Entstellende Dachgeschosse

  • Kurfürstendamm 136, Ecke Johann-Sigismund-Straße. Am westlichen Ende des Kurfürstendamms gibt es keine wirksame Gestaltungssatzung und keinen Denkmalschutz für die erhaltenen Gründerzeitbauten. Das wirkt sich an einigen Stellen recht negativ auf das Gesamtbild aus. So werden die dort vergleichsweise wenigen erhaltenen Stuckfassaden durch plumpe Dachaufbauten dieser Art noch entwertet.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Snork

    Sicher, nicht wirklich besonderer DG Ausbau, aber in Wien wären wir heilfroh, wenn die DG Ausbauten "nur" so aussehen würden! Dieser DG Ausbau schaut wenigstens noch einen Bezug zum Altbau darunter zu haben. In Wien hat man eher das Gefühl, dass die Architekten glauben eher auf der grünen Wiese zu bauen und 0 Rücksicht auf das Gebäude darunter zu nehmen. Deswegen schaut Wien leider mittlerweile immer schlimmer aus.

  • Also dieser Dachausbau ist ja richtig Spitze. Nicht mal Luxusprobleme, sondern überhaupt keine. Guckst du mal da:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Wohnhaus_…,_Am_Hof_11.JPG

    nur um ein recht prominent wie schändliches Beispiel zu nennen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Also dieser Dachausbau ist ja richtig Spitze. Nicht mal Luxusprobleme, sondern überhaupt keine. Guckst du mal da:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Wohnhaus_…,_Am_Hof_11.JPG

    nur um ein recht prominent wie schändliches Beispiel zu nennen.

    Was mich jenseits des Entsetzens dann doch fasziniert ist die Erkenntnis, daß neuerdings auch in Jahrzehnten durch Bildung und Lebenserfahrung erworbene oder geerbte Maßstäbe nicht mehr anlegbar sind - wie, wenn bspw. an einem bewährten 70-jährigen Zollstock plötzlich ein paar Glieder zu fehlen scheinen - die, jenseits der Null.

    Besonders betroffen scheinen mir

    -Dummheit, Arroganz, Dreistigkeit und Kulturlosigkeit zu sein.

  • Also dieser Dachausbau ist ja richtig Spitze. Nicht mal Luxusprobleme, sondern überhaupt keine. Guckst du mal da:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Wohnhaus_…,_Am_Hof_11.JPG

    nur um ein recht prominent wie schändliches Beispiel zu nennen.

    Ja, stimmt! Mich gruselt es immer, wenn ich an diesem ansonsten schönen Platz vorbeikomme und diese architektonische Minderleistung eines Dachgeschoßausbaues mitansehen muss.

    Dass der Eigentümer, der diese Stadtbildzerstörung auch noch verbrochen hat - die Generali Versicherung - auch noch ihren Namen auf diese Bausünde darauf schreibt (und damit in Wien ziemliche Negativwerbung betreibt)...entbehrt nicht einer gewissen Süffisanz, bietet dieser Versicherer doch auch Liegenschaftsversicherungen a la Feuerversicherungen an...in diesem Fall wäre ein Dachstuhlbrand vermutlich ein heller Grund zur Freude, damit das üble Ergebnis rückgängig gemacht werden kann.

  • Naja, Ursus carpaticus, dem von Dir gezeigten Wiener Beispiel muss man immerhin zugute halten, dass ein gewisses Bemühen um ein Nachempfinden der ursprünglichen Dachform zugestanden werden muss. Bei dem von mir gezeigten Haus am Ku-Damm ist man davon leider weit entfernt. Die beim originalen Dach sicher vorhandene Dachschräge ist nicht einmal ansatzweise vorhanden. Der Turmaufbau wirkt wie in die falsche Richtung abgesägt. Leider befindet sich das gezeigte Haus auch an einer leichten Steigung der Straße zur S-Bahn-Brücke hin - von dort her kommend hat man dies unproportioniert verstümmelte Dach quasi direkt vor Augen.

    Hinzu kommt, dass es gerade in diesem Teil des Kurfürstendamms so wichtig wäre, einzelne erhaltene gründerzeitliche Bauten wie den gezeigten möglichst in ihrer Originalerscheinung zu erhalten oder wiederherzustellen, denn dort ist, anders als an dem von Dir gezeigten Wiener Platz, überhaupt kein historisches Gebäudeensemble mehr erhalten, sondern es steht geschätzt vielleicht nur noch jedes dritte vor 1945 errichtete Haus. Wenn von diesen "Überlebenden" auch noch 2 von 3 Fassaden und Dachgeschosse entstuckt oder sonstwie verhunzt worden sind, kann man, so meine ich, von einer Schlechtleistung der Denkmalbehörden sprechen. Es mutet fast wie ein schlechter Witz an, dass auf der Berliner Denkmalkarte große gründerzeitliche Stadtgebiete bis heute ohne eine einzige Unterschutzstellung geblieben sind, während Wohnblöcke der Weimarer Zeit fast zu 100% unter Denkmalschutz stehen, so wie so manche Bausünden der Nachkriegszeit.

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  • Nö Snork, dein an sich nicht unzutreffendes Argument wird entkräftet durch die entscheidende städtebauliche Einbettung in einen zentralen altstädtischen Platz neben hochkarätigsten Barockbauten des alten Wien. Der Gründerzeitler ist auch nicht irgendeiner, er wurde nach dem Krieg vereinfacht und rückgebaut, um die altstädtischen Proportionen zu wahren. Und jetzt dieses Ufo am Dach, das ist so wie die Faust aufs Auge. Man muss es einfach gesehen haben.

    Aber wenn du das partout nicht so sehen willst, kann ich immer noch einen Zahn zulegen: Neuer Markt, auch ein zentraler Alt Wiener Platz, bitte schön:

    http://cityabc.at/index.php/Date…2480667101).jpg

    Und schreib jetzt nicht, das ist auch nicht arg, sonst kommt noch was Schlimmeres. Wien ist da nach unten offen.

    ´PS Die Hamburger Beispiele sind natürlich auch vom Feinsten.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • In der Tat, Ursus carpaticus, Deine Beispiele sind nicht von schlechten Eltern. Respekt:wink:

    Es ist schon traurig, dass wir hier so eine Art Quartett spielen können, wer die schlimmsten Beispiele an den schönsten Strassen und Plätzen vorzuweisen hat. Man sollte nicht vergessen, dass die Denkmalbehörden von der Allgemeinheit finanziert werden. Ob sie jedoch auch deren Interessen und Wertvorstellungen ausreichend vertreten, kann man bezweifeln. Ich werde in meinem Beruf auch nicht dafür bezahlt, dass ich meinen Steckenpferden nachgehe oder die Interessen derjenigen missachte, die mich beauftragen bzw meine Leistungen in Anspruch nehmen. Bei den Denkmalbehörden scheint diesbezüglich lockere Gleichgültigkeit zu bestehen, zumindest hier in Berlin und auch an manch anderem Ort insbesondere im Westen.

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  • Die Denkmalbehörden haben leider nicht den Anspruch, die Interessen der Mehrheit oder einer Idee von Schönheit zu vertreten, sondern die Interessen eines abstrakten Kunstgeschichtsbegriffes (welchen sie ob ihrer gefühlten Expertise selbst definieren). Geschützt wird das, was sie als besonders einzigartig oder besonders typisch für eine Epoche beurteilen, je nach Gusto.

    Im übrigen finde ich die Hamburger Beispiele von den zuletzt angeführten eindeutig als die schlimmsten ...

  • Diesen Dachaufbau empfinde ich persönlich noch als sehr moderat (im Gegensatz zu den Hamburger Scheußlichkeiten). Aber was ich überlege......ist das nicht das Eckhaus welches mal vor Jahren abgefackelt ist?

  • Die Denkmalbehörden haben leider nicht den Anspruch, die Interessen der Mehrheit oder einer Idee von Schönheit zu vertreten, sondern die Interessen eines abstrakten Kunstgeschichtsbegriffes (welchen sie ob ihrer gefühlten Expertise selbst definieren). Geschützt wird das, was sie als besonders einzigartig oder besonders typisch für eine Epoche beurteilen, je nach Gusto.

    Das scheint für Berlin zu gelten. In Potsdam beispielsweise sieht es schon ganz anders aus. Dort ist es offenbar Standard, dass die Denkmalbehörden Sorge tragen, dass bei Sanierungen das ursprüngliche Erscheinungsbild eines Gebäudes inklusive Dachlandschaft komplett wiederhergestellt wird - der Fernsehmoderator und Immobilieninvestor Günter Jauch hat wiederholt darüber berichtet.

    Für den Kurfürstendamm gibt es eine eher allgemein gehaltene bezirkliche Erhaltungsverordnung von 2001 (pdf) , allerdings endet das Erhaltungsgebiet einige Querstraßen weiter östlich des gezeigten Eckbaus. Im Bereich Fasanenstraße gibt es auch einen Denkmalbereich. Für den westlichen Teil des Kurfürstendamms scheint, wenn ich das richtig sehe, niemand so recht zuständig zu sein - so dass es für den Hausbesitzer, der ja durchaus einen erheblichen Aufwand mit der Fassadensanierung betrieben hat, offenbar keine Vorgaben für die Dachgestaltung gegeben hat. Somit mutet das Ergebnis recht beliebig an. Ich frage mich folglich, ob es in den vielen Jahrzehnten des Bestehens der Berliner Denkmalbehörden nicht möglich gewesen wäre, den Besitzern historischer Gebäude im übrigen Stadtgebiet für Sanierungen wenigstens eine Art Leitfaden an die Hand zu geben, um unnötige Fehlgriffe der gezeigten Art zu verhindern. In den kleinen Gebieten mit Erhaltungsverordnung ist dies ja auch möglich, ebenso in Denkmalbereichen.

    Aber was ich überlege......ist das nicht das Eckhaus welches mal vor Jahren abgefackelt ist?

    Das betraf meiner Erinnerung nach ein Haus Ecke Wielandstraße.

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  • Bei Snorks Ku-Damm 136 stellt sich in meinen Wienerischen Augen überdies die Frage, ob die Fassade wirklich original und nicht nachträglich wiederbestuckt worden ist. Der Berliner Historismus war doch nicht gerade für seine preußische Zurückhaltung bekannt. Und das Haus ähnelt formal überhaupt Wiener Beispielen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Berlin-Fr'hain - Georgenkirchstraße, Haus des ev. Missionsvereins oder so ähnlich.

    Dem Erweiterungsbau wurde (irgendwann nach 1990) ein verschandelnder Glas-Stahl-Kasten aufgesetzt.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ecke Seehofstraße / Wasserweg, Frankfurt am Main-Sachsenhausen. Vorher ein normales steiles Dach. Nun schwant mir irgendwie nichts gutes.

    IMG_6747

    IMG_6745

  • Berlin-Prenzlauer Berg - Schievelbeiner Straße/Driesener Straße N°6.

    Nicht so auffällig oder gar schlimm, aber dennoch sind es auch die kleinen Dinge, die sich aufsummieren.

    ==> Ansicht des vorigen Zustands des Dachgeschosses

    ____

    Reinhardtstraße N°20/Albrechtstraße - was haben sie nur dem schönen Bunker angetan! :zwinkern:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Naja, der Bonker in der Reinhardstraße ist ja ohnehhin ein brutalistisches Bauwerk, da find ich es jetzt nicht so störend wie an Gründerzeitbauten.

  • Das Beispiel Schievelbeiner Straße finde ich auch nicht so schlimm. Das ist eben irgendwie der Preis des Wohnungsdrucks. Brachgrundstücke gibt es nicht mehr ganz so viele. Auf der grünen Wiese wird die Natur beeinträchtigt, und es ist dort etwas außerhalb gelegen für Innenstadt-Freunde. Abriss und Bau von größeren Wohnblocks oder Wohnhochhäusern ist bei Stadtbild-Freunden nicht gern gesehen. Also bleiben fast nur solche Dachausbauten, um weder das Stadtbild noch die Natur allzu stark zu beeinträchtigen und trotzdem Wohnraum zu schaffen.

  • Das Beispiel Schievelbeiner Straße finde ich auch nicht so schlimm. Das ist eben irgendwie der Preis des Wohnungsdrucks. Brachgrundstücke gibt es nicht mehr ganz so viele. Auf der grünen Wiese wird die Natur beeinträchtigt, und es ist dort etwas außerhalb gelegen für Innenstadt-Freunde. Abriss und Bau von größeren Wohnblocks oder Wohnhochhäusern ist bei Stadtbild-Freunden nicht gern gesehen. Also bleiben fast nur solche Dachausbauten, um weder das Stadtbild noch die Natur allzu stark zu beeinträchtigen und trotzdem Wohnraum zu schaffen.

    Gerade das Beispiel Schievelbeiner Straße finde ich besonders gruselig - der Bauherr wollte den Ausbau offensichtlich an den Bestand anpassen, zeigt dabei aber 0,0 Einfühlungsvermögen und Gespür für Proportionen, er entgleist regelrecht.

    Ein klarer Schnitt wie hier Hamburg / Poststraße oder Berlin / Georgenkirchstraße ist mir lieber als solche gut gemeinten, aber hilflosen Versuche (gilt jetzt nicht für alle "klare Schnitte"):