Mobilität und Städtebau

  • Ursprünglicher Strangtitel: "Leerstand - das Ende der autogerechten Stadt" geändert von der Moderation am 07.07.2021

    Der Youtuber 'Emperor Caligula' hat sich in dem anliegenden Video als Leser von Stadtbild Deutschland zu erkennen gegeben (min. 9.55). Den Inhalt des Beitrages, der auf einem aktuellen Artikel in der Zeitung 'Die Welt' fußt, finde ich so interessant, daß ich das Video gerne den Mitforisten zur Kenntnis geben möchte. Und da man das Rad nicht zweimal zu erfinden braucht, lasse ich hier einfach mal die von 'Caligula' stammende Videobeschreibung folgen:

    Unsere Städte sind durch die Entwicklung des 20. Jahrhunderts geprägt: Einkaufsmeilen, Einkaufszentren, große Ladenzeilen, alles mit dem Auto erreichbar, mit breiten Tangenten durchschnitten. Im Zeitalter des Internets geht dieser Trend zuende. Darauf reagieren Politik und Gesellschaft wie so oft hilflos und regressiv. Man will einen Status Quo nur zementieren, der so nicht haltbar ist.Referenz-Artikel:https://www.youtube.com/redirect?q=htt…deo_description

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  • Ich glaube nicht, dass den Verantwortlichen in vielen Städten die Tragweite dieser Entwicklung überhaupt schon klar ist. Die träumen immer noch von billigen Parkplätzen, die alle Probleme lösen würden, dabei ist das Hauptproblem das Internet. Kann sein, dass sich jetzt noch für ein paar Jahre Innenstädte und Einkaufszentren auf der Grünen Wiese gegenseitig das Wasser abgraben und das "Erreichbarkeit mit dem Auto" eine Rolle spielen mag.... in 10 Jahren sieht es aber auch für diese Einkaufszentren düster aus, wenn man die Entwicklung in den USA mal extrapoliert. Dort hat in den letzten 10 Jahren ein Mallsterben eingesetzt, das einen fast wieder mit Schadenfreude erfüllt, erst haben diese ab den 1970ern die Innenstädte getötet, und nun gehen sie selbst drauf.

    Die Beharrungskräfte in Deutschland sind in puncto MIV aber extrem groß, die Autolobby stellt nun seit Jahren den Verkehrsminister... man muss gar nicht linksgrün sein, um zu erkennen, dass das Auto innerstädtisch die "Mutter aller (Verkehrs)Probleme" ist, um mal einen Spitzenpolitiker abgewandelt zu zitieren. In Ländern, deren Volkswirtschaft weniger abhängig vom Auto ist, ist man da entsprechend auch schon viel weiter. Komisch, dass in Dänemark oder den Niederlanden das geht, was hier angeblich zum endgültigen Tod der Innenstadt führen soll: Eine klare Benachteiligung des MIV und Bevorzugung anderer Verkehrsträger.... in derselben Reihe der WELT war auch ein Artikel über Gent, das ebenfalls mittlerweile weitgehend autofrei ist und dessen Altstadt seitdem im Gegenteil erst richtig aufgeblüht ist - während wir hier über jedes Parkhaus und jede Abbiegespur streiten müssen, als stünde das Abendland vor seinem Ende und die absurdesten Argumente in jeder Diskussion wieder aufgetischt bekommen... natürlich dürfen Handwerker, Lieferanten und Gehbehinderte weiterhin mit dem Auto in diese Zonen, und nein, die Wirtschaft wird nicht abgewürgt... im Gegenteil bieten sich ganz andere Möglichkeiten zur Entwicklung, wenn man sich einfach mal den ganzen toten Raum vorstellt, der im Moment in unseren Städten vom ruhenden und fließenden Verkehr eingenommen wird.

    Insofern ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Mut bei diesem Thema. Und ja, ich fahre auch gelegentlich Auto in der Stadt und bin alles andere als ideologisch in diesem Punkt. Aber ich mache es eben auch, weil es bequem und billig ist, kurz, weil ich es kann. Solange ein Ausflug in die 3 km entfernte Bibliothek mit drei Kindern mit ÖPNV hin und zurück fast 12 Euro kostet, läuft hier etwas falsch...

    Ich denke jedenfalls, dass wir froh sein können, dass Bremens Innenstadt hier tendenziell auf dem Stand der 60er Jahre ist und die sich nun andeutenden Investitionen nicht schon vor 10 oder 15 Jahren gekommen sind - dann hätten wir sicherlich auch eines dieser großen, hässlichen innerstädtischen Einkaufszentren, die wieder nur ihre eigene Umgebung kannibalisieren, nach Feierabend tote, funktionsgetrennte Stadträume schaffen und bereits jetzt wieder mit Leerstand zu kämpfen hätten. Vielleicht hat bei Leuten wie Zech und (man traut sich kaum, so etwas zu formulieren), sogar bei der Stadt ein gewisser Lernprozess eingesetzt, wie es NICHT geht. Kein Wunder, dass attraktive, historische Altstädte weiterhin gut laufen, während der Innenstadtnachkriegsbrei überall zu kämpfen hat... um Dresden oder Leipzig muss man sich augenscheinlich zumindest keine Sorgen machen.... um kriegszerstörte westdeutsche Großstädte umso mehr.

  • Der "Welt"-Artikel bietet folgende Lösung an: "Rückbau der Fußgängerzone. Die großen Fensterscheiben raus und Gewerbe oder gar Wohnungen rein." Dazu müssten Vermieter sich daran gewöhnen, künftig weniger Einnahmen zu haben, weil teure Ladenmieten immer weniger gezahlt werden können. Statt Einkaufsgeschäften würden Wohnungen entstehen, und Handwerksbetriebe wieder zurück in die Innenstädte kommen.

    Mitforist "Heinzer" schlägt eine Verbilligung des Öffentlichen Nahverkehrs und eine Förderung von Fahrradwegen bei gleichzeitiger Eindämmung des Autoverkehrs vor. Ich bitte "Heinzer" darum, mich zu korrigieren, wenn ich ihn falsch verstanden habe.

    Beide Ansätze unterschätzen etwas das Bedürfnis des Bürgers nach öffentlichen Räumen als Begegnungsstätte. Und zugleich unterschätzen sie die Revolution des digitalen Zeitalters.

    Zuerst möchte ich zu "Heinzers" Ansatz sagen, dass es richtig ist, dass historische Altstädte mehr Anziehung haben, als Einkaufsstraßen mit "Innenstadtnachkriegsbrei". Bloß lässt sich das für viele Städte nun einmal nicht kurz- oder mittelfristig korrigieren. Sie haben sich von den Politikern und Architekten den Schrott hinstellen lassen und müssen nun damit klarkommen. Eine Lösung zu mehr architektonischer Attraktivität wäre also für viele Städte nur langfristig erreichbar.

    Dass der ÖPNV vielerorts zu teuer ist, sehe ich ähnlich. Wenn ich nach Frankfurt Innenstadt und zurück fahre, sind mit dem Nahverkehr 9 Euro fällig. Und dann fahre ich noch in versifften Zügen, steige ich verschmierten, dreckigen Bahnstationen aus, lasse mich im Winter anhusten und muss nachts regelmäßig genau gucken, was für drei Jugendliche da in mein Abteil steigen oder am einsamen Bahnsteig herumlungern.

    Doch bleiben wir beim Geld: Wie verbilligt man den ÖPNV? Die laufenden Kosten sind hoch, die Bahn macht bei immer mehr Rationalisierung Verluste. Bliebe nur die Finanzierung über Steuererhöhungen. Das ist ja das, was hinter der linkspopulistischen Forderung steht, möglichst kostenlosen ÖPNV zu schaffen. D.h. in der Praxis, dass das Ticket für die Nutzer billiger wird, weil es jeder Steuerzahler mitfinanziert. Als die linkspopulistische Forderung letztes Jahr bei der hessischen Landtagswahl erhoben wurde, und zwar mit der Begründung, dass dann mehr Leute Bahn fahren würden, sprachen sich die Verkehrsbetriebe in Frankfurt gleich dagegen aus. Noch mehr Nutzer der U-Bahnen seien nämlich gerade in den Stoßzeiten nicht mehr verträglich. Das heißt, die Kapazitäten sind ausgeschöpft, mehr geht nicht. Es müsste also eigentlich in neue Röhren investiert werden. Das wurde in den letzten 20 Jahren versäumt. Bis nun in Frankfurt die Planungen entwickelt werden und mit dem Bau begonnen wird, vergehen viele Jahre. Kurzfristig ist das also keine Lösung. Zudem können die öffentlichen Mittel einbrechen, wenn die Konjunktur eintrübt.

    Also bliebe der Fahrradverkehr. Dieser hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dennoch ist das nur etwas für Leute, die zur Arbeitsstätte fahren oder kleinere Einkäufe machen. Einen Fernseher oder größere Einkäufe transportiert man nicht mit dem Fahrrad. Das Fahrradfahren wäre für mich von der Distanz nach Frankfurt zu weit. Zumal ich nur über ein Fahrrad ohne Gangschaltung verfüge und langsam fahre. Kampfradler sind natürlich viermal so schnell, mir aber auch schlicht unsympathisch. Anekdoten dazu vielleicht ein ander mal.

    Ich persönlich gehe somit dort einkaufen, wo ich einen möglichst kostenlosen Parkplatz finde, also im Einkaufszentrum. Die Innenstädte sehen mich zum Einkaufen mittlerweile selten. Dort herrscht teils künstlich herbeigeführter Stau und Parkplatzgebühren-Abzocke. Ich spreche dabei von Frankfurt, also nicht Kleinkleckersdorf Fußgängerzone. Die Stadtzentren der umliegenden Gemeinden wurden hingegen in den letzten Jahren immer unattraktiver für Einkäufer gestaltet. Hier kommt zur Parkplatz-Abzocke das schlechtere Angebot sowie teils Leerstand hinzu. Der Sog geht also zu den Metropolen, gegenüber denen die kleineren Zentren der umliegenden Gemeinden benachteiligt werden. Sie sind also eher unattraktiv.

    Die Lösung, die der "Welt"-Artikel vorschlägt, ist natürlich auch keine, die dem Online-Handel ein Kontra entgegen setzen kann. Statt Läden Wohnungen einzurichten, schafft ja keine Anziehungspunkte für Besucher, sondern eben reine Wohn- und Schlafareale. Handwerksbetriebe sind insofern noch Anziehungspunkte, als dort etwas gekauft werden kann. Zum Beispiel Stühle oder Tische beim Schreiner, Schuhe beim Schuster. Wenn allerdings mit einem Gewerbebetrieb stärkere Lärm- und Geruchsbelästigungen einher gehen sollen, werden in einem Wohngebiet schon die Anwohner auf die Barrikaden gehen.

    Diese Ansätze übersehen, um auf meine Eingangssätze zurück zu kommen, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Gerade der Mensch der Moderne möchte ja irgendwo schlendern, flanieren, sich aufhalten, wo er Eindrücke erhält, wo viele andere Menschen sind. Und das geht, abgesehen von temporären Festivitäten, nun einmal durch Gastronomie und Einkaufen. Gastronomie findet am ehesten in attraktiven Innenstädten ihren Widerhall. D.h., die Leute wollen am liebsten draußen auf einem Platz ihr Eis essen, wo es irgendwie angenehm zu sitzen ist. Aber Innenstädte können eben nicht nur aus Gastronomie und Wohnungen bestehen, zumindest wenn dort sonst keine Attraktivität besteht. In touristischen Altstädten sieht es etwas anderes aus. Es muss auch die Möglichkeit zum Einkauf gegeben sein. Wenn man aber sowohl verhindern will, dass Leute zum Einkauf mit dem Auto in die Stadt kommen, und zugleich den Online-Handel nicht beschränken möchte, ist der Tod der Innenstädte vorprogrammiert. Und da hilft auch keine Schadenfreude über die Probleme der Malls. Deren Sterben würde am Sterben der Innenstädte nichts ändern.

    Das Problem liegt somit im Online. Und es könnte weit größer sein, als bislang angenommen. Diesbezüglich erleben wir womöglich eine Revolution, deren weitergehende Auswirkungen noch nicht vollständig erfasst sind. Sollte sich der Online-Handel weiter ausweiten, wovon auszugehen ist (Amazon will ja jetzt Rund-um-die-Uhr liefern), und die Politik dem nicht durch Strafzölle oder Sondersteuern entgegen zu arbeiten gedenkt, werden wir zwangsläufig ein Sterben der Innenstädte als Geschäftsareal erleben. Wohlgemerkt nicht in den touristischen Arealen. Das ist dann aber viel mehr als das Ende der Autogerechten Stadt. Es ist auch eine geistige Revolution. Der Handel verlegt sich in die virtuelle Sphäre, so wie auch "Freundschaft" und sozialer Kontakt. Man sitzt lieber zu hause und verwaltet 1000 Freunde bei Facebook, statt sich mit einem echten Freund im Café zu treffen. Man klickt lieber auf "buy", statt in ein Geschäft zu gehen. Man lädt sich lieber ein E-Book herunter, statt mit den Kindern in die Bibliothek zu fahren.

    Ergo: Nicht nur die Stadt als sozialer Raum verschwindet, auch der Mensch als soziales Wesen. Es wäre die Revolution der Vereinzelung.

  • Ist natürlich ein komplexes Thema, aber Du bestätigst ja letztlich nur das, was ich schon gesagt habe:

    1. sind diejenigen Leute, denen die Erreichbarkeit per MIV sehr wichtig ist, ohnehin schon zu einem Großteil auf periphere Einkaufszentren ausgewichen, die Innenstädte brauchen sich hier mMn nicht mehr "krumm" zu machen, um diese Klientel zurückzugewinnen, da sie -egal wie- niemals gegen die kostenlosen Parkplatzwüsten vor diesen Dingern anstinken werden können.

    2. finde ich das Argument "Fernseher" immer etwas wohlfeil, wiewohl in diesen Diskussionen natürlich extrem beliebt. Wie oft im Jahr kaufst Du einen Fernseher oder etwas anderes Sperriges? Niemand möchte, dass sich die Leute mit dem neuen Flatscreen in die Straßenbahn setzen oder ihn auf dem Gepäckträger balancieren (wiewohl es durchaus sehr gute Transportlösungen für Fahrräder gibt mittlerweile), für derartige Aktivitäten wird man natürlich auch in Zukunft auf das Auto angewiesen sein, ggf. dann eben in Form von Carsharing oder anderen Möglichkeiten, aber auch hier wird wohl in Zukunft noch viel mehr über das Internet laufen. Auch hier ist also meiner Meinung nach für die Innenstädte nicht viel zu gewinnen, wenn sie versuchen, diese Leute zurückzugewinnen, denn es ist ein im wesentlichen sterbendes, zumindest aber rückläufiges Geschäft, auch wenn ich für dergleichen Anschaffungen immer noch brav zu Saturn fahre und vorher keine riesige Internetpreisrecherche starte.

    3. ÖPNV, ja der ist aufgrund von jahrzehntelanger Vernachlässigung auch wegen der starken Autolobby natürlich in einem beklagenswerten Zustand. Was es bräuchte, wäre ein mutiges Investitionsprogramm für die Kommunen, um hier etwas Gas geben zu können. Abgesehen von wenigen Strecken stammt ein Gutteil der relevanten Infrastruktur in den meisten westdeutschen Städten aus den 70er und 80er Jahren, aber es ist natürlich richtig, dass sich das Problem nicht innerhalb weniger Jahre wird lösen lassen. Frankreich und viele andere Länder haben aber in den letzten Jahren vorgemacht, wie man durch Investitionen in vergleichsweise preiswerte Straßenbahnsysteme eben doch auch mit überschaubarem Aufwand was machen kann. Nur in Deutschland gilt -außer in Ostdeutschland- noch diese 70er-Denke, derzufolge Straßenbahnen ein Verkehrsmittel der Vergangenheit sind. Immer wird eine Konkurrenz zum MIV beschworen, der neue Straßenbahnstrecken unmöglich machen, womit wir wieder beim Kampf um jede Spur wären.

    4. Radfahren: Es kann überhaupt kein Weg daran vorbeiführen, dass Fahrradfahren zukünftig einen größeren Anteil des innerstädtischen Verkehrs ausmachen wird. Auch hier wird von seiten der Autofahrer immer eine Konkurrenzsituation heraufbeschworen, gerne auch mit den üblichen Kampfbegriffen wie "Fahrradnazis" oder "Kampfradler", die jeglicher Grundlage entbehrt. Jeder Mensch, der vom Auto aufs Fahrrad umsteigt, ist einer weniger vor Euch im Stau. Wie kann man da ernsthaft etwas gegen haben? Dazu kommen dann auch immer die anekdotischen Geschichten über die pösen Radfahrer, die dann von den Radfahrern mit Geschichten über die pösen Autofahrer "gekontert" werden, am Ende dieser vorhersehbaren Diskussionen wurde dann mal wieder die Chance verpasst, zu einem echten Erkenntnisgewinn zu kommen. Für viele würde einfach schon ein Perspektivwechsel mal genügen, ich fahre sowohl Auto als auch Fahrrad in der Stadt und gehe recht viel zu Fuß und kann mit allen diesen Horrorstories relativ wenig anfangen, auch wenn ich natürlich ebenfalls Radfahrer erlebe, die über rot fahren und Autofahrer, die beim Rechtsabbiegen nicht auf Fahrradfahrer achten.

    In der Summe kann doch an der Erkenntnis, dass es so nicht weitergeht, nicht viel vorbeiführen, ich halte viele der Argumente in diesen Debatten für Rückzugsgefechte. Andere Länder machen doch vor, wie es geht und ich habe nicht den Eindruck, dass Kopenhagen oder Amsterdam abschreckende Beispiele für eine weniger autoorientierte Politik sind, im Gegenteil gewinnen diese Städte und ihre Anwohner unheimlich viel verlorengegangenen, toten, Raum zurück. Das hat auch nichts mit "Linkspopulismus" zu tun, natürlich gibt es bei solchen Veränderungen Konflikte, aber -nochmal-, wer einmal in diesen Städten war in den Niederlanden oder Skandinavien war, der kann sich nicht ernsthaft deutsche Verhältnisse zurückwünschen. Es verliert dabei niemand, nicht einmal die Autofahrer, die eben wesentlich leerere Straßen vorfinden... für alle Älteren und Gehbehinderten etc. ist natürlich für Lösungen gesorgt, es muss niemand zu Hause bleiben.

    Zu Deinem letzten Punkt: Klar bedroht das Internet unsere Art zu leben, wenn man nicht mehr ins Kino muss, sondern auf Netflix kucken kann, Pizza bestellen statt Essen zu gehen und alle Einkäufe im Internet macht. Auch hier besteht aber für Städte mit einer gewissen "Aufenthaltsqualität" eine Chance, während eben autoausgerichtete Innen- und Vorstädte tendenziell zu den Verlierern gehören werden. Es gibt ganz viele Chancen, die sich aus der Reduktion des MIV für viele Städte ergeben werden. Der dümmste Fehler, den Städte jetzt machen könnten, wäre hektisch die Rezepte der 1970er Jahre wiederzuleben etwa durch Aktionen wie kostenloses Parken, breitere Straßen etc. Damit verzögert man nur für ein paar Jahre das Unvermeidliche.

  • Das Tempolimit wird fallen, es wird am Ende durch die Autoindustrie selbst beerdigt werden. Ohne Tempolimit keine autonomen Systeme, und ohne autonome Systeme bleibt das Produkt "Auto" stecken und ist auf dem Weltmarkt mittelfristig nicht mehr konkurrenzfähig. Darüber mache ich mir tatsächlich kaum Sorgen. Damit geht auch meine Hoffnung einher, dass einst autonom fahrende Autos dem Sinnbild des selbstbestimmten "Freude am Fahren" widersprechen und immer weniger gekauft werden. Wozu soll ich ein Auto noch besitzen wenn es weitgehend autonom unterwegs ist, sich seinen Parkplatz selbst sucht, selbst entscheidet wo und wie schnell es fahren wird usw....

    Die Probleme werden in den USA und Ostasien für uns gelöst - leider. Wir werden letztlich deren Lösungen importieren.

    Als Nürnberger verzichte ich schon aus "Freude am Stehenlassen" auf mein Auto und lasse es - aktuell ist es eh irgendwie kaputt - einfach irgendwo im Viertel stehen auf einem der zahllosen kostenlosen öffentlichen Stellplätze. Und niemand stört sich daran. Es ist völlig paradox, dass man hier jeden Tag Artikel über wild in der Stadt abgestellten Müll lesen kann, aber an meinem temporär nicht wirklich fahrfähigen Kfz stört sich niemand, das steht einfach in der Straße als wäre es ein Grundrecht dass es dort steht und unangetastet bleibt. Weil ich keinen Bock habe auf Parkplatzssuche und Stau fahre ich mit dem Rad zur Arbeit, wenns regnet mit der U-Bahn. Eine solche urbane Mobilitätsstrategie ist schlichtweg Irrsinn. Und immer mehr Menschen erkennen das.

    Weil es so gut zum Thema passt:

    https://deref-gmx.net/mail/client/er…3Dpocket-newtab

  • Das meinte ich übrigens auch mit der "Verzagtheit" neulich mal in der Diskussion. Es geht in den öffentlichen Debatten fast nur noch um Verlustängste und Negativismus... "die Traumtänzer wollen uns jetzt auch noch das Auto klauen", anders als mit einer nationalen Neurose ums Auto kann ich mir das nicht erklären, der Popanz um das heilige Tempolimit ist dabei nur die (letztlich irrelevante, weil nurmehr symbolische) Spitze des Eisbergs.

    Währenddessen dreht sich die Welt um uns herum weiter und das, was früher die Deutschen waren, Zukunftsoptimisten, die an technischen Lösungen für eine "bessere Welt" arbeiteten, wurden zwischenzeitlich die USA und nun eben China etc... während hier Angst, Besitzstandswahrung und eine Romantisierung der Vergangenheit vorherrschen. Ich weiß einfach nicht, wie man 2019 ernsthaft noch glauben kann, dass die Lösung für innerstädtischen Verkehr wesentlich auf dem MIV basieren soll.

    Auch die Selbstverständlichkeit, mit der der in Städten ohnehin schon knapp bemessene Raum dem ruhenden Verkehr für lau überlassen wird und dies dabei noch fast als Menschenrecht angesehen wird, ist atemberaubend. Ich fange schon an zu schimpfen, wenn ich 100 m die Straße runter parken muss, hier sind sich einige Nachbarn nicht zu blöde, sich "ihren" Stellplatz durch das Aufstellen von Mülltonnen zu "reservieren", es ist in der Summe einfach nur unglaublich in einer so zentralen Lage.

    Und dabei immer alles negativ statt der Chancen, die sich durch eine Änderung ergeben könnten. Es würde allen, auch den Pendlern am Ende besser gehen, wenn wir ein paar Dinge mal anpacken würden, statt immer nur im Kleinklein zu verharren. Ich neige nicht zu utopischen Zukunfstentwürfen, aber von mobilitätsreformierten Innenstädten erwarte ich mir wirklich viel - und das Ziel sollte alles andere sein, als alles in eine einzige Fußgängerzone umzuwandeln, im Gegenteil, Autoverkehr kann ja sogar etwas Urbanes haben - aber eben eingehegt und klar begrenzt.

  • "Nothor", wenn Du Dein Auto in der Nähe meiner Wohnung stehen lassen solltest, wirst Du jemanden finden, der sich daran stört. Nämlich mich. :zwinkern: Wenn hier ein Auto sehr lange an einem Platz steht, bemerke ich das und schaue es mir genauer an. So vor ein paar Monaten. Ein Auto mit Platten stand längere Zeit herum, ich schaute nach, sah, dass der TÜV zwei, drei Monate abgelaufen war, und meldete das umgehend dem Ordnungsamt. Kurze Zeit später war es weg.
    Von meiner Seite aus ist das schon Eigeninteresse, denn eine solche Karre nimmt mir einen potenziellen Parkplatz weg. Ich melde auch illegalen Sperrmüll, wenn dieser länger als üblich herumliegt, Graffitis usw. Aber, ich gebe zu, dass sich viele Mitbürger nicht für so etwas interessieren, ich insofern einer Minderheit angehöre. Je mehr Mieter, je schwächer die Sozialstruktur, umso mehr nimmt das Desinteresse an der Umwelt bzw. dem Umfeld zu. Meine Beobachtung.

    Zu den autonomen Fahrsystemen. Diese bergen ungeahnte Risiken. Auf der persönlichen Ebene: Statt auf mein eigenes Einschätzungsvermögen zu vertrauen, gebe ich mein Leben in die Hände eines autonomen Systems. (Zur Vertiefung siehe hier und hier) Objektiv mag das sicherer sein, aber es hat eben einen psychologischen Aspekt. Zum Anderen macht es unsere Gesellschaft für Attacken anfälliger. Die Kriege der Zukunft werden Cyber-Kriege sein. Nun stelle Dir vor, es gelingt Hackern ausländischer Kräfte oder von Terrororganisationen, ein solches Steuerungssystem zu hacken. Binnen Sekunden kannst Du ein ganzes Land lahmlegen und zehntausende Crashs erzeugen. All das kann man als irrationale Zukunftsängste abtun. Diskutiert wird darüber jedenfalls schon. (Siehe hier)

    Letztlich drehen sich diese ganzen "Verkehrsprobleme" im Kreis und sie drücken sich um die Kernfrage. Das ist übrigens exakt das Gleiche wie bei der Wohnraumfrage. Hat man die Kernfrage gestellt (und beantwortet), erkennt man die Ursache vieler dieser "Probleme", für die nun hektisch auf technokratischem Weg nach Lösungen gesucht wird.

    Die Kernfrage(n) nach den Ursachen von immer mehr Verkehr und Wohnraumnot lautet(n) auf Deutschland bezogen: Welche Bevölkerung wächst eigentlich? Weshalb wächst sie? Und wer hat ein Interesse an diesem Wachstum?

    @"Heinzer"
    Zum Fahrrad: Ich bin, wie gesagt, kein guter Fahrradfahrer. Frankfurt ist mir mit dem Rad in der Regel zu weit, auch wenn ich es schon zwei-, dreimal gemacht habe. Vor allem bei Wind und Wetter. Für mich fällt diese Alternative aus.
    Zum ÖPNV: Ich hätte nichts dagegen, mehr ÖPNV zu nutzen. Aber dazu müsste er für mich deutlich attraktiver werden. Schnellere Taktung, auch nachts. Saubere, gepflegte Haltestellen. Saubere Züge. Pünktliche Züge. Ständig präsentes Sicherheitspersonal, vor allem nachts. Wenig Wartezeiten beim Umsteigen. Günstige Tickets.
    All das ist bei mir derzeit nicht gegeben. Zum Sicherheitsgefühl und zu den versifften Haltestellen habe ich bereits geschrieben. Auch zu den Kosten. Ich muss zudem eventuell abends dann noch eine halbe Stunde an der Bushaltestelle stehen, da die Bahn nicht bis in meinen Ort fährt. Nachts fährt dann irgendwann gar kein Bus mehr. Manchmal mache ich das. Im Winter hat zum Glück in der Nähe ein kleiner Rewe auf. In den flüchte ich mich dann und lungere ein wenig in ihm herum, um mich etwas aufzuwärmen. Eventuell kaufe ich dort einen kleinen Schoko-Snack oder eine Cola, nur damit es nicht komisch aussieht. Der gefühlt letzte Deutsche auf der Straße und im Markt bin ich ohnehin, das ist für mich schon normaler Alltag. Mit dem Auto wäre ich in der Regel schon lange zu Hause. Ergo: Die reale Situation ist zu unattraktiv, vor allem wenn Du in der (noch bezahlbaren) Peripherie lebst. Und daran wird sich mittelfristig wohl nichts ändern. Sie können nur die Leute unter Druck setzen, indem sie ihnen das Autofahren stärker verübeln.
    Ich habe meinen Frankfurter Freunden schon gesagt: "Wenn die das kostenpflichtige Parken rund um die Uhr in Frankfurt einführen, komme ich Euch nicht mehr besuchen." Und Einkaufen werde ich dann nur noch online. Vereinzelung eben. Zum Glück habe ich ja nicht mehr so lange. Mehr als die Hälfte ist rum. Auf dem Friedhof muss ich mich mit dem Zeug nicht mehr beschäftigen. :zwinkern:

  • Sorgen kann man sich aber schon machen - allein durch dem Umstieg auf die Elektromobilität fallen sehr viele Arbeitsplätze weg...

    Warum sollte mir das Sorgen machen, Arbeitsplätze gibts doch nicht um ihrer selbst willen, oder schreibst du der Autoindustrie eine caritative Einstellung zu? Wen interessieren denn die aussterbenden Berufe wie Buchbinder, Steinmetze, Musikinstrumentenbauer usw, jetzt, da die Dinge in Fabriken gebaut und massenweise billig hergestellt werden? Warum sollte mich das bei der Autoindustrie interessieren, ich finde es doch super, wenn ein Auto künftig billiger sein könnte, aus weniger Teilen besteht, die sogar fast alle wartungsfrei sein könnten, Ölwechsel gibts nicht mehr, keine Zylinderkopfdichtungen mehr, oder Kühler- oder benzinpumpen mehr, keine Filter usw. Ich muss mir nur noch einen Akku mieten oder eben alle paar Jahre einen kaufen. In meinen Augen eine grandiose Zukunft. Blöd nur, dass die Autoindustrie daran nicht teilhaben wollte und nun die Amerikaner und Chinesen einen großen Vorsprung haben. Aber naja, ist ja nicht so dass unsere Autohersteller jetzt schon defizitär wären, sie könnten wenn sie wollten bereits heute.

    Als vor 100 Jahren die Pferdefuhrwerke aus den Städten verschwanden, und mit ihnen die Kutscher, Sattler, Hufschmiede und so konnte das auch niemand aufhalten.

    Jeder kann sehen wie eine Stadt aufblüht, wenn man den Autoverkehr stilllegt. Einzig der Autoverkehr ist für schlechte Wohnlagen verantwortlich, für No-Go-Areas und unattraktive Viertel. Erschließe das mit ÖPNV, schaffe ein paar Grünanlagen mehr und Freizeitangebote, und schon hast du Leben in der Gegend wo jetzt der Individualverkehr tost und Autos parken.

    Ich warte darauf, dass ein Autohersteller auf die Idee kommt, die Dienstleistung "Mobilität" in einer gesamten Stadt anzubieten: Auf stark frequentierten Wegen kommen die von der Kommune übernommenen Systeme U-Bahn, Tram und Bus zum Einsatz und die letzten km erledigen Kleinstbusse, autonom und elektrisch, die man direkt schon im Zug bestellen kann. Sobald dieser Denkansatz mal irgendwo gesackt ist, geht alles ganz schnell. Man stelle sich vor Daimler und Porsche würden für Stuttgart den gesamten ÖPNV übernehmen, die lokalen Verkehrsunternehmen dazu übernehmen und garantieren, jeden Nutzer bis vor die Haustüre zu bringen. Das wäre technisch möglich und eine echte Alternative zu heute, da es keinen ruhenden Verkehr mehr geben muss. Der Nachteil wäre natürlich eine riesige Marktmachtkonzentration. Außer zu Fuß oder mit dem Rad könnte man sich ohne diese Unternehmen nicht mehr fortbewegen. Ist allerdings bereits heute so für all jene, die kein eigenes Auto haben.

  • @nothor ich blicke mit großer Skepsis in die Zukunft. (Es heißt heutzutage, man soll mutig sein, aber man kann es sich eben nicht aussuchen, welch ein Mensch man ist). An der deutschen Autoindustrie hängt nun mal alles! Große Unternehmen, bsp.: Siemens, sagen ganz explizit: "Wir sind kein deutsches Unternehmen", zukunftsfähige Technologien wurden verkauft, oder werden in Deutschland nicht weiterentwickelt. Ich kann mich noch erinnern, als die Magnetschwebebahn zur Diskussion stand, da ging es um eine lächerlich Milliarde, die der Freistaat Bayern nicht bereitstellen wollte. Im Zuge der Bankenrettung sind solche Beträge Peanuts. Warum hat man nicht investiert?

    Allerdings nervt mich dieser Autoverkehr auch gewaltig.
    Ich habe bereits eine ganze Fotoserie zusammengestellt, um diesen Wahnsinn, den ich jeden Morgen auf der Fahrt zur Arbeit erlebe, zu dokumentieren. Erschwerend kommt hinzu, dass im ländlichen Bereich der Schienenverkehr stillgelegt wurde. Das sind jetzt alles Fahrradwege.

    Ich warte darauf, dass ein Autohersteller auf die Idee kommt, die Dienstleistung "Mobilität" in einer gesamten Stadt anzubieten:


    Das wäre ein tolles Zukunftsszenario. Der Mensch will eigentlich nur mobil sein. Ich sehe nur keinen Impuls, wie es in diese Richtung gehen könnte?(Außer neue Steuern einzuführen).

    Wenn man weit in die Zukunft blicken möchte, nach dem Peak Oil(?), erst dann könnte ein gutes Zeitalter für die Architektur anbrechen. Vielleicht lebt der Mensch wieder im Einklang mit der Natur und bekommt ein Bewusstsein für seine Umwelt, um seine Straße und sein Lebensort wieder schön zu gestalten.

    Beauty matters!

  • Ich denke, eine Variante des ÖPNV kommt in der Dikussion regelmäßig zu kurz:

    Die gute alte Straßenbahn. Ähnlich effizient wie U-Bahnen, nur sehr viel billiger und schneller zu realisieren, insbesonderen wenn man die Züge auf den Straßen fahren läßt. Auf eigene Trassen sollte tunlichst verzichtet werden, schon aus städtebaulichen Gründen. Und klar, der Autoverkehr wird dadurch etwas behindert - ein m. M. nach durchaus willkommener Effekt.

  • Ich denke, eine Variante des ÖPNV kommt in der Dikussion regelmäßig zu kurz:

    Die gute alte Straßenbahn. Ähnlich effizient wie U-Bahnen, nur sehr viel billiger und schneller zu realisieren, insbesonderen wenn man die Züge auf den Straßen fahren läßt. Auf eigene Trassen sollte tunlichst verzichtet werden, schon aus städtebaulichen Gründen. Und klar, der Autoverkehr wird dadurch etwas behindert - ein m. M. nach durchaus willkommener Effekt.

    Sehe ich ganz ähnlich. Die Opposition gegen die Straßenbahn in Westdeutschland zeigt auch, wie wenig sich im Grunde getan hat seit den 1970er Jahren. Mit der Straßenbahn gibt es ein etabliertes System mit absolut berechenbaren Baukosten pro km, eine U-Bahn kostet im Vergleich etwa das 20fache pro km. Während Busse eine durchschnittliche Laufzeit von etwas über 10 Jahren haben, fahren in Deutschland immer noch Straßenbahnen, die 40 Jahre und mehr auf dem Buckel haben.

    Ich glaube aber trotzdem, dass man eigene Trassen braucht, sonst steht die Bahn ja mit den Autos im Stau. Man kann da aber super Sachen machen wie Rasengleise etc.... wie gesagt, es gibt hier bei unseren südwestlichen Nachbarn viel zu lernen. Sowohl Frankreich als auch Spanien und Italien führen zur Zeit die Straßenbahn in ihren Städten im großen Stil wieder ein, während man in Deutschland weiterhin in den 70ern steckt mit diesem Mantra der Trennung der verschiedenen Verkehrsträger (der 70er-Traum waren ja diese erhöhten Fußgängerebenen, möglichst nur Autos auf Straßenniveau und unterirdische Schnellbahnen). Nun führt in großen Städten sicherlich nichts an U-Bahnen vorbei, aber gerade für mittelgroße Städte oder eben Strecken, die nachfragetechnisch zwischen Bus und U-Bahn liegen, ist die Straßenbahn ein sehr gutes Konzept.

    Und wieder muss man -nach meinen Holland- und Dänemarkvergleichen- die Frage stellen: Wieso soll das, was in Leipzig, Ostberlin und Dresden (oder Straßburg, Barcelona und Florenz) ganz hervorragend klappt, nicht auch in westdeutschen Städten möglich sein? Es ist ja nicht ohne Grund so, dass München und Nürnberg entgegen der ursprünglichen Planung an ihrer Tram festhalten und sie sehr zur Freude der Bewohner sogar wieder ausbauen, während die Städte, die sich in den letzten Jahrzehnten teure Stadtbahnsysteme angeschafft haben, kaum noch Strecke zubauen, weil es v.a. innerstädtisch so viel teurer ist mit der Streckentrennung, den Hochbahnsteigen und Tunnelstrecken.

  • @nothor ich blicke mit großer Skepsis in die Zukunft. (Es heißt heutzutage, man soll mutig sein, aber man kann es sich eben nicht aussuchen, welch ein Mensch man ist). An der deutschen Autoindustrie hängt nun mal alles! Große Unternehmen, bsp.: Siemens, sagen ganz explizit: "Wir sind kein deutsches Unternehmen", zukunftsfähige Technologien wurden verkauft, oder werden in Deutschland nicht weiterentwickelt. Ich kann mich noch erinnern, als die Magnetschwebebahn zur Diskussion stand, da ging es um eine lächerlich Milliarde, die der Freistaat Bayern nicht bereitstellen wollte. Im Zuge der Bankenrettung sind solche Beträge Peanuts. Warum hat man nicht investiert?

    Allerdings nervt mich dieser Autoverkehr auch gewaltig.
    Ich habe bereits eine ganze Fotoserie zusammengestellt, um diesen Wahnsinn, den ich jeden Morgen auf der Fahrt zur Arbeit erlebe, zu dokumentieren. Erschwerend kommt hinzu, dass im ländlichen Bereich der Schienenverkehr stillgelegt wurde. Das sind jetzt alles Fahrradwege.

    Ja, es ist ein zweischneidiges Schwert, wie immer bei komplexen Themen. Ich sehe aber ehrlich deutlich optimistischer in die Zukunft. Deutschland hat bislang von Technologiesprüngen immer nur profitiert, warum sollte das diesmal anders sein? Die deutsche mittelständische Industrie ist allen Unkenrufen zum Trotz weiterhin eine der innovativsten und wettbewerbsfähigsten der Welt. Das Problem sind eher die alten Gemischtwarenläden wie eben Siemens, VW, Deutsche Bank und andere Großkonzerne, die die alte Deutschland-AG ausmachten. Sie sind träge, korruptionsanfällig und in vielerlei Hinsicht schwächer als die kleinen "Champions". Bei der Magnetschwebebahn aber Widerspruch. Das ist doch ein System, das seine Vorteile wegen der extrem hohen Investitionskosten nur auf Langstrecken ausfahren kann. Hamburg-Berlin wäre sowas gewesen, in 45 min.... diese bessere S-Bahn zwischen Flughafen und Hbf in München hätte doch die Vorteile des Systems gar nicht zeigen können.

    Aber es stimmt schon, auch damals herrschten Verzagtheit und Angst. Es gibt aber auch Gründe, warum China die Technologie eben nicht weiterentwickelt hat und die Strecke da weiterhin als eine der typischen Innovationsruinen, zusammen mit all den Einschienen-, Alweg- und anderen innovativen Bahnsystemen, die in der Welt so gebaut wurden, herumsteht. Auch China als ganz sicher nicht investitionsscheues oder experimentierfreudiges Land setzt auf die gute alte Schiene, selbst bei ihrem Schnellzugsystem. Es ist eben schon eine ganz schöne Aufgabe, neben Straße und Schiene ein drittes, komplett neues Verkehrsinfrastruktursystem aufzubauen und zu erhalten.

    So schlecht kann das System Eisenbahn also nicht sein.

  • Die Kernfrage(n) nach den Ursachen von immer mehr Verkehr und Wohnraumnot lautet(n) auf Deutschland bezogen: Welche Bevölkerung wächst eigentlich? Weshalb wächst sie? Und wer hat ein Interesse an diesem Wachstum?


    @"Heinzer"
    Zum Fahrrad: Ich bin, wie gesagt, kein guter Fahrradfahrer. Frankfurt ist mir mit dem Rad in der Regel zu weit, auch wenn ich es schon zwei-, dreimal gemacht habe. Vor allem bei Wind und Wetter. Für mich fällt diese Alternative aus.
    Zum ÖPNV: Ich hätte nichts dagegen, mehr ÖPNV zu nutzen. Aber dazu müsste er für mich deutlich attraktiver werden. Schnellere Taktung, auch nachts. Saubere, gepflegte Haltestellen. Saubere Züge. Pünktliche Züge. Ständig präsentes Sicherheitspersonal, vor allem nachts. Wenig Wartezeiten beim Umsteigen. Günstige Tickets.
    All das ist bei mir derzeit nicht gegeben. Zum Sicherheitsgefühl und zu den versifften Haltestellen habe ich bereits geschrieben. Auch zu den Kosten. Ich muss zudem eventuell abends dann noch eine halbe Stunde an der Bushaltestelle stehen, da die Bahn nicht bis in meinen Ort fährt. Nachts fährt dann irgendwann gar kein Bus mehr. Manchmal mache ich das. Im Winter hat zum Glück in der Nähe ein kleiner Rewe auf. In den flüchte ich mich dann und lungere ein wenig in ihm herum, um mich etwas aufzuwärmen. Eventuell kaufe ich dort einen kleinen Schoko-Snack oder eine Cola, nur damit es nicht komisch aussieht. Der gefühlt letzte Deutsche auf der Straße und im Markt bin ich ohnehin, das ist für mich schon normaler Alltag. Mit dem Auto wäre ich in der Regel schon lange zu Hause. Ergo: Die reale Situation ist zu unattraktiv, vor allem wenn Du in der (noch bezahlbaren) Peripherie lebst. Und daran wird sich mittelfristig wohl nichts ändern. Sie können nur die Leute unter Druck setzen, indem sie ihnen das Autofahren stärker verübeln.
    Ich habe meinen Frankfurter Freunden schon gesagt: "Wenn die das kostenpflichtige Parken rund um die Uhr in Frankfurt einführen, komme ich Euch nicht mehr besuchen." Und Einkaufen werde ich dann nur noch online. Vereinzelung eben. Zum Glück habe ich ja nicht mehr so lange. Mehr als die Hälfte ist rum. Auf dem Friedhof muss ich mich mit dem Zeug nicht mehr beschäftigen. :zwinkern:

    Naja, nun noch 40 Jahre Versäumnisse in moderner Verkehrspolitik der Migration der letzten 5 Jahre in die Schuhe zu schieben, finde ich etwas unlauter. Der Trend zu den Städten, die Verödung der Peripherie wären auch so gekommen, eben wegen des demografischen Wandels, gerade Frankfurt hätte ohnehin zu den weiterwachsenden Städten gehört, durch Binnen- wie auch durch Migration von außen. Vielleicht hat es der Großraum heute 50.000 EW mehr als er ohne "2015" gehabt hätte, all das ändert aber nichts am ohnehin unterfinanzierten und unterdimensionierten Verkehrssystem. Auch das praktisch migrationsfreie Japan kämpft mit extrem hohen Wohnkosten in den wenigen Ballungszentren und einer parallel noch viel stärker verödenden Peripherie.

    Zum Unsicherheitsgefühl im ÖPNV: Das ist schade und muss sich ändern, da bin ich bei Dir. Ich bin zwar vielleicht noch ein paar Jahre jünger, recht groß und eben männlich, dass so etwas aber für ältere Menschen oder eben Frauen v.a. in den Randzeiten eine Rolle spielt, möchte ich nicht bestreiten und ist eine Schande. Aber natürlich kann man solche Dinge lösen, München bekommt es ja auch hin. Es muss eben investiert werden in die Stationen, in Sauberkeit und Sicherheit. Außerdem ist natürlich auch ganz viel gefühlte Unsicherheit dabei, auch wenn das hier keiner hören will.

    Die Zahl der Gewalttaten sinkt seit Jahrzehnten, obwohl im Bereich Körperverletzung und sexuelle Gewalt nun viel weitere Definitionen herrschen und die Anzeigebereitschaft viel größer geworden ist. Dass der vergleichsweise hohe Anteil an Migranten an vielen Straftaten in diesem Bereich ein Problem darstellt, möchte ich damit aber nicht in Abrede stellen. Das Problem ist nur eben nicht so groß, wie es die bundesweit bekannt gewordenen Skandaltaten erscheinen lassen. Insgesamt nimmt die Zahl der Straftaten in diesem Bereich auch jetzt wieder Jahr für Jahr ab und das wie gesagt, obwohl nun viel mehr Straftatbestände als früher als Gewalt- oder Sexualstraftaten gewertet werden. Dass die Zahl der Morde 2016 und 2017 so viel höher war als vorher, liegt übrigens an Nils Högels gut 150 Morden in Oldenburger und Delmenhorster Krankenhäusern und dem Absturz der Germanwings-Maschine (149 Tote), die beide diesen Jahren zugeordnet wurden.

    ZeitOnline

  • Ganz einfach, weil es die wichtigste deutsche Schlüsselindustrie mit einem Umsatz von über 425 Mrd. Euro ist, von der fast 2 Mio. Arbeitsplätze abhängen.

    Ja, das war wohl mal. Ehrlich, mein Mitleid mit einer Branche, die immernoch Milliarden verdient und offenbar kein Interesse daran zeigt, den Heimatmarkt auch zu einem Innovationsmarkt zu machen, d.h. zu fordern dass man hier die Regularien und Grenzwerte höher einstellt als anderswo auf der Welt, damit man bei Forschung und Entwicklung ganz vorne dabei ist, ja mein Mitleid hält sich in Grenzen. Wer sich nicht anstrengen möchte der scheitert nunmal. Leider hat auch die Politik das nicht erkannt und zugelassen, dass aus einem Vorreiterstandort ein Schlusslicht wurde. Als es nur um Gurte, Airbags und Gimmicks ging wie Unplattbarreifen oder Sitzheizungen war die Welt noch in Ordnung. Nur jetzt, bei der Verkehrswende sehen plötzlich alle rot.

    Nein, ich glaube Deutschland ist ohne so eine Autoindustrie besser dran. Was glaubt ihr denn was aus der deutschen Autoindustrie wird, wenn sie in Kalifornien kaum mehr Marktanteile haben, weil die Fahrzeuge zu schmutzig sind? Oder in China nicht mehr verkaufen können weil der Antriebsmix nicht stimmt? So wie wir Deutschen in den 1990'ern über "Landwind"-SUV's, Ladas und Dacias gelächelt haben, so lächeln bald die Asiaten über deutsche Produkte. Dann verschwinden die Arbeitsplätze von ganz alleine, auch ohne durch Politik und Bevölkerung betriebene Verkehrswende.

    Ich habe mich früher, frisch den Führerschein gemacht, auch für Autos interessiert. War regelmäßig in Autohäusern, habe Zeitschriften durchgeblättert und Messen besucht. Schnell merkt man aber, dass es immer dieselben Technologien waren in aufgehübschten Karosseriekleidern. Ich hatte dann das Gefühl, dass mir stets alter Wein in neuen Schläuchen angeboten wurde. Wenn ich das mit der Computertechnik vergleiche, was sich da getan hat, ist das absolut enttäuschend. Mein Interesse an Autos ist dann ziemlich schnell verflogen, mein Geld zu schade dafür gewesen. Später kam hinzu, dass Autobahnen und Städte nur noch verstopft sind und heute lasse ich mein Auto fast nur noch stehen, und nutze es als Lastenesel für den Baumarkt oder irgendwelche Transportfahrten.

    Anstatt zu jammern sollte man froh sein, dass es in Deutschland noch Hersteller für Straßenbahnen, Züge und Flugzeuge gibt. Ja, Mobilität ist z.B. auch Bombardier, Siemens und ABB, die sich auf dem Weltmarkt behaupten. Und die Regularien im deutschen Schienenverkehr dürften unter den Strengsten der Welt sein, deshalb sind deutsche Schienenprodukte durchaus auch konkurrenzfähig. Bei den Fahrradherstellern dasselbe. Nein, Deutschland wird nicht untergehen wenn die Autoindustrie ihre Weltmarktführung einbüßt. Im Gegenteil.

    Ich erinnere mich noch rege an die Diskussionen in Berlin nach der Wende. Die Hauptlast des städtischen Verkehrs im Osten leisteten die unzählichen uralten Straßenbahnlinien. Im Westen gab es keinen einzigen Schienenkilometer mehr. Und dann wurde rege diskutiert, ob man die teure Straßenbahn im Osten nicht stilllegen sollte und durch Busse ersetzen könne, wie in Westberlin. Gottseidank hat sich sehr schnell die Erkenntnis durchgesetzt, dass es ein Fehler wäre und heute wächst die Straßenbahn wieder schrittweise tief in den Westteil der Stadt hinein. Von dieser Erkenntnis können freilich andere westdeutsche Städte nur träumen.

    Ich möchte nochmal mein Beispiel "Stuttgart" etwas illustrieren. Ich stelle mir das so vor, dass ein Initialzündung bspw. ein Urteil zu umfangreichen Fahrverboten in der Innenstadt sein könnte. In diese Bresche könnte sofort ein Mobilitätsanbieter springen, der mit emmissionsarmen Fahrzeugen an jeder Haltestelle die Fahrgäste einsammelt und zu ihren wenig entfernten Zielen bringt. Das ginge digital, autonom und elektrisch, solange die Straßen nicht verstopft sind. Nach spätestens 15 Minuten ist das Fahrzeug wieder an der U-Bahn-Haltestelle und sammelt die nächsten Fahrgäste ein. Wenn eine gewisse Anzahl davon rund um jede Haltestelle kreist und so permanent Leute holt und bringt schwinden Wartezeiten und es gäbe kaum noch stehenden Verkehr. Das alles wäre heute schon machbar, die Technologien sind da. Es geht nur schon deshalb nicht, weil niemand in einem öffentlichen Verkehrsmittel im Stau stehen möchte, der wiederum entsteht weil jeder kostenlos und so oft und lange er will auf öffentlichen Straßen fahren und stehen darf. Ob und wie dieser Mobilitätsanbieter dann auch beim Betrieb einer U-Bahn oder Straßenbahn beteiligt ist sei mal dahin gestellt. Das gehört aber m.E. zusammen, damit die lokal kreisenden Fahrzeuge nicht die anderen Systeme kannibalisieren. Das Ganze wäre auch ohne große Eingriffe in die urbane Architektur machbar, es würde nur enormer Platz verfügbar gemacht der für andere Zwecke genutzt werden könnte. Große Parkplätze, parkhäuser und riesige Straßenkreuzungen wären überflüssig. Wer die Stadt verlassen will nimmt sich am Stadtrand ein Mietfahrzeug oder fährt Bahn, je nachdem wo er hin will.

  • Na gottseidank wohnt in einem U-Bahnhof niemand. Hier dürften vielmehr die oft kritisierten Feinstaubgrenzen für Büroarbeitsplätze gelten, die ja vielfach höher liegen als an der "frischen Luft". Das Problem ist ja dass der MIV kein demokratisches, gleichberechtigendes Verkehrskonzept ist. Wer es sich leisten kann zieht aus einer verkehrsbelasteten Gegend weg dorthin, wo er davon verschont bleibt, z.B. auf dem Land. Wenn der Arbeitsplatz in der Stadt liegt, dann wird ein Fahrzeug angeschafft und der Verkehr in dem Ort, wo man vorher wegen des Verkehrs weg gezogen ist, damit zusätzlich belastet. Dieselben Leute fordern dann für ihre Wohnstraßen Durchfahrverbote, verkehrsberuhigte Spielstraßen, besser noch Sackgassen und Anwohnerregelungen, aber sobald sie aber auf den Straßen sind, an denen andere Menschen wohnen, fordert man freie Fahrt, mehr Spuren, mehr Parkplätze, höhere Geschwindigkeiten und am besten noch die Abschaffung von Bussen und Bahnen, weil die einen ja nur behindern. Das ist doch behindert!

  • Mein Stuttgart-Beispiel ist nur modellhaft zu verstehen, weil sich die Stadt wirtschaftlich über die beiden großen Autohersteller definiert, und m.E. deswegen prädestiniert dafür wäre, neue Konzepte zu erproben. Was hält die Autohersteller denn noch in Deutschland, wenn Produktion und Entwicklung inklusive Erprobung in der Praxis in Deutschland nicht mehr möglich oder attraktiv sind? Seit Jahren schon heisst es, dass die gewinne im Ausland, v.a. Asien eingefahren werden. Warum also nicht komplett dorthin wandern?

    Zitat von holanda

    Diese Fahrgastmengen kannst Du doch nie im Leben mit kleinen autonomen Sammeltaxis ersetzen.

    Wieso nicht? In meinem Gedankenspiel steigen ja nicht alle 190 Fahrgäste auf einmal aus und wollen letztlich alle zum selben Ziel. Wenn doch, dann kann man statt Sammeltaxi auch einen herkömmlichen Bus oder Straßenbahn nehmen. Die Crux ist doch vergleichbar mit der Paketzustellung, die "letzte Meile", in der Stadt dürften das nur wenige hundert Meter oder wenige Kilometer sein, an der Peripherie sind das schonmal mehrere Kilometer. Wenn ich hier in Nürnberg beobachte, wieviele Leute im Durchschnitt an so einer Bushaltestelle aussteigen, und mir auch noch vorstelle, dass jeder davon woanders hin möchte. Und wenn ich dann hochrechne, wieviele das sein würden, wenn der Anteil an MIV stark abnähme, dann kannst du schon mit solchen Sammeltaxis arbeiten. Zwei Leute in die Sowiesostraße, drei zum Hastenichtgesehenplatz, fünf zum Ärztehaus .... warum soll das nicht gehen wenn es heute sogar geht, dass jeder denselben Weg in eigenen PKW zurücklegt?


    Zitat von holanda

    Mir ging es auch nicht um die Automobilbranche als solche, sondern eher um die Steuerausfälle und Arbeitslosenzahlen, die sich hier abzeichnen. Im übrigen ist die deutsche Automobilindustrie hochgradig verschuldet, Daimler z. b. laut eigenem Geschäftsbericht mit 180 Mrd. Euro, was auch noch nette Bankrettungen nach sich ziehen dürfte.

    Wenn man Mobilität als Dienstleistung betrachtet und nicht als Produkt, dann sehe ich das beileibe nicht so schwarz. Irgendwer muss ja die Mobilitätsangebote, die aus digitalen Angeboten und aus Hardware bestehen ja herstellen, bereitstellen, pflegen, warten, putzen, reparieren. In der Automobilbranche sind tausende hochqualifizierter Menschen beschäftigt, die man beim ÖPNV und den entsprechenden Herstellern auch dringend brauchen würde. Dass Daimler hoch verschuldet ist ist in der Tat ein Risiko. Dann sollte man besser heute beherzt handeln anstatt in 10 Jahren das ganze Land vor unlösbare Probleme zu stellen. Niemand rettet gerne ein Unternehmen, dass Produkte von Gestern herstellt. Frag mal in Ostdeutschland nach was das bedeutet.

    Zitat von holanda

    Bombardier ist ein Unternehmen aus Kanada, dessen zugekauftes Deutschlandgeschäft defizitär ist, ABB ist ein Unternehmen aus der Schweiz mit eingeschränkten Angebot (keine Lokomotiven) und Siemens wollte ja seine Bahnsparte mit Alstomfusionieren. Ich glaube nicht, daß diese Hersteller langfristig ein großes Interesse an einer Produktion in Deutschland haben. Der weltweit größte Zughersteller CRRC kommt übrigens aus China und ist gerade dabei, erste Systeme in Europa zu verkaufen.

    Da hast du Recht, und trotzdem fahren hier Busse und Bahnen, und niemand hat herumgeheult dass die deutschen Schienenfahrzeughersteller ins Ausland verkauft wurden. Immerhin wird hier noch viel produziert. Das, was vor Jahren in der Schienenfahrzeugbranche passiert ist wiederholt sich gerade im Autobau. Und insbesondere die Politik scheint mir völlig paralysiert, handlungsunfähig.

    Zitat von holanda

    Ich halte die Stuttgarter Feinstaubdiskussion, so wie sie geführt wird, für völligen Quatsch. Laut offizieller Website der Stadt Stuttgart stammen 7 % des Feinstaubs von Autoabgasen, 44 % durch Abrieb (den gibts auch bei Elektroautos, durch die Rekuperation vielleicht beim Bremsen etwas weniger) und 30 % durch externen Eintrag (der Wind bläst es in den Talkessel hinein). Interessant auch, daß Pelletheizungen bis zum 1200-fachen von Dieselmotoren ausstoßen dürfen, was der hiesigen Politik durchaus geläufig ist.


    Argument: Die gepressten Holzreste setzen bei der Verbrennung so viel Kohlendioxid frei, wie der Baum zuvor aus der Atmosphäre gebunden hat.

    Gegenfrage: Warum fährt man dann nicht mit Hybrid-Fahrzeugen, die mit zertifiziertem Biokraftstoff auf Langstrecke betrieben werden und innerorts elektrisch fahren? Die Technologien (Brasilien ...) sind längst vorhanden und die gesamte Reichweiten- und Ladeproblematik fällt weg.

    Ja, die Feinstaubdiskussion ist schon eine Art Stellvertreterkrieg. Pelletheizungen sind m.E. auch so ein Irrweg. M.E. dürfte keinerlei Holz verbrannt werden. Welchen Sinn macht es, Holz anzubauen um es anschließend wieder zu verbrennen. Noch schlimmer wird es wenn das Holz für diese Heizungen auch noch lange Wege auf dem LKW hinter sich hat bevor es im Ofen landet um Feinstaub und CO² zu produzieren. M.E. geht Bindung von CO² am besten, wenn man Gebäude in Holzbauweise fördert. Dort ist das CO² als Baustoff auf Jahrzehnte gebunden und wirkt Positiv auf die CO²-Bilanz. Durch Pflanzenwachstum lässt sich CO² effektiv, in großen Mengen, kostenlos binden, und diese "Fabriken" sind auch noch 100% Natur. Und wenn es soweit ist werden daraus Häuser gebaut. Die Eichenbalken in Notre-Dame hatten über 900 Jahre lang CO² gebunden, das vor zwei Wochen wieder freigesetzt wurde und in die Atmosphäre gelangt ist.

    Ob nun Elektro, Wasserstoff oder Hybrid, mir solls egal sein. Es bringt nur alles nichts, wenn es dabei bleibt und jeder ein Fahrzeug besitzt und völlig ungeregelt jederzeit überall fahren darf und stau verursachen kann. Denn ob der Stau nun aus Elektrofahrzeugen oder Diesel besteht, und ob unsere Städte von Hybridfahrzeugen oder Wasserstoffantrieben zugeparkt werden ist letztlich egal, ist beides unschön. Es geht letztlich auch um die Frage, ob wir wie bisher enorme Flächen in unseren Städten für privaten Fahrzeugen opfern wollen. Ich schaffe mein Auto ab, sobald es für mich unverhältnismäßig teuer ist. Solange die Stadt mir kostenlose Straßen und Parkplätze bereitstellt, und ich nur meine private Versicherung und die extrem niedrige Steuer zahlen muss, behalte ich den Wagen.

  • Laut offizieller Website der Stadt Stuttgart stammen 7 % des Feinstaubs von Autoabgasen, 44 % durch Abrieb (den gibts auch bei Elektroautos, durch die Rekuperation vielleicht beim Bremsen etwas weniger) und 30 % durch externen Eintrag (der Wind bläst es in den Talkessel hinein).

    Nochmal ein Wort hierzu: Als Radfahrer habe ich eine eigene Sicht auf diese Zusammenhänge, sicherlich etwas unwissenschaftlich, aber es reicht regelmäßig dass ich handele. Es passiert mir oft dass ich an einer Ampel halten muss, die Straße ist schmal und ich fahre auf der Fahrbahn. Neben und hinter mir Autos. Oft macht mir das nichts, abgesehen davon dass ich latent genervt bin da grds. jedes Fahrzeug für mich gefährlich sein kann. Vor zwei Jahren ist eine Arbeitskollegin tödlich verunglückt, als sie von einem rechtsabbiegenden LKW überfahren wurde. Soweit sogut, aber es kommt eben oft vor, dass ich einen widerwärtigen Gestank bemerke, der mir die Luft zum Atmen nimmt. Wenn ich mich umdrehe sind das meistens irgendwelche älteren Fahrzeuge, Transporter oder ungepflegte PkW, was mich dann dazu veranlasst die Luft anzuhalten und den Ort zu verlassen. Ich gehe dann meistens auf den Gehweg und stelle mich ein paar Meter weiter an die Fußgängerampel und warte dort auf grün. Diese faktische Belastung hat glaube ich wenig mit Reifenabrieb zu tun, sondern tatsächlich mit dem was aus dem Auspuff kommt. Mag sein, dass 9 von 10 Verbrennern weitgehend sauber sind, aber solange eben der eine alte Transporter, das eine Mofa mit blauweißer Abgaswolke noch herumfahren kann und neben mir steht und mich einnebelt, solange ist das ganze Konzept ein Abgasproblem. Als Radfahrer mag man auch nicht neben Bussen und LKW an einer Ampel stehen während die einem mit warmen Abgasen einnebeln. Wohnen möchte ich da beiliebe nicht, und das Argument, dass die Bürohochhäuser ja klimatisierte Räume mit nicht zu öffnenden Fenstern haben, verbessert das irgendwie nicht.
    Und wenn jetzt Studien belegen, dass das Feinstaubproblem nicht aus dem Auspuff, sondern mehr vom Reifenabrieb kommt, dann macht es das Konzept, alle Verbrenner durch alternative Antriebe auszutauschen, ja offenkundig sinnlos.