Bremen - Oslebshausen

  • Dieser Themenstrang ist dem ehemaligen Dorf und jetzigem Ortsteil Oslebshausen, der zum Stadtteil Gröpelingen im Bremer Westen gehört, gewidmet. Für die meisten Bremer ist der Ortsteil bis heute primär mit der großen, im Stile der Neogotik in rotem Backstein aufgeführten Strafanstalt verbunden. Aber Oslebshausen hat noch viel mehr zu bieten. Die folgenden Beiträge sollen das belegen.

  • Dorfschänke *1570 - 2007

    Ein herber Verlust traf Oslebshausen - und ganz Bremen - am 13.06.2007. An diesem Schicksalstag für den Ortsteil brannte die historische Dorfschänke aus dem Jahre 1570 ab. Mit ihr verlor nicht nur der Ortsteil eines seiner markantesten Wahrzeichen, sondern auch Bremen einen der wahrscheinlich ältesten erhaltenen Profanbauten seines alten Landgebietes. Anbei einige traurige Bilder der Erinnerung:

    Abbildung 01
    Ansichtskarte von Oslebshausen. Die Dorfschänke ist oben rechts zu sehen.

    Abbildung 02
    Rückseite der Schänke auf einer Postkarte aus den 1920er Jahren

    Abbildung 03
    So sah die Vorderfront des Gebäudes an der Oslebshauser Landstraße Nr. 50 bis zum Tag des Brandes aus.

    Abbildung 04
    Hier sieht man wie die Flammen am Tag des Brandes bereits meterhoch aus dem Reetdach schlagen. Ursache des Feuers waren - wohl - Umbauarbeiten im Restaurant.

    Abbildung 05
    Für lange Zeit sah es bei der Bauruine so aus (man erkennt noch Feuerspuren im oberen Bereich).
    Es sollen übrigens einige Balkenreste der Frontfassade von der Denkmalpflege eingelagert worden sein...


    Abbildung 06
    Letztendlich hat sich Bremen für eine totale Neugestaltung entschieden. Heute stehen auf dem Areal der ehamligen Dorfschänke Wohnhäuer, wie das folgende Luftbild beweist. Das Areal der Schenke (Oslebshauser Landstraße 50) befindet sich im Bildmittelgrund.
    Sollte man vor dem Hintergrund dieses Trauerspiels sagen: 'wieder mal typisch Bremen'...???

  • Man beachte: Der historische Baumbestand um die Schänke wurde für die Neubauten ganz offensichtlich geopfert.

    Dieses ungute Beispiel läßt einen um die ehrwürdigen Bäume vor der ehemaligen Villa Gross in Schwachhausen (Medienhaus) doch recht heftig bangen...

  • Also, in Bremen ist in den letzten Jahrzehnten offenbar vieles richtig falsch gelaufen.

    Meine Meinung. Andere finden, dass dort gute Politik gemacht wurde (siehe hier ab 0:40). ;)

  • Werter Heimdall,

    in der Tat kann man durchaus der Ansicht sein, daß seit dem Ausscheiden dieses Herrn aus dem Senat der Freien Hansestadt Bremen, das eine oder andere - nicht zuletzt in puncto Architektur und Städtebau - in die falsche Richtung gelaufen ist.

    Bei dem Herrn handelt es sich um Dr. jur Martin Donandt (1852 - 1937), der 1898 - wie seinerzeit noch üblich - auf Lebenszeit in den Senat gewählt worden war und 1920 Präsident des Senats wurde. Er war national-liberal gesinnt und orientierte sich an der Politik Otto von Bismarcks, den er persönlich bewunderte. Im März 1933 wurde er aus dem Amt gedrängt. Wer dabei die treibende Kraft war, kann man sich denken...

    Nachdem was man so hört, halten ihn nicht wenige für den bisher letzten wirklichen Bürgermeister Bremens.

    Nun ja, dies hat zwar nicht direkt etwas mit Oslebshausen zu tun, aber Ihre gut nachvollziehbare Anmerkung, sollte nicht unkommentiert bleiben.

  • Es ist ganz unbestritten vieles falsch gelaufen, Heimdall. Ob dieser Fall dazugehört, da bin ich mir nicht so sicher. Es handelt sich einfach um ein Unglück mit dem Brand, auf Pagentorns Foto nach dem Brand ist zu erkennen, dass auch nichts Rettbares mehr dagewesen ist, typisch für einen Brand eines reetgedeckten Fachwerkhauses, viel schlechter gehts eben nicht in puncto Brandschutz.

    Dass man dieses ohnehin nur noch mit seiner Front erhaltene Haus (welches natürlich auch unter Denkmalschutz stand) nun in der Lage nicht wieder originalgetreu aufbaut, mögen Aficionados wie wir zwar bedauern, der Politik kann man es aber beim besten Willen nicht anlasten. Insgesamt glaube ich, dass wir hier jetzt auch einer augeprägten "attention bias" in puncto Bremen aufsitzen, da wir zwei sehr aktive und kritische Foristen haben, die aus der Stadt berichten. Grundsätzlich geht es hier nicht schlechter und nicht besser zu als in den meisten Teilen des alten Westdeutschlands evtl. mit Ausnahme Bayerns. Für eine durchgehend sozialdemokratisch regierte Stadt und im Verhältnis zur schwierigen wirtschaftlichen Lage halte ich die Politik sogar noch für recht vernünftig in Bezug auf das städtebauliche Erbe.

    Man darf nicht vergessen, dass es massive Eingriffe ins Eigentumsrecht bedeutet, wenn hier immer so locker gefordert wird, man solle dies und jenes verbieten oder die Politik sei Schuld. Vorwerfen muss man der Stadt sicherlich eine Verzagtheit in Bezug auf Unterschutzstellungen und in Bezug auf Erhaltungssatzungen, die häufig zu spät kommen. Umgekehrt sollte aber doch bitte auch nicht vergessen werden, dass eben diese bei den Besitzern der jeweiligen Erhaltungsgebiete alles andere als populär sind, zuletzt musste eine solche im sogenannten Humannviertel in Gröpelingen aufgrund massiver Bürgerproteste zurückgezogen werden. Die traditionell kleinteilige Eigentümerstruktur (Bremen hat den höchsten Anteil an Privateigentümern im eigenen Haus aller deutschen Städte über 500.000 EW) macht derartige Regelungen auch wesentlich komplizierter als etwa in Berlin, wo ganze Viertel im Besitz großer Immobiliengesellschaften sind.

    Insgesamt ist mir der Tenor hier allmählich entschieden zu negativ, es wird in einer Vergangenheit geschwelgt, die es so nicht gegeben hat und ich frage mich, was hieraus Positives erwachsen soll. Es ist vollkommen in Ordnung, Missstände zu benennen und Fehlentwicklungen anhand von Beispielen zu beschreiben. V.a. den Strang über den fürchterlichen "Umbau" der Altstadt nach dem Krieg fand ich extrem erhellend und sehr wertvoll. Wenn aber ein Großteil der Bremer Forumsarbeit auf dem Anprangern vergangener Fehler beruht, dann brauch ich hier mit meinen Gartenzäunen und vorsichtigen Wiederbestuckungen ehrlich gesagt nicht weiter zu nerven. Dann können wir uns alle an den Händen fassen und singen, wie schlimm es hier in Bremen ist und wieviel besser alles früher war.

    Trifft mit Dir definitiv den Falschen, Heimdall ;), ich hoffe, das erkennst Du selbst, aber irgendwie beginnt mich dieser durchgehende Negativismus im Bremer Forumsteil gewaltig zu nerven. Meine Antwort hier war sicherlich nicht sachlich und auch nicht fair gegenüber denjenigen, die hier sehr viele sehr gute Beiträge verfasst haben, aber heute früh ist bei mir das Maß einfach mal voll. Dann berichte ich eben aus Hannover und Göttingen.

    Wird auch wieder besser, versprochen ;).

  • Heinzer,

    Du hast Dich hier im Forum ja schon häufiger als Anhänger des positiven Denkens geoutet. Das gilt bei Dir vermutlich über die Architektur hinaus auch für andere Lebensbereiche. Das darf aber nicht dazu führen, dass kritische Stellungnahmen zum Baugeschehen hier im Forum jetzt mit einem moralischen Bann versehen werden (schlechte Laue, attantion bias, ich werde nur noch über Göttingen und Hannover schreiben).

    Die Architekturbeiträge in den meisten Feuilletons, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, gingen doch schon sehr kritisch mit den Ergebnissen der jüngeren Moderne um. Wahrscheinlich sind beide Richtungen - positive Darstellungen wie auch Kritik - sehr wichtig, um ein Gesamtbild zu bekommen. Dein Beiträge zur Verbesserung der Altbauten, Zäune, Türen, vertikale Fenster, überhaupt: Herrichtung im traditionellen Stil, fand ich immer sehr fruchtbar. Auch, wenn Du es nicht glauben magst, steckte hinter diesen, Deinen Veröffentlichungen, auch eine Kritik. Denn die Verbesserung bestand ja in einer Rücknahme der optischen auffälligen "Modernisierungen". Was mir nicht behagte, sind Deine Lobgesänge auf die kleinen, vom rechten Winkel abweichenden Gestaltungsergebnisse. Ich halte diese für marginal, nicht gekonnt, ja, für ein Ausrede, denn man sieht doch immer noch, wes Geistes Kind die Erzeuger dieser "Architektur" sind und wo ihre architektonische Basis liegt.

    Ich glaube, Du vergisst bei den Kritikern deren emotionale Grundlage, die nicht die Deine ist. Ich bekomme nicht schlechte Laune, wenn ich die Kritik anderer Foristen lese, sondern ich bekomme schlechte Laune, wenn ich die Ergebnisse der aktuellen Architekturen sehe. Und worüber reden wir hier eigentlich in einem Rekonstruktionsforum? Darüber, dass alles so toll ist und die architektonische Entwicklung dabei sich, sich zu verändern? Allein schon ein Rekonstruktionsbegehren ist eine Kritik an der bestehenden städtebaulichen und architektonischen Realität. Ohne Kritik, in welcher Form auch immer, geht es nicht. Ach ja, attantion bias halte ich vor diesem Hintergrund für völlig übertrieben und falls da was dran sein sollte, dann trifft dies ebenso für Dich in Deiner Positiv-Endlosschleife zu, die ja wohl die Basis für Deine Bewertungen architekturkritischer Beiträge darstellt.

    Einmal editiert, zuletzt von findorffer (4. November 2019 um 13:42)

  • Lieber Heinzer und lieber findorffer,


    wie sagte doch schon Professor Krey in der Feuerzangenbowle (gespielt von dem unvergessenen Erich Ponto) :

    „Mit der Schule ist es wie mit der Medizin. Sie muß bitter schmecken, sonst wirkt sie nicht.“

    Ich bin zwar kein Mediziner, aber ich weiß, daß jeder guten Diagnose und Therapie immer eine schonungslose Anamnese vorausgehen muß, wenn dem Patienten dauerhaft geholfen werden soll.
    Im Endeffekt wird dann der glücklich genesene Patient, der vordem, im Augenblick der Konfrontation mit den Ergebnissen der ärztlichen Bestandsaufnahme, schockiert und entsetzt gewesen sein mag und der späterhin über die Bitterkeit der zur Therapie angewandte Medizin oft innerlich geflucht und explizit laut geklagt haben mag, dem Arzt für all das dankbar sein.
    Im übertragenen Sinne betreiben somit diejenigen auf den Bremen-Themensträngen, die auf Missstände und Fehlentwicklungen nachhaltig hinweisen eine derartige Bestandsaufnahme. Dies ist oftmals nicht angenehm – auch für die Mahner selber. Es mag teilweise als lästig und nervig empfunden werden, ist aber dennoch unerlässlich für die letztendliche Besserung.

    Auf der anderen Seite weiß ich aber auch – ohne Psychologe zu sein – daß es wichtig ist, positive Entwicklungsansätze nicht kleinzureden, sondern diese zu fördern, damit sich diese entfalten und kontinuieren können. Und genau Letzteres tun Sie, Heinzer, mit ihren vorbildlichen Dokumentationen über Restuckierungen, Zurückgewinnungen von Wintergärten, Gartenzäunen etc. Die Freude über solche Details kann bei Vielen auch dazu führen, daß der Appetit nach mehr, nach umfangreicheren Rekonstruktionen geweckt wird, was natürlich für uns ‚Reko-Bewegte’ besonders wertvoll ist.

    Abschließend sei mir die Bemerkung erlaubt, daß mir, obwohl ich zugegebenermaßen das Stadtbild Bremens im Zustand des 31.Juli 1914 als den Goldstandard ansehe, natürlich völlig klar ist, daß dieses noch nicht mal ansatzweise wiederherstellbar ist. Das Dreigestirn aus St. Ansgarii, Essighaus und Kornhaus ist insofern das absolute Maximum, was in dieser Hinsicht irgendwann einmal realisierbar sein sollte. Alles andere wäre in der Tat fruchtlose Schwelgerei und Traumtänzerei. Zeitgenössischen Neubauten, die nicht den zukünftigen ‚Wirkraum’ des Dreigestirns tangieren und lediglich belanglose Nachkriegsbauten verdrängen (wie z.B. beim Horner Mühlenviertel, wo die Neubebauung das ehemalige Berufsbildungszentrum der Post ersetzt hat), bzw. gar Erstbebauungen darstellen, bringe ich daher eine recht große Toleranz entgegen.
    Die Neubauten auf dem Areal der Oslebshauser Dorfschänke und der mit diesen verbundene totale Verzicht auf eine Rückgewinnung (selbst ein - zunächst wohl noch in Erwägung gezogener - Teilwiederaufbau konnte nicht realisiert werden) können jedoch nicht auf diese Toleranz hoffen, denn durch sie wurde ein Wahrzeichen des Ortsteils verdrängt. Nun ja...

    Der langen Rede kurzer Sinn: Heinzer und findorfffer, wir bedürfen Ihrer beider - innerhalb und außerhalb dieses Forums !

    9 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (4. November 2019 um 18:03)

  • Rekonstruktion von Kirchenfenstern !

    Nikolaikirche Oslebshausen

    Die evangelische Nikolaikirche in Oslebshausen, die vor einiger Zeit das Patrozinium der ehemaligen mittelalterlichen Dorfkirche im benachbarten Gröpelingen übernommen hat, wurde 1929 bis 1930 nach Plänen des Architekten Walter Görig erbaut, der auch für das Konzerthaus ‚Die Glocke’ in der Bremer Altstadt verantwortlich zeichnete. Die Landesdenkmalpflege charakterisiert das Gotteshaus als „ein seltenes Beispiel für den norddeutschen Backsteinexpressionismus im Bereich des Kirchenbaus Bremens“. Die Kirche wurde 1961 im Innern umgestaltet. Um die gesteigerten Anforderungen an das Gemeindeleben bewältigen zu können, wurden von 1974 bis 1976 der die Kirche ursprünglich mit dem Gemeindesaal verbindende Arkadengang und auch der Gemeindesaal selber durch ein vom Architekten Hermann Brede entworfenes Gemeindezentrum ersetzt. Dieses hat nun direkten baulichen Kontakt mit dem Pastorat, einem nüchternen Nachkriegsbau, der den kriegszerstörten, originalen Vorgängerbau Görigs ersetzte.

    Abbildung 01
    Turm und Kirche von Süden her gesehen. Links grenzt das – in jüngere Zeit ockerfarben angestrichene – Gemeindehaus direkt an den Sakralbau an.


    Abbildung 02
    (Links:) Luftbild von Kirche, Gemeindehaus und Pastorat, welches den gegenwärtigen Zustand zeigt. Man kann gut erkennen, daß das Gotteshaus ehedem fast durchgehend von einem als Gottesacker genutzten Kirchhof umgeben war. Rechts im Bild – mit etwas Distanz zur Kirche - die alte Schule von Oslebshausen.
    (Rechts:) Ansicht von originalem Pastorat und Kirche aus den 1930er Jahren, aus Blickrichtung der Oslebshauser Heerstraße (diese und - mit Ausnahme der Abbildung 03 - alle übrigen historischen Abbildung sind dem Bildband ‚Oslebshausen im Spiegel der Zeit’ von Alfred Kinateder und Dr. Michael Wolf entnommen).


    Abbildung 03
    Vergleich der Südseite: (Links) im – fast – gegenwärtigen und (rechts) ursprünglichen Zustand. Man erkennt, daß der Arkadengang westlich vom Turm für das Gemeindehaus aufgegeben werden mußte. Der letzte Arkadenbogen ,der schon Teil der eigentlichen Kirchenfassade ist, wurde in den 70er Jahren vermauert. Die beiden originalen Haupteingänge der Kirche (im Erdgeschoß der West- bzw. Ostseite des Turms) werden heute als solche nicht mehr genutzt. Der Hauptzugang erfolgt über das neue Gemeindehaus und einen Durchbruch in der Westwand des Kirchenschiffs.


    Abbildung 04
    Der neue Hauptzugang zu Gemeindehaus und Kirche, im Vergleich mit der ursprünglichen Gestaltung von Westwand und Chorbereich des Gotteshauses. Auf dem historischen Bild sind die kreuzgangartige Arkadenanlage und das originale Pastorat gut erkennbar.


    Abbildung 05
    Luftbild von Nord in der Gegenwart.


    Abbildung 06
    Vergleich der gegenwärtigen mit der originalen Gestaltung des Chorraums. Offenbar hat man beim Umbau 1961 die satteldachartige Chorraumverdachung nach unten verlängert, sodaß die horizontalen Seitenteile und die beiden Pfeiler in Wegfall gerieten. Ebenso wurde die Natursteinverkleidung der Chorseitenwände entfernt. Die originalen Kirchenfenster sind im Kriege verloren gegangen.


    Abbildung 07
    Der vergleichende Blick zur Orgelempore offenbart, daß man 1961 die originale, breit gelagerte Empore beseitigte und durch eine mittig vorkragende, mit transparentem Metallgeländer versehene und wesentlich höher positionierte Nachfolgerin ersetzte. Die alte Orgel nahm mit ihren beiden Baßtürmen das Motiv des 'Görig’schen Dreiecks' auf, welches auch Blenden und Durchgänge beiderseits des Instruments aufwiesen. Lediglich die beiden äußeren Durchgänge sind - stark verbreitert - erhalten geblieben. Die neue Orgel nimmt dabei keinen Bezug auf die Architekturelemente des Kirchenbaus, anders als ihre Vorgängerin. Auch die Deckenzone wurde modifiziert, denn wo ehedem ein abgetreppter Übergang zum Plafond vorhanden war, befindet sich jetzt eine durchgehende Schräge.



    Abbildung 08
    Eine hoffnungsvoll stimmende Rekonstruktion: Die Fenster in der Chorostwand, die man – wohl 1961 – vermauert hatte und deren Fläche man dann das Rautenmuster des übrigen Wandbereichs gegeben hatte, wurden vor einiger Zeit wieder geöffnet und mit neuem ‚Kathedralglas’ versehen. Links erkennt man den vermauerten, rechts den wieder geöffneten Zustand.


    Abbildung 09
    Innenansicht des Chores: Links mit noch zugesetzten Fenstern (vor denen ein abstraktes Gemälde hing). Rechts im wiederhergestellten, aktuellen Zustand. Allerdings wurden die Scheiben zeitgenössisch interpretiert.

    Abbildung 10
    Vergleich von Walter Görigs Hauptwerk, dem Konzerthaus 'Glocke' neben dem Bremer St. Petri Dom, mit der Chorwand der Nikolaikirche.


    5 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (4. November 2019 um 17:13)

  • Abbildung 11
    Der Vergleich des Blicks in den Zuschauerraum des großen Glockensaals offenbart einige architektonische Parallelen mit dem Blick zur ursprünglich gestalteten Orgelempore in Oslebshausen.

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (4. November 2019 um 19:54)

  • Vielen Dank zunächst für die sachliche Antwort, findorffer. Mit "attention bias" meine ich, dass hier im Forum aufgrund der akribischen Arbeit von Dir und Pagentorn eben ein sehr umfassendes Bild der Nachkriegszerstörungen in Bremen entstanden ist, das es so von anderen deutschen Städten in diesem Forum kaum gibt. Daraus wird dann natürlicherweise der Schluss gezogen (so haben es ja auswärtige Foristen und ich selbst auch schon formuliert), die Bremer Verhältnisse seien in irgendeiner Wiese "besonders" im Hinblick auf diese Nachkriegszerstörungen.

    Das ist das, was ich mit "attention bias" meinte: Wer sucht, findet natürlich mehr als wer nicht sucht. Auch der Ostwestfale und der Ravensberger melden ja sehr konsequent Abrisse in ihrer Region, während andere Regionen hier im Prinzip kaum beachtet werden, so dass eben der Eindruck entstehen könnte, in Ostwestfalen und Bremen wird viel mehr abgerissen als etwa in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Nur diesem Eindruck wollte ich entgegentreten.

    Ansonsten soll das hier ja keine öffentliche Therapiestunde werden. Letztlich war meine Reaktion heute früh natürlich übertrieben, sie soll auch keineswegs als Entmutigung gewertet werden, weiter über skandalöse Abrisse zu berichten oder einer ordentlichen Bestandsaufnahme entgegenstehen. Ich frage mich manchmal nur, was dabei am Ende herauskommen soll, wenn nur angeklagt wird. Die Dosis macht das Gift. Es wird -wenn sich überhaupt etwas bewegen soll- nur über kleine Schritte gehen. Mit Generalabrechnungen ("Bremer Politik") wird man nicht nur nichts erreichen (außer vielleicht einem kurzwirksamen Frustabbau), sondern einem grundsätzlich auch wohlgesonnene Leute eher abschrecken, zumal eben vieles gar nicht politisch zu lösen ist.

    Was soll man denn machen, wenn die Bewohner eines Viertels eine Erhaltungssatzung wütend ablehnen? Gegen ihren Willen durchprügeln?

  • Hier noch eine klangliche Impression aus der Nikolaikirche.
    Der Virtuose sitzt unmittelbar vor den Treppenstufen zum Chorraum. Das im Hintergrund sichtbare große Glasfenster in der Ostwand des Chores - mit integrierter, zur Sakristei führender Tür - dürfte erst beim Umbau 1961 entstanden sein.

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    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (4. November 2019 um 19:51)

  • Westfenster der Nikolaikirche

    Heute ist es mir wieder einmal ganz besonders aufgefallen, daß durch den Anbau des Gemeindehauses in den 70er Jahren die Westfenster der Nikolaikirche zu Blindfenstern geworden sind, durch die kein Sonnenlicht mehr in das Gotteshaus dringen kann. Der Kontrast zu den Fenstern auf der Ostseite ist dadurch recht stark. Im Sinne von Walter Görig wäre das mit Sicherheit nicht gewesen.
    Es wäre daher vielleicht einmal zu überlegen, hinter die Fenster eine künstliche Lichtquelle zu setzen, um hier wieder ein wenig mehr optische Homogenität und Harmonie herzustellen. Natürlich unter dem Vorbehalt, daß es technisch realisierbar sein sollte.

    Die - bis auf das kürzere Mittelfenster - düsteren Glasscheiben der Westseite.

    Die im Gegensatz dazu strahlende Ostseite.
    (Soll das ein Verweis auf 'ex oriente lux' sein ? ;) )

  • Ein Stück Oslebshausen am Dom / ein Stück Dom in Oslebshausen

    Tausendmal gesehen und doch nicht wahrgenommen. Aber eines Tages fällt es einem dann wie Schuppen von den Augen:

    Der Vergleich des Chorgiebels der Nikolaikirche mit dem Giebel des Küster-Hauses des St. Petri Doms ist schon frappant. Walter Görig hat sich hier offenbar selber zitiert...

  • 'Zellelaristenkonvent' allerstrengster Observanz

    Wenn die nicht im Stadtteil ansässigen Bremer von ‚Oslebshausen’ sprechen, dann ist es in der Regel so, wie wenn die Hamburger über ‚Santa Fu’ und die Berliner über die ‚Plötze’ reden. In allen Fällen ist die prominenteste ‚Justizvollzugsanstalt’, das altehrwürdigste bestehende Gefängnis vor Ort gemeint. Deshalb soll im Folgenden einmal diese – bauästhetisch sehr gelungene Anlage bildlich im Mittelpunkt stehen. (P.S.: Die Innenaufnahmen basieren auf keiner eigenen Anschauung ;) )

    Einschlägiger Artikel in 'Bremen und seien Bauten 1900'

    Luftbild von Oslebshausen mit Nikolai-Kirche rechts und Gefängnis links.

    Luftbild des Gefängnisareals von Nord.

    Luftbild des Gefängnisareals von Süd. An der Bildunterkante, noch außerhalb des ummauerten Bereichs, erkennt man links das Wohnhaus des Direktors der Anstalt aus rotem Backstein und rechts das - weiß gefaßte, ansonsten aber spiegelbildliche - Wohnhaus von Inspektor und Lehrer der Anstalt.

    Luftbild des Männergefängnisses mit der Kirche - die Rosette an deren Nordseite ist gut erkennbar - im Mittelpunkt.

    Zwei Ansichten der Südseite von Kirche (Chorbereich) und Zellentrakten.

  • Innenansicht des zentralen Gangbereichs einer der beiden Zellentrakte. Man beachte das schöne große neugotische Fenster, welches für die reichliche Belichtung sorgt.


    Kirche - Blick von der Empore zur Apsis.

    Blick in die Gegenrichtung (zur Empore).


    Die Rosette.