Belarus - Allgemeines

  • (Edit: Habe die letzten Beiträge gerade gelesen. Wir müssen der Ignoranz von ursus carpaticus und einigen anderen Aufklärung entgegensetzen. Diese Diskussion ist nicht überflüssig. Gegebenenfalls könnte die Moderation alle Beiträge ab "Reko in Minsk" von ursus in das Thema "Weißrussland, Belarus" verschieben.)

    . . . indem ich meinen Beitrag hier eingestellt habe und keinen neuen Strang mit dem Titel "Rekonstruktion von historischen Bauwerken in Weißrussland" eröffnet habe

    Unser Forist Platon hatte im Frühjahr 2019 das Thema "Weißrussland, Belarus" gestartet. Dort hättest du deinen Beitrag einstellen können. Damals gab es hier keinen Aufschrei. Und jetzt diese verkrampfte Debatte, in der einige Foristen meinen, mit ihrer völligen Unkenntnis prahlen zu müssen. Warum nur?

    Heimdall

    Es geht hier nicht um den Kongo. Und warum zündest du die Nebelkerze "Warszawa"?

    Das ist eine akademische Diskussion westlicher Weltanschauer.

    Nein, das stimmt nicht. Auch der Rest deines Beitrags nicht.

    Belarus ist eine typische Medienschöpfung, klingt schick, und jeder Depp plappert's nach

    Nein, das stimmt nicht.

    Und dass wir das Weiß übersetzen, scheint jedenfalls auch legitim.

    Du sagst aber auch "Jugoslawien" und "Sowjetunion", statt "Südslawien" und "Räteunion". In den 1920er Jahren hat man im Deutschen zunächst "Südslawien" und "Räteunion" verwendet, ist aber bald davon abgekommen. Der Grund ist, dass sich "Jugoslawien" und "Sowjetunion" besser als Eigennamen eignen. Zu den Südslawen zählen auch die Bulgaren, aber nicht zu den Jugoslawen. Räterepubliken gab es nach dem Ersten Weltkrieg auch in Mitteleuropa. Wenn wir bezogen auf das ehemalige Russische Reich "Sowjetrepublik" und "Sowjets" (statt "Räte") sagen, hilft das der Orientierung. Außerdem haben wir das Adjektiv "sowjetisch" entlehnt. Bei "rätisch" würden Deutsche wohl eher an die Schweiz denken.

    Du schreibst sogar "Oblast Smolensk", obwohl "oblast" im Russischen nichts anderes heißt als "Gebiet".

    In der DDR hat man "Belorussland" und "belorussisch" gesagt. Das war eigentlich keine schlechte Lösung, aber die Westdeutschen haben den DDR-Sprachgebrauch nicht übernommen.

    Derzeit ist im Deutschen "Weißrussland" und "weißrussisch" neben "Belarus" und "belarussisch" auch korrekt.

    Der Ordnung halber noch eine Rechtschreibkorrektur:

    Magyaroszág

    "Magayroszág"

    Die richtige Schreibweise ist Magyarország.

  • . Wir müssen der Ignoranz von ursus carpaticus und einigen anderen Aufklärung entgegensetzen.

    Rastrelli, tschuldigung für meine Ignoranz, und deine Bestrebungen, dieser was entgegenzusetzen, sind nur zu begrüßen. Es gibt in der Tat nur wenige Menschen, die die Weisheit so mit dem Löffel gefressen haben, dazu nicht nur über eine dermaßen originelle Freiheit und Unabhängigkeit des Denkens verfügen, sondern diese mit einer dermaßen angenehmen und sympathischen Dezenz zu verbinden im Stande sind. Ich bewundere das wirklich, und nehme zur Kenntnis, dass man fortan Belorus sagen muss, einfach weil ein uns als Universalgenie bekannter User mit dem originellen Namen Rastrelli das so wünscht. Ich hoffe, die einigen anderen sehen das auch so wie ich.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nein, ursus carpaticus , das wünscht keineswegs nur Rastrelli so, sondern - unter anderem - das belarussische Volk. Ignoranz kommt übrigens von lateinisch ignorare, nicht wissen. Du weißt offensichtlich nicht, dass das belarussische Volk diesen Namen bevorzugt, sondern behauptest, es handle sich um eine westliche Mode. Insofern wirst Du völlig zu Recht und sachlich objektiv als Ignorant bezeichnet.

  • ...das belarussische Volk diesen Namen bevorzugt,

    Reiner Schwachsinn.

    Das weißrussische Volk spricht russisch und weißrussisch (anteilsmäßig in dieser Reihenfolge). Ob wir das "weiß" übersetzen oder nicht, ist keine Frage von einem essentiellen Interesse des weißrussischen Volkes, das mehrheitlich nicht deutsch spricht. Das Wort Belarus gibt es einfach nicht im Deutschen bzw allenfalls so wenig wie Polska oder Espana oder La France oder Grejt Britn oder Suomi. Dein Vergleich, Urpotsdamer, mit der geschiedenen Frau ist einfach läppisch, denn diese Frau HEISST eben so wie sie HEISST, und das ist amtlich. Die gemeinübliche Form eines Toponyms in einem anderen Land ist jedenfalls in Weißrussland nicht amtlich reglementierbar.

    Nach dem Zerfall der CSSR/CSFR hat die Tschechische Republik den Wunsch geäußert, man möge das Land nicht Tschechei, sondern Tschechien nennen, beides umgangssprachlich verbreitete Formen. So einem Wunsch kann man nachkommen in Hinblick auf die historische Belastung des einen Begriffs. Aber keinesfalls wäre man auf die Idee gekommen, uns die Eigenbezeichnung aufs Aug zu drücken. Nach dem 1. WK vertrat man in der tschechosl. Republik die unverschämte Auffassung, der Kunstname Bratislava sei als Neuschöpfung nicht übersetzbar, anders als zb Praha/Brno. Das konnte sich nur auf das Inland beziehen, wo man ja in Hinblick auf die Minderheiten an sich andersprachige Toponyme zulassen musste. In Österreich sagte damals niemand Bratislava, außer spöttisch. Dass die Hauptstadt der Slowakei auch von österr. Diplomaten weiterhin so genannt wurde, wie sie auf deutsch eben heißt, hat dies nicht berührt bzw wurde auch nicht verlangt.

    Übrigens fragt uns auch keiner, wie wir in anderen Sprachen heißen wollen, und wenn wir das bestimmen wollten, wären wir bald Lachnummer.

    Es handelt sich um eine lancierte Mediengeschichte, wie auch ohne weiters zugegeben und nachzulesen. Wie üblich gibt es Leute, die drauf einsteigen und alles brav nachplappern und dafür sogar aufgeplusterte Begründungen konstruieren.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Lieber ursus carpaticus, Universalgenies gibt es nicht. Die Welt ist fragmentiert in viele verschiedene Wissensgebiete. Hier im konkreten Fall brauchen wir Slawistik und osteuropäische Geschichte und Kultur. Ist ja nicht schlimm, wenn du dich da nicht so auskennst. Problematisch wird es aber, wenn du nicht mal deutsche Texte richtig verstehst, wie das folgende Beispiel zeigt:

    Ich bewundere das wirklich, und nehme zur Kenntnis, dass man fortan Belorus sagen muss

    Ich hatte geschrieben:

    Derzeit ist im Deutschen "Weißrussland" und "weißrussisch" neben "Belarus" und "belarussisch" auch korrekt.


    Zum Problem der Benennung des belarussischen Staates in der russischen Sprache gibt es einen langen Artikel in der russischsprachigen Wikipedia:

    Именование белорусского государства на русском языке

    Das kannst du gern mal auf die Schnelle lesen. Dann wirst du merken, dass der Name "Belarus" keine "typische Medienschöpfung" ist, wie von dir behauptet.

    Belarus / Беларусь (gesprochen: Bjelarus) ist der Name Weißrusslands in der belarussischen Sprache. In Weißrussland wird auch bei Gebrauch der russischen Sprache stets "Belarus" verwendet. Die Belarussen wünschen sich, dass auch in Russland dieser Name verwendet wird. In der russischen Standardsprache ist der Landesname jedoch Belorussija / Белоруссия. Es hat mit Nationalismus und Abgrenzung von Russland zu tun, dass Belarus den Landesnamen in der belarussischen Sprache international, nicht nur im Russischen, durchzusetzen versucht. Diese Bestrebungen gibt es seit dem Ende der Sowjetunion.

    Die Auffassung, dass Belarus nicht Russland ist, sondern eine eigenständige Nation, wird von der gesamten belarussischen Gesellschaft geteilt - von Lukaschenko bis zur Opposition.

    In Russland gibt es, wie in Deutschland, zwei Namensformen für Weißrussland, nämlich "Belarus" und "Belorussija". "Belarus" wird vor allem in bestimmten offiziellen Kontexten verwendet.

    Das Ganze ist nicht wirklich dramatisch. Es hat in der europäischen Geschichte schon öfter neue Landesnamen gegeben. Belgien, Tschechoslowakei, Ukraine waren auch einmal neue Namen.

    Das Gebiet von Belarus gehörte bis zum späten 18. Jahrhundert zu Polen-Litauen. Vorher war es nie mit dem Moskauer Staat verbunden. Die Kiewer Rus des Mittelalters darf man nicht mit dem Moskauer Reich gleichsetzen. Belarus ist also, gerade wenn wir weiter in die Kulturgeschichte zurückgehen, eigenständig. Diese Eigenständigkeit, die Tatsache, dass es sich bei Weißrussland nicht um eine Abspaltung von Russland handelt, möchte man mit der Verwendung des Namens Belarus unterstreichen.

  • auch einem Universalgenie kann mal entgehen, dass

    Belgien, Tschechoslowakei, Ukraine

    deutsche Wörter bzw Formen sind.

    Die Auffassung, dass Belarus nicht Russland ist, sondern eine eigenständige Nation, wird von der gesamten belarussischen Gesellschaft geteilt

    Eine fürwahr sensationelle Erkenntnis! Wer hat das übrigens wo bestritten?

    In Russland gibt es, wie in Deutschland, zwei Namensformen für Weißrussland, nämlich "Belarus" und "Belorussija".

    Das hab ich noch nicht bemerkt, dass es in D diese beiden Namensformen gibt. Belorussija (-eher wohl -Rossija, oder?) wird nicht einmal von den Medien verwendet.

    Und abgesehen davon: was sollte aus diesem Satz zu folgern sein? Belo ist in jedem Fall weiß und rus oder rossija gibt es im Deutschen nicht.

    Aber trotzdem schön, dass du uns an deinem immensen Wissen Anteil nehmen lässt!

    Übrigens tät mich interessieren, welches Geschlecht "Belarus" hat? Wie wird "Belarus" ausgesprochen? Bjela- oder Bela-? Wie wird dieses Wort dekliniert, bzw wie nennt man die Bewohner, männlich wie weiblich, wie lautet das entsprechende Adjektiv?

    Weißrussland ist wunderbar! Ich liebe es. Die architektonischen Schätze Weißrusslands begeistern mich. Der Weißrussische Menschenschlag ist sehr gewinnend, die Weißrussinnen sind sehr hübsch. Wie übersetzt man das in Journaille-Quack-Sprech?

    So, und ab jetzt geh ich auf diesen Schwachsinn nicht mehr ein. Ich bin nicht so superklug wie andere, aber habe dennoch für das sprachliche Phänomen "Belarus" die mE passenden Worte gefunden:

    wichtigtuerisch-snobistisch

    In Anbetracht gewisser Beiträge kann man nur anfügen: q.e.d.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ähhh ja Hmmmm " Räusper " seid ihr jetzt fertig mit gegenseitigem vollgeifern , mein Vorschlag ich ändere den Titel von Rekonstruktion von historischen Bauwerken in Russland , in Rekonstruktion von historischen Bauwerken in Russland , Weißrussland , und Ukraine , dann hat jeder was davon , und in diesen 3 sich sehr ähnlichen Slawischen Regionen die miteinander sehr verquickt sind und waren , also auch Baulich , wurde und wird viel Saniert und Rekonstruiert und umso mehr kann in diesem eh an Posts etwas dünn gesätem Strang gepostet werden.

    Und übrigens heißt das Belorussland , habsch aus DDR Zeiten , Ätschebätsche bätschbätsch :zungeorange: , so jetzt hab meinen Senf auch nochmal dazugegeben %-)cclap:):koenig: …….

  • Nein, bleib bitte bei Russland!

    Für "Weißrussland, Belarus" haben wir ein eigenes Thema. Ukraine ist wieder ein eigenes großes Land.

    Und übrigens heißt das Belorussland , habsch aus DDR Zeiten

    Hättest du einfach mal meinen Beitrag gelesen. Ich hatte das schon geschrieben.

    Ich hatte auch bereits vorgeschlagen, dass die Moderation Snork oder Centralbahnhof alle Beiträge ab dem ersten von ursus carpaticus in den Weißrussland-Strang verschieben sollte.

  • Rastrelli , das hab ich , aber auf Arbeit da kann nicht groß aufm Handy herumtillern , aber ich gebe dir diesbezüglich recht :blumen:, aber dann ist a gut , einverstanden !?

  • Lieber Manuel Re, warum wurde ein solcher Beitrag kommentarlos gelöscht? Begründung wäre schön. Danke.

    Ich finds gar nicht so sehr kreuzig, Deutscher zu sein. Der überwiegende Teil der Amerikaner, Kanadier und Engländer, mit denen ich lange Zeit zusammenarbeiten durfte (häufig auch musste...), fand Deutschlands Weg in der Aufarbeitung der eigenen Geschichte und der "Awareness" gegenüber fremden Kulturen und den eigenen Fehltritten sowie Diskussionen um Gleichberechtigung sehr erfrischend und fortschrittlich. Ich glaube, wir haben in Deutschland eine sehr hohe Diskussionskultur und generell den Hang dazu, alles doppelt und dreifach zu überdenken. Auch weisen wir, im Gegensatz zu US-Amerikanern, eine wesentlich geringere Risikobereitschaft auf. Deshalb muss alles diskutiert und abgesichert werden. Das kann nerven, empfinde ich aber durchaus auch als bereichernd. Sonst gäbe es ein Forum wie dieses hier vermutlich nicht. Zumindest nicht in dieser Form.

  • Die beiden Kirchen sind voll-Rekonstruktionen. Beispiel:

    Rekonstruktion

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Das Altstädter Rathaus ist schon 1857 unter Nikolai I abgerissen worden. Im Zuge der Neugestaltung der Altstadt und der Rekonstruktion der benachbarten katholischen Mariä-Namen-Kathedrale wurde das klassizistische Rathaus nach alten Plänen 2002–2004 rekonstruiert.

    Ich bin durch Zufall auf die erwähnte Rathaus-Reko gestoßen: https://de.wikipedia.org/wiki/Altst%C3%…thaus_von_Minsk

    Gibt es noch mehr solcher Beispiele in Minsk bzw. Weißrussland insgesamt?

    Hier könnten welche dabei sein: https://be.wikipedia.org/wiki/%D0%9A%D0…%83%D1%81%D1%96

  • Gibt es noch mehr solcher Beispiele in Minsk bzw. Weißrussland insgesamt?

    Ja natürlich gibt es in Belarus weitere Rekonstruktionen. Schon die orthodoxe Religion dürfte zu einem entspannteren Verhältnis zur Wiedererschaffung historischer Bauwerke beitragen. Seit der Auflösung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken wurden in Belarus auch zahlreiche orthodoxe Kirchen im traditionellen Stil errichtet. Einen Überblick über Umfang und Schwerpunkte der belarussischen Rekoprojekte kann ich im Moment noch nicht geben.

    Hier könnten welche dabei sein

    Das ist eine Liste mit Artikeln der belarussischen Wikipedia über rekonstruierte Bauwerke im Land. Ich kann die Sprache lesen und hatte bereits vor, dieses interessante Land hier etwas näher vorzustellen.

  • Noch ein Nachtrag zur Diskussion um den Landesnamen: Weißrussland oder Belarus?

    Im Oktober 2021 hat der Sprachendienst des Auswärtigen Amtes sein Länderverzeichnis dahingehend geändert, dass fortan in Bezug auf das Land die Verwendung von Belarus, belarussisch in allen kommunikativen Situationen empfohlen wird. Die Bezeichnung Weißrussland wird gewissermaßen aus dem Verkehr gezogen. Sie veraltet. Daraufhin hat auch die deutsche Wikipedia auf Belarus, belarussisch umgestellt. Zuvor war die Namensfrage intensiv diskutiert, ein Wechsel von Weißrussland zu Belarus aber mehrmals zurückgestellt worden, da Wikipedia die Entwicklung des Sprachgebrauchs erst noch weiter beobachten wollte.

    Leider schreiben einige Medien in Deutschland Ableitungen von Belarus mit nur einem s nach dem u - belarusisch. Diese Schreibweise geht auf eine Pressemitteilung der Deutsch-Belarussischen Historikerkommission aus dem Jahr 2020 zurück. Nun ist eine Historikerkommission weder zuständig noch fachlich kompetent, solche Sprachregelungen festzulegen, und ich sehe die sprachdidaktischen Probleme, die sich aus der Pressemitteilung ergeben. Auch bei der Schreibung belarusisch soll das s stimmlos gesprochen werden. In den slawischen Sprachen werden stimmloses und stimmhaftes s als zwei verschiedene Welten empfunden. Die richtige Aussprache ist aber nur bei der Schreibung mit Doppel-s gewährleistet. Diese Schreibung - belarussisch - ist seit den 90er Jahren im Deutschen lexikalisiert. Wenn nun einige Medien ihr eigenes Ding machen, sorgt das nur für Verunsicherung.

    Eine andere Empfehlung der Historikerkommission wird dagegen weitaus seltener von den Medien aufgegriffen. Sie betrifft die Schreibung von Namen mit Belarus-Bezug. Bislang wird fast immer die russische Namensform verwendet. Beispiel: Swetlana Tichanowskaja. Die belarussische Form des Namens der Oppositionspolitikerin lautet (in deutscher Transkription): Swjatlana Zichanouskaja. Wir kennen das Problem von Namen mit Ukraine-Bezug. Da hat die Verwendung der ukrainischen Formen in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Der Gebrauch landessprachlicher Namensformen hilft dabei, die jeweilige Nation als eigenständig wahrzunehmen.

    Jetzt habe ich noch zwei schöne Musikvideos für euch. Es singt die Sopranistin Marharyta Laŭčuk. Sie ist ein engagiertes Mitglied der belarussischen Opposition und lebt im Exil. Begleitet wird sie von Andrej Pavuk.

    Das erste Lied - Spadčyna ("Das Erbe")

    Der Text stammt von dem bedeutenden belarussischen Dichter Janka Kupała und wurde 1922 erstmals veröffentlicht. Auf dem T-Shirt von Marharyta Laŭčuk könnt ihr den Landesnamen in der internationalen Schreibweise lesen. Im Hintergrund die weiß-rot-weiße Flagge der belarussischen Nationalbewegung. Das Lukaschenko-Regime verwendet dagegen die leicht modifizierte Flagge der Sowjetrepublik als Staatsflagge. Die ist rot-grün.

    Das zweite Lied - Aksamitny letni viečar ("Ein lauer Sommerabend")

    Der Text von Siaržuk Sokałaŭ-Vojuš ist eine Liebeserklärung an die Heimat. Am Ende jeder Strophe singt Marharyta "Belarus maja" (mein Belarus). Auf ihrem T-Shirt hat sie das Logo des Minsker Autowerks.

  • Machen wir weiter mit Musikvideos von Marharyta Laŭčuk.

    Das erste Video - Moj rodny kut (Mein heimatlicher Winkel)

    Der Text stammt von dem bedeutenden belarussischen Dichter Jakub Kołas. Er besingt seine vertraute heimatliche Umgebung, die er niemals vergessen könne. Auf Margos T-Shirt ist das von der belarussischen Nationalbewegung verwendete Wappen - die Pahonia - zu sehen. Das Lukaschenko-Regime verwendet dagegen das leicht modifizierte Emblem der Sowjetrepublik als Staatswappen.

    Das belarussische Wappen Pahonia finden wir am Fürstenzug in Dresden und auf sächsischen Postmeilensäulen, denn es ist das alte Wappen des Großfürstentums Litauen.

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    Die Pahonia als Wappen des Großfürstentums Litauen am Fürstenzug in Dresden ( Foto: Zedlik, 2008, CC-BY-SA-3.0)

    Das Wort Pahonia bedeutet Ritter, Reiter, Reiterei, Jagd. Eine Variante des Wappens ist heute das Staatswappen Litauens und wird Vytis genannt. Das litauische Wort vytis ist sprachgeschichtlich verwandt mit dem slawischen vitjaz (Recke, Ritter, Reiter, Held). Dem Wappen Pahonia ist die heimliche Nationalhymne der Belarussen gewidmet. Maksim Bahdanovič schrieb den Text 1916 in Minsk. In der Vertonung von Mikoła Ščahłoŭ-Kulikovič ist die Pahonia für mich eine der schönsten Nationalhymnen überhaupt. Sie ist das Lied der Demokratiebewegung. Der Lukaschenko-Staat hat - das könnt ihr euch denken - eine ganz andere Hymne. Hier drei Versionen der Pahonia:

    Das zweite Video - Pahonia (Klassikversion)

    Das Lagerfeuer-Video entstand wenige Tage nach der Studioaufnahme, die zu hören ist. Am Klavier der Litauer Justas Čeponis. Gesangspartner ist der litauische Bass Liudas Mikalauskas. Gesungen wird Belarussisch, die eingeblendeten Untertitel sind Litauisch. Der belarussische Text unter dem Video besagt:


    "Das Wappen Pahonia ist das historische Symbol Litauens und Belarus' aus den Zeiten des Großfürstentums Litauen, das im Laufe der Jahrhunderte unsere Völker im Kampf für die Freiheit vereinte. Am 13. Januar 2021 gedenkt Litauen der tragischen und heroischen Ereignisse, die vor 30 Jahren stattfanden. Litauen errang die Freiheit und Unabhängigkeit - als erste der 15 Republiken der UdSSR. Belarus ist noch auf dem Weg zu wirklicher Unabhängigkeit und Demokratie, und das brüderliche Litauen unterstützt es und hilft allen Belarussen. Wir stehen zusammen wie in den alten Zeiten."

    Am Ende des Videos reichen sich Laŭčuk und Mikalauskas symbolisch die Hand. An den Handgelenken tragen sie Bändchen in den jeweiligen Nationalfarben.

    Das dritte Video - Pahonia (Chorversion)

    Abgebildet ist die weiß-rot-weiße Flagge mit dem Wappen darauf. Belarussische Untertitel.

    Inhaltliche Zusammenfassung des Gedichts: Die Betrachtung des Reiterwappens weckt Erinnerungen an die große Vergangenheit. Die Fahne mit dem Wappen führte einst die litauische Reiterei an, die niemand aufhalten, niemand schlagen konnte. Die Belarussen haben ihre Heimat vergessen, verraten und verkauft. Doch die Reiter kommen und rütteln sie wach, damit sie sich nun für ihr Land einsetzen.

    Die Lyrik ist ziemlich komplex, aber das ist ungefähr der Sinn.

    Das vierte Video - Pahonia (als schlichtes Lied mit Gitarrenbegleitung)

    Marharyta Laŭčuk und Andrej Pavuk. Video von BELSAT TV, einem belarussischen Oppositionssender mit Sitz in Polen. Fernsehbilder von den Massenprotesten 2020 in Minsk.

    Belarussisch ist eine sehr schöne Sprache, die sich gut singen lässt. Im Großfürstentum Litauen wurde Altbelarussisch vom 14. bis ins 17. Jahrhundert als Kanzleisprache verwendet. Es war damit die erste ostslawische Sprache, die als Schriftsprache genutzt wurde. Die slawische Bevölkerung Litauens wurde früher als Litwinen bezeichnet, also als "Litauer". Der baltische Bevölkerungsanteil im alten Litauen war relativ gering.

    Der baltische Wortstamm balt- hat die Grundbedeutung weiß. Es besteht eine sprachgeschichtliche Verwandtschaft zu slawisch bel-. Meines Erachtens leitet sich dieses bel- in Belarus von der Nachbarschaft jener ostslawischen Stämme, aus denen das belarussische Volk entstand, zu den baltischen Stämmen her. Die "Weiße Rus", die durch die Quellen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit geistert, ist geografisch unbestimmt. Häufig werden als "Weiße Rus" die Nowgoroder Lande bezeichnet, zuweilen auch Moskau. Eine "Baltische Rus" ließe sich dagegen geografisch verorten. Der Begriff ist ungebräuchlich. Man sagt stattdessen "Litauer Rus" oder auch "Westliche Rus". Der litauische Name für Belarus ist Baltarusija.

  • Snork 30. April 2023 um 17:09

    Hat den Titel des Themas von „Weißrussland, Belarus“ zu „Belarus - Allgemeines“ geändert.