Mobilität und Städtebau

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    mdr.de/wissen/fahrrad-statussymbol-fuer-bildung

    Die vielleicht wichtigste Studie zum Thema Mobilitätswende / Rad !

    "...Vielleicht ist es auch der innere Trieb der Gelehrten, ihre Mitmenschen zu belehren. Mit dem Finger zu zeigen – auf sich als gutes Vorbild, auf andere, die noch die vergangene Welt des motorisierten Individualverkehrs leben."

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  • Dazu passend ein Artikel aus der "Zeit" von heute, in dem über eine umfassende empirische Studie berichtet wird: "Das Fahrrad ist zum Statussymbol der Gebildeten geworden" (momentan mit Paywall). Offenbar findet die erforderliche Änderung im Besitzdenken bereits statt!

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    - Akademiker sähen keinen Nutzen darin, durch ein Auto "Kaufkraft" zu demonstrieren, da sich ihresgleichen damit ohnehin nicht beeindrucken ließen

    - Kinder von Höhergebildeten wachsen deutlich öfters in Familien auf, in denen viel Rad gefahren wird, und übernehmen die Gewohnheiten beim Heranwachsen

    Wir haben im Osten sehr schnell lernen müssen, dass das Fahrrad ein Sportgerät ist. Ob diese Entwicklung positiv zu sehen ist, muss eine Gesamtbilanz zeigen. Was bisher schnell und leicht im Kofferraum transportiert wurde, muss bei Radlern separat bewegt werden. Besonders in Online-Zeiten hat die Zahl der Lieferfahrzeuge gewaltig zugenommen. Kein Wunder, wenn selbst kleinste Objekte in riesigen Kartons versandt werden. Die Geduld der Auslieferer hält sich auch gewaltig in Grenzen. Soweit überhaupt noch geklingelt wird, landet bei Abwesenheit der Abholzettel im Briefkasten. Und spätestens dann wird der eigene PKW gebraucht.

  • die Zunahme ist fast ausschließlich auf eine Verhaltensänderung von Menschen mit Abitur zurückzuführen, insbesondere von Städtern mit Abitur

    Da ist etwas dran. Nun bewege ich mich fast nur unter Akademikern, aber tendenziell lässt sich für mich da erkennen, dass die einkommenstarken Leute, die dann noch eine Affinität für "grün" haben (auch Leute aus den pädagogischen Berufen), öfter das Fahrrad benutzen. Die dicksten Schlitten hingegen sehe ich bei Leuten aus nicht-akademischen Schichten, also Leuten von "unten", die "es geschafft haben", Handwerker oder Gastronomen mit Angestellten beispielsweise. Die fahren gerne mit dem dicken Pickup herum, die Frau hat als Zweitwagen einen SUV. Auch bei Migranten ist das Fahrradfahren wenig angesagt. Sofern sie sich ein Auto leisten können. Ich habe da ein paar Migranten im Bekanntenkreis, die in der Regel auch Akademiker sind, die mir nicht als Fahrradfahrer bekannt wären. Mit der Bahn fahren sie aber schon. Ausnahme sind natürlich jene Einwanderer, die ganz unten auf der sozialen Leiter stehen, also kein Geld für ein Auto haben. Ich sehe zum Beispiel ziemlich viele junge Afrikaner bei uns mit Rädern herumflitzen.

    Gleichwohl haben die besagten deutschen Akademiker zumeist doch ein Auto. Das heißt, wie ja bei allen Dingen für diese Leute, sie sind nicht dazu gezwungen. Es ist also purer Lifestyle. Sie könnten jederzeit, wenn es ernst wird (Pandemie, Sicherheitslage, Paket abholen usw.... ) wieder auf das Auto umsteigen. Interessant wird es, wenn diese Schicht zunehmend in soziale Bedrängnis kommen sollte.

  • Gleichwohl haben die besagten deutschen Akademiker zumeist doch ein Auto. Das heißt, wie ja bei allen Dingen für diese Leute, sie sind nicht dazu gezwungen. Es ist also purer Lifestyle. Sie könnten jederzeit, wenn es ernst wird (Pandemie, Sicherheitslage, Paket abholen usw.... ) wieder auf das Auto umsteigen. Interessant wird es, wenn diese Schicht zunehmend in soziale Bedrängnis kommen sollte.

    Ist das so? Wer sind denn die etwa 40% Haushalte, die in Städten wie Köln, München, Berlin und Hamburg auf Autos ganz verzichten?

    Hier in meinen Hamburger Umfeld besitzen die wenigsten noch ein eigenes Auto. Wenn Waren online bestellt werden, wird darauf geachtet, dass das Lieferproblem nicht auftritt (- Abgabe bei Nachbarn, Lieferung an Tagen, bei denen man selbst im Homeoffice arbeitet, begrenzte Bestellmengen etc.).

    Natürlich ist Verzicht auf Autofahrten bzw. Autofahren an sich bei Akademikern eine Frage des Lebensstils und keine durch Geldmangel bedingt Notwendigkeit. Aber warum sollte man diesbezüglich die Sichtweise ändern, wenn das Einkommen schrumpft?

    Ausgenommen: Man braucht jobbedingt ein Auto - aber das ist ein anderes Thema.

  • Städte sollten sich in soweit umbauen, dass man mit folgendem Transportgerät sich gerne und sicher bewegt. Das ist noch ein ganz weiter Weg in Deutschland, denn da müssen dann eigentlich Maßstäbe wie beim Auto ran: maximale Krümungsradien von Fahrradwegen, getrennte Spuren, Mindestbreite von Fahrradspuren, grüne Wellen bei Ampeln, Hirarchien verschiedener Fahrradstrecken, z.B. weite Pendlerfahrradautobahn, Standards gegen Bodenunebenheiten (wie abgesenkte Bordsteine, bei denen Fahrradwege dann oft runter sacken und dann wieder hoch springen), Standards, sodass ein Fahrradweg nicht einfach überraschend enden kann usw.

    Hier beispielhaft die Gefährte, auf die man sich einrichten sollte, wenn man es ernst meint mit Auto in Bereichen unnötig machen zu wollen, von kleinst, nach groß:

    http://ecx.images-amazon.com/images/I/311L96sDpUL.jpg

    https://fudder.de/wie-fuenf-frei…-102088451.html

    https://amladcykler.dk/produkt/long-john/

    https://velogut.de/carla-cargo-lastenanhaenger/

  • Ist das so? Wer sind denn die etwa 40% Haushalte, die in Städten wie Köln, München, Berlin und Hamburg auf Autos ganz verzichten?

    Teils.

    Die meisten Studenten haben kein Auto. Der Studentenanteil in Frankfurt, obwohl keine klassische Studentenstadt, liegt offenbar schon mal bei 9 Prozent der Bevölkerung. Dann gibt es auch noch sehr arme Leute, die sich kein Auto leisten können, darunter relativ frische Einwanderer, Reinigungskräfte, kleine Arbeiter usw. Insofern kommen vermutlich schon 40 Prozent irgendwie zusammen.

    Ich kenne - um die Akademiker zu nennen - einige Innenstadtbewohner, Pädagoginnen, alleinstehend, Single-Haushalt, in der Regel nur von zeitlich begrenzten Maßnahmen lebend. Die haben kein Auto.

    Sobald da aber Kinder im Spiel sind und das Einkommensverhältnis steigt, haben die alle ein Auto. Häufig Firmenwagen.

    Ein Kumpel von mir hatte sein Auto abgeschafft. Nun kam das zweite Kind. Da trotz guten Einkommens von beiden es in Frankfurt schwierig ist, eine 4-Zimmer-Wohnung zu einem vernünftigen Mietpreis zu bekommen, sind sie ins Umland (eine Nachbargemeinde, Luftline ca. 1 Kilometer von der Frankfurter Stadtgrenze) gezogen. Da gibt es noch gelegentlich für solche Leute bezahlbare Wohnungen in einer Größe und Ausstattung, so dass die innerstädtischen Bekannten meines Kumpels ins Staunen kommen. Nun wurde aber umgehend als erstes wieder ein Auto angeschafft.

  • Da fehlt noch eine überdachte Variante, sonst sind die Pakete zuhause durchgeweicht. Der Fahrer kann ja zur Not im Regenmantel fahren.

  • Da fehlt noch eine überdachte Variante, sonst sind die Pakete zuhause durchgeweicht. Der Fahrer kann ja zur Not im Regenmantel fahren.

    Nicht böse gemeint - aber das ist jetzt doch nicht Dein Ernst, oder?

    Wir reden über Städte! Die Distanzen zur nächsten Packstation oder zum nächsten Paketshop betragen hier meist nur ein paar 100m, und wenn es ganz, ganz schlimm kommt vielleicht mal 1,5 km. Solange es nicht grad aus Kübeln schüttet, sind ein paar Minuten Transport auch bei Regen kein Problem - und, wie gesagt, mit etwas Organisation kann man meist vermeiden, dass es überhaupt dazu kommt.

    Irgendwie erscheinen mir die hier diskutierten Probleme beim Verzicht aufs eigene Auto praxisfern und konstruiert. Wir haben trotz Nachwuchs kein Auto - und das geht mit etwas gutem Willen im Alltag ohne Schwierigkeiten.

    Das einzige echte Manko sehe ich bei Ausflügen mit kleinen Kindern. Dabei gibt es wirklich Nachteile und spürbare Einschränkungen, wenn man z.B. Ziele im Umland ansteuern will, die per ÖPNV kaum erreichbar sind,

  • Die Geduld der Auslieferer hält sich auch gewaltig in Grenzen. Soweit überhaupt noch geklingelt wird, landet bei Abwesenheit der Abholzettel im Briefkasten. Und spätestens dann wird der eigene PKW gebraucht.

    Wieso? Die Mehrzahl unserer Pakete lässt sich ohne Problem in einer Fahrradtasche transportieren und für etwas Sperrigeres nehme ich dann den ausrangierten Kinderanhänger, in den überraschend viel passt. Ist übrigens auch regendicht ;), ein weiteres Thema, dass Dich ja anscheinend sehr umtreibt, obwohl ich dabei bleibe, dass es extrem selten problematisch stark regnet ausgerechnet bei den üblichen Fahrradfahrten zur Arbeit oder für so etwas. Das letzte Mal eine Regenhose habe ich im letzten Sommer bei einem Gewitter getragen, das letzte Mal nervig nass (also nicht nach 20 min drin wieder ganz normal) war meine Hose vielleicht vor 4 Monaten. Klar, ne wasserdichte Jacke muss man eben tragen. Und ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit. Einzig nachmittags habe ich ein wenig Flexibilität, meine Rückkehr etwas zu timen und auch mal einen Schauer abzuwarten. Das habe ich im letzten Jahr vielleicht 2x machen müssen. Morgens muss ich raus, ohne Verhandlungsspielraum. Extrem, wirklich extrem selten, dass es da mal stark regnet.

    Das Thema problematischer Niederschlag während Fahrradfahrten ist in einem Großteil des Landes wirklich eine Rarität und wird eine noch größere, wenn man einen Job mit Gleitzeit hat und auch mal 20 min warten kann. Mag sein, dass es in den Regen- und Staulagen des Landes an den Mittelgebirgen oder am Alpenrand öfter mal echte Dauerregenlagen gibt oder eben im Sommer wesentlich öfter Starkregen, dass es da anders aussieht. Für den als "verregnet" geltenden Nordwesten kann ich wirklich sagen, dass das kein echtes Problem bzw. sogar eine absolute Rarität ist, wenn man nicht aus Zucker ist.

  • Wir haben trotz Nachwuchs kein Auto - und das geht mit etwas gutem Willen im Alltag ohne Schwierigkeiten.

    Das ist unbestritten.

    Es ging mir nur darum auszusagen, dass Du vermutlich, wenn sich die Umstände ändern, auch von heute auf morgen umsatteln könntest. Insofern ist der Verzicht auf ein Auto Deine freie Entscheidung, Dein selbst gewählter Lifestyle, weil Du in keiner Not bist. Du benötigst es schlicht nicht und sparst dadurch womöglich noch Geld.

    Du könntest aber vermutlich jederzeit anders, wenn der Verzicht auf ein Auto Dir zu unkomfortabel werden sollte. Das kann bereits durch einen Unfall passieren, der es Dir oder Deiner Frau unmöglich macht, Fahrrad zu fahren, man aber regelmäßig zum Arzt oder zur Arbeit transportiert werden muss. Um nur ein Beispielszenario zu nennen.

    Und ganz anders sähe es dann aus, wenn Du in eine Notlage kämst und Dir dann kein Auto leisten kannst oder es keinen Stellplatz mehr in der Nähe gibt. Und Car Sharing kostet auch etwas.

  • Nicht böse gemeint - aber das ist jetzt doch nicht Dein Ernst, oder?

    Wir reden über Städte! Die Distanzen zur nächsten Packstation oder zum nächsten Paketshop betragen hier meist nur ein paar 100m, und wenn es ganz, ganz schlimm kommt vielleicht mal 1,5 km. Solange es nicht grad aus Kübeln schüttet, sind ein paar Minuten Transport auch bei Regen kein Problem - und, wie gesagt, mit etwas Organisation kann man meist vermeiden, dass es überhaupt dazu kommt.

    Irgendwie erscheinen mir die hier diskutierten Probleme beim Verzicht aufs eigene Auto praxisfern und konstruiert. Wir haben trotz Nachwuchs kein Auto - und das geht mit etwas gutem Willen im Alltag ohne Schwierigkeiten.

    Das einzige echte Manko sehe ich bei Ausflügen mit kleinen Kindern. Dabei gibt es wirklich Nachteile und spürbare Einschränkungen, wenn man z.B. Ziele im Umland ansteuern will, die per ÖPNV kaum erreichbar sind,

    Ich weiß, wovon ich schreibe! Ich wohne nicht im Zentrum. In meiner Schulzeit war ich täglich in summa 4 Kilometer mit dem Fahrrad unterwegs, oft in Regenkleidung. Damals waren Autos hier noch Mangelware. Mein größter Wunsch war damals , im Trockenen zu sitzen. Heute warte ich natürlich, bis der Regen nachgelassen hat. Damals ging das nicht. Heute ist meine nächste Packstation ca. 2km entfernt. Und gestern reichte ein Regenschauer vom Aussteigen bis zum Unterstellen, um das Paket völlig zu durchnässen. Und da bei den meisten Bestellungen statt einer regelmäßig zwei bis drei Einzellieferungen ankommen, vervielfacht sich das Problem. Also mir kann kein Radfahrer etwas über das Radfahren erzählen! Es ist gesund, aber mehr nicht!

  • Du könntest aber vermutlich jederzeit anders, wenn der Verzicht auf ein Auto Dir zu unkomfortabel werden sollte. Das kann bereits durch einen Unfall passieren, der es Dir oder Deiner Frau unmöglich macht, Fahrrad zu fahren, man aber regelmäßig zum Arzt oder zur Arbeit transportiert werden muss. Um nur ein Beispielszenario zu nennen.

    Ich empfinde da einfach anders. Das fängt schon damit an, dass ich mich so lange nicht mehr ans Steuer eines Autos gesetzt habe, dass ich keine Übung mehr habe. Ich müsste jetzt erst mal ein paar Fahrstunden nehmen, um nicht zur Gefahr für Dritte oder mich selbst zu werden. Die Vorstellung, plötzlich auf Grund irgendwelcher Umstände wieder Auto fahren zu müssen, ist für mich mangels Routine stressig und irgendwie unangenehm.

    Völlig unvorstellbar wird die Idee für mich, wenn ich noch die Faktoren Alter und Krankheit hinzunehme. Aber wozu auch? Die Supermärkte liefern hier auf Wunsch nach Hause. Die Entfernung zum nächsten Arzt entspricht in etwa der zur nächsten Parkmöglichkeit.

    Außerdem gibt es Taxis - und hoffentlich, wenn es soweit ist, auch autonom fahrende Autos als Shared Service. Aber selbst wenn nicht: Alleine für das, was ein eigenes Auto monatlich kostet zuzüglich der verteilten Anschaffungskosten, könnte man sich alle paar Tage einmal quer durch Hamburg kutschieren lassen.

  • Wieso? Die Mehrzahl unserer Pakete lässt sich ohne Problem in einer Fahrradtasche transportieren und für etwas Sperrigeres nehme ich dann den ausrangierten Kinderanhänger, in den überraschend viel passt. Ist übrigens auch regendicht ;), ein weiteres Thema, dass Dich ja anscheinend sehr umtreibt, obwohl ich dabei bleibe, dass es extrem selten problematisch stark regnet ausgerechnet bei den üblichen Fahrradfahrten zur Arbeit oder für so etwas. Das letzte Mal eine Regenhose habe ich im letzten Sommer bei einem Gewitter getragen, das letzte Mal nervig nass (also nicht nach 20 min drin wieder ganz normal) war meine Hose vielleicht vor 4 Monaten. Klar, ne wasserdichte Jacke muss man eben tragen. Und ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbei..t. Einzig nachmittags habe ich ein wenig Flexibilität, meine Rückkehr etwas zu timen und auch mal einen Schauer abzuwarten. Das habe ich im letzten Jahr vielleicht 2x machen müssen. Morgens muss ich raus, ohne Verhandlungsspielraum. Extrem, wirklich extrem selten, dass es da mal stark regnet.

    Bei uns sieht es etwas anders aus (klimadaten):

    "Dessau-Roßlau's Klima wird als warm und gemäßigt klassifiziert. Der Niederschlag in Dessau-Roßlau ist hoch, auch während dem trockensten Monat. Cfb lautet die Klassifikation des Klimas nach Köppen und Geiger. Die Temperatur liegt in Dessau-Roßlau im Jahresdurchschnitt bei 10.5 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt 646 mm."

    Und wenn man in voller Montur am Arbeitsplatz ankam, war man auch darunter nassgeschwitzt. Eigentlich wäre jedesmal eine Volldusche nötig. Aber die kostet Zeit.

  • Die Entfernung zum nächsten Arzt entspricht in etwa der zur nächsten Parkmöglichkeit.

    So müsste es überall sein, Helge.

    Hier in Bayern (Nürnberg ist 30 km von meinem Wohnort entfernt) wäre das Leben mit Kindern undenkbar. Nicht, weil wir nicht überleben könnten, sondern weil meine Kinder komplett sozial isoliert wären. Die ganzen Aktivitäten mit Freunden (Verein, Spiele...) sind nur mit dem Auto machbar. Ich müsste auch jeweils einen Urlaubstag nehmen, um für meine Kinder den Kieferorthopäden/Kinderarzt zu erreichen... etc.

    Das Traurige ist, dass ich direkt an einer stillgelegten Bahntrasse wohne. Sie fuhr damals über Land über alle Dörfer in die nächstgrößere Stadt nach Neumarkt. Schade, dass man nie auf den Gedanken kam, sie wiederzubeleben

    Stattdessen fokussiert man in Bayern Umgehungsstraßen mit Kreiseln, da sich die Dorfbewohner durch den zugenommenen Durchgangsverkehr gestört fühlen. Deshalb wurden zusätzlich breite Straßen in die Landschaft gebaut, mit Ausfahrten links und rechts, um zu den jeweiligen Dörfern zu gelangen.

    Beauty matters!

  • Bei uns sieht es etwas anders aus (klimadaten):

    "Dessau-Roßlau's Klima wird als warm und gemäßigt klassifiziert. Der Niederschlag in Dessau-Roßlau ist hoch, auch während dem trockensten Monat. Cfb lautet die Klassifikation des Klimas nach Köppen und Geiger. Die Temperatur liegt in Dessau-Roßlau im Jahresdurchschnitt bei 10.5 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt 646 mm."

    Und wenn man in voller Montur am Arbeitsplatz ankam, war man auch darunter nassgeschwitzt. Eigentlich wäre jedesmal eine Volldusche nötig. Aber die kostet Zeit.

    Wirklich und ganz ehrlich: Dann leben wir in zwei völlig verschiedenen Welten. Millionen Deutsche radeln jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit, vom Monteur zum Anzugträger. Wie schaffen die das bloß, bei all dem Regen und der brutalen Hitze unter den ganzen Regenjackenschichten?

    Es ist vollkommen in Ordnung, nicht mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Es gibt dafür medizinische Gründe und persönliche Gründe, es geht mich einen Sch...dreck an, warum Du meinst, nicht mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren zu können. Aber diese Wettergeschichte ist wirklich, wirklich arm und extrem leicht widerlegbar. In Finnland fahren Kinder (!) den ganzen Winter durch (!) trotz hoher Schneedecken und eisiger Minustemperaturen (!) mit dem Fahrrad zur Schule. Sogar in Schottland fahren in den Städten viele Leute mit dem Fahrrad zur Arbeit.

    Und im eher trockenen Übergangsklima Sachsen-Anhalts soll das allen Ernstes wegen des vielen Regens nicht möglich sein? Leg ne andere Platte auf.

    Nochmal: Es gibt ganz viele individuelle Gründe, warum dies oder jenes nicht geht. Oma braucht einen leicht erreichbaren Parkplatz, wenn sie in der Innenstadt einkaufen geht - ist doch klar. Ein Handwerker ist auf gute Erreichbarkeit aller Bereiche der Stadt auch mit dem Auto angewiesen, ja. Vielleicht geht in Dessau nicht, was in tausenden anderen Städten des Landes möglich ist, ok.

    Aber all diese Einzelschicksale können nicht die schlichte Tatsache widerlegen, dass in Zukunft der Anteil an Fahrradfahrern am sogenannten Modal Mix weiter zunehmen wird, weil es nämlich verdammt viele Gründe FÜR und verdammt wenig Gründe GEGEN Fahrradfahren gibt als Alltagsfortbewegungsmittel. Man holt nicht jeden Tag sperrige Pakete ab, kauft nicht jeden Tag einen Kühlschrank und es gibt auch nicht jeden Tag morgens Gewitter - aber hier wird in puncto Fahrrad immer aus der Warte eines gehbehinderten Haushaltsgeräteliebhabers argumentiert, der im Regenwald lebt.

  • Franka Vielleicht darf man da wirklich nicht Stadt und Land vermischen, sonst kann man gerade Schlussfolgerungen bezüglich Fahrrad vergessen. Ich komme ursprünglich vom bayrischen Land, dort hat man eigentlich schon einiges gemacht fürs Fahrrad, wenn man die sehr limitierten Chancen einbezieht. So wurden und werden um das Mittelzentrum alle Orte mit neuen Fahrradwegen angeschlossen, die sogar häufig Beleuchtung erhalten. Auch haben die ganzen kleinen Städte der Region Fahrradkonzepte entwickelt und, zugegeben kleine, Verbesserungen in den Orten selbst vorangebracht. Das zeigt, Bewusstsein ist da. Es ist aber da eben, wie mit den Linienbussen. Die Nutzung ist relativ bescheiden. Das liegt mit Sicherheit daran, wie Du es beschrieben hast, dass man im Gegensatz zur Stadt eben nie ganz Wechseln kann. Deshalb halte ich es aber für wichtig diese Unterscheidung in der Diskussion zu treffen zwischen Stadt und Land. Da wäre für mich persönlich eine 20km Maximaldistanz eine realistische Größenordnung. Hat der ländliche Raum eine solche Zersplitterung, dass man mehr als diese Distanz pro Tag zurücklegen muss, macht vieles, was zum Fahrrad diskutiert wird keinen Sinn.

  • Wirklich und ganz ehrlich: Dann leben wir in zwei völlig verschiedenen Welten. Millionen Deutsche radeln jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit, vom Monteur zum Anzugträger. Wie schaffen die das bloß, bei all dem Regen und der brutalen Hitze unter den ganzen Regenjackenschichten?

    Es ist vollkommen in Ordnung, nicht mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Es gibt dafür medizinische Gründe und persönliche Gründe, es geht mich einen Sch...dreck an, warum Du meinst, nicht mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren zu können. Aber diese Wettergeschichte ist wirklich, wirklich arm und extrem leicht widerlegbar. In Finnland fahren Kinder (!) den ganzen Winter durch (!) trotz hoher Schneedecken und eisiger Minustemperaturen (!) mit dem Fahrrad zur Schule. Sogar in Schottland fahren in den Städten viele Leute mit dem Fahrrad zur Arbeit.

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    Zahl der Autos pro Haushalt nimmt zu: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/pkw…unahme-101.html "...In den privaten Haushalten ging der Trend in den vergangenen zehn Jahren offenbar allen Klimasorgen zum Trotz zum Zweit- oder Drittwagen" und weiter "...Gerade einmal rund 13 Prozent nutzten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes regelmäßig öffentliche Verkehrsmittel wie Bus, Straßenbahn, U-Bahn oder Zug für ihren Arbeitsweg. Jeder zehnte Erwerbstätige fährt regelmäßig mit dem Fahrrad zur Arbeit."

    Immer mehr Autos im Rhein-Main-Gebiet: https://www.fr.de/frankfurt/imme…t-90033465.html

    Immer mehr Autos in den Städten: https://www.tz.de/auto/stau-stad…r-90813189.html

    ...

  • Zitat von Tagesschau.de

    Fast die Hälfte aller Erwerbstätigen (48 Prozent) hat nach eigenen Angaben weniger als zehn Kilometer zum Arbeitsplatz zurückzulegen.

    Dies zeigt zwar, dass das Fahrrad hier wirklich Chancen hätte und es sich lohnen würde hier einen Wandel anzustoßen. Aber gleichzeitig heißt das umgekehrt, dass man womöglich auch falschen Darstellungen nachrennt und es keineswegs eine Bereitschaft bei den Menschen in Deutschland gibt, anderen Lösungen als dem Auto eine Chance zu geben (bei Betrachtung der Zahlen zur Autonutzung). Hier wäre es nicht undenkbar, dass der bekannte ,,Bio-Effekt" zu beobachten ist. Fragt man Konsumenten, was für Lebensmittel sie gerne kaufen, dann gibt ein erheblicher Teil an, dass sie gerne Bio kaufen oder zumindest auf gute Tierhaltung achten. Analysiert man aber deren echtes Einkaufsverhalten, so spiegelt sich dies nicht wieder. Gleiches kann man ja auch bei den Zahlen zu Flugreisen beobachten. Die Frage, die sich hier im Forum stellt, ist diese Verzerrrung gut oder schlecht für den Städtebau? Bei Betrachtung dieser Zahlen muss man Sorge bekommen, dass man womöglich zwar oberflächlich das tut, was sich alle ,,wünschen", aber dann in der Praxis die Menschen eben anders handeln und die Innenstadt dann z.B. deswegen stirbt.

    Andererseits kann man argumentieren, dass wenn die Menschen eigentlich wissen, dass anderes besser wäre, und es nur nicht durchgezogen bekommen, heißt das ja nicht, dass deshalb das vorgeblich genannte Ziel deshalb schlecht wäre oder gegen Bürgerwillen etwas durchgesetzt würde. Konkret also, dass Bio-Produkte z.B. Verbesserungen bringen für die Umwelt, unabhängig des Einkaufsverhaltens. Das würde wiederum heißen, dass die Verzerrung nur eine selbsterfüllende Prophezeihung darstellt. Weil sich viele Menschen einen besseren Umweltschutz wünschen, mehr Radwege, weniger Flüge, werden die Bedingungen in dieser Vorstellung politisch angepasst, sodass die vorher nur abstrakt geäußerte Entscheidungsmöglichkeit der Bürger sich in konkrete Realitäten weiterentwickelt.

  • Vielleicht darf man da wirklich nicht Stadt und Land vermischen, sonst kann man gerade Schlussfolgerungen bezüglich Fahrrad vergessen.

    Mein Beitrag war gar nicht mal so auf das Fahrrad bezogen. Sondern mit der Fragestellung, wie komme ich wo hin?

    Ich fahre sehr gerne Rad. Und tatsächlich habe ich mich während der Jobsuche damit befasst, wie ich am besten mit den Öffentlichen + Mitnahme eines Rads zu einem möglichen Arbeitsplatz hinkommen könnte. Als Pendler habe ich einfach keine Zeit eine Viertelstunde noch auf einen Anschlussbus zu warten. Ab dem Bahnhof möchte ich gerne mit dem Rad weiterfahren können.

    Aber wie Du schon gesagt hast:

    Das liegt mit Sicherheit daran, wie Du es beschrieben hast, dass man im Gegensatz zur Stadt eben nie ganz Wechseln kann.

    Gerade was eine mögliche Verkehrswende betrifft, bin ich nicht der Meinung Stadt und Land scharf zu trennen. Es sei denn man wohnt irgendwo in einem dünn besiedelten Gebiet oder wirklich sehr ländlich. In meiner Gegend gibt es genauso Staus, Verkehrschaos, schlechte Luft wie in einer Innenstadt (Fotos liefer ich noch nach). Erschwerend kommt hinzu, dass man regional sehr viele Einrichtungen abbaute und in die Stadt verlegte. Früher gab es z.B. ein Hallenbad in meinem Ort. Das Hallenbad wurde aus Kostengründen abgerissen (wobei es innen wunderschön mit Mosaik gefliest war). Das nächste Hallenbad ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erst wieder in Nürnberg (30 km) zu erreichen.

    Es wäre zu wünschen, wenn das Rad eine Renaissance erfahren würde. Mein Vater ist in den 50er Jahren nur mit dem Rad gefahren und hat sich in den Ferienzeiten ganz Deutschland angesehen (was davon übrig war). Muss eine tolle Zeit gewesen sein. ABER: man hatte damals auch nicht die große Konkurrenz von Autos auf den Straßen. Ich bewundere den Mut mancher Radfahrer, die es mit hochaggressiven Autofahrer auf irgendeiner dichtbefahrenen Landstraße aufnehmen. Respekt.

    Beauty matters!

  • Und im eher trockenen Übergangsklima Sachsen-Anhalts soll das allen Ernstes wegen des vielen Regens nicht möglich sein? Leg ne andere Platte auf.

    Der Grund ist in der Tat wohl kaum im Wetter von Sachsen-Anhalt zu suchen, denn in den eher feuchteren Niederlanden bewegen sich ganze Massen von Menschen wie selbstverständlich im Alltag mit dem Fahrrad. Warum dies hierzulande nicht funktioniert? Es ist einerseits die schlechte Infrastruktur für Fahrräder, andererseits unsere eigene Trägheit und Faulheit. Und da nehme ich mich nicht aus, obwohl ich leidenschaftlich gerne Fahrrad fahre, allerdings in der Freizeit und nicht im Alltag. Die Niederländer haben es dagegen seit Jahrzehnten im Blut, ihren Alltag auf zwei Rädern zu bewältigen. Es gehört zu ihrer Kultur. Und dafür beneide ich sie.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen