• Zitat
    Die nachfolgende Schilderung der Abrissproblematik in der Vegesacker Weserstraße habe ich schon mal in diesem Strang dargestellt, unter # 10. Inzwischen hat sich die Sache "weiterentwickelt".
    Die Schröder Villa in der Weserstraße soll einen denkmalgeschützten Flügel mit Zustimmung des Landeskonservators zugunsten eines dieser Investorenschachteln verlieren. In der Bevölkerung gibt es einen zunehmenden Unmut darüber, eine Bürgerinitiative ist entstanden und inzwischen gibt es sogar eine Petition gegen den Abriss des rechten Flügels. Diese Petition können alle - in ganz Deutschland also - mitzeichnen. Die Adresse wird vertraulich behandelt, dafür steht die Bremische Bürgerschaft. Wenn Ihr bei Google "Petition Bremische Bürgerschaft " eingebt, kommt Ihr direkt zur Petition in der Mitzeichnungsfrist bis zum 17.8.21: S 20/212, - Erhalt des Denkmals Villa Schröder.  Ich möchte Euch hiermit um Mitzeichnung bitten.


    Die Villa ist 1996 vom Landesdenkmalamt Bremen unter Schutz gestellt worden (Text siehe ganz unten), dasselbe Landesdenkmalamt hebt nun diesen Schutz für einen Teilbereich zum Vorteil eines Investors wieder auf. Warum das Landesdenkmalamt 1996 ein Gebäude in seiner Gesamtheit als schutzwürdig ansieht, es aber selbst im Jahre 2021 zum Teil wieder aufhebt, erschließt sich für mich nicht. Ist Schutz nicht Schutz.
    Kennt Ihr ähnliche Fälle und vor allem: Was kann man da noch machen. Vorschläge werden gerne angenommen.
  • Tatsächlich kenne ich das auch eher umgekehrt. Mir kamen schon mehrere Objekte unter, bei welchen der Denkmalschutz über verschiedene Um- und Anbauten sich erstreckte und Investoren dann das Gebäude in den puren Ursprungszustand zurückversetzen wollten, aber nicht durften. So wurde z.B. eine Absage erteilt die ursprünglichen zweigliedrigen Fenster in symmetrische Form wieder zu bringen.

  • Hier noch ein Artikel aus dem Bremer Weser-Report vom Sontag den 5.9.21 zum Abriss des rechten Flügels der Schröder-Villa in Bremen-Vegesack. Auch dieser Teil wurde von der Bremer Denkmalpflege 1996 unter Denkmalschutz gestellt. Nun hebt die Denkmalpflege den Denkmalschutz für diesen Gebäudeteil wieder auf, mit dem Argument, dass sie mit dem Abriss das Restgebäude erhalten will. Die beiden Investoren klatschen sich ab.

    Frage an das Forum: Kennt Ihr aus anderen Städten auch so einen Fall, oder ist dies eine Bremer Spezialität?

  • Nun ist es also passiert: Der Vegesacker Beirat stimmte mit nur einer Gegenstimme der Verschandelung einer der schösten Straßen Bremens zu. Der Kompromiß: Das Gebäude ist jetzt etwas schmaler geworden, zwei statt drei Achsen. Aber auch nur, weil der Investor eine juristische Auseinandersetzung mit dem Eigentümer der daneben stehenden Villa befürchtete. Geld wäre dabei nicht so wichtig gewesen, vor allem kostet es Zeit. Nur der Vertreter der Linken stimmte dagegen, der Rest, die Grünen sowieso, war dafür. Ich kann nur sagen: In Bremen beherrschen inzwischen die Investoren das Stadtbild. Sogar die Denkmalpflege attestierte dem Neubau einen die Straße aufwertenden Charakter. Da bleibt einem wriklich die Spucke weg.

    Artikel aus: Das BLV vom 22.9.2021

    Neues Leben in einer alten Villa

    Vegesacker Beirat stimmte dem Bauantrag von M-Projekt zu

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    So sollen die Villa Schröder mit drei Wohneinheiten und der Neubau mit vier Wohneinheiten in der Weserstraße künftig aussehen. Die Projektentwickler erfüllen damit alle Auflagen des Denkmalschutzes.FOTO/Visualisierung: Büro bloomimages

    Artikel vom: 22.09.2021

    Vegesack – (RDR) Bei einer Gegenstimme von Karl Brönnle (Die Linke) hat der Vegesacker Beirat am Montagabend in seiner Sitzung dem Bauantrag „Villa Schröder“ zugestimmt.

    Die Firma M-Projekt hatte die unter Denkmalschutz stehende, 1887 errichtete Neo-Renaissance-Villa in der Weserstraße gekauft und will darin drei Wohneinheiten errichten. Das prägnante Gebäude steht seit über zehn Jahren leer. Zusätzlich soll der Anbau weichen und gegen einen dreigeschossigen Neubau mit vier Wohneinheiten getauscht werden. Das stieß in der Sitzung auf Widerstand einiger Anwohner, doch Vertreter der Landesdenkmalpflege, des Bauamts Bremen-Nord sowie Philipp Romeiser, Geschäftsführer und Architekt bei M-Projekt, bemühten sich, diese Vorbehalte auszuräumen. Unter anderem machten sie deutlich, dass sich das Projekt „Villa Schröder“ nur dann wirtschaftlich gestalten ließe, wenn es besagten Neubau gebe. Das stellte Karl Brönnle infrage. „Nicht realisierbar“, sei das Ganze ansonsten, sagte Philipp Romeiser erklärend. Heike Sprehe (SPD) befand das Vorhaben, das alt und neu kombiniere, als „sehr gut“.

    Christoph Schulte im Rodde (Grüne) lobte die Transparenz der Bauherren und sprach von „Wohnen auf hohem Niveau“. Das Denkmal in der Weserstraße sei gut herausgearbeitet, der Neubau allerdings könnte aus seiner Sicht gerne etwas innovativer sein, so Christoph Schulte im Rodde. Als „sehr modern, aber etwas klotzig“, bezeichnete Gordon Wirth (FDP) den Anbau. „Toll, dass das alte Gebäude aufgepeppt wird. Wir finden das Bauprojekt gut und unterstützen das“, kommentierte Andreas Kruse (CDU) das Vorhaben.

    Olaf Brandtstaedter, der mit einer Petition versucht hatte, die Pläne zu verhindern, erklärte, der Neubau zerstöre das Ortsbild. Der Nordbremer kritisierte ferner eine mangelnde Beteiligung der Öffentlichkeit und forderte ein mehrstufiges Verfahren, das einen Planungswettbewerb beinhalte. So könne man die bestmögliche Lösung finden.

  • Immerhin haben sie die Villa nicht abgerissen. Heutzutage ist Investoren alles zuzutrauen. Siehe Medienhaus.

    Aber dass ein Denkmalschutz (in diesem Fall für den rechten Flügel) von der gleichen Denkmalbehörde wieder aufgehoben wird, um einem Investor sein Geschäft zu ermöglichen, ist doch wohl einmalig in Deutschland, oder sind ähnliche Beispiele bekannt?

  • Aber dass ein Denkmalschutz (in diesem Fall für den rechten Flügel) von der gleichen Denkmalbehörde wieder aufgehoben wird, um einem Investor sein Geschäft zu ermöglichen, ist doch wohl einmalig in Deutschland, oder sind ähnliche Beispiele bekannt?

    Wenn es sich um einen späteren Anbau handelt, und dabei ist egal, ob dieser dann auch schon recht alt ist, dann kann das leider durchaus vorkommen. Teilweise können Investoren sich sogar solche Dinge damit erkaufen, dass sie den älteren Denkmalbau in besonderer Art wiederherstellen, mir wären da Beispiele bekannt, in denen z.B. der Dachstuhl freiwillig in urspünglicher Form wieder aufgebaut wurde und dann hat das Denkmalamt andere Abstriche akzeptiert.

  • Das Regionalfernsehen Buten un Binnen berichtete am Samstag über die Besichtigung der Schröder-Villa durch den Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft in Vegesack. Hier der entsprechende Link:

    https://www.butenunbinnen.de/videos/hausabr…gnsbau-100.html


    Hierzu ist folgendes festzustellen:

    Der Petitionsauschuss-Vorsitzende Claas Rohmeyer äußerte im Interview, dass man - er befand sich wie der gesamte Petitionsausschuss an der Rückseite des Gebäudes - schon sehen könne, dass am Westflügel einiges verändert worden sei. Es geht aber hauptsächlich um die Vorderseite, die noch im Original-Zustand erhalten ist.

    Der Denkmalschützer weist darauf hin, dass im Flügelgebäude schon einiges verändert worden ist. Dieses Argument kennen die Liebhaber des Medienhauses genau, denn dort war die Veränderung des Innenbereichs ein Grund, das Gebäude nicht unter Denkmalschutz zu stellen (nun ist es weg, gebaut wird trotzdem nicht).

    Auch der gegenüber dem Rathaus liegende "Schütting" wurde innen stark verändert. Das Gebäude war durch Kriegsbomben völlig ausgebrannt. Demnach könnte man den Sitz der Handelskammer mit dieser Argumentation ja auch dann abreißen lassen.

    Bei einem weiteren Gebäude - ich glaube, es steht ebenfalls unter Denkmalschutz - dem Kontorhaus am Markt, hat die Denkmalbehörde dem Investor Jacobs sogar erlaubt, innen alles abzureißen, damit ein Durchgang zur Weser entstehen kann. Hier hat das Landesdenkmalamt also bei der Veränderung selbst seine Finger mit im Spiel. In 10 Jahren könnte dann Jacobs kommen und sagen, ich will, dass der Denkmalschutz aufgehoben wird, innen ist ja sowieso alles schon verändert worden - und weg damit.

  • Ich bin immer wieder überrascht, dass es in Bremen noch Orte gibt, die ich nicht kenne. Das hängt sicher auch mit der Größe der Hansestadt zusammen. Sie ist nach Berlin, Hamburg und Köln die viertgrößte Stadt - von der Fläche her gesehen. Das kann sich natürlich immer ändern, da bei den Stadtstaaten die Stadtgrenze auch die Landesgrenze ist. Die Großstädte der Flächenstaaten dagegen haben die Möglichkeit der Eingemeindung und damit der Vergrößerung.

    Ich war wieder im Bremer Norden, genauer im Vegesacker Ortsteil Aumund. Hier besuchte ich zum ersten Mal den Parkfriedhof Neu-Aumund. Bisher wusste ich nicht einmal, dass es den überhaupt gibt. In dergleichen Ecke habe ich noch zwei alte Bauernhäuser entdeckt, das war das alte Aumund. Ansonsten ist die Architektur zum vergessen. Habe kein Foto gemacht von diesen "neureichen" Einfamilienhäusern im Billigstil, die dicht an dicht nebeneinander stehen und so wirken, als wären sie aus dem Katalog.

    Beginnen will ich mit der wirklich schönen Kapelle des Parkfriedhofs, nichts Altes - eher neueren Datums, aber mir gefällt´s, symmetrisch ausgerichteter Entwurf und Bauweise..

    Ein Blick in den ca. 10 - 15 Hektar großen Parkfriedhof:


    Hier strahlt gerade die Sonne durch die Bäume...

    Zwei alte Bauernhäuser im typischen Norddeutschen Stil

    Leider etwas verschwommen fotografiert, das Gegenlicht war zu stark.

    Etwas weiter, um die Ecke, plötzlich alles ganz ländlich, bäuerliche Kultur, plötzlich ist man in einer ganz anderen Welt, auf dem Land und doch noch in Bremen.

    Und dann auf der anderen Straßenseite, ein einfaches Einfamilienhaus, aber immerhin: Jugendstil:

  • Der wohl schönste Stadtteilbahnhof befand sich m. E. in Bremen-St. Magnus an der 1862 eröffneten Bahnstrecke Burg-Vegesack. Er wurde zwischen 1908 und 1909 gebaut, weil immer mehr Ausflügler die "Bremer Schweiz" besuchten und die Fahrgastzahlen damit stiegen. 1975 musste das Jugendstil-Bahngebäude dem Ausbau der B 74 weichen.

    Bild- und Textquellen: Heimatverein Lesum

  • Und wie so oft, nachdem der Findorffer mal wieder eine schlechte Nachricht geliefert hat, kommt der Heinzer mit einer, naja, Mäßigen. Es geht um eine unendliche Geschichte im Bremer Norden, das Hartmannstift. Bereits seit über 10 Jahren soll auf diesem Grundstück etwas passieren, aber es hakte immer wieder. Für Details müsste man einen Kenner der Bremen-Norder Politik fragen, das bin ich nicht, werde mich auch mit einer Wertung zurückhalten, auch wenn die Geschichte in Bremen-Nord ziemliches Kopfschütteln auslöst.

    Es geht um ein sehr großes Grundstück mit einem sehr gemischten Gebäudekomplex in der Gerhard-Rohlfs-Straße. Das Zentralgebäude wurde 1887 vom Aumunder (heute Ortsteil von Bremen-Nord) Wilhelm Hartmann als Asyl für Mittellose gestiftet und hatte später zahlreiche Funktionen der Kliniken in Bremen-Nord, zuletzt Gynäkologie und Geburtshilfe, die 1988 auszog. Bis 2010 wurde das Gebäude als Bauamt genutzt und steht seitdem leer.

    Zu Wilhelm Hartmann gibt es noch folgende Geschichte, die ich von (Wikipedia) habe: Er wanderte als 19jähriger nach England aus und kam dort zu einigem Reichtum, den er auch in seiner Geburtsstadt Vegesack spendete (u.a. für den Bau des Armenasyls, um das es hier geht). Aufgrund des Ersten Weltkriegs wurde er als "Engländer" zur Persona non grata, sein Porträt im Rathaus verhängt. Dies hat er seiner Heimatstadt nie verziehen und nach dem Krieg nie wieder einen Fuß nach Vegesack gesetzt und die Stadt auch nicht in seinem Testament erwähnt.

    Nun gut, das Hartmannstift, ein recht typischer norddeutscher Backsteingründerzeitbau, wurde im Laufe der Zeit mit den Funktionswechseln und Erweiterungen ziemlich verhunzt und sieht bei Google zur Zeit so aus, zunächst die Straßenansicht, etwas hinter Bäumen versteckt:

    Und aus der Luft:

    Man erkennt das vollkommen "Verbaute" an dem Komplex, rechts scheint ein Erweiterungsbau aus den 1930er (?) Jahren hingekommen zu sein, links einer aus den 60ern mit einem Flachdachzubau aus den 1980ern, ganz in der Mitte etwas verloren das ursprüngliche Hartmannstift. Vollkommen verhunztes Ding also, aber aber großer Garten wie typisch für Krankenhausbauten aus der Zeit.

    Endlich haben sich Investoren, Stadt und die städtische GEWOBA nun auf einen Umbau und Neubau von Wohnungen geeinigt. Dabei soll das ursprüngliche Gebäude von 1887 "freigestellt" (finde ich immer ein schönes Wort), also von allen An-, Um- und Erweiterungsbauten befreit werden. Das Gebäude soll zukünftig das Herzstück des "Quartiers" werden (auch so ein Modewort), flankiert von mehreren Neubauten. So soll das Ganze aussehen, Baubeginn ist tatsächlich schon Ende dieses Jahres:

    Weitere Visualisierung:

    (Quellen: Link zur GEWOBA-Homepage), Entwurf SchönbornSchmitz Architekten

    Und nun die uralte Frage: Ist das gut? Ist der Entwurf zu erdrückend für den Altbau? Wie findet Ihr die "Freistellung"? Das Spektrum der Meinungen hier wird natürlich groß sein, ich habe schon Angst vor dem Findorffer, der das natürlich auch zerreißen wird. Ich finde es ehrlich gesagt (und vielleicht wenig überraschend) gar nicht schlecht. Das prägende Gebäude, das im Moment fast gar nicht mehr erkennbar ist hinter An- und Vorbauten wird wieder sichtbar und (hoffentlich) auch ordentlich saniert, die Neubauten finde ich zwar etwas klobig, aber im Kern in Ordnung. Noch vor 10 Jahren hätte eine Neuplanung auch in einem vollständigen Abriss aller Bestandsbauten enden können, so zumindest meine Einschätzung. Und die Hängepartie hängt auch genau mit dem erst 2011 verhängten Denkmalschutz für das Hauptgebäude zusammen, hierdurch seien mehrere Investoren wohl abgesprungen. Manchmal lohnt sich Beharrlichkeit anscheinend doch.

  • Und wie so oft, nachdem der Findorffer mal wieder eine schlechte Nachricht geliefert hat, kommt der Heinzer mit einer, naja, Mäßigen.

    Und nun die uralte Frage: Ist das gut? Ist der Entwurf zu erdrückend für den Altbau? Wie findet Ihr die "Freistellung"? Das Spektrum der Meinungen hier wird natürlich groß sein, ich habe schon Angst vor dem Findorffer, der das natürlich auch zerreißen wird. Ich finde es ehrlich gesagt (und vielleicht wenig überraschend) gar nicht schlecht.

    Na, na, Heinzer, wer wird denn gleich Angst haben vor dem Findorffer, der beißt ja nicht, der will ja nur spielen.......

    In der Tat gefallen mir die Neubauten nicht, weil sie keine Walmdächer wie die Vorgängergebäude haben. Ich finde, diese passen einfach besser zum Ursprungsgebäude und erzeugen eine anders geartete Gesamt-Atmosphäre.

    Heinzer: "Man erkennt das vollkommen "Verbaute" an dem Komplex, rechts scheint ein Erweiterungsbau aus den 1930er (?) Jahren hingekommen zu sein, links einer aus den 60ern mit einem Flachdachzubau aus den 1980ern, ganz in der Mitte etwas verloren das ursprüngliche Hartmannstift. Vollkommen verhunztes Ding also, aber aber großer Garten wie typisch für Krankenhausbauten aus der Zeit."

    Also, mir gefällt "das vollkommen "Verbaute" an dem Komplex" besser als der Neuentwurf. Ich finde es durch die Verwendung der Dächer und die Vielgestaltigkeit schöner als die neuen, auf mich recht gleichförmig wirkenden Gebäude, bei denen die Klinker ein Plus sind. Der alte Komplex ist für mich deshalb kein "vollkommen verhunztes Ding", sondern sehr abwechslungsreich. Und mit den Walmdächern bestünde die Möglichkeit, noch mehr Wohnraum zu schaffen.

    Dazu noch eine Frage: wird der große Garten so wie beim Krankenhaus Mitte etwa auch bebaut? Bei 6 Neubauten ist das wohl zu befürchten und ich vermute, für den Erhalt des alten Hartmannsstifts ist der Preis, dass man die Gärten auch bebauen kann. Hoffentlich habe ich unrecht.

  • Hier nochmal eine Straßenansicht des Komplexes:

    Man kann den Altbau wie gesagt kaum erkennen, er ist nicht nur seitlich, sondern auch von vorne zugebaut. Und zumindest die beiden linken Anbauten halte ich für wirklich vollkommen misslungen. Den rechtsseitigen Anbau (hier abgeschnitten, oben erkennbar) hätte man von mir aus stehen lassen können, aber hierbei fällt mir schwer, einen Erhalt zu verteidigen.

    Zu den Neubauten sogar Zustimmung, irgendeine Form von echtem Dach hätte den Gebäuden gutgetan, ich finde auch die Fassaden etwas klobig und ungelenk, auch wenn man zumindest einen gewissen Gestaltungswillen nicht verhehlen kann. Trotzdem: auch hier ist das, was nun kommt, besser als 10 Jahre Verlotterung und Verwahrlosung und einen Erhalt des abgebildeten linken Flügels, zumindest aber dieses komischen 80er-Vorbaus in der Bildmitte, kann man aus meiner Sicht wirklich nicht schlüssig begründen.

  • Zustimmung auch von mir, Heinzer. Aus der Vogelperspektive wirkten die "Neubauten" nicht so schlimm, aber bei diesem Foto sieht man, was für ein Schrott da hingebaut wurde. Den Entwurf lieferten übrigens - Architekten.

    Warum aber kann man nicht den rechts liegenden Altbau entwickeln, im Dachgeschoss Wohnungen einbauen. Mich stört wirklich, dass die Architekten 1 Gebäude entwerfen und für 6 absolut gleich aussehende Gebäude kassieren. Und so dolle sind diese Klötze ja auch nicht, ästhetisch gesehen:

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  • Ich finde es ok, Schulnote: 3. Ich mag leider diese französischen Balkone nicht (heutzutage sind das ja nur ein paar Gitter, die vor bodentiefe Fenster gezogen werden) und die Flachdächer sind in der Tat ein Manko. Die kriegen ein Kieselbett oder ein paar Sukkulenten und das war es dann sogar schon mit der Nutzung - wenn man wenigstens was draus machen würde!

    Zumindest wird aber ein passender Klinker verwendet und die Fassade ist nicht bar jeglichen Gestaltungswillens - es sind ein paar Vertiefungen an den Fenstern erkennbar sowie ein horizontaler Fries. Die Architekten können das ja, wenn sie wollen, siehe etwa das Gebäude der Bremer Landesbank, dessen Fassade eine gewisse Tiefe hat. Davon wünsche ich mir einfach mehr, dann kann ich auch mit moderner Architektur leben.

  • Ja, das ist doch mal differenziert - ich bin jetzt auch nicht begeistert von den Entwürfen. Ich finde aber diese Geschichte einfach beispielhaft dafür, was in unserem Lande täglich passiert. Am Ende bleiben bei den meisten Leuten verschiedenen Graustufen, nur ganz wenige würde zu dieser Planung in radikale Fundamentalopposition gehen und sich vor dem Gebäude anketten - oder umgekehrt vor Freude in die Luft springen.

    Dies ist die Realität, mit der wir uns beschäftigen müssen. Was macht man mit Grundstücken, auf denen es seit 10 Jahren nicht vorangeht und die zu Kernen von Verwahrlosung führen? Wie lange ist man bereit, für Maximalpositionen einzustehen und Kompromisse zu verhindern? Wieviel Opposition gegen Investoren ist sinnvoll, ab wann wird es schädlich für einen Standort? Was ist "Verrat" an der Sache, was einfach Realpolitik?

    Genau diese Fragen muss sich unsere Gesellschaft stellen. Es mag zwar vielleicht moralisch erleichternd sein, immer mit Maximalpositionen anzutreten, aber das würde zu Ende gedacht einfach nur zu einem Einbruch an Investitionen führen. Dann stünde so ein Gelände eben nochmal 10 Jahre leer, irgendwann würde dann die Stadt die Abbruchgenehmigung für den ganzen Komplex erteilen aus der Not heraus, damit überhaupt irgendwas passiert. Man bemerke, dass in dieser auch sozioökonomisch nicht einfachen Lage nun die kommunale GEWOBA als Co-Investor oder Abnehmer der Wohnungen auftritt und kein privater Investor, einfach weil die nötigen Investitionssummen sonst angesichts der Auflagen des Denkmalschutzes wohl nicht privat zusammengekommen wären oder eine gewisse Garantie nötig war von staatlicher Seite.

    Ich sage: Kommunalpolitik ist schwierig, ich beneide die Leute nicht, die sich in den Ortsbeiräten engagieren und ständig den Spagat zwischen bisweilen überzogenen Erwartungen der Öffentlichkeit und den bescheidenen Einflussmöglichkeiten dieser Organe durchstehen müssen. Dann müssen sie sich noch online beschimpfen lassen, weil irgendeinem Anwohner nicht gefällt, dass gegenüber gebaut wird. Ein paar markige Sprüche sind schnell gesagt, die Realität in den Untiefen der kommunalen Politik etwas komplexer und graustufiger.

  • Die Ortsbeiräte haben bei uns eigentlich ziemlich wenig zu sagen. Die tagen einmal im Monat, können vor allem nur Anregungen an den Magistrat geben. Das war es. Auch die Stadtverordneten bekommen meist fertige Pläne vorgelegt, müssen diese dann eben studieren und zu ihrem Urteil/Votum im Stadtparlament finden. Wenn sie der Opposition angehören, also der parlamentarischen Minderheit, spielt das Votum für die Entscheidung aber letztlich keine Rolle, da sich die Regierungsfraktionen meist ohnehin vorher abgesprochen haben. Die hauptsächliche Arbeit macht die städtische Verwaltung. Und die wird dafür schließlich gut bezahlt. Und die Öffentlichkeit hat in der Regel keine überzogenen Erwartungen, sondern interessiert sich für die meisten Bauprojekte nicht die Bohne. Dass das bei Anwohnern natürlich anders aussieht, ergibt sich aus deren persönlicher Interessenlage.

  • Aber, Heinzer, was sind Maximalforderungen? Der Begriff an sich zielt ja schon auf eine eine Ablehnung. Maximalforderungen, das gehört sich nicht, ist übertrieben und unanständig. Ist nicht die Existenz von Stadtbild Deutschland mit seinem Rekonstruktonsansinnen für die Städte eine Maximalforderung? Maximalforderungen können auch sinnvoll sein, wenn man das Mindeste erreichen will.

    Was also sind im Zusammenhang mit dem Hartmannstift Maximalforderungen? Etwa, dass Walmdächer das positive Aussehen der Gebäude mehr begünstigt als Flachdächer und dem Investor mehr Fläche, Kohle bringt? Oder dass sechs Mal der gleiche Bauriegel ökonomisch OK ist, aber nicht ästhetisch?

    In der Galerie schrieb ich:

    Was mich immer wieder an dieser Architektur in den Schwachhauser Seitenstraßen so fasziniert, ist die Fähigkeit der Architekten damals, eine ganze Straße beidseitig im gleichen Stil zu entwerfen, aber jedes Haus ist anders gestaltet. Dieses Talent haben die heutigen Architekten nicht mehr. Wären sie vor die gleiche Aufgabe gestellt, sie würden grandios scheitern. Hinzu kommt, dass bei der gegenwärtig dominierenden "Architektursprache" sowieso kaum Möglichkeiten bestehen, eine so abwechslungsreiche, vielfältige und auf Schönheit ausgerichtete Straße zu entwerfen.

    MAK gefiel das SUPER! Jedes Haus anders gestalten. Eine Maximalforderung, ein Problem für die Architekten?

    Wie mir zu Ohren kam, werden im Bereich des Krankenhausgartens 50 (FÜNFZIG) Bäume gefällt, um die 6-Riegel-Bebauung zu realisieren. Meine Maximalforderung: Das darf einfach nicht passieren. Vor allem nicht, wenn das Bauressort nun in der 4. Legislaturperiode von der Partei Die Grünen besetzt wird. Aber was interessiert das diese Partei, die ich 25 Jahre gewählt habe und die sich von ihren Wurzeln immer mehr entfernt: Siehe Krankenhaus Mitte und die Fällung von 300 großen Bäumen für ein Bauprojekt, siehe die vorgesehene 2 Km-Fällung von Platanen am Weserdeich. DIE GRÜNEN werben, zumindest in Bremen, mit Klima-, Natur- und Umweltschutz, verhalten sich aber in dem von ihnen besetzten Bauressort kontraproduktiv. Sie haben sich zur theoretischen grünen Marke entwickelt, in der Realität ist davon aber wenig übrig geblieben. Grünes Bewußtsein muss politisch nicht unbedingt mit grünem Verhalten kompatibel sein. Sie meine Beispiele, die sich noch erweitern lassen.

    Aber mir ist natürlich klar, da können wir unsere verschiedenen Positionen noch so austauschen: der Drops, wie man in Bremen sagt, ist gelutscht. Ob wir das gut oder schlecht finden.

  • Wer glaubt, dass jeder einzelne Baum in einer Stadt heilig ist, versteht etwas anderes unter Stadt als ich. Es werden ja für jeden gefällten Baum locker zwei neugepflanzt. Auch auf dem Krankenhausgelände wurde sich extreme Mühe gegeben, möglichst alle Interessen unter einen Hut zu bekommen, eine riesige Bürgerbeteiligung in einem Prozess, der bundesweit als beispielhaft gegolten hat und sich über mehr als ein Jahrzehnt hingezogen hat, Bestandsschutz für eine ganze Menge Altbauten, gleichzeitiger weitestmöglicher Erhalt der Vegetation.... ich weiß wirklich nicht, was man da noch anders hätte machen sollen angesichts des Vermarktungsdrucks, den auch die GENO hatte bedingt durch die Querfinanzierung des Klinikneubaus durch die Grundstückserlöse. Alternativ hätte man die GENO privatisieren können, so wie es viele andere Städte mit ihren kommunalen Kliniken gemacht haben vor 10, 15 Jahren, dann hätte der Wind aber nochmal rauer geweht auf dem Grundstück.

    In vielen anderen Städten wäre das Grundstück einfach vertickt worden und da stünden nun schöne WDVS-Würfel, alles vollgeknallt. Dass es nicht so gekommen ist, dass Baugruppen Platz fanden und wie gesagt viele der Altbauten eine Perspektive erhalten haben, liegt an den Bürgern, die sich engagiert haben und gerungen haben mit der Gesundheit Nord und der Stadt. Natürlich kann man nun hingehen und sagen, alles Schrott. Aber damit entwertest Du letztlich die vielen Menschen, die sich über Jahre dort in der Bürgerbeteiligung engagiert haben und die -zumindest von dem, was ich höre- durchaus zufrieden sind mit dem Erreichten. Der "Aufrechte" wird nun sagen, "die haben sich kaufen lassen", alles Establishment, solche Leute brauch ich nicht - aber Politik ist nicht, dass eine Seite alleine diktiert, wie es zu laufen hat, sondern eben Interessenausgleich, Zielkonflikte erkennen und lösen. Ich freue mich als (erweiterter) Nachbar auf den neuen Stadtteil, der auf dem Klinikgelände entsteht und werde ihn kritisch im Entstehen begleiten. Gesichert wurde zuletzt die ehemalige Kinderklinik, die unter der Ägide der GEWOBA nun in Wohnungen und Büros umgebaut werden soll:

    Alte Kinderklinik - GEWOBA

    Von der Seitenlinie meckern kann jeder. Auch in solchen Gremien kann man natürlich mit irgendwelchen Traumforderungen starten, also meinetwegen alles unter Preis an Bürgergruppen verschachern, Neubausperre, kein Baum darf gefällt werden. Aber auch die andere Seite hat legitime Interessen und möchte diese gewahrt sehen. Nicht zuletzt haben wir alle als Bürger Interesse an bezahlbarem Wohnraum für möglichst viele, gerade auch in den "guten" Gegenden, zu denen die Östliche Vorstadt nunmal zählt. Jetzt hinzugehen, Wohnungen sind ja gut und schön, aber bitte nicht hier, kann es auch nicht sein. Dann wandern eben noch mehr Menschen ins Umland ab und zahlen ihre Steuern in Niedersachsen.

    Wie gesagt, da kommen wir wirklich nicht zusammen. Ich habe manchmal den Eindruck, Du möchtest eine vollkommene Veränderungssperre für alles. Dann würde in Bremen einfach gar nichts mehr passieren und allenfalls auf grünen Wiesen in Niedersachsen noch Wohnungen gebaut. Sogar an dem unfassbar hässlichen fast noch postbrutalistischen Bundesbankgebäude in der Kohlhökerstraße hängst Du, nur weil Du keine Neubebauung von Wohnungen in dem Bereich willst und obwohl der Neubau mittlerweile soweit gestutzt wurde, dass er fast gleich hoch ist wie der Bestandsbau. Das ist auch das Verdienst der Bürgerinitiative dort, wobei bei mir da immer ein schaler Nachgeschmack bleibt, wenn die maximal etablierten Herren Anwälte, Lehrer und Ärzte aus der Kohlhökerstraße in ihren millionenschweren Altbauten nun an ihre Spontizeiten zurückdenken und dringend nötigen Wohnungsbau im Ostertor verhindern. Vielleicht wähl(t)en diese Leute auch die Grünen, aber ich bin froh, dass die Grünen etwas realistischer geworden sind. Im Prinzip finde ich die Fundamentalopposition gegen Neubauten in etablierten Wohngebieten, das NIMBYtum, wirklich unverständlich. Im Prinzip ist dieser Konflikt ein kleiner Krieg der Besitzenden gegen die Nichtbesitzenden.

    Entsprechend wenig Resonanz hat die BI dann erfreulicherweise im Viertel auch erreicht. Es gab keine echte Stimmung gegen den Abriss der Bank, dann hätte es im Viertel vollkommen anders ausgesehen. Abgesehen von ein paar Postern mit einem vollkommen übertrieben hässlichen und hohen Hochhaus habe ich von der ganzen Geschichte nicht viel wahrgenommen und die meisten Leute, mit denen ich gesprochen habe, u.a. einem Pärchen aus der Kohlhökerstraße, das ich von der Arbeit kenne, sind eher froh, dass der hässliche und tote Klotz da wegkommt.