Die Zweite Moderne in Bremen und Bremerhaven

  • Zumindest in Bezug auf die Flachdächer kann man auch Entwarnung geben, denn nahezu alle neuen Projekte in der Überseestadt haben nun diese "Sheddächer" genannten Schrägdächer:

    Neues Projekt auf dem ehemaliges Kellogg's-Areal, genannt Überseeinsel:

    ueberseeinsel.de /Robertneun

    Oder die Wirth-Brüder mit diesem GEWOBA-Projekt im Kaffeequartier:

    Man kann zu dieser Neubauarchitektur stehen will, aber die Zeit der Flachdächer ist in Bremen zumindest bei einer großen Mehrzahl der Neubauprojekte vorbei.

    Auch von den Wirth-Brüdern, die "neue Altstadt" in Vegesack:

    Oder, ganz frisch, erster Bauabschnitt altes Klinikgelände in Bremen-Mitte:

    HOPE Architekten

    Bin mal gespannt, wie gut oder schlecht die Sachen dann gebaut aussehen. Ich befürchte, dass das ganze dann noch etwas Federn lässt - trotzdem finde ich, dass man klar konstatieren muss, dass die zweite Kistenmoderne, die zumindest in Bremen die Zeit von etwa 2005 bis 2020 geprägt hat, planerisch seit etwa 5 Jahren zu Ende geht mit dem bekannten Verzug zwischen Planungen und Fertigstellung. Die nächsten Jahre werden v.a. an stadtbildprägenden und zentraleren Stellen wieder von etwas klassischeren Formen und v.a. sehr variablen Dachformen geprägt sein.

  • Was ich auch noch erwähnenswert finde, ist, dass viele der neuen Projekte nicht nur in Bremen ganz klar weg von der Würfelei und/oder Zeilenbauweise gehen, wie wir es seit der Zwischenkriegszeit kennen, sondern auch wieder Gebiete im Blockrand geplant werden. Oben genanntes Konversionsprojekt des alten Klinikareals St.-Jürgen-Straße ist ein gutes Beispiel. Wenn das Gebiet vor 10 Jahren geplant worden wäre, bin ich mir sicher, dass wir mit vielen als "Stadtvillen" euphemisierten Klötzen gequält worden wären. Stattdessen entstehen dort ganz neue, dichte Straßen mit beidseitiger straßenbegleitender Bebauung:

    Quelle: HOPE Architekten

    Auch das oben gezeigte und unten mit den Nummern 10, 18 und 19 gekennzeichnete Projekt von ROBERTNEUN auf dem ehemaligen Kellogg's Areal mit seinen Innenhöfen hätte noch vor 5 Jahren niemand so geplant, geschweige denn damit sogar einen Wettbewerb gewonnen:

    ueberseeinsel.de

    Die mit #01 gekennzeichnete Reishalle ist sogar eine Rekonstruktion eines Nachkriegsschuppens:

    dsc_0930xxk2k.jpg

    der aus statischen Gründen abgerissen werden musste und äußerlich sehr ähnlich neugebaut wird:

    (Quelle: ueberseeinsel.de) - Im Hintergrund der zum Hotel umgebaute ehemalige Getreidespeicher der Firma Kelloggs.

    Wie gesagt, ich bin auch nicht bei allem begeistert. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass ich das als (Neu)-Bremer mal sagen würde, aber die mittlerweile totale Dominanz von rotem Klinker bei Neubauprojekten bereitet mir auch Bauchschmerzen. So sehr ich das Material liebe, so wichtig ist auch Vielfalt. Trotzdem kann man nicht sagen, dass sich nichts geändert hätte - gerade bei vielen der in Bremen aufgrund seiner bis in jüngste Zeit sehr durchmischten Bebauungstruktur mit Industriearealen bis in zentralsten Innenstadtgebiete sehr zahlreichen Umwandlungsprojekte wird mittlerweile viel richtig gemacht.

    Prägende Altbauten, selbst solche aus der Nachkriegszeit werden erhalten oder sogar wiederaufgebaut (!, s.o.), und die Neubebauung folgt erkennbar den deutlich urbaneren Stadtplanungstraditionen aus den Niederlanden oder Dänemark, die die Angst vor dichten und im Blockrand bebauten Gebieten anscheinend schon ein oder zwei Jahrzehnte vor uns abgelegt haben.

    Vieles würde ich mir auch weniger "flippig" wünschen und mehr Mut zu klassischen Gestaltungsmerkmalen, aber man kann dieser Architektur wirklich weder eine "Ortlosigkeit" vorwerfen noch die der Zweiten Moderne eigene Gestaltungsverweigerung. Auch schonmal gezeigt, aber einfach nett und wirklich interessant und irgendwie neu und alt zugleich auch dieser Neubau am Hohentor:

    Alles in allem ist bei mir das Glas mal wieder eher halbvoll als halbleer, auch wenn wahrlich immer noch genug schiefgeht.

  • Zumindest in Bezug auf die Flachdächer kann man auch Entwarnung geben, denn nahezu alle neuen Projekte in der Überseestadt haben nun diese "Sheddächer" genannten Schrägdächer:


    Man kann zu dieser Neubauarchitektur stehen will, aber die Zeit der Flachdächer ist in Bremen zumindest bei einer großen Mehrzahl der Neubauprojekte vorbei.

    Bin mal gespannt, wie gut oder schlecht die Sachen dann gebaut aussehen. Ich befürchte, dass das ganze dann noch etwas Federn lässt - trotzdem finde ich, dass man klar konstatieren muss, dass die zweite Kistenmoderne, die zumindest in Bremen die Zeit von etwa 2005 bis 2020 geprägt hat, planerisch seit etwa 5 Jahren zu Ende geht mit dem bekannten Verzug zwischen Planungen und Fertigstellung. Die nächsten Jahre werden v.a. an stadtbildprägenden und zentraleren Stellen wieder von etwas klassischeren Formen und v.a. sehr variablen Dachformen geprägt sein.

    In der Tat, Sheddächer des Zechgruppe bringen etwas Abwechslung in die gleichförmige Flachdachoptik der Überseestadt. Aber diese umgedrehten Satteldächer in V-Form gefallen mir gar nicht. Es sieht so bemüht avangardistisch aus, so, als wollten die Architekten unbedingt eine "eigene Handschrift" hinterlassen. Ich hätte mich über traditionelle, einfache Satteldächer gefreut, sozusagen zurück in die Zukunft. Man muss nicht immer das Rad neu erfinden auf der Jagd nach Anerkennung der Architektenkollegen. Ob die Zeit der Flachdächer in Bremen vorbei ist? Lässt sich aus den Baubeispielen schon eine Tendenz ableiten? Das glaube ich nicht. Im relativ neuen Baugebiet in Huckelriede gibt es ja auch mehr Flach- als Satteldächer.

    Was in der Überseestadt bisher gebaut wurde, macht mich nur noch traurig, denn ich sehe daran, dass weder die Politik, noch die Baubehörde mit ihren Architektur und Stadtplanung studierten Mitarbeitern das Thema Schönheit von Gebäuden einfach nicht beachten. Auch die Entwicklung eines attraktiven, neuen Stadtteil ist hier misslungen. Was hätten die Stadtplaner vor 120 bis 150 Jahren davon gemacht? Und über die Infrastruktur macht man sich erst jetzt, wo alles bebaut ist, Gedanken. Das müsste doch wohl umgekehrt laufen: Wo soll die Straßenbahn verlaufen, wo kommen Schulen hin, eine Einkaufsstraße wäre sinnvoll, Plätze der Begegnung für die Stadtteilbewohner. Die ganze Überseestadt wirkt zusammengewürfelt ohne irgendein Konzept, es sei denn, es ist ein schlechtes. Die Überseestadt ist ein absolutes Negativbeispiel für Stadtplanung. Jede Vereinigung interessierter Bürger hätte es besser gemacht. Ich sprach kürzlich mit einem Immobilienmakler, der auch Vermietungen vermitteln. Der sagte mir, in der Überseestadt wollen seine Kunden nicht so gerne wohnen. Zu gleichförmig sei es dort, an Schulen wurde nicht gedacht, keine Einkaufsmöglichkeiten. OK, jetzt soll da ein Supermarkt hin, aber der wird nachgereicht und war nicht Bestandteil der Anfangsplanung. So was muss man doch von Anfang an mit planen, oder etwa nicht?

    Es gab vor ca. 25 Jahren eine Präsidenten der Bremer Architektenkammer, Turk war sein Name, der sagte bei einem Vortrag, wir müssen jetzt mal langsam mehr in Richtung Qualität, weg von der reinen Quantität, kommen. Was ist danach entstanden: Die Überseestadt und das schreckliche Gebiet rund um Johann Georg Poppes alten Wasserturm.

  • Das bisher Gebaute in der Überseestadt ist zu 90% Schrott, darin sind wir uns einig. Es gibt zwar einige wie ich finde sehr gelungene Einzelprojekte (wie z.B. die Deichhäuser von Springer-Architekten):

    oder das Waveline:

    aber diese sind rein zufällig und nicht das Ergebnis irgendeiner vorausschauenden Planung. Ein Großteil der Überseestadt ist eine Katastrophe. Ein Grund für die schlechte Infrastruktur und die Zerrissenheit des Areals sind aber auch die Fehlentscheidungen der 90er Jahre. Seit dem Niedergang der stadtbremischen Häfen schwelte ein Dauerkonfikt zwischen dem Häfen- und dem Bausenator. Dieser wurde durch Verschleppung (90er Jahre) und faule Kompromisse (2000er Jahre) zwar irgendwie nie ganz offen ausgetragen, hat aber zu der jetzigen Situation beigetragen.

    Kardinalfehler war die Verschüttung des Überseehafens aufgrund des Drucks der Hafenwirtschaft und der reinen Gewerbegebietsplanung, die dort stattfinden sollte. Mit dem unpassenden, Lärm und Hässlichkeit ausstrahlenden Großmarkt mitten im Herzen des Gebiets wurde die Ursünde begangen, die unzählige weitere Folgefehler erzwang. Als andere Städte schon längst Wohnen am Wasser entdeckten, träumte Bremen noch von einer Art riesigem Gewerbegebiet in den alten Häfen. Nur aufgrund von Tricks konnte 2000 überhaupt "Wohnen als Sonderform" in den Masterplan geschmuggelt werden.

    Genau aus diesem Grund gab es auch keine Straßenbahnplanung und das bis etwa 2015 Gebaute hat den Charme eines, ja was wohl, Gewerbegebiets. Erst seit sich in diesem Streit mehr und mehr die "Städtebauseite" gegen die "Gewerbeseite" durchsetzen konnte, auch erzwungen durch die Schließung des Kelloggs-Werks, begann überhaupt so etwas wie eine anspruchsvollere Beplanung. Die Überseeinsel ist sozusagen das Gegenstück zum Großmarkt und zusammen mit ihm einer der Gründe für die fragmentierte und zerrissene, heterogene Entwicklung in der Überseestadt. Wenigstens hier stadtnah und in Südwestlage an der Weser können nun die Fehler der 2000er Jahre etwas "wiedergutgemacht" werden.

    Ich bin mir auch sicher, dass der Großmarkt langfristig verschwindet, er ist jetzt schon Fremdkörper zwischen dem tollen Speicher XI

    und der Bebauung am Europahafen. Nur den Überseehafen bringt uns leider niemand mehr zurück. Jeder halbwegs ernstzunehmende Stadtplaner heute fasst sich an den Kopf, wie man etwas so Dummes noch 1998 machen konnte. 1974, ja, klar - aber 1998? Unfassbar weiterhin.

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    Was soll man machen, wenn jemand hier im Forum ein schlechtes Beispiel bringt, aber ansonsten einen inhaltlich ansprechenden Text schreibt? Man versucht, das Ganze aufzuteilen und eine entsprechende Antwort zu geben. Hier also zuerst Teil 1:

    Das heilige Balkonien der "Waveline" ist doch mal wieder der Gleichförmigkeit der Moderne geschuldet. Man sieht den Wald vor lauter Balkonen nicht. Ökonomisch bedingte Wiederholungen, hochgejazzt durch die Verwendung eines Anglizismus, der - mal wieder - Internationalität konnotieren soll. Tja, wenn großer Mangel herrscht, werden englische Begriffe benutzt. Diese sogenannte "Waveline"-Gebäude hat doch eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem Bau in der Georg-Gröning-Straße, von mir unter "Schwachhausen" (# 200) mal eingestellt.

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    Und das "Waveline" ist jetzt die "Weiterentwicklung"?

  • Nun zum zweiten Teil als Antwort auf Heinzers Text, den ich natürlich voll zustimmen kann. Dazu ein kleiner Text, wie es überhaupt zur Entwicklung der Überseestadt kam, alles aus meiner Erinnerung und deshalb bestimmt nicht 100% mit dem realen Geschehen damals übereinstimmend:

    In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre gab es im Kontorhaus am Markt vier Diskussionsrunden zur Gestaltung der zukünftigen Überseestadt. Diese Veranstaltungen waren offen für alle Bürger und so war klar, dass ich und ein Freund voller Interesse an diesen Treffen teilnahmen. Der Bremer Regierungschef Henning Scherf war zugegen, als sein Parteifreund Bürgermeister Ortwin Runde aus Hamburg dort einen Vortrag zur Gestaltung der Hamburger HafenCity hielt. Der hatte dann auch noch seinen obersten Stadtplaner mitgebracht, der den Masterplan im Einzelnen erläuterte. Die Hamburger waren ziemlich klar in ihren Vorstellungen: Das ganze Gelände wurde größtenteils abgeräumt, hafenabhängige Firmen, die dort ihren Standort hatten, sollten auf Kosten der Stadt umgesiedelt werden. So entstand Platz für die HafenCity, die Planer konnten sich hier größtenteils ausleben, vor allen Dingen wurde das attraktive Wohnen am Wasser vom Stadtplaner thematisiert. Hamburg hatte das Geld, diese Planungen so umzusetzen.

    Ganz anders Bremen. Natürlich war es klug, sich vor Beginn der Planung eines neuen Stadtteils zu informieren und auch die Bürger mit einzubeziehen (die dann aber, wie sich herausstellte, nichts zu sagen hatten. Die Informationsveranstaltungen im Kontorhaus - letztendlich scheindemokratische Veranstaltungen). Bremen holte sich Rat von anderen Hafen-Städten, die ihre Hafengebiete umgewandelt hatten, schaute, wie die das so gemacht hatten oder wie andere es noch machen wollten. Und so nahm das Unglück dann dennoch seinen Lauf.

    Es begann schon mit dem Überseehafen, als einst umschlagsreichster Hafen Europas von großem symbolischem Wert für die Bremer im Allgemeinen und für die Anwohner der unmittelbar am Hafen liegenden Stadtteile im Speziellem, denn die hatten dort noch gearbeitet und hatten dadurch eine starke Bindung. Der Überseehafen musste allerdings saniert werden, die stählernen Seitenwände des Hafenbeckens waren marode, eine Erneuerung kostete, so meine Erinnerung, 40 Millionen. Die wollte Bremen nicht ausgeben, schließlich wurde der Hafen nicht mehr gebraucht, alles was dort hätte anlanden können, wurde jetzt in Bremerhaven abgewickelt. Dass dieses Hafenbecken attraktiv für das Wohnen am Wasser gewesen wäre, hatte man damals noch nicht auf dem Schirm, denn wie sich das gesamte Gebiet genau entwickeln würde, wusste man damals anscheinend noch nicht.

    Inzwischen war Beck´s-Chef Rudolf Hattig für die CDU als Wirtschaftssenator tätig (1997 - 2003) und wollte den Großmarkt Bremen von seinem Standort am Flughafen in die Überseestadt als Impulsgeber für die Entwicklung des neuen Stadtteils verlagern. Das kostete 140 Millionen (so in meiner Erinnerung, es gibt auch andere, höhere Zahlen). Dazu musste aber der Überseehafen zugeschüttet werden (1998). Es gab dabei nur einige Probleme: die Händler wollten vom Gelände am Flughafen nicht weg und wenn überhaupt, dann zur A 1, da die Autobahnanbindung zukunftsträchtiger war als mitten ins Stadtgebiet zu ziehen. Dann gab es da noch die Bewohner in den Stadtteilen: morgens zwischen zwei und drei Uhr kamen die Lastwagen und lieferten die Ware an, da war an geruhsame Nächte nicht mehr zu denken. Aber Hattig (und der Senat) setzte sich durch, der Großmarkt wurde mitten in die Überseestadt verlagert. Der Wirtschaftssenator brüstete sich später damit, dass die rasante Entwicklung der Überseestadt auf diese, seine Entscheidung zurückzuführen war (Noch später wird der grüne Bausenator Lohse diese Verlagerung des Großmarktes als Fehler bezeichnen, der die Entwicklung der Überseestadt behindert und Bewohner werden sich über den nächtlichen Lärm beschweren).

    So kam es zur heutigen Situation in der Überseestadt, die etwa doppelt so groß ist wie die HafenCity, die von den Hamburgern als "größtes innerstädtisches Stadtentwicklungsprojekt Europas" verkauft wird. Ein Generalplan wurde natürlich auch entwickelt (2003), erst vom damaligen Senatsbaudirektor Uwe Bodemann (2002 bis 2007) und von seinem Nachfolger Franz Josef Höing (2008 - 2012) (heute in Hamburg) weiterentwickelt. Bodemann hielt damals einen Vortrag zur künftigen Entwicklung der Überseestadt im Architektenhaus im Stephaniviertel und stellte dort einen geplanten Grünstreifen von 400 Metern Länge und 30 Metern Breite als den Central Park Bremens und der Überseestadt vor. Übertriebenes Understatement als Humor auf Stadtplaner-Art - so lacht man in der Baubehörde.

    Und so steht da nun heute dieser sogenannte "Park" und trotz der Einbeziehung der Bürger, der großen Informationsdichte im Vorfeld mit der Bereitschaft, von anderen Städten - weltweit - und deren Plänen zur Umwandlung der alten Hafengebiete zu lernen kam es dennoch zur unbefriedigenden Nicht-Planung der - vergessenen? - Infrastruktur, mit den fehlenden kommunikativen Plätzen. Das lässt einen als Bürger wirklich ratlos zurück. Man hatte, wie das Regionalmagazin Buten un Binnen berichtete, dem Hauptinvestor, der nach eigenen Angaben bisher mehr als eine Milliarde Euro in die Überseestadt gesteckt hat, das Gelände und die Planung weitgehend überlassen. Und sogar dieser Investor sagte nun vor Monaten, dass er es bei seinem neuesten Projekt, dem Tabakquartier in Bremen-Woltmershausen, besser machen wollte als in der Überseestadt. Verhohlene Selbstkritik durch neue Projekte?

    Was hätte man darüber hinaus im Vorfeld anders machen können? Dazu zwei Überlegungen.

    1. Mein Wunsch wäre gewesen , man hätte alle drei Hafenbecken durch einen Kanal miteinander verbunden und dann am Ende einen Zugang zur Weser hergestellt. Ein angemessener Name dieses neuen Stadtteils: Wasserstadt Bremen. Ich sah schon Kreuzfahrtschiffe im Überseehafen.

    2. Und man hätte auch von Stadtteilen lernen können, die funktionieren. Hier fällt mir zuerst das Viertel ein. Alles, was das Viertel attraktiv macht, hätte man vorher analysieren und abstrahieren müssen.

    Welche Attraktivitätselemente gibt es da. Beispiel:

    -Das Viertel verfügt über zwei Hauptstraßen mit kleinteiligen Ladengeschäften.

    -Eine Straßenbahn verbindet das Viertel mit der Innenstadt.

    -In den Seitenstraßen unzählige Bremer Häuser, die für eine ästhetische Gestaltung stehen.

    - Die Nähe zur Weser.

    Diese Attraktoren hätte man m. E. gut für die Überseestadt - mit Abstrichen - übernehmen können. Die Überseestadt und das Viertel lassen sich gut vergleichen. Östlich der Innenstadt liegt das Ostertor-/Steintorviertel, westlich das Pendant die Überseestadt, der Weg in die City ist gleich lang, auch die Nähe zur Weser ist gegeben. Aber mehr Ähnlichkeiten gibt es nicht. Die Überseestadt hat heute nichts von dem Flair des Viertels, sie ist langweilig konzipiert, abends werden die Bürgersteige hochgeklappt, es ist eine Schlafstadt geworden. Dieses quirlige Leben in einer nicht mit dem Ostertorsteinweg vergleichbaren Hauptstraße - das ist hier nicht vorhanden.

    Nun ist die Chance vertan, für mich ist die Überseestadt eine Fehlplanung mit nachhaltigen Folgen!

    ZUM SCHLUSS: Wie bereits am Anfang darauf hingewiesen, mag sein, dass ich bestimmte Informationen im Text nicht ganz real wiedergegeben habe, wer es besser weiß, kann das gerne korrigieren. Nicht alles behält man in genauer Erinnerung.

  • Was soll man machen, wenn jemand hier im Forum ein schlechtes Beispiel bringt, aber ansonsten einen inhaltlich ansprechenden Text schreibt? Man versucht, das Ganze aufzuteilen und eine entsprechende Antwort zu geben. Hier also zuerst Teil 1:

    Das heilige Balkonien der "Waveline" ist doch mal wieder der Gleichförmigkeit der Moderne geschuldet. Man sieht den Wald vor lauter Balkonen nicht. Ökonomisch bedingte Wiederholungen, hochgejazzt durch die Verwendung eines Anglizismus, der - mal wieder - Internationalität konnotieren soll. Tja, wenn großer Mangel herrscht, werden englische Begriffe benutzt. Diese sogenannte "Waveline"-Gebäude hat doch eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem Bau in der Georg-Gröning-Straße, von mir unter "Schwachhausen" (# 200) mal eingestellt.

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    Und das "Waveline" ist jetzt die "Weiterentwicklung"?

    Über Geschmack lässt sich eben doch streiten. Ich finde den Vergleich zwischen den beiden Gebäuden unpassend. Auch wenn ich seither sicherlich noch deutlich überzeugendere Beispiele für diese leicht an die Architektur der 1920er Jahre angelehnten Wohnungsneubauten gesehen habe, war doch das waveline zumindest mal einer der ersten gestalterisch nicht völlig unambitionierten Wohnbauten in der Üserseestadt

    Wenn man natürlich mit diesen frühmodernen Remineszenzen nichts oder wenig anfangen kann, wird auch das waveline nicht gefallen. Ich sage auch nochmal ganz eindeutig nicht, dass das jetzt mein Traum von neuem Städtebau wäre und sich alle am "waveline" ein Beispiel nehmen sollen, aber es gehört definitiv zu den besseren Neubauten der zweiten Hälfte der 2010er Jahre.

  • Über Geschmack lässt sich eben doch streiten. Ich finde den Vergleich zwischen den beiden Gebäuden unpassend. Auch wenn ich seither sicherlich noch deutlich überzeugendere Beispiele für diese leicht an die Architektur der 1920er Jahre angelehnten Wohnungsneubauten gesehen habe, war doch das waveline zumindest mal einer der ersten gestalterisch nicht völlig unambitionierten Wohnbauten in der Üserseestadt

    Wenn man natürlich mit diesen frühmodernen Remineszenzen nichts oder wenig anfangen kann, wird auch das waveline nicht gefallen. Ich sage auch nochmal ganz eindeutig nicht, dass das jetzt mein Traum von neuem Städtebau wäre und sich alle am "waveline" ein Beispiel nehmen sollen, aber es gehört definitiv zu den besseren Neubauten der zweiten Hälfte der 2010er Jahre.

    Wenn ich Dich richtig verstehe, siehst Du im Waveline einen "leicht an die Architektur der 1920er Jahre angelehnten Wohnungsneubau". Das hört sich interessant an. Hättest du da vielleicht ein, zwei Fotos, die Deine Vorstellung dieser Bauten der 1920-Jahre ungefähr wiedergeben? Es scheint wohl so zu sein, dass, wenn wir ästhetische Urteile abgeben, immer einen Vergleich mit früheren Bauformen - teils wahrscheinlich unbewusst - vornehmen.

    Das geht mir auch so, wie mein Bildbeispiel aus Schwachhausen zeigt. Zudem denke ich bei einem Gebäude wie dem Waveline immer: Wie hätten wohl die Gründerzeit-, Jugend-und Reformstilarchitekten die Fassadengestaltung gelöst? Zwei Dinge kann man dazu schon vorhersagen: Die Fassade wäre gegliedert worden, es hätte nicht diese Balkonwiederholungen, aber trotzdem Balkone, gegeben und 2., zum Thema Schönheit, wir alle hier im Forum wären wohl der Meinung gewesen, dass ein Gebäude auf der Grundlage der erwähnten Baustile schöner aussieht.

  • Das waveline, das ich nun wahrlich nicht überhöhen möchte (es gibt schon noch was zwischen schrecklich und unheimlich schön), steht für mich für eine -sicherlich etwas ungelenke- Neuinterpretation der Backsteinarchitektur der 20er Jahre. Ich würde es etwa "zwischen" diesen Gebäuden an der Bismarckstraße (man achte auf die geschwungenen Eckbalkone, Baujahre 1928-30):

    p10206009csa6.jpg

    und diesem Gebäude aus dem Schwachhauser Ring einordnen:

    dsc_0113ryscr.jpg

    wobei letzteres natürlich noch expressionistischer geprägt ist, aber ebenfalls diese umlaufenden hellen Friese und abgerundeten Ecken aufweist.

    Kritikpunkte am Bau sind aus meiner Sicht der etwas zu dunkle, eher bräunliche Klinker und die insgesamt geschlossenen, abweisenden Fassaden mit relativ viel Wandfläche im Verhältnis zu den Fenstergrößen. Die Balkone, die sonst ein riesiges Problem sind bei Neubauten, sind durch die Abrundungen und Mauerungen der Brüstungen aber wiederum hier wenig störend integriert worden.

    Wie gesagt, das waveline ist für mich kein Endpunkt einer Entwicklung, sondern eher der erste, zaghafte Schritt in die richtige Richtung. Ich bereue es aber fast schon, es hier gebracht so haben, so sehr, wie Du Dich in ihm verbissen hast ;). So doll, dass ich hier noch weitere glühende Verteidigungen schreiben würde, ist es dann doch nicht.

  • Angesichts der anderen Bauten In der Überseestadt finde ich das Waveline recht gelungen.

    Es ist vielleicht nicht der schönste Neubau Bremens aber ich finde es garnicht so schlecht.

  • Wie gesagt, das waveline ist für mich kein Endpunkt einer Entwicklung, sondern eher der erste, zaghafte Schritt in die richtige Richtung. Ich bereue es aber fast schon, es hier gebracht so haben, so sehr, wie Du Dich in ihm verbissen hast ;). So doll, dass ich hier noch weitere glühende Verteidigungen schreiben würde, ist es dann doch nicht.

    Was heißt hier "verbissen"? Die Verwendung dieses Wortes halte ich für eine Übertreibung. Ich habe lediglich auf Deine etwas übertrieben euphorische Beschreibung des "Waveline" als "sehr gelungenes Einzelprojekt" reagiert und hier eine gegensätzliche Meinung. Was soll daran "verbissen" sein?

    Das bisher Gebaute in der Überseestadt ist zu 90% Schrott, darin sind wir uns einig. Es gibt zwar einige wie ich finde sehr gelungene Einzelprojekte (wie z.B. die Deichhäuser von Springer-Architekten):

    oder das Waveline:

    dsc_0008xfsp2.jpg

    Die beiden 20er-Jahre-Beispiele kenne und schätze ich. Besonders das vom Schwachhauser Ring. Es hat ein Satteldach, die Fassade ist gegliedert, es gibt Erker mit Ziegelsteinornamentik - wunderbar. Das fehlt beim zweiten Beispiel, aber diese Bauten in der Bismarkstraße erinnern mich immer ein wenig an Fritz Langs "Metropolis", auch in der Malerei der 20er-Jahre sind solch ähnliche Bauten abgebildet, ich denke da beispielsweise an den Berliner Maler Wunderwald.

    Nun ist Dein Verweis auf eine gewisse Ähnlichkeit des Waveline mit den Bauten der 20er-Jahre natürlich subjektiv. Ich kann wegen einiger Balkonrundungen nichts desgleichen entdecken. Balkonrundungen gibt es auch bei anderen, wesentlich älteren Baustilen. Das soll jetzt kein Gegenargument sein, sondern zielt auf die Architekten. Meinst Du ernsthaft, dass diese beim Entwurf die 20er-Jahre im Hinterkopf hatten? Die sind von der Bauhausmoderne geprägt.

    Ich verstehe Deine Beitrag auch so, dass Du der Meinung bist, es kommt zu kleinen Veränderungen, die sich immer mehr zu einer Tendenz ausweiten, kurz gesagt: Wir sind Zeugen einer sich verändernden Baustilwelt und das Beispiel Waveline ist ein Hinweisgeber für diesen Prozess. Das sehe ich nicht so, jedenfalls nicht an diesen Gebäuden. Wir werden erleben, dass noch viele Bauten im herkömmlichen Stil auf die Menschheit losgelassen werden, schau Dir doch mal die "Entwicklung" am alten Wasserturm in der Neustadt an.

  • So, war mal wieder zum "Ärgern" am Wochenende in die Überseestadt gefahren. Eine Sache, die mich an der Stadtplanung regemäßig aufregt, und das seit Jahren, sind die zu schmalen Bürgersteige dort. Bleiben zwei Personen auf dem Bürgersteig stehen, müssen Entgegenkommende auf den Fahrradweg ausweichen und wenn dann, wie mir an diesem Tag passiert, ein Fahrradfahrer - nämlich ich - vorbeikommt, entsteht eine gefährliche Konfliktlage. Ich hatte fast einen Zusammenstoß. Den Beteiligten will ich das nicht anlasten, aber der Planungsbehörde. Die haben doch in der Vergangenheit schon so viel Mist gebaut, besonders in den 60er-Jahren. Aber anscheinend gibt es dort keine Fehlerkultur. Die Gebäude hätte man gut ein, zwei Meter nach rechts rücken können, um mehr Platz zu schaffen für die Bürgersteige.

    Was sagt der Berliner Kudamm-Flaneur zu solchen Bürgersteigen

    Zechbau ist nun fast mit einem großen Gebäude fertig. Ich finde es zu gleichförmig. Vor allen dingen die kleinen Fenster zur Straße hin, vermutlich aus Lärmschutzgründen, sind misslungen und stören das Gesamtbild.

    Positiv ist sicher die leicht schmuckhafte und das Minifenstereinerlei durchbrechende Ziegelsteinmauerung. Ich frage mich aber: Wer wohnt dahinter?

    Bei meiner Weiterfahrt kam ich zum Schuppen 1 und konnte dort eine Oldi-Wagen-Ausstellung - eintrittsfrei - besichtigen.

    Schon außen wurde man mit einem Borgward und einem Hansa aus Bremer Produktion eingestimmt:

    So, bis hierher. Bei der nächsten Lieferung berichte ich vom Inneren.

  • Eine Sache, die mich an der Stadtplanung regemäßig aufregt, und das seit Jahren, sind die zu schmalen Bürgersteige dort. Bleiben zwei Personen auf dem Bürgersteig stehen, müssen Entgegenkommende auf den Fahrradweg ausweichen und wenn dann, wie mir an diesem Tag passiert, ein Fahrradfahrer - nämlich ich - vorbeikommt, entsteht eine gefährliche Konfliktlage. Ich hatte fast einen Zusammenstoß.

    Das Problem ist zudem, dass die Abtrennung zwischen Rad- und Fußweg manchem Fußgänger nicht sofort klar ist. Es muss nur dunkel sein, man schlendert etwas in Gedanken, und schon kann es zur Kollision kommen. So bin ich mal mit einem Kumpel in Hamburg Altona herumgelaufen, ins Gespräch vertieft, und dann warnte er mich, aufzupassen, nicht auf den Radweg zu treten, da dort einige Radler oft sehr schnell angeheizt kämen. Will sagen, die Abtrennung ist für einen Fußgänger, zumal für einen Auswärtigen, nicht immer leicht verständlich. Es gibt ja auch sonst auf Gehwegen bisweien unterschiedliche Pflasterungen. Zudem kommen Radler heute teils mit enormen Geschwindigkeiten an, wo früher ein Radfahrer viel langsamer angekommen wäre, gebremst und geklingelt hätte, und beide Seiten genug Zeit zum Ausweichen gehabt hätten. Es wäre zum Beispiel hinsichtlich der optischen Trennung schon etwas geholfen, wenn man aus dem Kopfsteinpflaster-Trennstreifen einen schmalen Grünstreifen machen würde.

  • Ja, das mit den schmalen Gehwegen nervt mich auch. Ist eben direkte Folge der Gewerbegebietsplanung aus dem Masterplan. Das sollte nie mehr als ein zugiges Büro- und Gewerbegebiet werden, aber durch die sukzessive Schließung der Industriebetriebe wurde plötzlich überall Wohnen möglich, die Frequenzen werden -wenn das ganze Zechding am Europahafenkopf fertig ist- in der Tat diese mageren Gehwege überfordern. Dass da jetzt über 300 Wohnungen gebaut werden und überhaupt so viel Fläche entsteht, ist allein Folge der Schließung von Kelloggs. Vorher waren da diese typischen gedrungenen Bürokisten wie vor dem Speicher I geplant.

    Das Gegenteil von weitsichtiger Planung ist auch die Geschlossenheit der Straßenfassade des sonst eigentlich ganz schicken Forsterblocks auf Deinen anderen Bildern. Lärmschutzauflagen machten diese Geschlossenheit hier nötig, sonst wäre dort Wohnen nicht möglich gewesen wegen des Lärms des - man rate - elenden Großmarkts gegenüber. Der hat also nicht nur im Großen unheimlich viel kaputtgemacht, sondern versaut eben gestalterisch auch im Kleinen sehr viel. Der Gipfel der Ironie ist nun, dass genau die Ecke, mit dem der Forster-Riegel an den Großmarkt angrenzt, ohnehin neu mit einem Quartierssupermarkt bebaut werden soll, der wiederum seinerseits als Lärmschutzriegel fungieren wird - der ganze Mist wäre also gar nicht nötig gewesen, das gebaute Ergebnis mit der bunkerartigen Straßenfassade uns aber für die nächsten Jahrzehnte begleiten.

    Dieses "Kogge" genannte Gebäude sieht übrigens so aus:

    SSP Architekten - Hansekogge

    Gar nicht schlecht, wie ich finde, zumindest für einen Supermarkt mit Parkdecks. Aber die Fehler der Vergangenheit (von der nicht geplanten Straßenbahn über die zu schmalen Gehwege bis hin zum größten Bock, dem zentral gelegenen Großmarkt und seinen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf die Umgebung) machen es extrem schwer und strahlen immer wieder bis in die Gegenwart.

  • So, nun schauen wir uns mal im Schuppen Eins innen um. Die Oldtimerschau umfasst ungefähr 40 bis 50 Autos, auch hinter den seitlichen Schaufenstern sind noch welche zu besichtigen. Ich habe mich jetzt auf die Bremer Marke Borgward konzentriert, aber dort stehen auch Wagen der Marke Mercedes Benz, Porsche, Ford...und ich meine, auch mehrere Horchs aus den 30er-Jahren gesehen zu haben.

    Drei mal Hansa Goliath

    Trotz der wirklich schlechten Lichtverhältnisse kann man, glaube ich, anhand der Fotos schon einen realistischen Eindruck vom Oldtimer-Bestand im Schuppen Eins bekommen. Für die auswärtigen Foristen: Der Schuppen Eins befindet sich genau neben dem Europahafen.

  • Das Problem ist zudem, dass die Abtrennung zwischen Rad- und Fußweg manchem Fußgänger nicht sofort klar ist. Es muss nur dunkel sein, man schlendert etwas in Gedanken, und schon kann es zur Kollision kommen. So bin ich mal mit einem Kumpel in Hamburg Altona herumgelaufen, ins Gespräch vertieft, und dann warnte er mich, aufzupassen, nicht auf den Radweg zu treten, da dort einige Radler oft sehr schnell angeheizt kämen. Will sagen, die Abtrennung ist für einen Fußgänger, zumal für einen Auswärtigen, nicht immer leicht verständlich. Es gibt ja auch sonst auf Gehwegen bisweien unterschiedliche Pflasterungen. Zudem kommen Radler heute teils mit enormen Geschwindigkeiten an, wo früher ein Radfahrer viel langsamer angekommen wäre, gebremst und geklingelt hätte, und beide Seiten genug Zeit zum Ausweichen gehabt hätten. Es wäre zum Beispiel hinsichtlich der optischen Trennung schon etwas geholfen, wenn man aus dem Kopfsteinpflaster-Trennstreifen einen schmalen Grünstreifen machen würde.

    Aber die Grünen stellen jetzt im 14. Jahr den dritten Bausenator. Ständig berichtet der Weser-Kurier davon, wie in Bremen dem Fahrrad der Vorrang gegenüber dem Auto gegeben werden soll, das ist zurzeit die grüne Klima-Verkehrspolitik. Es wird diskutiert, auf manchen Straßen den Autos eine Fahrspur wegzunehmen und diese für die Fahrradfahrer zu nutzen. Um nun zum Thema Überseestadt zurückzukommen, hätte doch der der grüne Bausenator vor beispielsweise 10 Jahren darauf hinwirken können, dass der Bebauungsplan so geändert wird, dass die Fahrräder, das fordern doch die Grünen heute, eine eigene breite Spur bekommen. Direkt neben der Straße. Das hätte dann einmal dazu geführt, dass es keine Berührungspunkte mehr zwischen Fahrradfahrern und Fußgängern gegeben hätte, was das Sicherheitsgefühl letzterer erhöht hätte und dass zudem die Gebäude entsprechend der neu eingefügten Fahrradspur weiter nach hinten gerückt wären. Die Grünen sind in Bremen auf einem Verdichtungstrip, die baupolitische Sprecherin der Linken, Claudia Bernhard, inzwischen Gesundheitssenatorin, warf den Grünen seinerzeit Verdichtungsfetischismus vor. Und der führt nun zu dieser zum Teil beängstigenden und auch gefährlichen Enge in der Überseestadt

    Das Gegenteil von weitsichtiger Planung ist auch die Geschlossenheit der Straßenfassade des sonst eigentlich ganz schicken Forsterblocks auf Deinen anderen Bildern. Lärmschutzauflagen machten diese Geschlossenheit hier nötig, sonst wäre dort Wohnen nicht möglich gewesen wegen des Lärms des - man rate - elenden Großmarkts gegenüber. Der hat also nicht nur im Großen unheimlich viel kaputtgemacht, sondern versaut eben gestalterisch auch im Kleinen sehr viel. Der Gipfel der Ironie ist nun, dass genau die Ecke, mit dem der Forster-Riegel an den Großmarkt angrenzt, ohnehin neu mit einem Quartierssupermarkt bebaut werden soll, der wiederum seinerseits als Lärmschutzriegel fungieren wird - der ganze Mist wäre also gar nicht nötig gewesen, das gebaute Ergebnis mit der bunkerartigen Straßenfassade uns aber für die nächsten Jahrzehnte begleiten.

    Dieses "Kogge" genannte Gebäude sieht übrigens so aus:

    SSP Architekten - Hansekogge

    Gar nicht schlecht, wie ich finde, zumindest für einen Supermarkt mit Parkdecks. Aber die Fehler der Vergangenheit (von der nicht geplanten Straßenbahn über die zu schmalen Gehwege bis hin zum größten Bock, dem zentral gelegenen Großmarkt und seinen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf die Umgebung) machen es extrem schwer und strahlen immer wieder bis in die Gegenwart.

    Aber mit dem Quartierssupermarkt mit Parkdeck wird weiterer Autolärm in die Wohngebiete dringen. Durch Einkäufer sowie durch die teils nächtlichen Lieferverkehr. Der Lärmschutz, den das Gebäude liefern soll, wird dadurch egalisiert. Hinzu kommt: Noch mehr Verdichtung, weil man den Teufel - die Fehler der Vergangenheit - mit dem Belzebub austreiben will. Wer sich in Bremen mit der Baupolitik beschäftigt, braucht entweder ein dickes Fell oder eine guten Psychotherapeuten, denn es ist wirklich zum "Verrücktwerden" hier. Fehlerbeseitigungen- oder mInderungen erzeugen wieder nur neue Fehler, weil das Gesamtkonzept unzulänglich war. Und dann kommt ja auch noch die Straßenbahn, die "vergessen" wurde, hinzu. Oh, oh, oh, oh, oh...................................

  • Kleine Ergänzung. Ich sprach oben von einer besseren opitischen Trennung zwischen Fahrrad- und Fußgängerweg durch einen Grünstreifen. In Teilen der Berliner Straße in Offenbach wurde das damals seinerzeit so geplant, was ich sehr vorbildlich finde. Es ist nicht leicht, ein Foto im Netz zu finden, das das richtig zeigt.

    Hier ist eines, wo man es sehen kann: https://images.app.goo.gl/Quo53iCS591oWFtM8

    Rechts des Grünstreifens gehen die Fußgänger, links davon fahren die Radfahrer. Dann kommen Parkplätze, dann links davon die Fahrspur für die Autofahrer. Das ist ideal, denn abgesehen von Ein- und Ausfahrten, wo jeder Verkehrsteilnehmer etwas aufpassen muss, kommen sich die unterschiedlichen Fortbewegungstypen nicht in die Quere.

  • Dieses Verkehrszeichen weist klar darauf hin, dass hier der Radfahrer Schuld ist, in diesem Fall, findorffer, Du also hättest Rücksicht nehmen müssen! Es handelt sich eben nicht um einen Radweg. Man ist lediglich Gast auf dem Fußgängerweg, zugegebenermaßen eine sehr unglückliche Weise der Pflasterung. So meint man, dass der Fußgänger auf der roten Seite nichts zu suchen hätte. Ich würde nicht ausschließen, dass es ursprünglich vom Pflaster/Markierung her anders geplant war, und dann festgestellt wurde, dass der Fußweg zu schmal ist.

    Radfahrer müssen auf Fußgänger Rücksicht nehmen (Anlage 2 laufende Nummer 18 StVO).

    Fußgänger dürfen durch Radfahrer weder gefährdet, noch behindert werden (Anlage 2 laufende Nummer 18 StVO).

    Auf Wegen mit einer Beschilderung aus “Gehweg” und “Radfahrer frei” dürfen Radfahrer nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren.

  • Dieses Verkehrszeichen weist klar darauf hin, dass hier der Radfahrer Schuld ist, in diesem Fall, findorffer, Du also hättest Rücksicht nehmen müssen! Es handelt sich eben nicht um einen Radweg. Man ist lediglich Gast auf dem Fußgängerweg, zugegebenermaßen eine sehr unglückliche Weise der Pflasterung. So meint man, dass der Fußgänger auf der roten Seite nichts zu suchen hätte. Ich würde nicht ausschließen, dass es ursprünglich vom Pflaster/Markierung her anders geplant war, und dann festgestellt wurde, dass der Fußweg zu schmal ist.

    Dieses provisorische Schild ist aber der Baustelle gegenüber geschuldet, die zur Sperrung des gegenüberliegenden Fuß- und Radwegs geführt hat und somit erzwingt, dass der gesamt Fuß- und Radverkehr über diesen schmalen Streifen abgewickelt wird. Die Situation wird sich in absehbarer Zeit also wieder etwas entspannen, was aber natürlich nichts Grundsätzliches an den zu schmalen Gehwegen ändert.

    Weiter im Westen des Gebiets wurde das Problem so gelöst:

    Diese Art der Radwegeführung hat aber wiederum die Tücke, dass der Fahrer eines parkenden Autos bei Unachtsamkeit beim Aussteigen mal einen Radfahrer vom Rad holen kann. Aus diesem Grunde übrigens wird in den Niederlanden schon in den Fahrschulen gelehrt, die Fahrertür (innen sitzend) immer mit der rechten Hand zu öffnen, weil einen dies zum Umsehen zwingt oder zumindest daran erinnert. Finde ich eigentlich einen guten Trick, den ich jetzt auch immer versuche, zu beherzigen.

    Aber mit dem Quartierssupermarkt mit Parkdeck wird weiterer Autolärm in die Wohngebiete dringen. Durch Einkäufer sowie durch die teils nächtlichen Lieferverkehr. Der Lärmschutz, den das Gebäude liefern soll, wird dadurch egalisiert. Hinzu kommt: Noch mehr Verdichtung, weil man den Teufel - die Fehler der Vergangenheit - mit dem Belzebub austreiben will. Wer sich in Bremen mit der Baupolitik beschäftigt, braucht entweder ein dickes Fell oder eine guten Psychotherapeuten, denn es ist wirklich zum "Verrücktwerden" hier. Fehlerbeseitigungen- oder mInderungen erzeugen wieder nur neue Fehler, weil das Gesamtkonzept unzulänglich war. Und dann kommt ja auch noch die Straßenbahn, die "vergessen" wurde, hinzu. Oh, oh, oh, oh, oh...................................

    Der Skandal besteht meines Erachtens nicht in der Errichtung dieses Supermarkts, sondern im Gegenteil eher darin, dass ein solcher bislang gar nicht vorgesehen war. Die Leute an der Hafenkante sind praktisch gezwungen, mit dem Auto zum Einkaufen zu fahren, weil der nächste Supermarkt für eine städtische Lage irre weit weg lag (es gibt nun aber ein Provisorium, ebenfalls auf dem Gelände des Großmarkts). Es gab bislang in der gesamten Überseestadt nur den ausnehmend unattraktiven Aldi unter dem Parkhaus am "Speicherhafen" - und der ist weit entfernt von den Wohngebieten weiter im Westen Richtung Molenturm.

    Nein, der Supermarkt, noch dazu in so zentraler Lage war überfällig und seine Gestaltung ist auch hinreichend attraktiv. Oder wäre Dir einer dieser offenen Parkplätze vor dem Laden lieber gewesen? Für mich ist der Supermarkt der erste Schritt in einer hoffentlich langen Reihe von Korrekturen bzgl. des Großmarkts, denn er wird auf dem Grundstück des bislang sakrosankten Großmarkts errichtet, es wird zwar nur eine kleine Ecke abgezwackt, aber immerhin. Im Vergleich zu nahezu jedem Supermarktneubau der letzten 50 Jahre ist dieser ein Ausbund an Gestaltung und Urbanität.

    Diese abgezäunte attraktive Ecke mit Brache und LKW-Parkplatz muss für den Supermarkt dran glauben:

    Der Großmarkt bleibt das Raucherbein des gesamten Areals und muss weg, wenn es noch etwas werden soll.