Das Kaiserreich im Rückblick

  • Bloß sage ich dazu immer, dass diejenigen, die gerne das Schlechte in der Geschichte des eigenen Landes hervorheben möchten

    Es geht im Zusammenhang mit dem hier zuletzt diskutierten Thema aber nicht darum das "Schlechte des eigenen Landes hervorzuheben", sondern um eine (das räume ich ein bis in Letzte nicht zu erreichende) objektive Betrachtung der Geschichte. Hier konkret um die Leistungen/Fehler einer Person (die selbstverständlich im historischen Kontext zu betrachten ist), nämlich Kaiser Wilhelms des II

    Ausgewogene Betrachtung ist aber gerade der die Diskussion beginnenden Beiträge von Eisernen Pirat und Pagentorn genauso wenig, wie britische Kriegspropaganda aus dem ersten Weltkrieg nicht. Während die Vermittlung letzterer noch den Wert hat einen Eindruck vom Denken der Menschen zu Beginn des 20ten Jahrhunderts zu erhalten, hat ersteres aus meiner Sicht überhaupt keinen Erkenntnisgewinn (zumal nicht was Stadtbildfragen angeht).

    Wenn es wirklich darum gingen die Person Kaiser Wilhelm II positiver als dies in der öffentlichen Meinung meist der Fall ist darzustellen, sollte man die Bereiche in denen er wirklich agiert hat, wie in der Kulturpolitik herausstellen und nicht nur auf positive wirtschaftliche und technische Entwicklungen hinzuweisen, auf die der Kaiser keinen oder wenig Einfluss hatte (und auch nicht haben musste). Zwar ist die Kulturpolitik Kaiser Wilhelms II sicherlich eine ausschließlich konservative gewesen und so sicher in teilen zu kritisieren. seine Verdienste sind aber sicher zB. im Ausbau der Berliner Museumslandschaft (insbesondere auch der Sammlungen islamischer Kunst) zu sehen. Was sein Beitrag zum Ausbau des Berliner Innenstadt angeht bin ich persönlich kritische (mir gefällt er Dom zB nicht) aber man muss schon anerkennen, dass ihn die Stadtgestaltung beschäftigt hat (was für einen Regierenden ja auch nicht immer selbstverständlich ist und war).

    Letztendlich wäre aber um ein umfassenden des Bild des Wirkens des Kaisers zu erhalten überhaupt erst einmal zu prüfen wo er Impulse setzen konnte, gesetzt und Einfluss nehmen konnte oder dies auch tat. Man wird da vermutlich zu dem Schluss kommen, dass er Negatives und Positives und manches mögliche Positive nicht (zB,. konnte er in seiner Position den Krieg zumindest nicht verhindern) bewirkt hat.

  • "Andreas", bezüglich einer differenzierten Betrachtung von Kaiser Wilhelm II. bin ich ganz bei Dir. Die Diskussion glitt aber wieder in die typischen Bereiche der Kriegsschuldfrage, Herero und schließlich - last, but not least - auf die NS-Zeit hinaus. Und dann fangen die ideologischen Grabenkämpfe und das BRD-Selbstverständnis an, die ich mittlerweile einfach kenne.

  • "Andreas", bezüglich einer differenzierten Betrachtung von Kaiser Wilhelm II. bin ich ganz bei Dir. Die Diskussion glitt aber wieder in die typischen Bereiche der Kriegsschuldfrage, Herero und schließlich - last, but not least - auf die NS-Zeit hinaus. Und dann fangen die ideologischen Grabenkämpfe und das BRD-Selbstverständnis an, die ich mittlerweile einfach kenne.

    Es besteht aber zweifelsfrei der Wunsch zum neutralen Meinungsaustausch über ungewollte Entwicklungen. Irgendwer will mal festgestellt haben, dass ca. neunzig Prozent aller öffentlich zugänglichen Medien und Informationsquellen von Links bestimmt werden. Das Forum bildet eine rühmliche Ausnahme und sollte sich aller Anfeindungen erwehren.

  • Ich habe mal den Wikipedia-Artikel zu Wilhelm II überflogen. Natürlich gibt es auch zahlreiche Zitate etablierter Historiker (TM), welche gerne Hobby-Psychologe spielen, aber es gibt auch viel gute Primärquellen zu finden. Beispiel: Als das Großkapital die militärische Niederschlagung eines Arbeiteraufstandes im Ruhrgebiet forderte, antwortete WII:

    „Die Unternehmer und Aktionäre müßten nachgeben, die Arbeiter seien seine Untertanen, für die er zu sorgen habe; wollten die industriellen Millionäre ihm nicht zu Willen sein, so würde er seine Truppen zurückziehen; wenn dann die Villen der reichen Besitzer und Direktoren in Brand gesteckt, ihre Gärten zertreten würden, so würden sie schon klein werden“

    – Wilhelm II. laut Otto von Bismarck, als er sich weigerte, Soldaten zur Niederschlagung eines Streiks im Ruhrgebiet zu schicken

    Kaiser Wilhelm II. verkündete in einer Proklamation an sein Volk die Devise „Je veux être un roi des gueux“ (dt. „Ich will ein König der Bettler sein“).

    Bismarck kommentierte dies als „Humanitätsduselei

  • Irgendwer will mal festgestellt haben, dass ca. neunzig Prozent aller öffentlich zugänglichen Medien und Informationsquellen von Links bestimmt werden. Das Forum bildet eine rühmliche Ausnahme und sollte sich aller Anfeindungen erwehren.

    Das wird dann wohl jemand von Rechts gewesen sein. Mich ärgern derartigen politischen Zuschreibungen. Ich habe jahrelang Geschichte studiert und mich auch nach Studium und Promotion immer wieder mit historischen Themen auseinandergesetzt. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, der wissenschaftliche Blick auf Geschichte könne politisch sein, bis ich dieses Forum hier kennenlernte. Hier scheint man keinerlei Diskussion führen zu können, ohne dass irgendjemand ideologische Verstrickungen als Verdacht äußert. Das Kaiserreich ist weder gut noch böse, weder rechts noch links, es ist einfach Geschichte!

    Und wenn die Kolonialpolitik Deutschlands zigtausendfach Leid und Opfer hinterlassen hat, dann darf man das auch zugeben und die Übernahme der moralische Verantwortung durch die heutige BRD als einen Versuch der Aussöhnung und einen Anfang für die Wiedergutmachung akzeptieren. Die Diskussion, ob andere Nationen schlimmer wüteten oder ob die Grenze zum Völkermord überschritten ist oder nicht, ist in einer solchen Situation nicht nur müßig, sondern befremdlich, pietätlos und inhuman. Wer dennoch davon nicht ablassen kann, muss sich den Vorwurf von Relativierung gefallen lassen. Es gibt wahrlich bessere Themenfelder als die Kolonialzeit, um den Stolz auf deutsche Geschichte zum Ausdruck zu bringen.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, der wissenschaftliche Blick auf Geschichte könne politisch sein

    Dann muss man aber mit ganz dicken Kartoffeln auf den Augen durchs Studium gegangen sein, um das nicht zu erkennen.

    Wobei zugegebenermaßen die Ideologisierung der Geschichtswissenschaft zu meiner Zeit deutlich schwächer war als bei den Gesellschaftswissenschaften.

    wenn die Kolonialpolitik Deutschlands zigtausendfach Leid und Opfer hinterlassen hat

    Das Wörtchen "wenn" scheint hier nicht Annahme, sondern Framing. Ebenso könnte man auch von der Entwicklung von Ländern sprechen, die teils heute noch von kolonialen Errungenschaften, z.B. in der Infrastruktur, profitieren, während sie selbst nicht so viel hinbekommen haben. Nachher nicht, vorher erst recht nicht.

    dann (...) die Übernahme der moralische Verantwortung durch die heutige BRD als einen Versuch der Aussöhnung und einen Anfang für die Wiedergutmachung akzeptieren.

    Von wegen keine Politik. Auf das Wörtchen "wenn" folgt das Wörtchen "dann". Nun geht es schnell um Demutsgesten und Geld.

    Gegenüber wem im konkreten Fall? Gegenüber den Ovambo, die als Mehrheit das heutige Namibia kontrollieren und regieren? Gegenüber den Häuptlingen der Herero?

    Und leisten die Herero auch Wiedergutmachung gegenüber den Nama und den Orlam-Afrikanern, die sie mit Raubzügen beglückten? Und was bekommt der deutsche Staat für die von den Herero massakrierten deutschen Siedler?

    Wenn wir schon bei Wiedergutmachung sind... Könnten die Polen bitte etwas für die Anexion der Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie bezahlen? Schließlich haben sie "zigtausendfach Leid und Opfer hinterlassen". Und die Franzosen für die Brandschatzungen in der Pfalz während der Erbfolgekriege? Wenn sie das nicht tun, wäre das nämlich "befremdlich, pietätlos und inhuman".

    Ich sehe jetzt schon die Aufschreie, weil es bei manchen festgelegte Opfer- und Täterrollen gibt. ("Wer hat denn angefangen?" blablabla.... Meine Antwort: Seine Name war Kain. Der hat als erster angefangen.)

    Sorry, ich will solche Diskussionen eigentlich nicht mehr führen. Vor allem nicht mit völlig renitenten Leuten. Und erst Recht vor allem nicht, weil ich weiß, dass es weder um die Herero, noch um Kaiser Wilhelm, noch um Hitler, noch um den Sonnenkönig geht. Denn die alle sind lange tot. Opfer ebenso wie Täter.

    Es geht für die einen allein um Geld, das sie zum Abgreifen wittern. Denn für mich ist es immer seltsam, Geldzahlungen für Menschen, die seit über 100 Jahren nicht mehr leben, als "Wiedergutmachung" zu betrachten. Für die anderen geht es hingegen um Lust-Ersatz für den Schuldprotestantismus, dessen jenseitige Ebene ihnen infolge der Säkularisierung und des Verfalls des Christentums abhanden gekommen ist. Und das Spiel funktioniert, so lange hier noch etwas zu holen ist und es die Schuld-Betroffenheits-Befürworter selbst nichts direkt kostet.

    Dieses ganze Spiel und diese Diskussionen kotzen mich an. Und ich habe keine Lust mehr darauf. Aber ich kann leider auch manchmal einfach nicht an mich halten, wenn solche politischen Statements wie das von mir zitierte hier herausgehauen werden und niemand die passende Antwort darauf gibt.

    Wann werden solche Threads einfach endlich gesperrt?

  • Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, ...

    So etwas kann man schon schreiben. Nämlich wenn man mit den heutigen Verhältnissen derart konform geht, dass einem deren Infragestellung überhaupt nicht mehr in den Sinn kommt. Was mich an etlichen vielleicht allzu pauschal als "links" apostrophierten Zeitgenossen wirklich befremdet, ist deren bedingungsloser Konformismus, dem gleichzeitig die Empathie für Andersdenkende abhanden gekommen ist, was ja letztlich sogar sein muss: denn deren Denken ist letzthin denkunmöglich. Es ist alles gut und richtig was heute abläuft. Nein, die Wissenschaft ist so frei wie noch nie, wer käme denn auf die Idee, eine solche Frage zu stellen. Der öffentliche Rundfunk ist völlig objektiv und ganz und gar nicht manipulierend. Unsere Regierungen wollen nur unser Bestes und arbeiten an einer guten und sicheren Zukunft für uns alle. Klar, wenn ich das glauben würde, tät ich auch alle Nörgler scheel anschauen...

    In der Kaiserzeit hat es ohne Frage auch viel Konformismus gegeben, der beispielsweise in Heinrich Manns "Untertan" persifliert worden ist. Ich halte das aus diversen Gründen für kein gutes Buch, meine aber schon, dass es so abstoßende Typen wie den Diederich Hessling schon realiter gegeben haben wird. Heute kenn ich etliche von ihnen, teilweise bin ich mit ihnen sogar halbwegs befreundet. Sie wohnen in Wien VII und VIII, sind durch und durch bürgerlich und fühlen, reden, wählen links. Von Denken würde ich allerdings besser nicht reden wollen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • ...

    Und wenn die Kolonialpolitik Deutschlands zigtausendfach Leid und Opfer hinterlassen hat, dann darf man das auch zugeben und die Übernahme der moralische Verantwortung durch die heutige BRD als einen Versuch der Aussöhnung und einen Anfang für die Wiedergutmachung akzeptieren. Die Diskussion, ob andere Nationen schlimmer wüteten oder ob die Grenze zum Völkermord überschritten ist oder nicht, ist in einer solchen Situation nicht nur müßig, sondern befremdlich, pietätlos und inhuman. Wer dennoch davon nicht ablassen kann, muss sich den Vorwurf von Relativierung gefallen lassen. Es gibt wahrlich bessere Themenfelder als die Kolonialzeit, um den Stolz auf deutsche Geschichte zum Ausdruck zu bringen.

    Eigentlich wollte ich mich nicht mehr auf eine Diskussion einlassen. Aber das geht mir doch zu sehr gegen den Strich. Allein die Naziverbrechen waren einmalig. Hier gilt dein Geschriebenes. Für die Kaiserzeit gilt es nicht. Hier ist eine Diskussion weder müßig, noch befremdlich, pietätlos und inhuman. Der Relativierungsvorwurf völlig unangebracht. So, wie die damalige Verunglimpfung den kommenden Nazis gelegen kam so kommt deren Wiederbelebung den neuen Rechten sehr gelegen. Aber Wahrheit muss Wahrheit bleiben. Bundesdeutsche Sühne nur im Zusammenhang mit der Sühne der anderen Kolonialisten! Und deshalb muss klar gestellt werden:

    -Kolonialgreuel gab es massenweise vor den deutschen Bestrebungen um eigene Kolonien

    -Konzentrationslager sind keine Erfindung der Kaiserdeutschen, sondern der Briten

    -Der erste Völkermord fand nicht in Südwest, sondern in Amerika statt.

  • Dieses ganze Spiel und diese Diskussionen kotzen mich an. Und ich habe keine Lust mehr darauf. Aber ich kann leider auch manchmal einfach nicht an mich halten, wenn solche politischen Statements wie das von mir zitierte hier herausgehauen werden und niemand die passende Antwort darauf gibt.

    Wann werden solche Threads einfach endlich gesperrt?

    Damit tust Du den zu 90 Prozent linksorientierten Medienbetreibern den größten Gefallen.

  • [...] Und deshalb muss klar gestellt werden:

    -Kolonialgreuel gab es massenweise vor den deutschen Bestrebungen um eigene Kolonien

    -Konzentrationslager sind keine Erfindung der Kaiserdeutschen, sondern der Briten

    -Der erste Völkermord fand nicht in Südwest, sondern in Amerika statt.

    Na klar haben die anderen es auch gemacht. Eigentlich lernt aber jeder spätestens im Kindergarten, dass das kein gutes Argument ist. Jeder kehre vor seiner eigenen Haustür - wir stehen für die im Namen Deutschlands durch Deutsche begangenen Verbrechen gerade. Was die anderen machen, ist deren Angelegenheit, da brauchen die keine Tips von uns.

    Wer vor Gericht steht, weil er seine Frau geschlagen hat, kann sich auch nicht retten mit dem Argument "andere hätten sie gleich totgemacht"!

  • Na klar haben die anderen es auch gemacht. Eigentlich lernt aber jeder spätestens im Kindergarten, dass das kein gutes Argument ist. Jeder kehre vor seiner eigenen Haustür - wir stehen für die im Namen Deutschlands durch Deutsche begangenen Verbrechen gerade. Was die anderen machen, ist deren Angelegenheit, da brauchen die keine Tips von uns.

    Wer vor Gericht steht, weil er seine Frau geschlagen hat, kann sich auch nicht retten mit dem Argument "andere hätten sie gleich totgemacht"!

    Wir stehen für offenkundige Verbrechen der Vorgängergeneration gerade. Und deshalb dürfen wir das gesenkte Haupt wieder erheben und eine weltweite Gerechtigkeit fordern. An dieser fehlt es nämlich.

  • Der erste Völkermord fand nicht in Südwest, sondern in Amerika statt.

    Weiß jetzt nicht, ob du schon was von den Punischen Kriegen (ich meine den 3.) , von Dschingis Khan oder von Mohammed gehört hast... Von der älteren, diffuseren Geschichte ganz zu schweigen...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Die ganze Diskussion über Schuldfragen, gibt es eine Kollektivschuld? Haftungenetc. hatten wir bereits. Link füge ich noch ein.

    Bitte Diskussion darüber beenden.

    Ich denke mal, dass keiner hier - egal welcher politischen Richtung - will, dass Menschen unschuldig sterben.

    Beauty matters!

  • Doch. Was mich betrifft, so will ich schon irgendwann mal - möglichst - unschuldig sterben. Nichts würde mich mehr verdrießen, als an meinem Tod auch noch schuld zu sein. Und eigentlich wünsch ich das auch keinem anderen.

    Andererseits bin ich auch nicht dafür, dass man Menschen abmurkst, die man aus irgendeinem Grund als für irgendwas "schuldig" ansieht. Diese Debatte ist schon viel ernster. Alle Kriegsverbrechen werden schließlich damit begründet, dass irgendwelche Leute nicht "unschuldig" an ihrem Schicksal sind, wenngleich, zugegeben, diese Frage nicht immer auf der Ebene der wirklichen subjektiven Vorwerfbarkeit abgehandelt wird. Daran krankt zB auch der zumindest frühe Marxismus. Zwar sind alle Klassen den ökonom. Sachzwängen unterworfen, können also uU gar nicht anders, als die größten Arschlöcher zu sein. Dennoch sind ihre Angehörigen uU sogar zu liquidieren.

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    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Die ganze Diskussion über Schuldfragen, gibt es eine Kollektivschuld? Haftungenetc. hatten wir bereits. Link füge ich noch ein.

    Bitte Diskussion darüber beenden.

    Ich denke mal, dass keiner hier - egal welcher politischen Richtung - will, dass Menschen unschuldig sterben.

    Zunächst einmal ganz herzlichen Dank dafür, dass wir uns hier relativ lange austauschen konnten. Das ist heute angesichts der Kräfteverteilung durchaus ungewöhnlich. Und der Wert dieses Austausches liegt darin, dass er der Öffentlichkeit zugänglich ist. Ändern wird sich dadurch leider nichts. Vielleicht regt er aber zum Nachdenken an.

  • Bei diesen Aufzählungen wird der real existierende Bolschewismus fast immer ausgeblendet, obwohl er für die Bewertung seiner Zeit sehr relevant ist. Das Kaiserreich wird häufig kritisiert aufgrund der Unterdrückung früher sozialistischer Bewegungen, Beispiel Sozialistengesetz: "§. 1. Vereine, welche durch sozialdemokratische, sozialistische und kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung bezwecken, sind zu verbieten." In Frankreich kam es bei der Niederschlagung des Kommuneaufstands 1871 zu geschätzt mehr als 7000 Toten. Am Ende entging FR aber nach dem Terror der Fr. Revolution einer erneuten Revolution. Im Kaiserreich hingegen gab es solche blutigen Zusammenstöße interessanterweise nicht? KWII hat wohlfahrtsstaatliche Politik ja nicht abgelehnt sondern eingeführt.

    Ich kenne kein Gebiet der Geschichtsschreibung, wo etablierte Historiker so mit Scheuklappen durch die Gegend gehen relativ zum Ausmaß der realen Ereignisse. Die Wechselwirkungen zur den westeuropäischen Staaten sei es im Kaiserreich oder in der Weimarer Republik werden systematisch übersehen, als ob alles in einem Vakuum passierte. Damals standen Dinge noch auf den Titelseiten (1935, später bekannt als Holodomor), welche heute eher Fußnote sind.

    Chicago_American_25.02.1935.jpg

  • Dann muss man aber mit ganz dicken Kartoffeln auf den Augen durchs Studium gegangen sein, um das nicht zu erkennen.

    Wobei zugegebenermaßen die Ideologisierung der Geschichtswissenschaft zu meiner Zeit deutlich schwächer war als bei den Gesellschaftswissenschaften.

    Nur weil du dir einen wissenschaftlichen Normalbetrieb nicht vorstellen kannst, musst du mir gegenüber nicht pampig werden. Nicht ideologisches sondern wissenschaftliches Agieren ist an den Universitäten die Regel. Wenn dir dieses nicht zuteil wurde, dann tut mir das leid, aber deine Erfahrungen sind selbstredend nicht auf die Geisteswissenschaften als Ganzes zu übertragen.

    Ich könnte jetzt auch noch viel zu deinen Ausführungen zur Kolonialzeit schreiben, die einem Lehrbuch für die Rechtfertigung kolonialer Bestrebungen entstammen könnten, aber ich respektiere den Wunsch von Franka, diesen Aspekt nicht weiter zu diskutieren, obwohl er untrennbar mit dem Kaiserreich verbunden ist und somit bestens ins Thema passt.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen