Köln - Bauprojekt Laurenz-Carré

  • Gibt es eigentlich auch Bilder von der vorgründerzeitlichen Bebauung der Straße am Hof? Soweit man die Vorkriegsbebauung nicht rekonstruiert (was sich allerdings wegen der ja noch vorhandenen Nachbargebäude anbietet), könnte man ja in Anlehnung an Altkölner Bürgerhäuser Neubauten errichten. Ich finde dass gerade in Köln mit einer Mischung aus vorhandenen (meist sehr qualitätvollen) historischer Bauten, wenigen rekonstruierten Leitbauten an herausgehobenen Stellen und im Geiste Kölner Bürgerhäuser (diese sind als Vorbild besonders gut geeignet auch heutigen ansprühen an Belichtung und Rumgrößen zu genügen) errichteten Neubauten, sehr viel zu erreichen wäre um das Stadtbild erheblich zu verbessern.

  • Vielen Dank für deine Frage @Andreas! Wie schon vorher erwähnt, aber wohl etwas untergegangen, diese Häuser befanden sich an dem Ort, wo dann das Westminsterhotel gebaut wurde:

    https://www.bildindex.de/document/obj05…1300e02/?part=0

    So sahen die Vorgängerbauten des Stollwerck-Hauses aus:

    https://www.bildindex.de/document/obj05…1300c09/?part=0

    Von Unter Goldschmied ein paar Meter weiter Richtung Rhein standen bis 1908 noch die beiden Häuser mit den malerischen Namen "zur Lilie" und "zum Helm":

    https://www.bildindex.de/document/obj05…1300e04/?part=0

    Man sieht hier schon die ziemlich großen Höhenunterschiede.
    Die Häuserzeile auf der gegenüberliegenden Straßenseite scheint dagegen von historistischen Umbauten weitestgehend verschont geblieben zu sein:

    http://www.bilderbuch-koeln.de/bilder/k%C3%B6…00x1600xin.jpeg

    Weichen musste dagegen die Bebauung, die die Straße am Hof früher vom Domhof, dem heutigen Roncalliplatz abgetrennt hat, darunter die sogenannte "Hachtepforte":

    https://www.bildindex.de/document/obj05…1300d10/?part=0

    Blick vom Domhof aus, im Hintergrund das Haus auf dem heute relevanten Grundstück:

    https://www.bildindex.de/document/obj05…0958b07/?part=0

    Die sich zum Dom hin anschließende Häuserzeile, dort befand sich das erste Domhotel, welches durch den heute bekannten Bau ersetzt wurde:

    http://www.bilderbuch-koeln.de/bilder/k%C3%B6…00x1600xin.jpeg

    Ein weiteres Bild aus der Zeit, als der Dom gebaut wurde, man beachte das winzig anmutende Häuschen am Ende der Häuserzeile:

    http://www.bilderbuch-koeln.de/bilder/k%C3%B6…00x1600xin.jpeg

    Wäre diese Bebauung im Herzen einer Millionenstadt direkt neben dem Dom heute denkbar? Welche Nutzung würde es geben? Wäre dieser Zustand erstrebenswert? Eine spannende Frage, die ich gerne mal auch anhand vom Beispiel Köln diskutieren würde. Das führt hier in dem Strang aber vielleicht etwas zu weit.

    PS: Für genau solche Beiträge wünscht man sich das alte Bilderhosting zurück...

  • Ich habe Informationen aus den Stadtentwicklungsausschuss erhalten.
    Demnach ist das Ergebnis des auch im letzten Beitrag noch einmal verlinkten Wettbewerbs nur für die städtebaulichen Aspekte des Projektes relevant (also Gebäudegrößen, Straßen- und Platzaufteilung, Nutzung).

    Bei dem im Frühsommer angesetzten Termin sollte dann der Gewinner des Architekturwettbewerbs, bei dem es um die tatsächliche Fassadengestaltung des Projektes ging, bestimmt werden. Das Treffen hat der Investor aber, wie schon berichtet, platzen lassen. Er will keinen weiteren Architekturwettbewerb sondern "ortsüblich" bauen. Es geht ihm um den maximalen Profit, mehr nicht, wie auch schon den Investoren, die das Grundstück zuvor erworben hatten und die wieder abgesprungen sind.

    Ob und wie es weitergeht, wird aktuell in Gesprächen zwischen Stadt und Investor geklärt.

  • Es gibt Neuigkeiten zum "Laurenz-Carré": https://www.radiokoeln.de/artikel/vertra…sen-548414.html

    Demnach hat der Stadtrat einen städtebaulichen Vertrag beschlossen, der Rahmenbedingungen festlegt, wie das Quartier zu bebauen ist, allerdings einen konkreten Bebauungsplan überflüssig macht.

    Damit sind Bemühungen um eine weitere gestalterische Einflussnahme wohl überflüssig. Aufgrund der aktuellen Corona-Situation war es auch für uns aus dem Ortsverband Köln nicht mehr möglich, Einfluss auf die Politik zu nehmen oder sich an die Presse zu wenden. Als Hoffnung bleibt natürlich, dass auch die Gerch Group aufgrund der Krise von diesem Projekt erst einmal Abstand nimmt, aber der getroffene Ratsbeschluss und der Vertrag mit dem Investor wird wohl leider noch nach der Krise Gültigkeit haben...

  • So, etwas verspätet auch hier: In der letzten Woche wurde der Sieger im Architekturwettbewerb für das nördliche Baufeld gekürt. Gewonnen haben "Kister, Scheithauer, Groß" aus Köln, die ja auch schon den städtebaulichen Wettbewerb gewonnen hatten. So wird es aussehen:

    close-up-03-1600x720.jpg

    Hier ein Bereicht in der Rundschau, aber leider nur für Abonnenten: Klick

    Das meiste im Artikel ist hier schon bekannt, interessant dürfte dieses Zitat sein:

    Baudezernent Markus Greitemann sagte am Donnerstag: „Ich freue mich, dass ein Entwurf ausgewählt wurde, der sich in die geschichtsträchtige Umgebung des Roncalliplatzes einpasst und dabei das angrenzende Ensemble zeitgemäß weiterdenkt.“ Die Gerchgroup als Investor teilte ebenfalls mit: „Das Ergebnis fügt sich hervorragend in das sensible städtebauliche Umfeld ein und wird diesem besonderen Standort somit gerecht.“

    Ja, es fügt sich sensibel in den Nachkriegsschrott ein und damit das gelingt, sieht es selber wie Nachkriegsschrott aus. Aber was rege ich mich auf, diese Phrasendrescherei ist uns allen ja zu Genüge bekannt.

    Hier übrigens noch der Entwurf für die Rückseite an der Ecke Große Budengasse/Unter Goldschmied:

    close-up-06-1600x720.jpg

    Beide Bildquellen: https://www.gerchgroup.com/de/projekte/laurenz-carr%C3%A9

    Nun, das ist also das Ergebnis nach den vielen Jahren Streit. Überrascht dürfte niemand sein, billige moderne Investorenarchitektur halt, aber eine riesige verpasste Chance, diesem Teil der Innenstadt einen positiven Impuls für die Zukunft zu geben.

    Dieser positive Impuls wird also an einer anderen Stelle erfolgen müssen.

  • Der Ortsverband Köln hat im Namen von Stadtbild Deutschland übrigens kurz vor dem Architekturwettbewerb eine Pressemitteilung herausgegeben, die auch auf unserer Webseite veröffentlicht wurde:

    https://stadtbild-deutschland.org/ortsverband-ko…itektursprache/

    An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Mantikor, der für uns extra zum Maybachufer in Berlin gefahren ist, um das benötigte Bild zu machen.

    Nachdem der Kontakt zur Politik eher enttäuschend verlaufen war, war es der Versuch, wenigstens für die Seite zum Roncalliplatz hin auf eine mögliche verträgliche Lösung in der Öffentlichkeit hinzuweisen. Darauf eingegangen ist allerdings keine der örtlichen Presseorgane.

  • Die Vorderseite ist mE so übel nicht, die Rückseite für eine Stadt dieses Kalibers einfach zu schwach.

    Zitat von Architekten-Quacksprech
    der sich in die geschichtsträchtige Umgebung des Roncalliplatzes einpasst

    Wie von CBHf angeführt grundsätzlich ja richtig. Das Problem ist das Attribut "geschichtsträchtig". Davon kann nämlich keine Rede mehr sein, und damit erübrigt sich alles Weitere.

    Letztlich besteht ein gewisses Problem auch darin, dass schon die historistische Vorbebauung nicht allzu "geschichtsträchtig" war und ebenso in Städten wie Chemnitz oder Mähr. Ostrau hätte stehen können.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das Problem ist, dass als Vorlage für "behutsame" neue Architektur in kriegszerstörten Städten mittlerweile erkennbar die 1950er Jahre als Referenz gelten, dies sieht man hier sehr gut. Ähnliches gibt es auch von einigen Neubauprojekten in Bremen zu berichten, da gilt das dann fast als "klassischer Chic" ("wer sagt's denn", denkt die Planeravantgarde ganz und gar mit sich zufrieden) und ist es -im Gegensatz zum Grusel der 2. Kistenmoderne, die uns bis in die Jetztzeit quält- ja auch.

  • Das Problem ist, dass als Vorlage für "behutsame" neue Architektur in kriegszerstörten Städten mittlerweile erkennbar die 1950er Jahre als Referenz gelten

    Stimmt natürlich, wobei die Vorderseite eher an 20er-Jahre orientiert erscheint,

    Auch schon was, kann man sagen...

    Fortschritt sollte jedenfalls anders aussehen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • als Bürger der Stadt kann ich nur sagen; einfach nur furchtbar.


    Dieser Bebauungsplan/Entwurf lädt überhaupt nicht zum Verweilen ein, sondern ist nur eine zugige Betonwüste aus der man so schnell wie möglich flüchten möchte.


    Kein Grün, nicht mal ein Alibi-Betonkübel mit Strauch, kein Springbrunnen, keine Sitzbänke, keine Cafes.


    Ich prophezeie, dass das "Entree des Kölnischen Stadtmuseums" zur Zeit des Weihnachtsmarkts, Karnevals und an Wochenende ein beliebter Platz für Notdurften sein wird. Durch die Überdachung dessen werden sich dort wie zu alten Zeiten am Domvorplatz (unter der früheren Treppe) die Dealer treffen, die Obdachlosen und Trinker.


    Kölner Stadtplanung hat nichts gelernt.


    Man erwartet nun nicht Zaha Hadid Entwürfe, aber ein Traum wäre ein Hundertwasser Ensemble, oder zumindest Kopien der ursprünglichen Vor-Kriegsfassaden (Siehe Frankfurt Altstadt – dort hat man begriffen was die Menschen wollen und brauchen um ihre Stadt zu lieben)

  • Was sind denn, bitte schön, "zeitlosere Bauten"? Es gibt schon keine "zeitlosen Bauten". Du ordnest den Entwurf ja selbst den fünfziger Jahren zu. Das Adjektiv "zeitlos" zu steigern, ist aber vollends sinnlos.

    Wir sollten uns von den beiden Visualisierungen, die Neußer ermittelt hat, nicht täuschen lassen. Das sind nur aufgehübschte Bilder. Gebaut wird aber das, was Centralbahnhof weiter oben schon gezeigt hatte:

    So, etwas verspätet auch hier: In der letzten Woche wurde der Sieger im Architekturwettbewerb für das nördliche Baufeld gekürt. Gewonnen haben "Kister, Scheithauer, Groß" aus Köln, die ja auch schon den städtebaulichen Wettbewerb gewonnen hatten. So wird es aussehen:

    close-up-03-1600x720.jpg


    Hier übrigens noch der Entwurf für die Rückseite an der Ecke Große Budengasse/Unter Goldschmied:

    close-up-06-1600x720.jpg

    Beide Bildquellen: https://www.gerchgroup.com/de/projekte/laurenz-carr%C3%A9

    Das bringt die Kölner Innenstadt nicht voran. Hier soll nur erträgliches Mittelmaß gebaut werden. Eine vertane Chance.

  • Es sind keine aufgehübschten Bilder des Ursprungsentwurfs, sondern sie zeigen tatsächlich eine überarbeitete Fassade. Jedenfalls sehe ich Unterschiede, die die Fassade ein bisschen zum Besseren gewandelt haben.

    "Zeitlos" als Adjektiv für einen Entwurf kann man tatsächlich verwenden. Mit zeitlos meint man nicht, dass es sich um eine Architektur handelt, die man zeitlich nicht einordnen kann, sondern eine Architektur, die sich auch noch nach Jahrzehnten sehen lassen lässt, ohne dass sie einem verleidet ist oder altertümlich wirkt. Das trifft für 50er-Jahre-Bauten durchaus zu, nicht aber für übertriebene postmoderne Bauten oder die ewigen Strichcode- und Schüttelfensterfassaden. Ein Grossteil der Wiederaufbauarchitektur in der Nürnberger Altstadt sehe ich auch als zeitlos an, genau wie eine schön gestaltete 50er-Jahre-Rasterfassade. Futuristischer Mist, wie er derzeit z.B. in Frankfurt und Berlin mit amorphen Fassaden-Formelementen gebaut wird, wird auch nie zeitlos sein.

    Auch zeitloser kann man verwenden: Ein Haus mit Einzelfenstern und Satteldach ist für mich auch zeitloser als ein Kubus mit Fensterbändern.

  • Was wirklich gut zu Köln passen würde wären die Berliner Townhouses. Von der Breite und Kleinteiligkeit her haben sie zumindest eine gewisse Ähnlichkeit zu den Alt-Kölner Bürgerhäusern. Das müsste der Kölner Stadtverwaltung nur mal jemand mitteilen. Aber Köln scheint ja ohnehin in den 50er bis 70ern hängen geblieben zu sein.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Auf der Seite des Projektentwicklers gibt es noch einige neue Visualisierungen, die nicht geneigt sind, einem die Laune zu heben :sad:

    https://gerchgroup.com/de/projekte/laurenz-carr%C3%A9

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    Das mit der grünen Idylle auf dem Dach mag ja eine ganz tolle Idee sein, aber direkt gegenüber vom Dom ist es einfach so deplaziert und bescheuert...

    Dieses Projekt wäre eine so große Chance gewesen, es ist wirklich zum Heulen was jetzt daraus wird. :weinenstroemen: