Heute gibt es offenbar ein starkes Interesse den Unterschied größer herauszustellen als noch vor - sagen wir - 130 Jahren. Und vor gut 200 Jahren wurde dieser Unterscheid noch überhaupt nicht gemacht.
Wenn man etwas weiter denkt, könnte man auch auf einen Grund dafür kommen, warum das so ist, aber vielleicht auch Chancen bestehen, dass es wieder abnimmt.
Kleiner Tipp: Es waren nicht bundesdeutsch-linksgrünversiffte Historiker und ihr vermeintlicher "Schuldkult", der zu den Absetzbewegungen unserer niederländischen und dänischen Nachbarn geführt haben. Wer glaubt, man könne die Niederländer quasi zurück auf den Pfad der deutschen Tugend holen, in dem man ihnen von der Vergangenheit vorschwärmt, wird enttäuscht werden. Das geht nur über das mühsam und schwierig wiederaufgebaute Vertrauen nach dem 2. Weltkrieg. Ich wurde selbst noch in den späten 80er Jahren in den Niederlanden einfach nur fürs Deutschsprechen auf der Straße beschimpft - heute gibt es niederländische Fanclubs von Werder Bremen, die zu jedem Heimspiel anreisen und gemeinsam mit den deutschen Fans feiern. Die Generation der nach 1970 geborenen Niederländer (und auch der Skandinavier) ist gegenüber Deutschland wieder neutral bis positiv eingestellt, fährt nach Berlin zum feiern, nach Köln zum Einkaufen und nach Hamburg zum Sightseeing - es entsteht ganz langsam wieder ein Verbundenheitsgefühl der erweiterten Nord- und Ostseeanrainer, die Leute merken, wie ähnlich wir Deutschen eigentlich den Dänen und den Niederländern sind. In meinem Auslandsjahr vor 20 Jahren waren es nicht ohne Grund Dänen und Niederländer, mit denen ich (und die meisten Deutschen in meinem Sprachkurs in Spanien damals) am meisten zu tun hatten. Dänische und holländische Architekturbüros gewinnen mit einer eindeutig "nordeuropäisch-hanseatisch" inspirierten Architektur in norddeutschen Städten Wettbewerbe, durch neue Verbindungen wie die "Wunderlinie" zwischen Groningen und Bremen oder die Fehmarnbeltquerung werden die Regionen noch viel mehr zusammenwachsen, Hamburg und Kopenhagen zu direkten Nachbarn werden, nicht weiter entfernt voneinander als Hamburg und Berlin.
Nur so kann das, von dem hier geträumt wird, ansatzweise wieder Realität werden. Gute Beziehungen zu den Nachbarn, Herausstellen von Gemeinsamkeiten statt von Dingen, die trennen. Ein regressives, von einer unwiederbringlich verlorenen Vergangenheit träumendes Deutschland hingegen wird vollkommen zurecht sehr argwöhnisch beäugt werden.