Köln - Bauprojekt Laurenz-Carré

  • In diesem Thema soll es um das sogenannte geplante "Laurenz-Carré" gehen. Es geht um das ehemalige WDR-Areal, was an die Südseite des Roncalliplatzes angrenzt und von der "Gerchgroup AG", einem Düsseldorfer Immobilienentwickler gekauft wurde und neu bebaut werden soll.

    Das Projekt steht ja auch schon etwas länger im Raum, @Apollo hatte auf den Sachstand im Frühjahr letzten Jahres schon einmal hingewiesen.

    Da sich vor zwei Wochen einige Dinge bewegt haben und das Bauprojekt meiner Meinung nach extrem wichtig für die weitere Gestaltung des Domumfeldes und somit für den wichtigsten Ort Kölns ist, soll hier hier vorgestellt werden, wie es aktuell dort aussieht, über den Sachstand der Planungen informiert und über Alternativen diskutiert werden.

    Hier eine Übersicht, um welches Areal es geht:
    https://www.rundschau-online.de/image/32774978…arr%C3%A9-1.jpg

    Auf dem zu bebauenden Gelände befindet sich kein einziges Haus, was den Krieg überstanden hätte. Die zwei großen Häuserblöcke, die dort vor dem Krieg von Hohe Straße im Westen bis Unter Goldschmied im Osten, Am Hof im Norden und die Salomonsgasse im Süden begrenzt wurden und durch die Große Budengasse voneinander getrennt wurden, wurden im Wiederaufbau durch Verlängerung der Marspfortengasse und die vorher nicht existente "Sporergasse" in vier Blöcke zerteilt. Das neu zu bebauende Areal umfasst einen Großteil der beiden so neu enststandenen östlichen Blöcke.

    Hier eine schematische Darstellung:

    Laurenz-Carre Karte
    Rot eingefärbt sind die von der Gerchgroup gekauften Grundstücke, grau die verbliebenden Grundstücke, die zu den zwei historischen Häuserblöcken gehören. Rosa eingefärbt sind die beiden vor dem Krieg noch nicht vorhandenen Straßen.

    Bei den grau markierten Grundstücken zwischen den roten Bereichen handelt es sich um Grundstücke, mit deren Eigentürmern sich die Gerchgroup nicht auf einen Kaufvertrag einigen konnte. Bei dem größeren südlichen grau eingefärbten Gebäude handelt es sich um ein Kundenzentrum der Stadt Köln.

  • Schauen wir uns nun einmal an, wie es dort heute aussieht:

    Hier die wichtigste Seite des Areals, die an der Straße Am Hof direkt vom Südportal des Doms aus sichtbar ist:

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    Blick vom Dom aus, links das Römisch-Germansiche Museum, rechts die abgestützte Fassade des Domhotels. Man sieht, dass die Fassade die Südseite des Roncalliplatzes (oder Domhof, wenn man historisch bleiben will ;) ), entscheidend prägt:

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    Machen wir uns nun auf den Weg rechts an dem besagten Gebäude vorbei in die, wie schone erwähnt, ahistorische Sporergasse:

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    Ihr denkt euch, in welchem gammeligen Hinterhof sind wir denn hier gelandet? Der hat doch aus Versehen ein falsches Bild eingefügt?
    Weit gefehlt, wenn wir uns um 180° umdrehen, blicken wir, nur verdeckt durch ein paar Bäume, auf nichts weiter als eines der bedeutendsten Bauwerke der Menschheitsgeschichte:

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    Die Gasse macht, wenn wir uns kopfschüttelnd wieder umgedreht haben, einen Knick nach rechts. Besser wird es nicht...:

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    Gehen wir weiter, bis die Straße den nächsten Knick nach links macht und werfen wir einen Blick zurück. Dass Kölns Innenstadt in weiten Teilen nicht die Schönste ist, war mir bekannt, aber dass es einen Steinwurf vom Dom entfernt so aussieht, dass hab ich bis zu diesem Tag, wo ich die Fotos gemacht habe, auch nicht gewusst:

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    Wir gehen den Rest der Sporergasse bis zur Straßenecke und werfen einen Blick in die historische Große Budengasse. Also, der Name und der Ort der Straße sind historisch, der Rest offensichtlich nicht...:

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    Ein Blick auf die gegenüberliegende Straßenseite, der Südrand des ersten neu zu bebauenden Häuserblockes:

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    Wir drehen und wieder nach Süden und blicken in die ahistorisch verlängerte Marspfortengasse:

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    An der im rechten Winkel kreuzenden Salomonsgasse angekommen, werfen wir einen Blick zurück. Das Kundenzentrum der Stadt gehört wie gesagt nicht zu dem Areal, soll aber im Zuge des Bauprojektes möglicherweise auch durch einen Neubau ersetzt werden...:

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    Wir gehen die Salomonsgasse entlang und kommen am dem Projekt namensgebenden Laurenzplatz an. Rechts im Bild ist schon das denkmalgeschützte Sentashotel zu sehen:

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    Ein Blick auf die andere Straßenseite bietet die Sicht auf einen an das Areal angrenzenden Neubau der PSD Bank. Besser, als das, was wir bisher gesehen haben, aber monolithisch, steril und mit Rasterfassadenoptik, kurz, so wie man heute baut:

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    Wir gehen die Straße Unter Goldschmied entlang und werfen an der Kreuzung mit der Großen/Kleinen Budengasse einen Blick auf das wie gesagt denkmalgeschützte Senatshotel, was nicht abgerissen werden wird:

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    Wir drehen uns Richtung Nordwesten und blicken auf die Ecke Große Budengasse/Unter Goldschmied:

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    Der Blick Richtung Dom. Alles auf dem Bild zu sehende links der Straße soll Neubauten weichen, schade drum ist es wahrlich nicht...:

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    Wir sehen, eine Neubebauung wäre äußerst begrüßenswert, denn der aktuelle architektonische und sanierungstechnische Zustand ist eine absolute Zumutung.
    Gleichzeitig befinden wir uns an einer ganz zentralen Stelle im Herzen von Köln direkt gegenüber vom Dom, das heißt, die Frage was hier Neues entsteht und wie es aussehen wird, hat eine große Bedeutung für die zukünftige Entwicklung des direkten Domumfeldes, zumal das Areal ziemlich groß ist.

  • Kommen wir nun zu den Neubauplänen. Im letzten Jahr hatten sich sechs Architekturbüros an einem Wettbewerb beteiligt. Allerdings konnte keiner der Pläne die Jury überzeugen. Nachdem zwei Büros aus dem Wettbewerb ausschieden, überarbeiteten die verbliebenen vier ihre Pläne. Im Oktober letzten Jahres wurde dann der Entwurf von "kister scheithauer gross architekten (ksg)" zum Sieger gekührt.

    Hier der Siegerentwurf:
    Am-Hof_ksg-738x500.jpg

    Und ein Artikel auf koelnarchitektur, wo alle Entwürfe im Detail vorgestellt werden:
    https://www.koelnarchitektur.de/pages/de/news-archive/21322.htm

    Ich muss ehrlich zugeben, mir ist der Verlauf dieses Verfahrens nicht ganz klar, denn vor zwei Wochen, am 03.07., brachte der Stadtanzeiger folgenden Artikel:
    https://www.ksta.de/koeln/im-zweit…n-jury-31458636

    Ob tatsächlich eine weitere Sitzung stattfand, oder ob der Stadtanzeiger einen Artikel aus dem letzten Herbst unter neuerem Datum nochmal veröffentlicht hat, kann ich nicht sagen, jedenfalls wurde sinngemäß ksg noch einmal zum Sieger erklärt, allerdings unter dem Vorbehalt: "Wie die einzelnen neuen Gebäude und Fassaden aussehen werden, müssen weitere Wettbewerbe zeigen."
    Ob der Wettbewerb nur für das Kopfgebäude am Roncalliplatz galt (damit beschäftigt sich der Artikel auf koelnarchitektur ja sehr intensiv) und für das Raumkonzept (ksg möchte einen weiteren Durchbruch schaffen zwischen Sporergasse und Großer Budengasse, um von der letzterer einen Blick auf den Dom zu haben), oder ob letztlich alles noch offen und veränderbar ist, kann ich mit der Informationslage nicht sagen.
    Allerdings soll das Ensemble laut dem Siegerentwurf ja aus acht bis neun Gebäuden bestehen, also möglicherweise geht es bei den weiteren Wettbewerben um die Fassaden in den Nebengassen.

    Nun ist es allerdings zum Eklat mit der Gerchgroup gekommen. Am Donnerstag, den 28.06. hat die Stadt zwei Dringlichkeitsentscheidungen in die Bezirksvertretung Innenstadt eingebracht. Anlass war wohl, dass der Investor angekündigt hatte, kurzfristige Abbruchanträge zu stellen, gleichzeitig aber noch gar kein Bebauungplan vorliegt. Die Stadt wollte sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen und will sowohl eine Veränderungssperre für das Gelände, als auch einen verpflichtenden Bebauungsplan als Voraussetzung für den Abriss beschließen.
    Eine erneute Sitzung des Preisgerichts am Freitag, dem 29.06 hat der Investor deswegen kurzfristig einfach platzen lassen, sodass die schon angereisten Juroren erst am Morgen erfuhren, dass der Termin am Abend verschoben wird.

    Alternativ zum Bebauungsplan will der Investor nun einen "städtebaulichen Vertrag" mit der Stadt aushandeln. Sollte diese weiter auf einen Bebauungsplan verharren, droht die Gerchgroup, sich von dem Projekt wieder zurückzuziehen und das Gelände zu verkaufen. Die Investoren argumentieren, durch den Architekturwettbewerb habe man schon eineinhalb Jahre Zeit verloren und will mit dem Bebauungsplan nicht noch weitere Zeit verlieren.

    Ob der zuvor erschienene Artikel nun über die verschobene Sitzung (die dann am darauffolgenden Dienstag stattgefunden haben müsste) berichtet hat oder wie schon vermutet, ein Fehler war, ist schwer zu sagen. Die Berichterstattung lässt da ein wenig zu wünschen übrig.
    Insgesamt scheint aber noch recht viel in der Schwebe zu sein und noch nichts endgültig festzustehen.

  • Insgesamt eine zu erwartende deutlich Verbesserung des Stadtbilds, wobei genaugenommen die Fassade am Roncalliplatz kaum attraktiver und vielfältiger sein dürfte als die des bisherigen Platzhalters aus den 50er Jahren. Da aber demnächst auch das benachbarte Kurienhaus durch einen Neubau von Volker Staab ersetzt werden wird ist eine architektonische Vereinheitlichung deutlich erkennbar, allerdings im Einheitsbrei der Gegenwart.

  • Unfassbar, was sich rund um den Dom in den letzten siebzig Jahren für architektonischer Müll angesammelt hat. Man denkt, man wäre in Osaka oder Jakarta (ich war noch nie dort, vielleicht tue ich den Städten Unrecht).

    Man kann dem Kölner ein gewisses Talent zur Hässlichkeit jedenfalls nicht absprechen. Fast schon bewundernswert, wie er mit traumwandlerischer Sicherheit bei jeder Reparatur des Stadtbildes erneut in die Sch... greift.

    Ich befürchte daher (ohne Details zu kennen), dass auch dieses Projekt den Istzustand lediglich um eine neue Variante von Hässlichkeit bereichern wird.

  • Ich dachte eher an einige Nebenstraßen in Istanbul. Um die Hauptsehenswürdigkeiten (Hagia Sophia und Co.) sieht es allerdings nicht so aus. Da achten die Türken schon auf ihr Weltkulturerbe. Anders als offenbar die Kölner, denn das Areal befindet sich ja wenige Schritte vom Dom entfernt.

    Also, schlechter als die Bestandsbauten geht es gar nicht mehr. Selbst der modernistischte Entwurf würde höchstwahrscheinlich noch eine Verbesserung bedeuten. Deshalb hoffe ich mal, dass das Projekt umgesetzt wird. Und zwar mit etwas Zügigkeit, nicht der üblichen Kölner oder Berliner "Gemütlichkeit".

  • Die neuen Entwürfe stellen auf jeden Fall Verbesserungen dar. Jeder weiß, daß es in der geschichtlich so reichen Stadt Köln sehr viel architektonischen Müll gibt.
    Köln lebt von seiner Lebensart und seinen verbliebenen charmanten Ecken.
    Machen wir uns nichts vor: Köln gehört heute zu den "interessanteren" bundesdeutschen Städten und auch städtebaulich geht es tatsächlich noch schlimmer.

  • Ich bin vor einiger Zeit von Köln-Deutz (auf der "falschen" Rheinseite) am Rheinufer lang über die Deutzer Brücke zum Wallraf-Richartz-Musem spaziert, um mir dort die Ausstellung eines italienischen Malerfürsten anzusehen. Eine Strecke von sicher drei Kilometern Länge. Da gab es gar manches zu bestaunen, jedoch nicht eine einzige "charmante Ecke", und die Lebensfreude hielt sich angesichts der trostlosen Umgebung in Grenzen.

    Dass jeder um die Hässlichkeit von Köln weiß, trifft vielleicht auf die hiesigen Foristen zu, sicher aber nicht auf die Mehrzahl der Kölner (bzw. Deutschen), die - selbstrefentiell, wie der Kölner nun mal ist - ihre Stadt für den Nabel der Welt halten. Es kann daher nicht schaden, sie immer wieder mit der Nase darauf zu stoßen. Dass es dabei auch mal polemisch zugeht, liegt in der Natur der Sache.

    Dass es in D Schlimmeres als Köln gibt, mag sein. Mir ist allerdings kein Beispiel eines derart verhunzten und verbockten Stadtbildes bekannt, und das will was heißen, denn ich wohne in NRW.

  • Mich wundert hier immer die Fixierung auf Köln als hässlichster Stadt Deutschlands. Der Wiederaufbau der meisten westdeutschen Städte in der britischen Besatzungszone war keinen Deut besser. Solche Ecken wie die gezeigten gibt es in jeder „Altstadt“ in dieser Region, reichlich z.B. in Bremen, wo die Idee der Degradierung von Straßen und Hinterhöfen zu Entsorgungspunkten und Parkplätzen geradezu perfektioniert würde. Das ist nichts Kölnspezifisches.

    Davon abgesehen möchte ich bestreiten, dass die gezeigten Pläne überhaupt eine wesentliche Verbesserung darstellen. Darüber wird man sich in 20 Jahren genauso ärgern wie über den heutigen Zustand.

  • Köln trägt den inoffiziellen Titel, Hässlichste Stadt Deutschlands, schon zu Recht. So viel geballte Hässlichkeit auf einem so großen Raum gibt es sonst nirgendwo. Noch dazu, und damit können viele andere hässliche, deutsche Städte wenigstens noch etwas punkten, findet man in Köln so gut wie gar keine größeren, schönen, historischen Ensemble mehr. Das oben genannte Bremen bietet diese noch.
    Nein, es stimmt schon, Köln is so ziemlich das Hässlichste, was man in Deutschland und auch Europa finden kann.

  • Mich wundert hier immer die Fixierung auf Köln als hässlichster Stadt Deutschlands.

    Köln hat neben seines absolut hässlichen Stadtbildes noch ein anderes Problem. Und das ist die total verkorkste Mentalität! Während man in anderen hässlichen Städten darum weiß und auch zugibt, dass die eigene Stadt keine Augenweide ist, ist der gemeine Kölner völlig unreflektiert und hält seine Stadt, so wie sie jetzt ist, für ein Gottesgeschenk. Und wenn in Köln mal was gebaut wird trägt es in der Regel nicht dazu bei etwas Flair zurückzuerlangen, sondern den IST-Zustand als gesichtslose MEdien- und Shoppingmetropole zu verwalten.
    Ich muss jeden Tag durch Köln durch und es ist jedes mal ein Graus.

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Ich hatte kürzlich einen Freund zu Gast, mit dem ich zusammen studiert habe. Während er nach Köln gegangen ist, bin ich nach Düsseldorf gegangen. Als ich ihm die Altstadt und insbesondere die Carlstadt in Düsseldorf gezeigt habe - in Oberkassel waren wir nicht einmal - erklärte er mir, dass es in Köln nirgends ein ähnlich schönes Stadtbild gibt.
    Ich kann mich dem Bild von Köln in doppelter Hinsicht anschließen. Meiner Wahrnehmung nach ist die Stadt potthässlich. Die Leute, die ich dort kennen gelernt habe, haben jedoch ein spürbare Gelassenheit und Lebensfreude.

  • Köln hat neben seines absolut hässlichen Stadtbildes noch ein anderes Problem. Und das ist die total verkorkste Mentalität! Während man in anderen hässlichen Städten darum weiß und auch zugibt, dass die eigene Stadt keine Augenweide ist, ist der gemeine Kölner völlig unreflektiert und hält seine Stadt, so wie sie jetzt ist, für ein Gottesgeschenk.

    Ja, das kann ich nur unterschreiben. Ich kenne auch nur Kölner, die, wenn du sie auf die Hässlichkeit ihrer Stadt ansprichst, so reagieren, als wäre es das erste Mal, dass ihn einer sowas sagt. Dann kommt nur ein: "Was? Köln ist doch schön, so am Rhein..."

    Letztens war ich auch in einem internationalen Forum unterwegs, und da hatte ein Amerikaner einen Strang eröffnet, in dem er angab, bald zum ersten Mal nach Deutschland zu reisen, und er bat um Vorschläge. Er gab ganz klar an, gerne das historische, pittoreske Deutschland sehen zu wollen, Schloss Neuschwanstein und Rothenburg ob der Tauber waren auf seiner Wunschliste. Da kam doch tatsächlich ein Kölner Forumer an und wollte ihn überzeugen, ins schöne Köln zu kommen. Da bin ich dann auch gleich eingeschritten und hab gemeint, dass er doch den Amerikaner auf seinem ersten Trip nach Deutschland nicht gleich vergraulen wollte. ;)

  • Naja so ganz düster würde ich es auch nicht malen. Klar ist die Innenstadt unheimlich verunstaltet und ähnelt teilweise wirklich eher Dortmund oder Pforzheim, aber dennoch die starken (sakralen) Baudenkmäler der Stadt (12 romanische Kirchen, der Dom, das Rathaus, die 4 Stadttore, die kleine aber ganz nette Altstadt um Groß St. Martin) sind wirklich immer noch beeindruckende Zeugnisse dieser einst sehr bedeutenden Stadt in Deutschland, ja in Europa!

  • Vielen Dank für Eure Meinungsbeiträge. Ich muss an der Stelle aber wiederholen, was ich auch schon einmal im Nürnberg-Thread geschrieben hatte:
    Zunächst einmal brauchst es die Erkenntnis, dass es architektonischen Verbesserungsbedarf in der Stadt gibt, das ist schon richtig. Mit Ausdrücken wie "hässlichste Stadt Deutschlands", "da ist ja Düsseldorf noch schöner", "potthässlich, ich krieg jedesmal Depressionen wenn ich da bin", löst man bei Menschen, die vielleicht aus anderen Gründen gerne in einer Stadt wohnen und die ihre Heimat ist, Gegenreflexe und Abwehr aus. Man fühlt sich dann angegriffen und fängt an, die vehemente Meinung des Gegenübers abzustreiten und die hässliche Architektur seiner Heimatstadt in Schutz zu nehmen. Das ganze endet dann meistens in ewigen Diskussionen, welche Stadt in Deutschland denn am hässlichsten ist und wo der Wiederaufbau noch schlimmer war. Man kann noch weitermachen und die Güte der verbliebenen historischen Gebäude mit denen anderer Städte zu vergleichen und so weiter und so fort. Das ist aber alles wenig konstruktiv.
    Man sollte aufpassen, Bürger einer Stadt nicht mit zu aggressiver Rhetorik anzugreifen, sondern die Dinge viel mehr positiver angehen. "Stadt XY ist wegen A, B und C eine lebenswerte Stadt, hat architektonisch aber noch viel Luft nach oben. Schaut mal, wie schön die Stadt vor dem Krieg war und lasst uns daran arbeiten, das wieder zurückzubekommen" kommt in meinen Augen besser an und ist erfolgsversprechender als Polemik und Übertreibungen (selbst wenn die Kritik in der Heftigkeit in Teilen durchaus angebracht wäre).

  • Nun zum "Laurenzcarré": Ich kann mich den Beiträgen hier anschließen. Die aktuelle Situation ist derartig scheußlich und angegammelt, dass nahezu jeglicher Neubau eine Verbesserung darstellen würde. Sich allerdings mit billiger Investorenarchitektur zufrieden zu geben, weil die gestalterische Messlatte derartig niedrig liegt, halte ich für einen Fehler. Der Siegerentwurf für den Kopfbau am Roncalliplatz ist das, was man derzeit überall bekommt: Ein steriler Betonklotz, ohne richtiges Dach, ohne jeglichen gestalterischen Anspruch.
    Auf dem Rendering, wo sich die von innen warm glühenden Fenster in der nassen Straße spiegeln, eine heimelige Atmosphäre erzeugen sollen und ein goldener Dunst das Gebäude umgibt, sieht der Entwurf für den Normalbürger noch ansatzweise elegant und vielversprechend aus. In der Realität entpuppen sich solche Gebäude dann als das, was Kenner dieser Renderings schon vorher wussten: Kalte, sterile, abweisende und triste Betonklötze, die nach wenigen Jahren, wenn Regen und Algen ihre Spuren hinterlassen haben auch nicht mehr besser aussehen, als die hässliche Architektur, die vorher dafür weichen musste.
    Bei dem Entwurf fallen mir zwei weitere Dinge negativ auf: Zum einen wirkt das Eingangsportal auf der rechten Seite des Gebäudes ziemlich deplaziert. Es integriert sich überhaupt nicht in die Fassade, sondern sorgt darüber für ein plump wirkendes, fensterloses Zwischenstockwerk, was in der restlichen Fassade wie ein Fremdkörper wirkt. Nicht einmal Symmetrie ist vorhanden und die ganze Front wird dadurch unruhig und unharmonisch, zumal das Glas des Eingangsbereichs noch ein halbes Stockwerk höher gezogen wird, was die Formensprache des gesamten Fassadenabschnitts endgültig verunstaltet.
    Zum zweiten macht der Entwurf den Eindruck, eine vertikale Fassadengliederung zu haben. Wenn man genau hinschaut, sieht man aber, dass jeweils noch ein Stockwerk in der Mitte der großen Glasflächen eingezogen ist. Es könnte gut sein, dass die Fenster in Echt eher quadratisch wirken und der ganze Bau somit viel plumper und klotziger wirkt. Auf dem Rendering wusste man dies mit den Spiegelungen auf der rechten Seite des Gebäudes geschickt zu verbergen.

    Nein, diese Art zu Bauen hat an der Stelle absolut nichts verloren. Die Flachdach-Würfeloptik ist die schlechteste Art und Weise, wie man das Umfeld des Domes gestalten kann. Anstatt die Fehler der vergangenen Jahrzehnte zu korrigieren, verpasst man dem Domhotel ein neues Flachdach, saniert den abstoßenden Flachdachbau am Domkloster 3 und will die alten Klötze durch neue Klötze ersetzen. Dabei spricht man auch noch davon, um dem Dom herum würden ja schon Flachdächer dominieren, da müsse man auch dabei bleiben. Anstatt anzufangen, die Flachdachoptik zu überwinden und Neubau für Neubau zurückzudrängen, will man sie für die nächsten Jahrzehnte betonieren.
    An dieser Stelle ist wirklich zu überprüfen, welche Schritte man noch zur Verhinderung dieses Projektes am Roncalliplatz in der Form einleiten könnte, um eine Korrektur dieser verfehlten Baupolitk erwirken zu können.

  • Jetzt haben wir eine Menge Kritik geübt und darüber gesprochen, was wir alles nicht wollen. Natürlich soll es nicht dabei bleiben. Wie bei jedem derartigen Neubauvorhaben in einer zerstörten Altstadt hilft dabei der Blick auf die historische Bebauung.

    Vergleichen wir zunächst einmal die historischen Straßenverläufe und Grundstücke mit der heutigen Situation. Links ist die schon bekannte Karte der heutigen Situation (blau eingefärbt die von der Gerchgroup gekauften Grundstücke), rechts die historische Karte aus dem Jahr 1923 (rot eingefärbt die im Krieg zerstörten Bauten der beiden relevanten Häuserblöcke, grün die erhaltenen/wiederaufgebauten):

    Laurenzcarre heute früher

    Im ersten Moment kommt es einem vielleicht vor, als wäre die Karte unterschiedlich stark vergrößert, aber der Eindruck täuscht: Der Ausschnitt ist tatsächlich exakt der selbe, nur dass die historischen Grundstücke in weiten Teilen sichtbar noch der mittelalterlichen Parzellierung entsprechen und die heutigen Gebäude einer altstadtgerechten Kleinteiligkeit völlig zuwiderlaufen.

    Wieso dieser Vergleich relevant ist, vor allen Dingen mit Blick auf die ahistorische Sporergasse, wird im Bezug auf die Häuserzeile Am Hof deutlich, vor allen Dingen mit Blick auf das wichtigste Gebäude, dem Kopfbau des zukünftigen "Laurenz-Carrés".

    Bis ins späte 19. Jahrhundert sah es dort so aus:

    Zum Schlüssel

    Quelle: https://www.bildindex.de/document/obj05…1300e02/?part=0

    Am linken Rand geht es in die Straße Unter Goldschmied, die beiden Häuser stehen also auf dem Grundstück, um das es geht. Das mittlere Haus befindet sich offensichtlich gerade im Abriss und auch das linke Gebäude musste weichen und zwar dem sogenannten "Westminster Hotel":

    Westminster_Hotel_1906

    Das Grundstück dieses schönen Historimusbaus ist auch auf der Karte von 1923 eingezeichnet. Man sieht aber, dass das heutige Grundstück nicht exakt mit dem historischen Eckgrundstück zusammenfällt, sondern noch Teile des angrenzenden Grundstücks dazugehören. Durch das vor dem Krieg dort stehende Haus würde heute die Sporergasse führen.

    Auf diesem Foto sieht man im Hintergrund die gesamte Häuserzeile (leider verdeckt die Veranstaltung die Fassaden ein wenig):

    Domhof Feier

    Quelle: https://www.bildindex.de/document/obj05…0981e08/?part=0

    Rechts ist die Ecke des Domhotels mit seinen historischen Kuppeln zu sehen. Es verdeckt ein Gebäude in der dahinterliegenden Häuserzeile halb. Dieses Haus und das das Haus mit dem Treppengiebel links daneben haben den Krieg übrigens weitestgehend heil überstanden (zumindest die Fassaden) und sehen heute wieder genauso aus wie auf dem Foto. Sie sind auch auf der Karte oben grün eingezeichnet. Links schließt das Westminster Hotel die Häuserzeile ab.

    Hier ist das Gebäude (das Bild stammt offensichtlich von der selben Veranstaltung) im Zusammenspiel mit dem markanten Historismus-Eckhaus, auf dessen Grundstück heute das Kurienhaus steht:

    Westminster_Hotel_1905

    Für den Kopfbau des "Laurenz-Carrés" wäre also eine höchst interessante historische Alternative vorhanden, die allerdings mit der heutigen Grundstückssituation kollidiert.

    Was meint ihr, wie könnte man das Problem lösen? Das Westminster Hotel verlängern, was die Proportionen der Fassade negativ beeinflussen könnte? Oder die Sporergasse einfach wieder mit einer weiteren Rekonstruktion schließen? Oder würdet ihr die Vor-Historismus-Bebauung bevorzugen?

  • Hallo allerseits!

    Wichtig waere es, wenn alle haeuser die gebaut werden eine dreier Gliederung von oben nach unten erfahren!
    Achtet mal bitte darauf in der naechsten Zeit! Gebaeude mit einer Dachzohne, Fassade und Sockelzohne.

    1 - Dachzohne kann ein einfaches Zahnfries sein. Oder ein paar Dachziegel oder sonstwas.
    Die Dachzohne kann aber auch zwei, drei Stockwerke hoch sein.

    2 - Die Fassade. Kann modern sein. Kann traditionel sein. Das ist nicht so wichtig.

    3 - Die Sockelzohne. Diese kann bei kleinen einfachen Haeusern weggelassen werden. In der Stadt
    oder bei groesseren Haeusern gibt es diese als einfache Grundmauer bis hin zu zwei bis drei Stockwerk
    hohen ausfuehrungen.

    Diese vertikale Gliederung wuerde die halbe Miete sein. Dann noch unterschiedlich breite haeuser und man
    hat 80% der Miete und das ohne Verzierungen.

  • Hier noch eine Ergänzung zu meinem letzten Beitrag:

    Laurenzcarre Situation Sporergasse

    Ich habe die historische Karte (schwarze Linien, schraffiert ausgefüllt) auf die heutige Karte (grüne Linien, gelb ausgefüllt) gelegt. Den Kopfbau des zukünftigen Laurenz-Carrés habe ich orange eingefärbt.
    Die Karte ist um 180° gedreht, damit die Blickrichtung vom Roncalliplatz (bzw. Domhof) besser verständlich ist, aus der die Bilder aufgenommen wurden.

    Das rechte Haus (ich habe bisher leider keine besser Aufnahme gefunden) stand ursprünglich auf zwei Grundstücken und die Durchwegungen waren auf der ersten historischen Karte, die ich im letzten Beitrag hochgeladen hatte, auch noch eingezeichnet. Ich habe zur besseren Lesbarkeit mal alle Linien entfernt, die innerhalb des Grundstücks dieses Hauses verlaufen sind (bis auf die beiden Innenhöfe).

    Das Problem bezüglich einer Rekonstruktion mit dem halben Grundstück und der "Sporergasse" wird so noch einmal richtig deutlich.

  • Hier noch weitere Bilder der Straße "Am Hof". Zuerst ein Blick auf den Heinzelmännchenbrunnen (der heute noch genauso existiert):

    Heinzelmännchenbrunnen

    Das angeschnittene Haus ganz links ist das Westminster-Hotel, rechts daneben folgt der Bau, wo heute die Sporergasse verläuft.
    Rechts darauf folgend schloss sich dann übrigens das "Hotel Reichshof" an, auf diesem Bild sieht man es zusammen mit der sich anschließenden Bebauung (ganz rechts noch der Vorgängerbau des heute erhaltenen, aber etwas verstümmelten erhaltenen Stollwerckhauses):

    k%C3%B6ln_altstadt_nord_alte_h%C3%A4user_denkmal_denkmalpflege_konservator_stadt_historisch_70c7163915_600x450xcr.jpeg

    http://www.bilderbuch-koeln.de/Fotos/altstadt…storisch_163915

    Wie schon erwähnt, die beiden linken Häuser wurden im Krieg zerstört, die beiden rechten wurden hinter den erhaltenen Fassaden wieder aufgebaut.

    Hier ein Blick die Straße entlang Richtung Westen:

    Am Hof

    Ganz links angeschnitten das Hotel Westminster und das Nachbarhaus, auf diesem Foto "in voller Größe", geradeaus das Stollwerckhaus und rechts die Ecke des Domhotels mit einer der beiden prachtvollen Eckkuppeln.