Mobilität und Städtebau

  • Heimdall hat schon recht, wenn er die Ödnis von Fußgängerzonen anspricht. Aber diese Ödnis ist auch nur Folge der Ideologie der autogerechten Stadt/Funktionstrennung nach der Charta von Athen. Nach dieser sollten Innenstädte Einkaufs- und Büroräume werden ohne oder mit möglichst wenig Wohnnutzung. Das führt zwangsläufig dazu, dass abends die Bürgersteige hochgeklappt werden in vielen gerade größeren Städten, in denen das Funktionstrennungkonzept besser durchgesetzt werden konnte oder weil die Altstädte weitgehend zerstört waren.

    Kein Mensch vermisst in der Göttinger Fußgängerzone Autos - weil dort noch sehr viele, zumal junge Menschen wohnen. Selbst die Haupteinkaufsstraße wird abends von Ausgehenden und Kneipenbesuchern bevölkert. Unsere großstädtischen reinen Geschäftsfußgängerzonen hingegen sind abends in der Tat tot und öde, man schaue sich mal die Obernstraße in Bremen nach Geschäftsschluss an. Hier würden Autos den Phantomschmerz etwas lindern, weil so zumindest etwas Leben einzöge.

    Deshalb bin ich (und eigentlich auch keiner, den ich kenne) für eine komplette Verbannung aller Autos aus den Städten. Es geht einfach um die Dosis, die das Gift macht. Und da kann eigentlich kein Zweifel an einer anhaltenden, massiven Überdosis bestehen in den meisten deutschen Städten.

  • Wie so oft macht es eine gesunde Mischung aus, wo das Auto nicht komplett verbannt, aber dem anderen Verkehr (Rad, Fußgehern) gleichgestellt bzw etwas untergeordnet wird.

    In Wien gibt es seit einiger Zeit sogenannte "Begegnungszonen", bei denen es keine Niveauunterschiede zwischen Geh- und Fahrweg gibt. Parken darf man dort nicht und halten nur in vorgegebenen Zonen. Für Wien eine wunderbare Lösung, da die Zufahrt zu Garagen (öffentlich und privat) oder den Lieferverkehr (Geschäftslokale) stets gegeben ist, aber der der nicht unbedingt in die Altstadt hinein muss der verzichtet dann darauf.

    Ein sehr gutes und gelungenes Beispiel die Wiener Herrengasse:

    https://www.clemenskirsch.at/begegnungszone-herrengasse/

  • Autos bringen überdurchschnittliche Verschmutzung in die Stadt, sind überdurchschnittlich an der Lärmentstehung in Städten beteiligt, lassen Stadträume ,,auseinanderfallen" und machen damit die europäische Stadt kaputt, und sie lassen durch ihren Platzanspruch und Materialeinsatz sehr hohe Kosten entstehen. Das alles trägt dazu bei für Arbeitnehmer mit Alternativen und Unternehmen weniger attraktiv zu sein, wenn es, die Betonung liegt auf wenn es, gelingt, ein ebenbürtiges System ohne Auto zu errichten.

    Aber der Individualverkehr isoliert und hat damit Schutzfunktion. Nach dem totalen Versagen der Verantwortlichen zeigt sich die folgende Situation:

    "Die Göttinger Forscher schreiben, dass sogar drei Meter Abstand nicht schützen, wenn jemand ohne oder mit schlechtsitzender Maske in der Atemluft eines Corona-infizierten Menschen steht. Nach fünf Minuten Kontakt liegt die Ansteckungswahrscheinlichkeit bei fast 100 Prozent."(msn)

    Herkömmliche Massenverkehrsmittel bedeuten also für die Zukunft höchste Gefährdung der Passagiere. Der Gipfel der Pandemie ist noch nicht erreicht. Will man keine Durchseuchung der Bevölkerung, helfen nur neue Verkehrsmittelkonzepte auf der Basis der räumlichen Trennung der Passagiere.

  • "Die Göttinger Forscher schreiben, dass sogar drei Meter Abstand nicht schützen, wenn jemand ohne oder mit schlechtsitzender Maske in der Atemluft eines Corona-infizierten Menschen steht. Nach fünf Minuten Kontakt liegt die Ansteckungswahrscheinlichkeit bei fast 100 Prozent."(msn)

    Am besten wäre es dann wohl alle Menschen dauerhaft in Ganzkörperanzüge mit Gasmaske und Sauerstoffflasche zu stecken.

  • Am besten wäre es dann wohl alle Menschen dauerhaft in Ganzkörperanzüge mit Gasmaske und Sauerstoffflasche zu stecken.

    Sollte der steile Anstieg der Neuinfektionen sich wie bisher fortsetzen, wird zum Aufrechterhalt der Infrastruktur manche unbequeme Maßnahme nötig sein. X-mal Impfen hat sich ja als ungeeignet zur Reduzierung dieses Anstiegs erwiesen. Nicht mal zum Arzttermin konnte ich kürzlich pünktlich erscheinen, da ich an der Theke erst einmal zum PCR-Test geschickt wurde. 20 min Warteschlange, Test, 15 min auf Resultat warten. Mit Zertifikat völlig außer Atem zum Arzttermin rennen.

    Ich bin sicher, dass zukünftig 2G nicht mehr zum Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel ausreicht.

  • Sollte der steile Anstieg der Neuinfektionen sich wie bisher fortsetzen, wird zum Aufrechterhalt der Infrastruktur manche unbequeme Maßnahme nötig sein. X-mal Impfen hat sich ja als ungeeignet zur Reduzierung dieses Anstiegs erwiesen. Nicht mal zum Arzttermin konnte ich kürzlich pünktlich erscheinen, da ich an der Theke erst einmal zum PCR-Test geschickt wurde. 20 min Warteschlange, Test, 15 min auf Resultat warten. Mit Zertifikat völlig außer Atem zum Arzttermin rennen.

    Ich bin sicher, dass zukünftig 2G nicht mehr zum Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel ausreicht.

    Ich glaube ganz im Gegenteil, dass Omikron der Weg raus ist. Es kann jetzt nochmal 4-6 Wochen einfach wegen der schieren Zahl an (fast ausschließlich leicht) Erkrankten schwierig werden in vielen Bereichen wegen eines hohen Krankenstandes, für Vollgeimpfte aber scheint Omikron nicht mehr als ein nerviger saisonaler Infekt zu sein. Aufgrund seiner hohen Ansteckungskraft wird fast jeder, der nicht in einer Art Selbstlockdown ist, mit diesem Virus in den nächsten Wochen in Kontakt kommen.

    Im UK sinken die Zahlen bereits wieder, ohne dass auf den Intensivstationen besonders viel passiert wäre, bzw. ist deren Belegung sogar rückläufig trotz der hohen Zahlen bei den Neuinfektionen. Nee, das Ding ist innerhalb der nächsten Wochen mehr oder minder durch. Und die Maßnahmen werden sich immer weniger begründen lassen. Von mir aus jetzt nochmal 2 bis 4 Wochen schauen, wohin die Reise genau geht, aber wenn es so läuft, wie bereits in Spanien, Frankreich und dem UK, dann müssen die Einschränkungen zügig zurückgefahren werden.

    Einzige Begründung für die Grundrechtseinschränkungen ist jetzt noch die Überlastung der Gesundheitssysteme. Die Dummheit einzelner muss das System tragen (können), es kann also nicht darum gehen, jeden Impfkritiker von der Impfung zu überzeugen, wenn die Intensivstationen leer sind. Das macht man bei der Grippe auch nicht, und ich habe schon junge, relativ gesunde Menschen an einer Influenzapneumonie sterben sehen auf Intensiv.

    Wie gesagt, bei Corona bin ich, seitdem die Daten aus dem UK so langsam eintrudeln doch sehr optimistisch. Und was in Sachsen fehlt an Impfquote, wird durch die (natürlich zu einem relativ hohen Preis bei den Gestorbenen und Schwerkranken erkauften) Immunisierung durch Genesung wettgemacht. Bis Ende März werden >95% der Deutschen auf die eine oder andere Art eine Immunität gegenüber SarsCoV2 aufgebaut haben, die auch weitere Wellen selbst mit mutierten Varianten deutlich milder wird verlaufen lassen. Klar kann es noch eine "Killermutante" geben, dann gilt Alles auf Anfang, aber glauben tue ich das jetzt nicht mehr.

  • für Vollgeimpfte aber scheint Omikron nicht mehr als ein nerviger saisonaler Infekt zu sein.

    Für Ungeimpfte auch. Sie scheinen sogar besser durch Omikron zu kommen, als die Geimpften.

    Derzeit ist von 750.000 Infizierten in Deutschland die Rede. Rund 9000 waren in den letzten 30 Tagen auf einer Intensivstation. Wir reden hier also von einem Anteil von ca. 1,3 Prozent. Allerdings sind auf den Intensivstationen ca. 2/3 Ungeimpfte gewesen, 1/3 Geimpfte. Da der Anteil der Geimpften bei etwas über 2/3 liegt, ergibt sich eine ca. vierfache Quote bei Ungeimpften. Das stimmt. Aber wir reden eben nur von 1,3 Prozent der Erkrankten. Wobei nicht erfasst wird, ob die Leute wegen Corona auf der Intensivstation liegen oder nur mit Corona, also z.B. einen Autounfall hatten und eine Infektion festgestellt wurde.

    In den Meldewochen 50/2021 bis 01/2022 waren 75,8 Prozent der gemeldeten Omikron-Fälle ab fünf Jahren mindestens grundimmunisiert, 24,2 Prozent meldeten die Krankenhäuser als ungeimpft. Das spricht schon eher für die Ungimpften. Ebenso bei den Todesfällen. 23 Verstorbene, davon zehn grundimmunisiert und fünf Personen geboostert.

    Ich glaube ganz im Gegenteil, dass Omikron der Weg raus ist.

    Das könnte er aus medizinischer Sicht sicher sein. Die Frage ist aber, ob die Politik und die WHO das auch wünschen. :zwinkern:

    Die Dummheit einzelner muss das System tragen (können)

    Die Folgen der Dummheit wird man erst in einiger Zeit beurteilen können. Dann wenn die Teilnehmer des Feldversuchs Langzeitresultate erbringen.

    - Alles off-topic. Es hat nichts mit Mobilität und Städtebau zu tun. -

  • [...] Moderationshinweis: Passage entfernt. Bezog sich auf gelöschte Diskussion.

    Jetzt aber zum Thema:

    Die Diskussion driftet auch aus dem Grund immer mal ab, weil sich Themen miteinander überschneiden, die eigentlich nicht direkt zusammenhängen. Ob nun Benziner oder E-Auto spielt für das Stadtbild kaum eine Rolle. Wiederum hat die autofreie Stadt kaum etwas mit Klimawandel und Energiewende zu tun. Und dann gerät noch das Thema Corona hinein, das wiederum nur bedingt mit Energiewende und Stadtbild zu tun hat.

    Deshalb mal zurück zum Thema. Hier mal ein paar angekündigte Fotos. Sie zeigen, wie sich verkehrsberuhigende Maßnahmen direkt auf das Stadtbild auswirken können. Vor einigen Jahren beschloss die Stadtregierung von Mühlheim am Main, dass die zuvor zweispurige Offenbacher Straße, die den Verkehr von Ost nach West durch den Ort leitet, nun im Rahmen eines Versuchs einspurig sein soll. Deshalb wurden lustige Absperr-Plastikmodule entlang der Straße aufgestellt. Auch zuvor bestehende Parkflächen wurden einfach eingezäunt, um sie zu reduzieren, wie ich unlängst gesehen habe. Vor einiger Zeit wurde entschieden, dass es so bleiben soll.

    Der Auto-Verkehr fährt nun statt auf zwei nur noch auf einer Spur. Das geht, weil er offenbar nicht so enorm ist. Verringert hat er sich aber deshalb nicht. Auch ist er nicht langsamer geworden, denn eine clevere "Grüne Welle bei 50"-Ampelregelung bestand schon zuvor. Außerdem existieren mehrere feste und mobile Blitzer.

    Die Frage ist nun allerdings, was dadurch gewonnen wurde? Ist das Stadtbild nun durch die Plastikabsperrungen schöner geworden? Für eine andere Gestaltung fehlt offenbar das Geld und der Wille, also leben die Mühlheimer nun mit viel Plastik auf der Straße. Immerhin ist es dort nun schön bunt (jedenfalls rot-weiß), und dafür trommeln in Mühlheim die regierenden Parteien, Kulturbetrieb und Pressevertreter ja regelmäßig.

    Zuerst sehen wir die von West nach Ost führende Friedensstraße, die parallel verläuft und den Verkehr von West nach Ost transportiert. Sie zeigt sich noch im ursprünglichen zweispurigen Zustand.

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    (Leider etwas unscharf; Aber man kann es erahnen.)

    Nun die verkehrsberuhigte Offenbacher Straße, die den Verkehr von Ost nach West leitet.

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    Stadtbild.... es geht voran... :zwinkern:

  • Die Diskussion driftet auch aus dem Grund immer mal ab, weil sich Themen miteinander überschneiden, die eigentlich nicht direkt zusammenhängen. Ob nun Benziner oder E-Auto spielt für das Stadtbild kaum eine Rolle.

    Da hätte ich einen kleinen Einspruch. Ich habe schon mal auf den Zusammenhang verwiesen, dass man mit den leiseren und schadstoffärmeren und womöglich auch noch autonom fahrenden Autos auch einen Rebounceeffekt zu mehr Autos in der Stadt zumindest wieder in Erwägung ziehen kann. Dies hätte drastische Auswirkungen auf das Stadtbild, wie Uns allen hier bekannt sein dürfte.

  • Da hätte ich einen kleinen Einspruch. Ich habe schon mal auf den Zusammenhang verwiesen, dass man mit den leiseren und schadstoffärmeren und womöglich auch noch autonom fahrenden Autos auch einen Rebounceeffekt zu mehr Autos in der Stadt zumindest wieder in Erwägung ziehen kann. Dies hätte drastische Auswirkungen auf das Stadtbild, wie Uns allen hier bekannt sein dürfte.

    Richtig. Der derzeit und auch zukünftig notwendige Isolationseffekt ist antriebsunabhängig und wird durch Individualverkehr am besten erreicht. Wenn allerdings politisch verordnete Fahrverbote dies ignorieren, wird es böses Blut geben.

  • Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wieso hier nach dem Moderatiosnhinweis von Franka noch über irgendwelche Offtopic-Dinge diskutiert wird. Das wird alles kommentarlos deaktiviert. Ist das eigentlich so schwer zu verstehen?

  • Da hätte ich einen kleinen Einspruch. Ich habe schon mal auf den Zusammenhang verwiesen, dass man mit den leiseren und schadstoffärmeren und womöglich auch noch autonom fahrenden Autos auch einen Rebounceeffekt zu mehr Autos in der Stadt zumindest wieder in Erwägung ziehen kann. Dies hätte drastische Auswirkungen auf das Stadtbild, wie Uns allen hier bekannt sein dürfte.

    Warum?

    Autos sind teuer. Durch echtes autonomes Fahren werden sie gleichzeitig attraktiver, aber auch austauschbarer. Wenn ich in der Stadt wirklich mal ein Auto brauche, kann ich einfach eins kommen lassen, einsteigen, mich zum Ziel fahren lassen und es dem nächsten überlassen. Bevorzugt immer dann, wenn es für eine bestimmte Verbindung keine gute schienengebundene Alternative gibt - der Preis wird die Nachfrage regeln. In Summe wird der Besitz eines eigenen Autos so unattraktiver und sich die Zahl der Autos reduzieren.

  • Warum?

    Da ging es mir nicht um Privatbesitz oder nicht der Autos, wenn ich von langfristig autonomen Fahrzeugen spreche, sondern es ging mir darum die Überlegung anzustoßen, dass mit solchen Autos jeder Punkt einer Stadt erreicht werden will. Das dürfte jetzt bestehende Fußgängerzonen und reine Fahrradstraßen wieder zurückgehen lassen, weil A die Autos mit keinem Argument mehr fernzuhalten sind, sie sind leise, und sauber, und fahren dank Autonomie stets gleich angepasst und sicher, brauchen dabei jedoch auch keinen wertvollen Stellplatz mehr in der Stadt, und B würde die Nutzung des Autos infolgedessen wohl erheblich zunehmen, was andere Arten des Verkehrs tendenziell eher zurückdrängt, siehe die alles beherrschende Rolle des Autos in den USA.

    In Summe wird der Besitz eines eigenen Autos so unattraktiver und sich die Zahl der Autos reduzieren.

    Das ist so wahrscheinlich nicht haltbar. Car Sharing Angebote, als heutiges nächstnahes Vergleichssystem eines Pooling Service, führen zu mehr Autos. Gründe hierfür sind die bereits oben beschriebende Nachfragesteigerung durch das bequeme, günstige Angebot, eine praktisch gleich bleibend ineffiziente Nutzung mit einer Person pro Auto, und hohe Nachfrageschwankungen, welche bei einem nahezu rein autonomen Autoverkehr auch komplett aufgefangen werden müssen, will man nicht Ergebnisse wie bei der Bahn, wo Kunden stundenlange Wartezeiten haben bei Zugausfällen und fehlendem Ersatzrollmaterial.

    Und selbst wenn es dem entgegen absolut gesehen doch nicht mehr Autos sein sollten, so wird es doch mehr Verkehr geben, weil diese Autos deutlich mehr unterwegs sein werden (höhere Fahrausnutzung), womöglich sogar ähnlich den bekannten heutigen Fahrdienster, wie Uber, die dann auf Kunden wartend Runden drehen, oder wie auch im Chauffeurservicebereich verpflichtet werden ständig zu einer Basis zurückzukehren.

  • Warum?

    Autos sind teuer. Durch echtes autonomes Fahren werden sie gleichzeitig attraktiver, aber auch austauschbarer. Wenn ich in der Stadt wirklich mal ein Auto brauche, kann ich einfach eins kommen lassen, einsteigen, mich zum Ziel fahren lassen und es dem nächsten überlassen. Bevorzugt immer dann, wenn es für eine bestimmte Verbindung keine gute schienengebundene Alternative gibt - der Preis wird die Nachfrage regeln. In Summe wird der Besitz eines eigenen Autos so unattraktiver und sich die Zahl der Autos reduzieren.

    Dazu ist aber zunächst einmal eine Änderung im Besitzdenken erforderlich. Man darf den Renomiereffekt nicht vernachlässigen. Ein teures schönes Haus zählt dazu, wie auch ein teures schönes Auto. In der DDR diente ein PKW als reines Transportmittel, mit Ausnahmen, der begehrte Lada. Und eine beliebte lustige Anmache war der Satz : "Schau mal, ich fahre ein Fahrrad mit einer West-Speiche".

    Nach der Wende war der Aufholbedarf enorm. Dies rückgängig zu machen, wird noch einige Zeit dauern. Einem (neuen) Partner zu imponieren, ist ein natürliches Bedürfnis.

  • Aussagen, die sich auf eine gelöschte Diskussion bezogen, wurden entfernt.

    Ich kann aber bisher nicht erkennen, dass die Pandemie einen nachhaltigen Einfluss auf unser Verhalten im öffentlichen Verkehr besitzt. Mir scheint es eher so zu sein, dass alle sehnsüchtig auf das Ende der Pandemie warten, um zu ihren alten Gewohnheiten zurück zu kehren. Und letztlich ist das sogar zu hoffen, denn viele Menschen meiden in der Pandemie den ÖPNV und Fahrgemeinschaften, um sich allein in ein PKW zu setzen. Man kann es den Personen nicht einmal verdenken. Ich würde es vielleicht ähnlich handhaben.

    Ob zumindest die Mobilität auf dem Fahrrad dauerhaft zunehmen wird? Die Fahrradstreifen, die temporär in den Lockdowns eingerichtet worden sind, sind teilweise wieder abgebaut. Und die fehlende Infrastruktur für Fahrräder ist eines der größten Hemmnisse beim Ausbau zu einem Land der Fahrradfahrer. Wie häufig ärgere ich mich über miserable oder gar nicht vorhandene Fahrradwege und wünsche mich in die Niederlande oder nach Dänemark.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Dazu ist aber zunächst einmal eine Änderung im Besitzdenken erforderlich. Man darf den Renomiereffekt nicht vernachlässigen. Ein teures schönes Haus zählt dazu, wie auch ein teures schönes Auto. In der DDR diente ein PKW als reines Transportmittel, mit Ausnahmen, der begehrte Lada. Und eine beliebte lustige Anmache war der Satz : "Schau mal, ich fahre ein Fahrrad mit einer West-Speiche".

    Dazu passend ein Artikel aus der "Zeit" von heute, in dem über eine umfassende empirische Studie berichtet wird: "Das Fahrrad ist zum Statussymbol der Gebildeten geworden" (momentan mit Paywall). Offenbar findet die erforderliche Änderung im Besitzdenken bereits statt!

    Ein paar Stichworte aus dem Inhalt:

    - der Radverkehr ist in den letzten 25 Jahren um 40% gestiegen

    - die Zunahme ist fast ausschließlich auf eine Verhaltensänderung von Menschen mit Abitur zurückzuführen, insbesondere von Städtern mit Abitur

    - aber auch auf dem Land sind die Unterschiede je nach Bildungsgrad signifikant

    - es sei sehr selten, dass in empirischen sozialwissenschaftlichen Studien bestimmte Verhaltensmerkmale so stark mit der formalen Bildung korrelieren wie das Radfahren

    - Akademiker sähen keinen Nutzen darin, durch ein Auto "Kaufkraft" zu demonstrieren, da sich ihresgleichen damit ohnehin nicht beeindrucken ließen

    - Kinder von Höhergebildeten wachsen deutlich öfters in Familien auf, in denen viel Rad gefahren wird, und übernehmen die Gewohnheiten beim Heranwachsen

  • Nachtrag: Mich erinnert mich die Entwicklung des Prestiges des Autos an den "Niedergang" eines anderen Statussymbols: Des Fleischkonsums.

    Wenn zu sehr OT, bitte Löschen!

    In den ersten Nachkriegsjahren war Fleisch in ganz Deutschland eine streng rationierte Kostbarkeit. In den 50er bis 70er Jahren kam es sowohl in West- als auch in Ostdeutschland zu einer faktischen Industrialisierung der Fleischproduktion. Fleisch, speziell Schweinefleisch, wurde nach und nach immer preiswerter und immer mehr konsumiert - man zeigt damit, dass "man sich wieder etwas leisten kann".

    Ab etwa den frühen 80ern begann das Image, zunächst im Westen, langsam sich zu ändern und schließlich ins Gegenteil zu verkehren: Preiswertes Fleisch in größeren Mengen zu konsumieren, wurde zunehmend als Verhaltensmerkmal sozial schwacher Schichten wahrgenommen. Mittlerweile gilt es als regelrecht "schlechtes Benehmen", bei Einladungen Gästen nicht mindestens eine hochwertige vegetarische Alternative anzubieten.