• Es ist ganz zweifellos so, dass Corona einen Prozess, der letztlich schon seit 20 Jahren läuft, beschleunigen wird. Die Fehlplanungen der Nachkriegszeit, der Charta von Athen, der Autogerechtigkeit und Funktionstrennungen werden uns auf die Füße fallen. Die Innenstädte werden wieder mehr zu Wohnstandorten werden müssen und die städtebauliche Qualität massiv zunehmen.

    Fußgängerzonen sind letztlich das Sinnbild für dieses Problem. Denn ein bisschen Verkehr schafft eben auch Leben. In den 90er Jahren wurde in Bremen die beliebte Hauptmeile des Ostertorviertels zur Fußgängerzone umgewandelt. Das fand dann sogar die dort ansässige urban-linke Klientel irgendwie auch wieder blöd, so dass nun wieder normaler Autoverkehr herrscht auf der Straße. Irgendwas dazwischen müsste man man hinbekommen.

    Manchmal wundert mich der mangelnde Mut der Planer. Es kommt u.a. deshalb überall so ein Murks raus, weil die Beharrungskräfte so stark sind. Mit dem Klein-Klein, mit dem die Kommunen in den letzten 10, 15 Jahren versucht haben, auf die Krise zu reagieren, also irgendwelche Business improvement districts und ein paar Blumenkübel und Bänke aufzustellen, wird man nicht weiterkommen. Es müssen ganze Straßenzüge neu gestaltet werden, die städtebaulichen Unorte der Nachkriegszeit beseitigt werden, ggf. auch durch Abrisse der überdimensionierten, abweisenden und verschlossenen Klötze dieser Zeit und die europäische Stadt als gemischter, kleinteiliger Ort der Begegnung wiederbelebt werden.

    Das braucht aber Mut und v.a. Kapital. Mal sehen, was davon noch bleibt in den nächsten Jahren. Die Alternative sind allerdings amerikanische Verhältnisse mit verslumenden Innenstädten, insofern ist der Druck sehr groß, v.a. in den westdeutschen Großstädten mit ihren ohnehin schon zerschossenen, runtergekommenen Innenstädten.

  • Wurde Verschoben (Moderation) bezog sich auf diesen Beitrag

    Die Begründung für die Regulierungswut links-grüner Politiker ist aber im o.g. Fall nicht die Zersiedelung der Landschaft, sondern dass Einfamilienhäuser nicht "energieeffizient" und zu viele Quadratmeter Nutzfläche pro Person ungenutzt seien. Mit anderen Worten, die Ökomarxisten aus den Amtsstuben missbrauchen mal wieder das leidige Klimathema, um Freiheit und Individualismus (und nichts anderes verkörpert ein Eigenheim) zu beschneiden. Dieser Totalitarismus auf Samtpfoten ist um so besorgniserregender, weil die neue Vorschrift ja langfristig offenbar auch bundesweit ausgeweitet werden soll.

    Die Zersiedlung der Landschaft hingegen ist tatsächlich ein reales Problem. Ich wohne eine halbe Autostunde von Münster entfernt, die Stadt gehört zu den schönsten und lebenswertesten Städten Deutschlands. Folglich fressen sich ihre Neubausiedlungen immer mehr krakenhaft in das ländliche Umland. Von daher sind beim Problem der Landschaftszersiedlung tatsächlich kluge und pragmatische Lösungen gefragt. Aber sicherlich ebenfalls nicht unter der Prämisse, dass grundsätzlich keine Einfamilienhäuser mehr gebaut bzw. diese zum Privileg der Nomenklatura werden. Eine zweite DDR brauchen und wollen wir nicht.

  • Maecenas, unser Forum kann sich doch über solche Forderungen glücklich schätzen. Dichte, urbane Bebauung ist doch das, was wir fordern. Ich empfinde es zumindest nicht als begrüßenswert, wenn jede Wiese und jedes Acker mit 0815 Einfamilienhäuser zugekleistert wird. Ich finde, man sollte mit dem immer weniger werdenden Bauland auch entsprechend sorgfältig umgehen und das die Einfamilienhäuser platzverschwendend und Energie-ineffizient sind ist ja nun mal nicht von der Hand zu weisen.

    Und Neubaueinschränkung mit der DDR zu vergleichen finde ich ziemlich unangemessen. Meine Eltern lebten im DDR-Regime und da war sicher ihr kleinstes Problem, dass sich kein Einfamilienhaus bauen konnten. Wobei meine Großmutter sich sogar ein Einfamilienhaus in der DDR gebaut hat, so dass dein Vergleich nicht mal Sinn macht.

  • Und Neubaueinschränkung mit der DDR zu vergleichen finde ich ziemlich unangemessen.

    Ich finde das überaus angemessen. Es muss ja nicht gleich eine Stasi und eine Mauer existieren, der Staat kann sich auch durch andere Dinge in eine unheilvolle Richtung entwickeln. Es gehört sich einfach nicht für einen freiheitlich-liberalen Staat, den Menschen ihre Wohnform vorzuschreiben bzw. den Bau von Einfamilienhäusern zu verbieten. Genauso unmöglich ist es, den Leuten mit erhobenem Zeigefinger die Abschaffung ihres Autos und den Verzicht auf Fleisch auf dem Mittagsteller zu predigen. Auch die angeblich bald drohende Klimaapokalypse rechtfertigt keine sozialistische Regulierungs- und Kollektivierungswut.

  • Mit Bebauungsplänen und Gestaltungssatzungen passiert das allerdings bei den meisten Bauprojekten. Ich finde, wenn eine Stadt keine Einfamilienhäuser möchte, wofür sie in meinen Augen auch gute Gründe genannt hat, darf sie das bei ihrer Stadtplanung auch anvisieren. Ich denke es schlauer, verstärkt auf Block und Reihenhausbebauung zu setzen, da kann sich jeder bei seiner Grundstückssparte austoben wie er will.

  • Beim Wohnblock gibt es keine "Grundstückssparte", sondern in der Regel unindividuelles, mehr oder minder öffentliches Grün, dass ein Hausmeister oder Gartenservice mehr oder minder pflegt.

    Beim Reihenhaus gibt es einen Garten. Meist aber ist der kleiner als beim freistehenden Haus. Dafür werden mehr Häuser zusammengeballt. Der Unterschied in puncto Flächenversiegelung dürfte nicht da nicht allzu groß sein.

    Wir dürfen zudem nicht übersehen, dass das Eigenheim mit Garten die sicherlich beliebteste, weil offenbar menschengerechteste Wohnform ist. Zumindest, wenn es sich um Familien mit Kindern handelt. Und am beliebtesten ist das frei stehende Haus, weil es da die wenigsten Probleme mit Nachbarn gibt, wenn man entweder selbst mal die Stereoanlage aufdreht oder der Nachbar die Musik lauter stellt. Ich bekomme das doch immer wieder in Gesprächen im eigenen Umfeld mit.

  • Ich meinte keinen Wohnblock, sondern Blockrandbebauung, ich hätte mich präziser ausdrücken sollen.

    Die Flächenversiegelung sollte bei Reihenhäusern geringer sein. Wenn man 7 Häuser direkt an einander baut, anstatt dazwischen Platz zu lassen, spart man Fläche, bzw. man kann auf weniger Platz mehr Häuser unterbringen, braucht also weniger zusätzliche Flächen.

    Das Eigenheim mit Garten ließe sich auch im Blockrand oder in Reihenhausbauweise ermöglichen. Wenn man direkt nebeneinander wohnt, muss man zudem auch gegenseitig aufeinander Rücksicht nehmen, kommt öfter in Kontakt mit einander. In meinen Augen hat das auch Vorteile, die soziale Bindung ist enger.

  • Man kann sich natürlich der Realität verweigern und darauf pochen, dass auch der letzte sein EFH bekommen soll. Dass wir seit den 90ern 1,3 Mio. Hektar!! landwirtschaftliche Flächen verloren haben und schon heute von Lebensmittelimporten abhängig sind sollte da präsent werden. Dass die Infrastruktur für EFH Quartiere riesig sein muss ist auch klar, entsprechend müssen Städte für die Versorgung und Wartung endlos mehr ausgeben, was dann wieder woanders fehlt. Nein, das hat nix mit irgendeiner bestimmten Politik zu tun. Das ist gesunder Menschenverstand im Umgang mit endlichen Ressourcen. Das Freiheitsargument ist da einfach lächerlich, weil man überall und immer schon Freiheitseinschränkungen in Kauf nimmt für einen besseren Lebensstil, sonst dürfte ich heute auch noch meine Waschmaschine im Garten oder Wald vergraben oder im Winter aufs Schneeschippen verzichten. Wenn es tatsächlich so kommt, dass das Klima sich so stark ändert, ist unser Lebensstandard in Gefahr, dann ist das Schnitzel nicht mehr so wichtig. Deswegen finde ich die Grünen nicht gut in ihrem übergriffigen Habitus und als Verbotspartei, aber die Grundlagen sind nicht falsch und nicht grundsätzlich abzulehnen.

    Auch ist es komplett ahistorisch. Hochkulturen haben sich stets durch Verdichtung entwickelt, nie durch Zersetzung. Das geht heute nur weil wir praktisch unendliche billige Energie haben und es fast egal ist, ob ich nun 10km Straßennetz oder 100km Straßennetz beleuchte um ein Beispiel zu nennen.

  • Die Flächenversiegelung sollte bei Reihenhäusern geringer sein. Wenn man 7 Häuser direkt an einander baut, anstatt dazwischen Platz zu lassen, spart man Fläche, bzw. man kann auf weniger Platz mehr Häuser unterbringen, braucht also weniger zusätzliche Flächen.

    Diese Rechnung verstehe ich nicht. Gesetzt die Grundfläche des Hauses ist gleich, dann ändert es an der Flächenversiegelung nichts, ob ich die Häuser aneinander oder mit einem Gartenstreifen Abstand nebeneinander gruppiere. Das einzige, was bei der Reihenhaussiedlung Fläche spart ist also, dass die Gartenanteile kleiner sind. Dann stellt sich die Frage, was mit dem gesparten Grünflächenanteil geschieht. Öffentliche Grünfläche oder in irgendeiner Weise versiegelt?

    Dann, der Verlust landwirtschaftlicher Flächen hat etwas mit der Wachstumsideologie zu tun, nicht mit dem Wohnstil. Ich habe es bereits (in einem anderen Strang? Mittlerweile verliere ich den Überblick, weil Stränge auseinander gerissen werden) gesagt, dass wir in Deutschland eigentlich eine abnehmende Bevölkerung haben. Dieses ganze Problem würde also gar nicht existieren, wenn nicht von denen, die die verdichteten Großwohnanlagen mit etwas Ziergrün auf dem Dach bauen wollen, gleichzeitig propagiert wird, diese Bevölkerung ständig "aufzufüllen".

    Und wer dann von der in Zukunft zu bezahlenden Rente und der Wirtschaft anfängt zu reden, hat weder die ökonomischen noch die demographischen Folgen verstanden. Gerade auch angesichts einer digitalen Revolution, die mit immer weniger Arbeitnehmern auskommen kann.

  • Die Rechnung ist gar nicht so schwer zu verstehen. Wenn ich 7 Häuser habe, die beispielsweise 10m breit sind und ich lasse dazwischen 10 m Platz, benötige ich um alle Häuser an einander zu bauen mindestens 130 m Straßenlänge. Wenn ich zwischen den Häusern keine Freifläche lasse brauche ich nur 70m Straßenlänge. Ich hoffe, dass meine Rechnung jetzt nachvollziehbar ist.

  • "Graf Cylinar", das ist mir schon klar. Es sagt bloß nichts über die Flächenversiegelung aus.

    Du sparst 60 m Straßenlänge. OK. Und was geschieht mit diesen 60 m? Das ist die entscheidende Frage. Bleiben sie unversiegelt, wie im Fall der grünen Zwischenräume zwischen den Einzelhäusern? (Das wäre das Ergebnis 1:1) Oder werden sie durch weitere Häuser oder Pflasterungen versiegelt? (Dann wäre das Ergebnis für Boden und Grün im Falle der Reihenhaussiedlung schlechter)

  • Du hast einen Denkfehler. In einem Fall habe ich garantiert 600m² mehr versiegelt mit Straße und habe auch zusätzlich auch noch mehr Fläche von der Freiläche in ein Wohngebiet importiert. Im anderen Fall habe ich diese 60 mal 10 Meter weniger Asphalt und habe sogar noch Freiflächen gespart. D.h. die gesparte Straßenfläche ist eben dann noch Acker genauso wie ein Anteil von den kleineren Gärten (keiner hat einen 50 Meter langen schlauchförmigen Garten).

    Dazu kommt ein einfacher logischer Denkansatz. Wenn ich Grün anlege, geht das meist nicht bis direkt an die Fassade. Habe ich ein Haus mit einer grünen Seite, habe ich auch nur einmal die Versiegelung, wie Pflasterung (das als Terasse dann gleich dienen kann) etc. vor dem Haus. Habe ich es freistehend, habe ich auf allen vier Seiten diesen Puffer zum Grün. Mag nicht nach Viel wirken, müsste aber auch einen Effekt haben. Auch wieder, dass die gesparte Fläche durch bessere Nutzung nicht dem Acker abgerungen werden muss.

    Entscheidend kommt noch, dass erst die lose Bebauung zu versiegelndem Stellplatzbedarf führt, der genauso großzügig Flächen frisst. Manche Städte schreiben vor der Garage die gleiche Fläche Stellplatz vor, macht pro Auto also 2 Autoflächen, die tendenziell versiegelt sind.

  • Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

  • Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Hier zeigt man, wie gute Stadtplanung in Bayern benötigt wird, um auf dem Land die Ortsbilder zu erhalten. Auf dem Land bedrohen nicht moderner Gestaltungswillen oder Finanzinteressen die Ortskerne, sondern der Hausbau auf der grünen Wiese.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Und hier die Probleme der Großstadt.

  • Die im zweiten Film gezeigen "postiven Gegenbeispiele" überzeugen mich nicht, sofern ich sie richtig gesehen habe. Im ersten Beispiel besteht der Unterschied nur in einer verwilderten Wiese zwischen den Blöcken, die zudem noch durch monströse "Sonnendächer" (?) verbunden scheinen. Beim zweiten Beispiel wird das alte Modell der zweiten Ebene als Fußgängerschlängelweg in den Hof gebaut. Das scheint mir völlig sinnbefreit. Solche Fußgängerbrücken dienten in den 60er und 70er Jahren dazu, Verkehrsstraßen zu überbrücken. So etwas gab es z.B.. in Offenbach oder in Gießen beim "Elefantenklo". In einem Innenhof macht das keinen Sinn. Warum sollte jemand freiwillig dort hochgehen und dort oben Schlangenlinien laufen, wenn er das unten auch kann? Es sei denn, er ist ein Spanner und will von oben in die anderen Wohnungen hineinschauen. Ansonsten verschattet dieser Weg nur die darunter liegenden Wohnungen.

    Lange Rede kurzer Sinn. Die Neubausiedlungen sind für mich die serielle Umsetzung dessen, was in den 20er Jahren mit Bauhaus und Neuem Bauen (Ernst May und Co.) vorgedacht wurde. Ohne den völligen Bruch mit dieser "Tradition" kommt nur Murks heraus. Ich sehe mir die beiden Baukritiker an und hatte sofort die Vermutung, dass das nicht die Leute sind, die zu einem völligen Bruch bereit sind.