Ich muss aber sagen, dass ich ein wenig erstaunt bin, Treptow deckt sich nicht mit dem Bild von Polen, was ich bisher im Kopf hatte. Anstatt liebevoll rekonstruierte und sanierte Bauten sehe ich eine triste, graue Stadt. Gut, ein wenig mag es vielleicht auch dem wolkenverhangenen Himmel geschuldet sein, aber es wirkt alles so leblos, menschenleere Straßen, kaum Geschäfte, scheinbar keine richtige Fußgängerzone im Ortskern, fast alle Bauten sanierungsbedürftig und überall diese willkürlichen Brachen.
Die Stadt wirkt entweder wie vergessen oder die Bewohner haben nur wenig Geld
Polen ist immer noch ein armes Land, die Städte sind abgesehen von wenigen gut restaurierten bzw. rekonstruierten Altstädten (zB. Warschau, Krakau, Danzig, Breslau) noch deutlich verfallener und verwahrloster als die Städte der neuen Bundesländer. Polen hat trotz EU-Subventionen sehr viel aus eigener Kraft stämmen müssen. Treptow ist recht repräsentativ für eine leidlich erhaltene, touristisch unerschlossene Stadt.
Polen hat zwar ein traumhaft hoch scheinendes Wirtschaftswachstum, das täuscht aber nicht über das immer noch extrem niedrige Gesamtniveau hinweg. Das BIP Polens liegt bei 13,81 USD pro Kopf (zum Vergleich, bei Deutschland liegt es bei 44,46 USD pro Kopf.), das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt in Polen bei gut 11.000 €, in Deutschland bei 38.683 €, das Preisniveau gleicht sich jedoch immer mehr an, viele Wahren des alltäglichen Lebens sind kaum noch billiger, manche sogar teurer als bei uns. Nur mal so ein paar Schlagzahlen, keine genaue Analyse, dass man eine ungefähre Ahnung davon hat, wo Polen steht und welch Mühe es kosten mag, davon das kulturelle Erbe aufrecht zu erhalten, von Privatpersonen mag das dann noch umso schwerer zu erwarten sein.
Treptow ist tatsächlich etwas vergessen, im Gegensatz zu von den Einwohnern vergleichbaren Kreisstad Greifenberg (Gryfice) oder zur Kurstadt und Verwaltungs- und Gerichtssitz Camin (Kamien) hat Treptow kaum mehr eine regionale Bedeutung.
Ich habe die Stadt dieses wie auch letztes Mal jeweils an einem verregneten Sonntag besucht. Das mag die ausgestorbene Stimmung (de ich ebenso wahrgenommen habe) noch unterstützt haben. Es mag an schönen Tagen auch etwas Tagestourismus geben, doch kommt dieser auch eher nach Cammin oder Kolberg als ins Hinterland. Für den einfachen Touristen mag es dort auch kaum mehr sehenswertes als Schloss und Marienkirche geben, der Badeorttourismus lockt neben Familien und Rentnern vor allem Touristen an, die eher wenig kulturaffin sind. Teilweise haben die dortigen Badeorte eher den Charakter eines polnischen Ballermanns.