Mobilität und Städtebau

  • Eine Umsätzung wäre ein riesiger Gewinn

    was isn mit dir los, Alter?


    Davon abgesehen:

    Indes, die Entwicklung läuft - verstärkt durch Corona - in die andere Richtung. Der kleine, selbständige Einzelhandel verschwindet.

    Ja, aber diese Entwicklung könnte durch das Verschwinden von Parkhäusern behindert werden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Franka Wenn uns das Auto als Fortbewegungsmittel schlicht nicht zur Verfügung stünde (oder so teuer würde, dass viele es sich schlicht nicht leisten könnten), dann würde zweierlei geschehen: einerseits würde der ÖPNV, weil der Bedarf größer ist, massiv ausgebaut. Andererseits würden diejenigen, die längere Strecken zur Arbeit fahren müssen, sich entweder näher an der Arbeitsstelle oder näher an den U-Bahn-Stationen ansiedeln. Der Weg dorthin, also die Transition vom jetzigen in den zukünftigen Zustand, wird schmerzhaft sein. Aber grundsätzlich machbar wäre ein solches Szenario durchaus.

  • Ich kann ehrlich gesagt mit der Stellschraube "Steuer erhöhen" um mehr Druck auszuüben wenig anfangen. Bislang wurden viele Schienenstreckenabschnitte rückgebaut, der ÖPNV hat sich massiv verteuert, vom Fernverkehr möchte ich gar nicht reden. Ich fahre nämlich immer mit der Bahn. Die DB ist eine Katastrophe. Deswegen nehme ich manchmal den Flixbus, aber auch da erlebte ich Enttäuschungen. Es ist einfach unschön stundenlang in der Kälte zu stehen. Sprich: Man schafft es bis jetzt nicht, ein einigermaßen zuverlässiges Personenverkehrsnetz auf die Beine zu stellen. Und da soll die große Wende kommen? Woher denn, wenn das Know how fehlt? Und zweitens, in einem Land mit einem hochangespannten Wohnungsmarkt kann man leider nicht siedeln wo man will, außer man ist Krösus.

    Ich wünsche mir auch eine Alternative zum Auto. Ich denke nur, dass man Mobilität anders erreichen sollte, ohne schmerzhafte Transition

    Beauty matters!

  • Franka Wenn uns das Auto als Fortbewegungsmittel schlicht nicht zur Verfügung stünde (oder so teuer würde, dass viele es sich schlicht nicht leisten könnten), dann würde zweierlei geschehen: einerseits würde der ÖPNV, weil der Bedarf größer ist, massiv ausgebaut. Andererseits würden diejenigen, die längere Strecken zur Arbeit fahren müssen, sich entweder näher an der Arbeitsstelle oder näher an den U-Bahn-Stationen ansiedeln. Der Weg dorthin, also die Transition vom jetzigen in den zukünftigen Zustand, wird schmerzhaft sein. Aber grundsätzlich machbar wäre ein solches Szenario durchaus.

    Den Zustand hatten wir ja bis vor - historisch gesehen - gar nicht langer Zeit.

    Die allgemeine Motorisierung der Deutschen begann erst etwa Anfang-Mitte der 1950er Jahre und war Mitte der 1960er Jahre abgeschlossen.

  • Zum Thema "Parkaus in der Innenstadt" gibt es in Herford derzeit sogar eine interesante Entwicklung. Das im Jahr 1978 eingeweihte Zentralgebäude der Sparkasse soll nach knapp 40 Jahren wieder abgerissen werden um nach Wunsch des Bürgermeisters (SPD) ein weiteres Parkhaus in der Innenstadt zu bauen!!! Es gibt schon 3 Parkhäuser in Herford, sowie diverse Parkplätze. Es gibt allerdings auch Pläne, das Sparkassen - Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen.

    https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Herf…ord-zum-Denkmal

    https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Herf…stelle-aufgeben

    https://www.nw.de/lokal/kreis_he…or-dem-Aus.html

    "Mit dem Abriss des Altbaus käme die Sparkasse einem teuren Sanierungsprogramm zuvor, da das Objekt seinerzeit als Hauptstelle der ehemaligen Kreissparkasse Herford ohne Erneuerung der Ab- und Zuleitungen für Wasser, Abwasser und Energieverbindungen gebaut worden sein soll. Dieser Altbestand sei inzwischen so marode, dass eine Erneuerung unumgänglich ist."

    https://www.nw.de/lokal/kreis_he…en-koennte.html

    :wie:

  • Den Zustand hatten wir ja bis vor - historisch gesehen - gar nicht langer Zeit.

    Die allgemeine Motorisierung der Deutschen begann erst etwa Anfang-Mitte der 1950er Jahre

    Man muss den Leuten aber dann auch mitteilen, dass ein einfaches "Zurück" auch ein Zurück des Lebensstandards auf den Stand der 1950er Jahre bedeuten würde. So ehrlich sollte man schon sein. Und vielleicht tut es vielen Friday For Future-Kids auch mal gut, wenn sie in Zukunft nie mehr verreisen, stattdessen einen Großteil ihrer Lebenszeit in Bussen verbringen, die sie zu schlecht bezahlten Arbeiten in einem zurückgefallenen ehemaligen Wohlstandsstandort transportieren. Bloß, diese Erfahrung, die heute viele arme Länder kennen, ist dann für sie nicht mehr so leicht revidierbar.

    "Franka" spricht es schon an, ohne ein "Vorwärts", also einen massiven Ausbau der verkehrstechnischen Infrastruktur, und zwar bis in die Verästelungen des platten Landes, führt ein reiner Stopp des Autoverkehrs zum Kollaps. Auf der Ebene des Individuums verunmöglicht das vermutlich für einen Großteil der Bevölkerung eine angemessene Haushaltsführung (vom Einkauf bis zum Arztbesuch*) Von sozialen Kontakten mal ganz abgesehen. Viele meiner Freunde könnte z.B. ich ohne Auto so gut wie nicht mehr erreichen. Ich bin heute Abend bei einem Freund zum Abendessen. Bei dem gibt es keinen leicht erreichbaren ÖPNV. Und der wohnt in Frankfurt. Also, wie gesagt, es müsste ein massiver Ausbau erfolgen. Dafür aber hat die öffentliche Hand gar kein Geld mehr. Und von den Planungszeiten reden wir erst gar nicht. Ich erlebe Fertigstellungen von U-Bahn-Strecken, über die heute zu diskutieren angefangen wird, vermutlich gar nicht mehr.

    *= Schon aktuell bin ich vor diese Herausforderung gestellt. Ich möchte eine medizinische Untersuchung machen lassen. Nach dieser darf ich aber nicht Auto fahren. Auf der Webseite des Facharztes, bei dem ich in letzter Zeit in Untersuchung war, findet sich keine Wegbeschreibung. Auf den Webseiten des ÖPNV werden mir tolle Fahrpläne gezeigt, ich finde aber schlicht keine Beschreibung. Also kein Weg, keine Haltestellennamen, keine Umsteigeoptionen. Vielleicht bin ich auch zu blöd dafür. Über Google Maps wird mir ein einfacher Weg von ca. 1,5 Stunden angezeigt. Ich muss erst zum Bus latschen, dann mit dem Bus zur S-Bahnstation. Dann mit der S-Bahn zum Bahnhof. Von dort mit einer Regionalbahn weiter. Und dann habe ich wieder 20 Minuten bzw. knapp 2 Km Fußweg. Und das Ganze wieder zurück. Mit dem Auto bin ich bequem in 20 Minuten da. Und ich lebe nicht mal auf dem Land. Also suche ich nach Alternativen. Ich rief bei einer etwas leichter erreichbaren Praxis in Frankfurt an. Antwort: "Wir nehmen keine neuen Patienten mehr an." Ich rief bei der zweiten, leichter erreichbaren Praxis in Frankfurt an, wo ich zumindest mal vor über 10 Jahren war, insofern kein ganz "neuer Patient". Die haben mir einen Terminvorschlag gemacht - in sechs Monaten.;-\ Klar kann ein Siebengescheiter erzählen, dass sich nach der Verkehrswende irgendwie schon alles umstrukturieren wird. Davon kann sich in der "Umstrukturierungsphase" keiner etwas kaufen. Und von arrogantem Geschwätz, sich dann eben woanders eine Wohnung zu suchen, erst recht nicht.

  • Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ohne Individualverkehr nur faktisch reicher wären.

    Dazu gehören natürlich alle Parameter: intaktere Lebensräume incl Stadtlandschaften und auch wirtschaftliche Ersparnis sowie unterm Strich mehr Zeit.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Snork 19. Mai 2021 um 22:18

    Hat den Titel des Themas von „Leerstand - Das Ende der Autogerechten Stadt“ zu „Leerstand - das Ende der autogerechten Stadt“ geändert.
  • Der Individualverkehr wird so oder so vorhanden bleiben, denn das lässt sich der Bürger nicht nehmen. Am Land ist man auf ein Auto mehr oder weniger sowieso angewiesen. In der Stadt braucht man es nicht unbedingt, aber gerade Corona hat gezeigt, dass die die ein Auto haben im Vorteil sind: Während der Zeit des harten Lockdowns habe ich meine Kinder ins Auto gesetzt und bin jeden zweiten Tag in einen anderen menschenleeren Wald gefahren! Familien ohne Auto (ja so etwas gibt es), haben mich mehr als beneidet. In die Arbeit fahre ich seit dem Lockdown auch nur noch mit dem Auto, weil ich mich nicht in überfüllte Öffis setzen möchte - man soll doch Abstand halten! Mehr denn je merke ich, dass ich froh bin, dass ich mein Auto behalten habe.

  • Wir leben seit 15 Jahren ohne Auto. Das ist hier in Hamburg im Alltag grundsätzlich gut machbar. Wir sind uns aber im Klaren, dass wir hier in einem in Bezug auf den ÖPNV sehr privilegierten Umfeld leben. Einmal durch die Tatsache an sich, dass wir in einer Großstadt mit einem engmaschig vernetzten Angebot leben. Und dann nochmal dadurch, dass unser hauptsächlich genutztes Verkehrsmittel die Fährverbindung zwischen Finkenwerder und der Innenstadt ist - verglichen mit Bussen und Bahnen für mein Empfinden "Luxus pur".

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    Die Überfahrt dauert 25 Minuten. Wir fahren als Familie normalerweise alle zusammen. Meine Frau und ich haben Vollzeitjobs in der Stadt. Der Kleine geht ganztägig in seine KiTa, die beim Büro meiner Frau um die Ecke liegt. Nun fährt die Fähre natürlich nicht bis zu unseren Büros vor die Tür, für "die letzten Kilometer" nützen wir unsere Fahrräder (können auf der Fähre mitgenommen werden). Morgens auf der Hinfahrt ist die Atmosphäre familiär, da zur gleichen Zeit immer dieselben Fahrgäste aus der Nachbarschaft unterwegs sind. Abends geht es mit vielen Touristen zusammen anonymer zu.

    Und ja, wir sparen auch Geld. 2 per Jobticket ermäßigte Monatskarten zusammen entsprechen etwa 30% der Fixkosten eines Kleinwagens. Wir bräuchten alternativ zudem 2 Autos, da unseren beiden Büros ziemlich weit auseinander liegen. Neben den Kosten für die Monatskarten fallen noch etwa 250 Euro im Monat Taxikosten an. Bei uns gilt die Regel: Wir haben keine Autos. Im Gegenzug leisten wir uns ohne Bedenken ein Taxi, wenn es nötig ist. Im Büro ist es später geworden, und es regnet? Kein Stress wegen der Kosten machen, Taxi rufen, ab nach Hause.

    Gibt es Nachteile?

    Ja klar! Immer dann, wenn wir am Wochenende Ausflugsziele haben, die per ÖPNV nicht gut erreichbar sein. Ein Beispiel: Bis zum "Wildpark Schwarze Berge" am Südrand von Hamburg sind es von uns aus gerade mal 10km Luftlinie. Per ÖPNV ist es aber ein kleine Weltreise, dorthin zu kommen. Radiale Verbindungen in die Stadt hinein funktionieren prima. Tangentiale Verbindungen am Stadtrand entlang sind hingegen ein echtes Problem.

    Nach Abschaffung unseres Autos haben wir uns Anfangs ab und an für Ausflüge einen Leihwagen genommen. Mittlerweile haben wir das weitgehend aufgegeben. Mir fehlt zunehmend die Fahrpraxis. Autobahnfahrten in Deutschland mit dem typischen Gedrängel und den hohen Geschwindigkeitsunterschieden zwischen den Spuren sind für mich Stress pur. In Dänemark oder Norwegen fahre ich schon nochmal, hier habe ich keine Lust mehr.

    Bei Ausflugszielen im weiteren Umland, z.B. an Nord- und Ostsee, werden die Nachteile besonders deutlich. Die meisten Ziele lassen sich per Bahn nicht direkt erreichen, es fallen zusätzliche Taxifahrten an, die im ländlichen Raum meist nicht spontan möglich sind und gut geplant werden müssen.

    Würden wir uns aus heutiger Betrachtung wieder gegen das Autofahren entscheiden?

    Ja - aber nur unter unter so günstigen Bedingungen, wie wir sie bei uns haben.

  • Es gab doch immer so einen impliziten Deal: Entweder wohne ich in der Stadt, dann ist das Wohnen teuer. Oder ich wohne günstig auf dem Land, dann kommen die Kosten für ein Auto dazu. Jeder hatte die freie Wahl.

    Nun wollen die Linksprivilegierten (Party-affine Städter, die jung und gesund genug sind, um mit dem Fahrrad mobil zu sein) den anderen das Leben erschweren, weil sie sich selbst für moralisch überlegen halten. So spaltet man eine Gesellschaft.

    Und dass die Grünen alle Bürger in die Städte verfrachten wollen, damit die Wege ökologisch kurz sind, neulich aber wieder einmal empört gegen weitere Wohnraumverdichtung in den Städten gepoltert haben, spricht Bände über die Schlüssigkeit ihrer Ideologie.

    _______________________________________
    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Der Individualverkehr wird so oder so vorhanden bleiben, denn das lässt sich der Bürger nicht nehmen. Am Land ist man auf ein Auto mehr oder weniger sowieso angewiesen. In der Stadt braucht man es nicht unbedingt, aber gerade Corona hat gezeigt, dass die die ein Auto haben im Vorteil sind: Während der Zeit des harten Lockdowns habe ich meine Kinder ins Auto gesetzt und bin jeden zweiten Tag in einen anderen menschenleeren Wald gefahren! Familien ohne Auto (ja so etwas gibt es), haben mich mehr als beneidet. In die Arbeit fahre ich seit dem Lockdown auch nur noch mit dem Auto, weil ich mich nicht in überfüllte Öffis setzen möchte - man soll doch Abstand halten! Mehr denn je merke ich, dass ich froh bin, dass ich mein Auto behalten habe.

    Ein Auto ist nicht nur ein reines Mittel zur Fortbewegung des Fahrers. Es dient vor allem zum Transport von Gütern, die nicht in einen Fahrradgepäckträger passen. Dazu gehören auch Behinderte und Kinder. Und dies alles witterungsgeschützt. Fahrräder wurden deshalb im Ausland relativ zeitig überdacht und durch Anhänger ergänzt. Der Missbrauch des Autos ist damit verbunden, dass oft für eine Einzelperson ca. eine Tonne Blech nutzlos bewegt werden und sich aus platzsparenden Kabinenrollern riesige Blechkisten, z.B.SUV, entwickelten. Der Platzbedarf fürs Parken ist dem entsprechend. Hier muss zuerst die Säge angesetzt werden. Völlig verschwinden wird das individuelle Auto nie, denn es verkörpert individuelle Freiheit. Und gerade diese will die grüne Politik einschränken. Auch die Elektrifizierung zeigt in diese Richtung. Totale Abhängigkeit vom Stromnetz ist zu verurteilen, siehe tagelange Stromausfälle in München , weil auch nicht mittels Energie-Kanister überbrückbar. Aber vielleicht ist auch zukünftig eine Rückkehr zur Kutsche mit Zugtier angestrebt, wenn Tierschützer dies nicht verbieten.

    Fazit: man sollte es sich gut überlegen, ob man ungebildeten, kurzsichtigen Politikern seine Stimme gibt.

  • Natürlich wird man von heut auf morgen auf das Auto nicht mehr verzichten können. Das ändert nichts daran, dass die Motorisierung der Öffentlichkeit und die daraus folgende Adaptierung der Stadt* und der Landschaft ein katastrophaler Fehler gewesen ist, dessen kulturelle und wirtschaftliche Folgeschäden unermesslich sind. Diesen gilt es zu korrigieren. Das kann man langsam und sanft oder schneller und brutaler machen. Hauptsache, man macht's- jede Maßnahme ist zu begrüßen.

    *Dass Zerstörung/Wiederaufbau in diese Phase fiel, ist überdies eine äußerst unglückliche historische Konstellation.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Natürlich kann man über 70 Jahre konsequente Bevorzugung des motorisierten Straßenverkehrs bei ebenfalls 70 Jahren konsequenter Vernachlässigung der Öffentlichen Verkehrsmittel nicht von heute auf morgen korrigieren.

    Aber man muss endlich damit anfangen. Und der Zeitpunkt ist jetzt.

  • Öffentliche Verkehrsmittel fahren nicht bis zu Ent-und Beladestellen des materiellen Bedarfs schwerer und sperriger Güter. Sie fahren auch nicht bis zur Eingangstür von Arztpraxen, um gehbehinderten Personen zu helfen. Sollen jetzt chinesische Rikschas dies übernehmen? Wohl kaum. Es gilt zunächst einmal, das nicht unbedingt nötige Zuparken unserer Straßenränder zu verhindern. Etwa so, wie das sinnlose Hin- und Herfahren geahndet wird. Kleine, leichte, energiesparende Fahrzeuge mit Regendach und etwas Stauraum wären eine sinnvolle Entwicklungsrichtung. Reine Renommierfahrzeuge dürften sich durch extreme Besteuerung nicht mehr lohnen. Was die Exportindustrie dazu sagen wird, ist bekannt.

  • Reine Renommierfahrzeuge dürften sich durch extreme Besteuerung nicht mehr lohnen.

    Im Prinzip gebe ich Deinem Ansatz Recht.

    Aber, bei den Renommierfahrzeugen musst Du stets die Einkommensunterschiede beachten. Es wird sich vielleicht Lieschen Müller keinen SUV mehr leisten können. Für andere Leute hingegen spielt das aber, trotz höherer Besteuerung, überhaupt keine Rolle.

    Das Renommee steigt für sie vielleicht sogar noch, je weniger von diesen Autos herumfahren. Ich weiß noch, wie sich vor etlichen Jahren ein Kumpel einen Jaguar in auffälliger Lackierung zugelegt hatte. Er erzählte mir, dass sich etliche Mädels die Hälse länger gereckt hätten, wenn er damit die Straße langfuhr. Wenn solche Autos also in Zukunft noch seltener werden, steigt der Rang derjenigen, die sie fahren können.

    Das ist wie mit den Strafmandaten. Ein kleiner Angestellter, der ein Mandat für das Falschparken erhält, hat dadurch eine finanzielle Strafe, die ihn vielleicht beutelt. Erst Recht, wenn solche Strafmandate, wie von einigen Politikern gefordert, noch erhöht werden. Einen, der ein Monatseinkommen von über 10.000 Euro hat, juckt das überhaupt nicht. Der stellt sich morgen aus Bequemlichkeit exakt wieder dort hin.

    Wenn der Besitz eines Automobils verteuert wird, trifft das also die kleinen Leute. Deren Leben wird erschwert. Die Besserverdiener können sich einen Tesla als Drittwagen leisten und erzählen noch, dass sie die großen innovativen Umweltschützer sind.

    D.h., so genannter Klimaschutz und der Kampf gegen das Auto ist ein Klassenkampf von oben. Die Opfer sind die Gering- und Normalverdiener, deren Lebensstandard sinkt. Die "Eliten" in Wirtschaft, TV-Medien und Politik sind hingegen kaum betroffen.:zwinkern:

  • Dann fällt mir nur noch folgende Lösung ein: Schilder an den Ortseingängen, ähnlich der zur Höhen- und Breitenbegrenzung, die die Einfahrt nur für PKW im Kleinstwagenformat erlauben, um den Park-Platzmangel zu entschärfen. Verstöße wären nicht nur mit Bußgeld, sondern mit Fahrverbot zu ahnden. Das dürfte auch die Gutverdienenden treffen.

  • Was hat das mit "Klassenkampf" zu tun? Abgesehen davon, dass die schwächeren Verdiener am meisten gewinnen, wenn die Kosten für die De facto Zwangsmotorisierung wegfallen. Natürlich bedarf es umfangreicher Auffangmaßnahmen, das ist klar. Und natürlich wird man niemals jegliche Motorisierung aus den Städten verbannen können bzw dürfen. Speditions- und Taxibetriebe wird es immer geben müssen. Das sichert übrigens Arbeitsplätze für Dienstleistungen vor Ort, während die Kfz-Produktion eh schon längst und systematisch in immer entferntere Billiglohnländer ausgelagert wird. Letztlich widerspricht die Motorisierung auch der modernen Arbeitsteilung, indem jeder für Transport und Fortbewegung selber zuständig ist.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Wie so häufig lohnt hierbei der Blick ins Ausland, in diesem Fall in die Niederlande, die noch dichter besiedelt sind als Deutschland. Dass das Fahrradnetz dort geradezu himmlische Verhältnisse bietet bis hin zu großen Parkhäusern für Fahrräder dürfte kaum überraschend sein. Zusätzlich macht man das Parken in den Innenstädten so teuer und unattraktiv, dass die Autos freiwillig draußen bleiben. Entscheidend ist aber auf der Gegenseite ein entsprechendes Angebot an Park and Ride. Und auch das ist in den niederländischen Städte vorbildlich gelöst. Große Parkdecks am Stadtrand mit schneller und sehr enger Taktung des ÖPNV in die Innenstadt. Das Ganze für einen Spottpreis. Warum schaut man sich solche Konzepte nicht für Deutschland ab? Ich verstehe es einfach nicht.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Das sichert übrigens Arbeitsplätze für Dienstleistungen vor Ort, während die Kfz-Produktion eh schon längst und systematisch in immer entferntere Billiglohnländer ausgelagert wird.

    Mit Dienstleistungen kannst Du unseren Wohlstand nicht aufrecht erhalten, dazu benötigt es immer noch ein produzierendes Gewerbe incl. Güterexport. Sollte die KfZ-Produktion wirklich demnächst in Billiglohnländer ausgelagert werden (und das würde ja dann auch andere produzierende Gewerbe betreffen), kannst Du in Deutschland die Lampen völlig ausmachen. Auf dieser Industrie fußt fast alles, für das hier noch Geld locker fröhlich ausgegeben wird. "Eh schon längst" ist das zumindest gegenwärtig noch nicht der Fall. In Deutschland sind immerhin noch 832.841 Menschen in der Automobilindustrie beschäftigt (siehe hier). Das sind etwa 10 Prozent der österreichischen Einwohnerschaft.

    Wie gesagt, man kann alles machen. Aber man muss sich dann auch der Konsequenzen für das Land, für sich und die nächsten Generationen klar sein. Autos werden dann eben woanders produziert. Und die Deutschen dürfen dann in Zukunft eben froh sein, als Billiglöhner in chinesischen Betrieben Schrauben zu schleifen, um sich vom daraus entstehenden Lohn ein Fahrrad leisten zu können. Vielleicht wiegen das andere Faktoren auf, zum Beispiel weniger Verkehrslärm. Oder mehr romantische Patina auf bröckelnden Fassaden.