Bietigheim - Hornmoldhaus, Rekonstruktion der Fenstererker

  • Das Hornmoldhaus in Bietigheim-Bissingen sollte in den 70-Jahren des letzten Jahrhunderts abgerissen werden und wurde durch die Bürgerinitiative für eine Humane Stadt gerettet, restauriert bis Ende der achtziger Jahre. Im Zusammenhang mit der Erforschung der Geschichte des Hauses gelang es mir, die umfangreichen Malereien der Zeit der Renaissance und des frühen Barocks zu entdecken.

    Sebastian Hornmold (1500-1581) war der erste Kirchenratsdirektor des 1534 reformierten Herzogtums Württemberg und hatte wesentlichen Einfluss auf die Geschicke der Stadt und des Landes, z.B. im Bauernkrieg und im Schmalkaldischen Krieg, in dem Truppen Herzog Albas das Haus plünderten.

    Letztes Jahr wurde der Freundeskreis Hornmoldhaus gegründet als Lobby für das heute darin befindliche Stadtmuseum, ein zweites Ziel könnte hier besonders interessieren: die bei der Restaurierung des Hauses unterlassene Rekonstruktion der Fenstererker. So zeigt sich heute das Haus, das im Inneren den Hofstil des Herzogs aufgenommen hat, mit seinen Bauernhausfenstern zwischen dem höchst anspruchsvollen Fachwerk mit einer recht unwürdigen Fassade. Das Denkmalamt lehnte damals die an den drei Bohlenstuben des Hauses nachgewiesenen Fenstererker ab, weil die Forschung die genaue Bauweise noch nicht sicher erkannt hatte.

    https://freundeskreis-hornmoldhaus.de

    ich würde gerne eure Meinung zu diesem Anliegen lesen, auch um noch mehr Argumente gegenüber den Gremien zu haben, welche die Finanzierung beschließen sollten.

    Das Haus neben dem Bietigheimer Rathaus. Die Lage der beiden Bohlenstuben auf der Straßenseite erkennt man a..n der linken Seite des Hauses an den fehlenden Zierformen der Gefache.


    Foto: Susanne van Loon, Bietigheim-Bissingen

    Der kostbarste Raum des Hauses ist die Sommerstube mit ihrer Renaissancedecke datiert 1575 und den frühbarocken Wänden nach 1620.


    Neben dem Lamm Christi findet sich dieser böse Fratzenkopf.

    Nicht weit davon entfernt sieht man den Papst als Vexierbild: Von der anderen Seite ist er der Teufel. Ich habe im Germanischen Museum Nürnberg die Reformationsmedaille gefunden, von der diese bösartige Karikatur entnommen ist.

    Die Frontfassade dessen rarer asymmetrischer Giebel die leeren Flächen der Fenstererker - die ehemaligen Bohlenwände in den Stuben des ersten und zweiten Geschosses sind deutlich zu erkennen - ausgeglichen hat.



    Foto: Susanne van Loon, Bietigheim-Bissingen

    Wenige Jahre später wurden die Fenstererker an Bietigheimer Häusern problemlos rekonstruiert. Hier das Alte Kameralamt, Schieringer Straße 13.


    alle Fotos außer Susanne van Loon (siehe Angabe) sind vom Stadtarchiv Bietigheim-Bissingen

    Schieringerstraße 13 ist noch missglückt, wird später versucht. Weitere Fotos und Fakten zum Haus und seinen Bewohnern werden folgen.

  • Leider gibt es in Deutschland nicht mehr allzu viele Fenstererker aus der Renaissance. Von vielen früheren Fahrten ins Elsass erinnere ich mich, an Fachwerkhäusern der Renaissance oft sehr schöne Fenstererker gesehen zu haben. Dort könnte man bestimmt Fachwerkhäuser finden, die nach Aussehen, Stil, dem Zierfachwerk und dem Baujahr dem Bietigheimer herrlichen Hornmoldhaus ähnlich sind. M. E. könnte man sich an solchen Fenstererkern orientieren, ohne etwas falsch zu machen. Also Pragmatismus statt sturer Dogmatik.

  • Zu den Papst-Vexierbildern: Es sind zwei verschiedene Medaillons zu sehen: Papst - Teufel und Kardinal -Narr. Man muss beide jeweils auf den Kopf drehen, dann erweist sich der Papst als Teufel, der Kardinal als Narr. Äußerst bösartige Satiren von einer Medaille von 1545 zum Schmalkaldischen Krieg, die Darstellung im Hornmoldhaus ist 1575 datiert. Es ist mir gelungen, einen kleinen Politkrimi dahinter zu entdecken, den ich hier einmal skizzieren werde, wenn denn der Strang Bestand haben darf.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Beim Überfliegen auf Googlemaps bin ich auf drei Gebäude gestossen, die solche Fenstererker haben könnten; vielleicht sind es sogar Rekonstruktionen:
    - an der Hauptstrasse schräg gegenüber der Einmündung der Schieringerstrasse
    - das zweite und dritte Haus an der Schieringerstrasse von der Schieringerbrunnenstrasse her.

    Glaubwürdige Analogien sind aber schwer zu finden. Aus meiner Erfahrung haben Fenstererker aus Nachbarorten bereits andere Details. Zudem glaube ich, dass am Hormoldhaus die Fenster bei den vorgesehenen Erkern zu klein rekonstruiert worden sind. Bei einem Fenstererker sitzen meistens Reihenfenster drin. Auf die leeren Brüstungen wurde normalerweise ein Scheinfachwerk draufgepinselt oder auf die Bohlen Scheinriegel genagelt. Bei Rekonstruktionen und baugeschichtlichen Untersuchungen wird dies oft übersehen.

    Ein Bild von der Schieringerstrasse habe ich gefunden: https://journal.fachwerkagentur.de/portfolio/25-j…estdeutschland/

  • Offenbar bin ich recht ahnungslos, was das Hochladen von Bildern in einen Strang angeht: das Alte Kameralamt und andere schöne Bilder schaffe ich nicht, sie enthielten unzulässige Codes img - keine Ahnung, was das heißt. Die Bilder sind alle vom Stadtarchiv Bietigheim-Bissingen für diesen Strang zur Verfügung gestellt. Vielleicht hilft mir jemand.

    @Riegel vielen Dank. Die Fensterker im Hornmoldhaus wurden als solche bei der Restaurierung des Hauses nachgewiesen, auch ihr Umfang, aber keine Details, weshalb das Denkmalamt damals nein sagte. Später, als die Forschung weiter war, hat man in Bietigheim mehrere Fenstererker rekonstruiert, von denen man weniger wusste. Heute muss wohl vor allem die Politik überzeugt werden.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Hier die Medaille, die vermutlich als Vorbild für das Vexierbild gedient hat:

    Medaille o.J. Reformation / Religion Bronze (hohl..?) Naumburg - auf den Bischofsstreit, Doppelkopf aus Papst und Teufel / Doppelkopf aus Kardinal und Narr, ca. 32,5 vz

    Fundstelle: https://www.ma-shops.de/hardelt/item.php?id=40321

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Und hier einige Beispiele für die im buchstäblichen Sinne "Vertierung" oder "Verteufelung" des konfessionellen Gegners im Zeitalter der Reformation. Man blieb sich auf beiden Seiten nichts schuldig. Das Motiv des Bauern, der die Tiara als Nachttopf benutzt, tauchte im Ersten Weltkrieg übrigens wieder auf, nun mit dem französischen Soldaten und der Pickelhaube.




    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Das Vexierbild Papst-Teufel und Kardinal-Narr muss damals, wie ich gerade sehe, der absolute Renner gewesen sein.








    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Die Beispiele aus dem Elsass dürfen aber keinesfalls als Vorbilder für Bietigheim herangezogen werden. Die Fenstererker in Bietigheim waren schmucklos, genau wie in Nürnberg und allgemein im alemannischen Fachwerkgebiet. Vorbilder dürften nicht weiter als 30 km weit entfernt sein.

  • Vielen Dank, Seinsheim, Sie zeigen die große Flut der satirischen Medaillen gegen Papst und Kirche, die vor allem in der Zeit des Schmalkaldischen Krieges nocheinmal gewaltig angeschwollen ist. Die Reformation war ein Treibhaus für Satiren, originelle, geistreiche, bösartige, gegen die Kirche und ihre Vertreter genauso wie gegen die Reformation und die Reformatoren. Das Hornmoldhaus als einer der Brennpunkte der Reformation in Württemberg zeigt zum ganzen Thema einen weiten und oft sehr überraschenden Horizont.

    Die Umschriften der Medaillons sind dieselben wie die beiden Seiten einer der Medaillen, die Seinsheim abbildet; zum Bild des Papstes unter der Tiara, der als Teufel mit Hörnern erscheint: MALUS CORVUS MALUM OVUM - der böse Rabe legt ein schlimmes Ei und um das Bild des Kardinals mit dem Kardinalshut, der sich als Narr mit Narrenkappe erweist: Psalm 92 ET STULTI ALIQUANDO SAPITE - und ihr Toren, wann werdet ihr endlich klug werden. Die Datierung auf der Medaille ist 1545, auf den Medaillons 1545 und dazu noch 1575, das Datum des Baus der Sommerstube, an deren Decke sich die Medaillons befinden. Die Vorbild-Medaille habe ich im Germanischen Museum in Nürnberg gefunden.

    Die Schärfe der Satiren scheint in die späte Zeit nicht zu passen. Die überraschende Lösung habe ich in badischen und landshutischen Archiven ermittelt.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • @Riegel, Du bist hier unser Fachwerkexperte. Was ich mich aber schon immer gefragt habe: wenn das alemannische Fachwerk so schlicht ist, wieso ist es dann im alemannischen Elsass so reich verziert? Gab es da noch andere Einflüsse?

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Interessant ist aber, dass in einem Modell des Hauses, das im Haus selbst ausgestellt ist, Reihenfensterdargestellt sind:https://www.mamilade.de/baden-wuerttem…gheim-bissingen
    Dies scheint mir auch glaubwürdiger als diese kleinen Zwillingsfenster.

    Das Hornmoldhaus-Modell wurde gleichzeitig mit der Restaurierung des Hauses angefertigt. Ich habe damals angeregt, dass der kunstreiche Erbauer die Befunde des Hauses zeigen sollte und nicht die bei der Restaurierung tatsächlich verwirklichte Form. Die Ausmaße seiner Fenstererker entsprechen insgesamt den Befunden und sind mit Sicherheit viel näher an der historischen Wirklichkeit als das Ergebnis der Restaurierung, also als das heutige Erscheinungsbild! Die „kleinen Zwillingsfenster“ sind in der Tat unwürdig.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Hier nun das Alte Kameralamt Schieringerstr. 13.

    Die geschnitzten Eckständer zeigen, dass die sehr umfassenden Fenstererker an dem freilich sehr späten Gebäude nicht schmucklos waren. Auch die Bundpfosten waren geschnitzt wurden aber beim Verputzen der Fassade im 18. Jhd. abgebeilt.

    Riegel hat aber sicher recht: Beim Hornmoldhaus von 1536 mit seinen Bohlenwänden waren die Erker sicher schmucklos.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

    Einmal editiert, zuletzt von Bentele (18. Juli 2019 um 13:17)

  • Was ich mich aber schon immer gefragt habe: wenn das alemannische Fachwerk so schlicht ist, wieso ist es dann im alemannischen Elsass so reich verziert? Gab es da noch andere Einflüsse?

    Im 16. Jahrhundert verschmelzen die alemannische und fränkische Fachwerkbauweise, sodass im 17. Jahrhundert keine Unterschiede mehr feststellbar sind. Zudem nimmt die Schmuckfreudigkeit gegen den Rhein zu. Walter Sage hat im Buch "Das Bürgerhaus in Frankfurt a. M." die zunehmende Schmuckfreudigkeit treffend mit der Lebensfreude der Rheinländer verglichen.

    Das Alte Kameralamt Schieringerstr. 13 überrascht mich trotzdem; abgesehen vom reichen Zierfachwerk hätte ich es näher ans Elsass gerückt. Man müsste eben systematisch alle Fenstererker in Bietigheim mal aufnehmen und in eine chronologische Abfolge setzen, auch die rekonstruierten Exemplare! Gerade bei letzteren müsste man begründen, weshalb sie so rekonstruiert wurden und welche Vorbilder Pate gestanden hatten. Ich bin nämlich daran, in meiner Stadt alle Fachwerkrestaurierungen von den 1960er bis 1980er Jahren zu dokumentieren, gerade weil ich die damals verantwortlichen Personen als Schüler noch gekannt habe. Da kommt man noch recht ins Staunen, was da alles fantasiert wurde und als Rekonstruktion verkauft wurde.

  • Das Sommerhaus mit der Sommerstube von der Talseite zeigt ein weiteres Problem: Das Sommerhaus wurde einige Zeit nach dem Hornmoldhaus restauriert, mit dem es wie mit einer Brücke durch eine Galerie verbunden ist. In dieser Zeit war die Rekonstruktion von Fenstererkern schon gängig. Die Süd- und die Ostwand waren original nicht mehr erhalten. Da eine so aufwendige Stube Fenstererker haben musste, hat das Denkmalamt einen umlaufenden Erker nach Süden und Osten vorgeschlagen, das wurde so gemacht. Kurz darauf wurde ein Brett mit Jagdszenen gefunden, dessen Zuschnitt genau einen Fenstererker mittig in der Südwand notwendig machte. Von außen ist der zuerst gebaute irrige Fenstererker bis heute zu sehen, nach Jahrzehnten! in der Sommerstube selbst ist er an der richtigen Stelle und gestaltet den Raum wunderbar. Die erschließbare originale Südfassade des Sommerhauses sollte wieder in Übereinstimmung mit dem Inneren rekonstruiert werden.

    Die Bilder sind von mir.

    Das Brett mit den Jagdszenen, das die Stelle des Festerkers der Sommerstube erschließbar machte.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

    2 Mal editiert, zuletzt von Bentele (4. August 2019 um 08:26)

  • Im 16. Jahrhundert verschmelzen die alemannische und fränkische Fachwerkbauweise, sodass im 17. Jahrhundert keine Unterschiede mehr feststellbar sind. Zudem nimmt die Schmuckfreudigkeit gegen den Rhein zu. Walter Sage hat im Buch "Das Bürgerhaus in Frankfurt a. M." die zunehmende Schmuckfreudigkeit treffend mit der Lebensfreude der Rheinländer verglichen.

    Danke, das war mir so nicht klar. Aber ich bin auch schockiert: da findet sich das alemannische Fachwerk in Schwaben eher als am Oberrhein...

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich habe heute wahllos ein paar Galerien hier im Forum nach Fentererkern in diversen Orten der Region um Bietigheim abgesucht. Bietigheim selbst, Markgröningen, Besigheim... überall finde ich nur rekonstruierte Beispiele. Dann ist mir aufgefallen, dass es an Fachwerkbauten aus der Renaissance einfachste und stark geschmückte Fenstererker gibt. Da habe ich einfach keine Gewissheit, was jetzt richtig ist. Ich kann mir nämlich auch vorstellen, dass 'alemannische' Fenstererker, also solche aus dem 15. Jahrhundert, auch Pate für rekonstruierte Erker an Bauten des 17. Jahrhunderts gestanden sind. Man sollte für eine solch vorgesehene Rekonstruktion wie beim Hormoldhaus zuerst alle originalen Erker und deren Reste davon sammeln, insbesondere auch in baugeschichtlichen Dokumentationen danach suchen. Bei uns sind in den 1970er-Jahren leider nie solche gemacht worden, was mich veranlasst hat, die Restaurierungsgeschichte jener Zeit zu dokumentieren und zu hinterfragen.

  • Dann ist mir aufgefallen, dass es an Fachwerkbauten aus der Renaissance einfachste und stark geschmückte Fenstererker gibt. Da habe ich einfach keine Gewissheit, was jetzt richtig ist. Ich kann mir nämlich auch vorstellen, dass 'alemannische' Fenstererker, also solche aus dem 15. Jahrhundert, auch Pate für rekonstruierte Erker an Bauten des 17. Jahrhunderts gestanden sind.

    Die Frage nach gängigen Fenstererker-Vorbildern ist sehr interessant, der Gedanke, dass nicht haltbare Vorbilder bereits zur Routine geworden sind, ist einleuchtend und wichtig. Vielleicht sind ja tatsächlich schon viele Fehler gemacht worden.

    Ich denke, dass bei der Suche nach Vorbildern von Fenstererker-Rekonstruktionen grundsätzlich die Entwicklung des alemannischen Erkers zum fränkischen und damit die Zeit zu berücksichtigen ist: Der alemannische Fenstererker war Teil einer Bohlenwand, insofern blieben die Flächen zwischen Eck- oder Bundständern und dem Erker-Fensterband leer, wobei dahingestellt sein mag, ob die Holzbohlen sichtbar waren oder nicht oder gar Gefache aufgemalt wurden. Später wurden diese Wände jedoch wirklich ausgefacht und dabei der Erker auf eigene, oft geschnitzte oder geschwungene Stützen gestellt und in ornamentierte Rahmen gesetzt usw..

    Fenstererker sind in der Fassade auffallende Elemente und bieten sich daher an, sie besonders kostbar zu gestalten und zu schmücken. Dies liegt dem fränkischen verzapften Fachwerk mit seiner Neuerung, Funktionsteile zur Grundlage eines die ganze Fassade prägenden Gesamtornaments zu machen, weitaus näher als dem viel funktionaleren verblatteten alemannischen Fachwerkbau.

    Sind mit den „stark geschmückten“ Fenstererkern der Zeit der Renaissance, also bis zum Dreißigjährigen Krieg, nur die „Rhein nahen“, also vor allem elsässischen gemeint? Oder haben Sie Beispiele solcher Erker tatsächlich auch in rheinferneren Gegenden wie Stuttgart, Heilbronn, Esslingen, Schwäbisch Hall - und wirklich schon im 16. Jhd.? Die würden mich ungemein interessieren!

    Beim Hornmoldhaus von 1536, für dessen drei Bohlenstuben Außenbohlenwände nachgewiesen sind, dürften die alemannisch geprägten Vorbilder zutreffend sein.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin