialwohnungen und das Studentenwerk Wohnheim gebaut haben. Danch braucht man einen doppelten Korn, um wieder auf die Beine zu kommen.

    Natürlich soll auch für diese Grundstücke ein Architektenwettbewerb entscheiden, das ist ja auch bei den Bauten der Pro an der Ecke des Blocks IV zur Ebertstraße so. Wenn man sich das dortige Verfahren anschaut und sieht, dass die teilnehmenden Büros ausgelost wurden wird einem auch Angst und Bange. Eine Entscheidung soll Anfang Mai fallen.