Das Kaiserreich im Rückblick

  • Tatsächlich hat die Einkommenssteuer durch den progressiven Anstieg natürlich eine sozial ausgleichende Komponente.

    Das hatte sie auch im Kaiserreich, allerdings auf einem ungemein niedrigeren Niveau, eben von 0,6% bis 4%.

    Der Eingangssteuersatz liegt heute in der BRD bei 14%, der Spitzensteuersatz liegt bei 42% und zwar ab einem jährlichen Einkommen von 57.919 EUR.

    Der Höchststeuersatz im Kaiserreich griff erst bei einem jährlichen Einkommen von 100.000 Mark. Die Kaufkraft von 100.000 Mark im Jahre 1913 war um ein vielfaches höher als es 57.919 EUR heute sind.

    Wer damals 100.000 Mark im Jahr verdiente war ein wohlhabender Mensch, bei 57.919 EUR kann man das heute gewiss nicht behaupten.

    Immer wenn staatliche Aufgaben teuer zu werden drohten (Aufrüstung-Krieg), wurden dann ja auch die Steuern kräftig erhöht und neue "erfunden".

    Gut, dann schauen wir uns die Entwicklung des Steuersatzes zur Umsatzsteuer an, die tatsächlich während des Ersten Weltkrieges eingeführt wurde:

    In Deutschland führte der gewaltige Finanzbedarf im Ersten Weltkrieg 1916 zu einer reichseinheitlichen Stempelsteuer auf Warenlieferungen und 1918 zu einer Allphasen-Bruttoumsatzsteuer ...

    Der ursprüngliche Steuersatz von 0,5 % stieg in Deutschland und später in der Bundesrepublik nach wiederholten Änderungen 1935 auf 2,0 %, 1946 auf 3,0 % und 1951 auf 4,0 % an.

    In Deutschland beträgt der Umsatzsteuersatz gem. § 12 Umsatzsteuergesetz 19 Prozent. Auf bestimmte Lieferungen und sonstige Leistungen ermäßigt sich dieser Satz auf 7 Prozent.

    Auch hier haben wir krasses Missverhältnis der Steuersätze klar zu Ungunsten der BRD im Vergleich zu den Sätzen im Kaiserreich.

    Die Steigerung von 0,5% auf 19% entspricht in Prozenten ausgedrückt einer Steigerung von sage und schreibe 3800%

    Bevor hier so weiter zwischen den im Kaiserreich und heute erhobenen Steuer dilettierend weiter diskutiert wird, empfehle ich

    is scho recht.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Schreibe einfach "Heimdall ist ein durch und durch destruktiver Charakter".

    Nö, ich schreibe nur Dinge, die ich auch meine. Aber danke für die Formulierungshilfe ; )


    Das hatte sie auch im Kaiserreich, allerdings auf einem ungemein niedrigeren Niveau, eben von 0,6% bis 4%.

    Eben, deswegen war ihr Anteil an den Gesamteinnahmen des Staates auch so niedrig.

  • Fazit der obigen fiskalisch orientierten Beiträge:

    Das Kaiserreich hat mit wesentlich weniger Steueraufkommen deutlich mehr als nur die Kernaufgaben des Staates (Innere und äußere Sicherheit; intakte Infrastruktur; zügig arbeitende Justiz) erfüllt - siehe die äußerst erhellenden Ausführungen zum Eisenbahnnetz.

    Das gegenwärtige Deutschland hingegen bewältigt noch nicht einmal die Kernaufgaben auch nur annährend, sondern ergießt statt dessen Steuermilliarden in Gesellschaftsexperimente…

    Vor dem Hintergrund dieser Negativbilanz würde ich mich anstelle der gegenwärtig fiskalische Verantwortung Tragenden in Grund und Boden schämen, auch nur einen roten Heller vom schwer arbeitenden Bürger einzufordern.

  • Wesentlicher Unterschied ist, dass das Kaiserreich seine Infrastruktur mit einem enormen Kraftakt neu aufgebaut hat. Das heutige Deutschland hat einen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung viel größeren Staatshaushalt, der aber neben zahlreichen (mehr oder weniger sinnvollen) neu hinzugekommenen Staatsaufgaben auch die Instandhaltung sehr vieler alter Infrastruktur finanzieren muss. Es braucht heute viele Milliarden Euro pro Jahr, allein damit sich der Zustand nicht durch natürlichen Verschleiß verschlechtert. Eine einmalige Ausgabe zu finanzieren ist leicht für einen Staat, dauerhafter Unterhalt ist dagegen viel schwieriger und lästiger, wird also gerne vernachlässigt. In vielen Ländern noch schlimmer als bei uns ( z. B. in den USA), aber die letzten Jahrzehnte haben auch wir ziemlich von unserer Substanz gelebt.

    Eine Substanz, die teilweise immer noch auf das Kaiserreich zurückgeht. Gerade diese alten Brücken und Eisenbahnstrecken sind erstaunlich langlebig (und trotzdem heute teilweise erschreckend marode). Bleibt zu hoffen, dass die Infrastrukturoffensiven der letzten paar Jahre den Kassensturz nach der Pandemie überleben und wir gerade das alte Eisenbahnnetz zukunftsgemäß weiterentwickeln können.

  • Wesentlicher Unterschied ist, dass das Kaiserreich seine Infrastruktur mit einem enormen Kraftakt neu aufgebaut hat. ...

    Fazit der obigen fiskalisch orientierten Beiträge:

    Das Kaiserreich hat mit wesentlich weniger Steueraufkommen deutlich mehr als nur die Kernaufgaben ...des Staates erfüllt

    Das gegenwärtige Deutschland hingegen bewältigt noch nicht einmal die Kernaufgaben auch nur annährend, sondern ergießt statt dessen Steuermilliarden in Gesellschaftsexperimente…

    Vor dem Hintergrund dieser Negativbilanz...

    Das ist natürlich das alleinige Fazit von Freunden der Monarchie, das wohl unabhängig der Faktenlage immer zugunsten des Kaiserreiches ausfällt.

    Zunächst waren die Startbedingungen der BRD 1949 und des Kaiserreiches genau gegensätzlich.

    Während Deutschland 1949 in Trümmern lag, verschaffte sich das Kaiserreich gleich zu Beginn eine milliardenschwere finanzielle Basis auf Kosten des Nachbarn im Westen.

    Neben Gebietsabtretungen waren im Friedensvertrag von Frankfurt Frankreich Zahlungen von fünf Milliarden Goldfrancs innerhalb von drei Jahren auferlegt worden. Das sind 1450 Tonnen Feingold.

    Bei dem aktuellen Goldpreis von rund 49.000 Euro pro Kilogramm wären das heute über 71 Millarden Euro.

    (Befestigungen von Paris und Departements im Osten Frankreich blieben besetzt bis die Zahlungen geleistet wurden.)

    Der Preis für den Vorteil, den sich das Kaiserreich durch diese Politik verschaffte, musste Deutschland später bitter bezahlen.


    Dann wurden - wie oben beschrieben - im Laufe der Jahrzehnte im Kaiserreich durchaus ständig auch neue Steuern und Abgaben eingeführt um natürlich den ständig steigenden Finanzbedarf für neue Aufgaben erfüllen zu können.

    Insofern unterscheidet sich die Entwicklung grundsätzlich nicht von der der Bundesrepublik.

    (Außer dass der Schwerpunkt im Kaiserreich auf den unsozialeren Verbrauchssteuern lag).

    Natürlich gibt es heute ungleich mehr staatliche Aufgaben, über deren Notwendigkeit man sich in Einzelfällen streiten kann, und die finanziert werden müssen.

    Mitglieder des Clubs der glücklichen Spermien (also diejenigen, die aus priviligierten Schichten stammen), mögen einem Spitzensteuersatz von 4 % hinterhertrauern. Für die breite Masse ist das System der Bundesrepublik sicherlich von Vorteil.


    Gerade diese alten Brücken und Eisenbahnstrecken sind erstaunlich langlebig

    Wo genau fahren heute noch Züge auf Gleisen oder Bahnschwellen aus der Kaiserzeit?

  • Es ist immer schwer, die Zahlen zu vergleichen.

    Bei dem aktuellen Goldpreis von rund 49.000 Euro pro Kilogramm wären das heute über 71 Millarden Euro.

    Der aktuelle Goldpreis ist natürlich stark durch die aktuelle Niedrigzinspolitik befeuert. 2013 z.B. hat das Kilo Au nur ca. 28.000 Euro gekostet. 2003 waren es ca. 10.000 Euro. (Vgl. hier) Auch hier gibt es übrigens den Streit zwischen Systemkritikern und Systemverteidigern, die da meinen "Nein, wir haben keine Inflation". 71 Milliarden Euro Reparationen können dann z.B. wieder in den Vergleich zum Bundeshaushalt gerechnet werden. Allein das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat derzeit ein Budget von über 160 Milliarden Euro jährlich.

    Der Preis für den Vorteil, den sich das Kaiserreich durch diese Politik verschaffte, musste Deutschland später bitter bezahlen.

    Es ist wie mit dem Nachruhm. Es zahlt immer der, der verliert. Wäre der oder wären die Weltkrieg*Innen anders ausgegangen, würde heute geschrieben werden: "Den Preis für seinen Revisionismus musste Frankreich später bitter bezahlen."

    Obwohl, das mussten sie sogar. Sie haben zwar das Elsass zurückgewonnen, aber dafür die halbe Welt incl. Algerien verloren. Von ihren Vorstädten ganz abgesehen.

    ---

    Ich möchte aber nochmals deutlich machen, was ich vielleicht oben nicht verständlich genug geschrieben habe.

    Bei dieser Diskussion und ihren Frontstellungen, so wie sie sich nun entwickelt haben, geht es nicht wirklich um das Kaiserreich. Es geht um die Bundesrepublik. Die einen ziehen das Kaiserreich als positives Vorbild heran, um die Zustände der Bundesrepublik zu kritisieren. Die anderen haben die Absicht, die Bundesrepublik bzw. deren aktuell herrschendes Personal und dessen aktuell dominierende Ideologie zu verteidigen. Und deshalb wiederum attackieren sie das Kaiserreich oder malen ein eher negatives Licht, damit die BRD im Vergleich besser strahle. Es ist eine Auseinandersetzung, die auch bei beliebig anderen Themen hervorbricht, z.B. Klima, Migration, NS-Zeit, 2. Weltkrieg, Bildungssystem, Kolonialismus, political correctness usw.usf. Es ist ein Konflikt, der sich seine Wege sucht. Und bei der Kaiserreich-Diskussion ist er bislang noch so versteckt ausgebrochen, dass noch nicht die sonst rasch auftretenden Bemühungen einiger Sprachwächter auftreten, den Diskurs wegzubellen oder zu verbieten. Die Moderation musste noch nicht einschreiten. Insofern war die Verlegung des Fokus auf das über 100 Jahre zurückliegende Kaiserreich gut, weil hier die Emotionen nicht ganz so hochschwappen, sich alle etwas mäßigen.

  • Bei dieser Diskussion und ihren Frontstellungen, so wie sie sich nun entwickelt haben, geht es nicht wirklich um das Kaiserreich. Es geht um die Bundesrepublik. Die einen ziehen das Kaiserreich als positives Vorbild heran, um die Zustände der Bundesrepublik zu kritisieren. Die anderen haben die Absicht, die Bundesrepublik bzw. deren aktuell herrschendes Personal und dessen aktuell dominierende Ideologie zu verteidigen. Und deshalb wiederum attackieren sie das Kaiserreich oder malen ein eher negatives Licht, damit die BRD im Vergleich besser strahle.

    Nein, das mag deiner Denkweise geschuldet sein, aber was mich betrifft, interpretierst du da etwas falsch rein.

    Die Vergleiche mit der Bundesrepublik fangen bei der Thematik hier andere an zuziehen. Aber es mag noch erlaubt sein, die einseitige Glorifizierung des Kaiserreiches so nicht stehen zu lassen, und dann zu entgegnen.

    Aber mir ist aufgefallen, dass du diese o.g. allgemeinen Ausführungen jedes mal machst, wenn du dich argumentativ mit einem Fakt nicht auseinandersetzen kannst oder willst. Und die von dir favorisierte Seite (hier die "Kaisertreuen") offensichtlich mit ihrer Begründung falsch liegen.

    Solange hier das Kaiserreich mit den absurdesten Begründungen und überzogenen Darstellungen glorifiziert wird und dabei die Bundesrepublik, ihr "herrschendes Personal" und die "dominierende Ideologie" angegriffen oder negativ bewertet werden, verlierst du nie ein einziges Wort. Dann scheinen dir die Vergleiche nichts auszumachen oder ganz recht zu sein.

    Nimm es mir nicht übel, aber deine Vorgehensweise ist in meinen Augen nicht nur unredlich, sondern auch ziemlich primitiv.

    Und du merkst hoffentlich selber, das du dabei keine neutralen, sachlichen Begriffe verwendest, sondern mit "aktuell herrschendem Personal" und "aktuell dominierende Ideologie" eine aufgeladene Terminologie

  • Mir gefällt die Kaiservilla in Ischl äußerlich schon. Sie orientiert sich etwas am antiken Landhaus, jedenfalls ist es ein schlichter, südländisch angehauchter Klassizismus. Aber über Geschmack wollen wir nicht streiten.

    Nun, warum auch, dazu bestünde kein Grund. Ich hab die Kaiservilla niemals als Bauwerk kritisiert, im Gegenteil, in ihrem äußerst unprätentiösen Stil ist sie sogar ganz sicher nichts anderes als sympathisch. Mir ging es um die Ausstattung, nämlich dahingehend, inwieweit sie Rückschlüsse auf die Persönlichkeit ihres Hauptbewohners zulässt. Und dieser Aspekt stimmt depressiv, keineswegs das Bauwerk oder die Parkanlage.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Die 71 Milliarden hat sich Frankreich und die anderen Siegemächte nach dem Versailler Vertrag zurückgeholt, und die letzte Rate aus diesem Vertrag wurde erst 2010 durch Deutschland überwiesen !

  • "Newly".

    Primitiv hin oder her. Weder habe ich mich hier an einer Glorifizierung des Kaiserreichs beteiligt, noch Stellung zu einer "favorisierten Seite (Die Kaisertreuen)", die angeblich falsch liege, bezogen. Noch habe ich Dir das legitime Recht abgestritten, das Kaiserreich kritisieren zu können. Ich habe gegen die Schulbezichtigungen hinsichtlich der Kolonialismus-Sache eine Stellungnahme abgegeben, sonst nicht viel in dieser Diskussion. Und diejenigen, die das Kaiserreich "glorifizieren", könnten sich ebenso von mir angegriffen fühlen, weil ich ihnen mitgeteilt habe, dass es ihnen nur sekundär um das Kaiserreich geht, sondern sie vielmehr dieses als Vehikel nutzen, das "aktuell herrschende Personal" (wie soll ich es anders nennen, damit es Dir genehm ist?) zu kritisieren.

    Alles andere ist Deine Projektion.

    Aber ich sehe schon, es hat wirklich überhaupt keinen Sinn, in diesem Thread etwas zu posten. Ich gerate in Auseinandersetzungen, mit denen ich eigentlich an dieser Stelle überhaupt nichts zu tun habe. Sollen sich andere weiter um Steuern, Siegermächte, Krieg und Versailles streiten, ich fahre jetzt in einen Beach-Club und gönne mir ein kühles Getränk.

  • Es ist schon bedauerlich, daß es immer wieder Geister gibt, welche neutrale Betrachtungsweise des Kaiserreiches gleich in die braune Ecke verorten!

    Der Kaiser war absolut kein Freund von braunen Verbrecherbanden, aber einige linksverblendete sehen dies ja heut anders!

  • Wo genau fahren heute noch Züge auf Gleisen oder Bahnschwellen aus der Kaiserzeit?

    Du hast schon Recht, die Gleise und Gleisbetten werden in der Zwischenzeit doch ein paar Mal ausgetauscht worden sein :D Die Stellwerkstechnik stammte aber vielerorts noch aus der Kaiserzeit und wurde erst in den letzten Jahren durch elektronische Stellwerke ersetzt. So jedenfalls in der Südpfalz. Brückenbauwerke wurden auch einige Male saniert in der Zwischenzeit, manche ausreichend oft, andere nicht. Ich finde es aber schon interessant, wie gut manches alte Bauwerk mit in der Zwischenzeit deutlich gestiegenem Verkehrsaufkommen klarkommt. Vielleicht war man verschwenderisch großzügig mit den Ressourcen, vielleicht wurde manche Brücke aus militärstrategischen Gründen so stabil gebaut (hier ein Beispiel an der Mosel, entlang der einstigen "Kanonenbahn" zwischen Berlin und Metz, bis heute sehr robust - wenn auch teilweise kriegszerstört und wiederaufgebaut).

    Solche Aufbauleistungen wären ohne die wirtschaftlichen Bedingungen des Kaiserreichs nicht möglich gewesen. Sie waren auch nötig, um die stark wachsenden Mengen Bevölkerung und Güter von A nach B zu bringen. Die Situation ist mit heute oder 1945/49 nicht vergleichbar. Aber vielleicht kann man sich heute etwas inspirieren lassen von der Fähigkeit, funktional, ästhetisch und nachhaltig zu bauen.

  • Primitiv hin oder her. Weder habe ich mich hier an einer Glorifizierung des Kaiserreichs beteiligt, noch Stellung zu einer "favorisierten Seite (Die Kaisertreuen)", die angeblich falsch liege, bezogen. ..

    ... Ich gerate in Auseinandersetzungen, mit denen ich eigentlich an dieser Stelle überhaupt nichts zu tun habe.

    Dann solltest du deine zahlreichen Beiträge noch einmal durchlesen. Nach deren Wortlaut bist du sicher kein neutraler Unbeteiligter.

  • Es ist schon bedauerlich, daß es immer wieder Geister gibt, welche neutrale Betrachtungsweise des Kaiserreiches gleich in die braune Ecke verorten!

    Der Kaiser war absolut kein Freund von braunen Verbrecherbanden, aber einige linksverblendete sehen dies ja heut anders!

    Aus welchem Grund ist meine Erwiderung auf dieses Posting kommentarlos gelöscht worden? Ich hatte OberstMadig gefragt, woraus er seine Aussage bezieht. Ich habe hier kein Statement mit einer derartigen Zuschreibung finden können. Umso mehr finde ich diese Anheizung der Diskussion irritierend.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Hier wurd nix gelöscht außer ein eigener Beitrag meinerseits.

    Hier wurde mein Beitrag gelöscht. Er bestand immerhin so lange, dass er drei Likes bekam. Also versuche mich nicht für dumm zu verkaufen. Den ursprünglichen Inhalt kannst du in meiner Nachfrage lesen.

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  • Bei dieser Diskussion und ihren Frontstellungen, so wie sie sich nun entwickelt haben, geht es nicht wirklich um das Kaiserreich. Es geht um die Bundesrepublik. Die einen ziehen das Kaiserreich als positives Vorbild heran, um die Zustände der Bundesrepublik zu kritisieren. Die anderen haben die Absicht, die Bundesrepublik bzw. deren aktuell herrschendes Personal und dessen aktuell dominierende Ideologie zu verteidigen. Und deshalb wiederum attackieren sie das Kaiserreich oder malen ein eher negatives Licht, damit die BRD im Vergleich besser strahle. Es ist eine Auseinandersetzung, die auch bei beliebig anderen Themen hervorbricht, z.B. Klima, Migration, NS-Zeit, 2. Weltkrieg, Bildungssystem, Kolonialismus, political correctness usw.usf. Es ist ein Konflikt, der sich seine Wege sucht. Und bei der Kaiserreich-Diskussion ist er bislang noch so versteckt ausgebrochen, dass noch nicht die sonst rasch auftretenden Bemühungen einiger Sprachwächter auftreten, den Diskurs wegzubellen oder zu verbieten. Die Moderation musste noch nicht einschreiten. Insofern war die Verlegung des Fokus auf das über 100 Jahre zurückliegende Kaiserreich gut, weil hier die Emotionen nicht ganz so hochschwappen, sich alle etwas mäßigen.

    Finde ich sehr simplistisch. Und von den undifferenzierten Kritikern hier im Forum keinen. Auch von denjenigen, die das "aktuell herrschende Personal" oder die "dominierende Ideologie" gutheißen, kamen hier weitgehend differenzierte und begründete Antworten.

    Natürlich kann man über das Kaiserreich offen diskutieren, ich verfolge da keine Agenda. Vieles waren beeindruckende Leistungen, vom Aufbau der Infrastruktur über das Schaffen einer wirklich guten Wissenschaftslandschaft bis zum Städtebau und Einführung sozialer Sicherungssysteme. Andere Dinge waren weniger wegweisend und eben Kinder ihrer Zeit, der Militarismus, die Kriegsbereitschaft, die Selbstbesoffenheit. Beides, das Positive wie das Negative sind übrigens direkte Folge der extrem jungen Bevölkerung. In vielerlei Hinsicht glaube ich, dass die gesellschaftlichen Umwälzungen im späten Kaiserreich denjenigen der Jetztzeit in nichts nachstehen und viele der hier von früher Träumenden wären damals genauso kritisch mit den Veränderungen umgegangen wie sie es heute tun.

    Ich trage hier viele positive Urteile über Aspekte des Kaiserreiches voll mit. Wenn aber jemand allen Ernstes versucht, die Einkommenssteuersätze 1:1 zu vergleichen und das als Vorteil des Kaiserreichs darzustellen, wird es eben hanebüchen. Da sind wir übrigens nicht zum ersten Mal beim Thema Segen und Fluch der Demografie. Es gab kaum alte Menschen, die Renten bezogen (= billiger), das Gesundheitssystem bedeutete de facto, dass man entweder von selbst überlebte oder eben starb - es gab nur ganz wenige Möglichkeiten des wirklichen "Heilens" oder einer "Therapie", abgesehen von wenigen Operationen, also der Chirurgie gab es v.a. im Bereich der Inneren Medizin fast gar nichts, was Ärzte tun konnten.

    Dass die Sozial- und Gesundheitskosten niedriger sind, wenn das Durchschnittsalter 20 und nicht 45 ist, dürfte auch auf der Hand liegen, zumal viele Kinder nur 6-8 Jahre zur Schule gingen und für weiterführende Schulen Schulgeld anfiel. Schließlich sind zig Millionen von Deutschen in der Zeit des Kaiserreichs ausgewandert, weil anscheinend doch nicht alles für alle so rosig war, wie es hier nun gemalt wird. Die Deutschstämmigen stellen nicht ohne Grund eine der größten Bevölkerungsgruppen in den USA und einigen anderen klassischen Auswanderungsländern.

    Das Kaiserreich eignet sich weder zur Überhöhung noch zur krampfhaften Betrachtung mit heutigen Maßstäben. Es war alles in allem ein beeindruckendes Staatswesen mit einem enormen Fortschritts- und Zukunftsglauben, das extrem innovativ war trotz einer aus heutiger Sicht immer noch altertümlichen Ständegesellschaft, die aber eben doch wesentlich durchlässiger war als etwa im Vereinigten Königreich. Es ist Teil unserer Geschichte und verdient einen fairen Blick auf die guten und schlechten Seiten.

    Ich würde mir auch einen etwas unbefangeneren Blick auf etwas wünschen, das ganz klar extrem prägend auch fürs heutige Deutschland geblieben ist, vom Recht über die Architektur, vom Sozialsystem zum Bildungssystem, extrem viel beruht auf dem Kaiserreich, dessen Rechtsnachfolger die Bundesrepublik auch ist und in dessen Hauptstadt und Parlamentsgebäude auch heute noch Politik gemacht wird.

    All das heißt aber nicht, dass man sich den kritischen Seiten nicht ebenso widmen können sollte. Manchmal erscheint mir das Geschichtsverständnis unserer "Konservativen" hier stark vom Ehrbegriff geprägt zu sein, also dass jeder kritische Blick auf einen Aspekt der deutschen Vergangenheit als ehrenrührig und somit unterlassenswert gesehen wird. Irgendwoher kenne ich solche Einstellungen ;). Das hat aber dann mit Geschichtsforschung eben nichts mehr zu tun. Das Kaiserreich ist genauso wie Deutschland selbst eine interessante Melange aus Vorzügen und Defiziten.

  • Es ist schon bedauerlich, daß es immer wieder Geister gibt, welche neutrale Betrachtungsweise des Kaiserreiches

    "Neutrale" Betrachtungen wie diese:


    Reminiszenz an den heutigen 80-zigsten Todestag des letzten deutschen Kaisers Wilhelm ll., verstorben im niederländischen Exil, Haus Doorn um 12 Uhr 30.

    sind selbstverständlich nicht in der "brauen Ecke" zu verorten , müssen aber zwangläufig zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den führenden Personen des Kaiserreiches führen.

    Im Übrigen erschließt es sich mir ohnehin nicht, weshalb man meint für einzelne unstreitig nicht nur positiv besetzte Personen der Geschichte Reminiszenzen erbringen zu sollen, zumal wenn es sich nicht um solche handelt, die sich in erster Linie in Bezug auf Architektur und Stadtbildtfragen in unserem Sinne hervorgetan haben. Es kommt ja auch keiner auf die Idee Jahrestage von August Bebel oder Matthias Erzberger, die für die Menschen im Kaiserreich sicher zumindest ebenso viel Positives bewirkt haben wie Kaiser Wilhelm II und in deren Tradition unsere Gesellschaft heute eher steht als in der des Kaisers, in diesem Forum zu zelebrieren.

    Mich verwundert es sowieso, dass es in diesem Forum eine Vielzahl von Teilnehmer gibt, die den monarchistischen den Vorzug vor den bürgerlichen Traditionen unserer Geschichte geben.

  • Warum sich jetzt hier im Forum einige auf den Schwanz getreten fühlen, kann ich nicht ganz nachvollziehen....aber gut, vielleicht fühlt sich da der eine oder andere ertappt.

    Wir sollten hier wirklich sachlich über das Kaiserreich diskutieren können, ansonsten wird das Thema nicht mehr lange Bestand haben.

  • Ich fühle mich weder "auf den Schwanz" getreten noch (bei was denn?) ertappt. Es scheint mir aber so zu sein, dass hier machnche den Unterschied zwischen sachlicher Diskussion über historische Ereignisse und dem wiedergeben eines Wunschbildes derselben nicht sehen. Mir ist ja schon klar, dass der Grund darin in der Unzufriedenheit mit den heutigen Verhältnissen liegt, nur fürchte sich, dass entgegen der Annahme der Konservativen und der Utopie der Progressiven, diese niemals ideal waren oder sein werden.

  • Ich fühle mich weder "auf den Schwanz" getreten noch (bei was denn?) ertappt. Es scheint mir aber so zu sein, dass hier machen den Unterschied zwischen sachlicher Diskussion über historische Ereignisse und dem wiedergeben eines Wunschbildes derselben nicht sehen. Mir ist ja schon klar dass der Grund darin in der Unzufriedenheit mit den heutigen Verhältnissen liegt, nur fürchte sich, dass entgegen der Annahme der Konservativen und der Utopie der Progressiven, diese niemals ideal waren oder sein werden.

    Natürlich ist heute eine große Unzufriedenheit vorhanden, genau so wie eine immense Dekadenz.

    Nun hat es aber zu Wilhelm II soziale Neuerungen gegeben - sicher, die Arbeiter waren weiter arm, trotz der 72 Stunden Woche.

    Aber man muß auch Wilhelm II neidlos zugestehen, daß er die sozialen Gesetze von Bismarck vorantrieb.