• Lieber Heinzer,

    eine sehr gute Frage, die meine Wenigkeit jedoch nicht beantworten kann.

    Vielleicht aber, weiß findorffer hierzu etwas zu sagen,der ja schon sehr lange und penibel die Abrisse in Bremen dokumentiert...

  • Am von mir in der Galerie gezeigten Rembertistift im Bremer Ostertor sorgt ein Neubauvorhaben für Unmut:

    Link zum Weserkurier

    Auf der Nordseite dieses schönen Gebäudes:

    nämlich in diesem zum Dobben hin liegenden Garten:

    soll ein Erweiterungsbau für das Stift entstehen. Im Artikel positionieren sich aber eigentlich alle befragten Politiker gegen das Projekt. So soll der Neubau aussehen, unfassbar öde mal wieder:

    Quelle: LPR Architekten

  • Langsam kann man wirklich den Eindruck bekommen, als wenn die hiesigen Stadtplaner wie manisch, jeden letzten Winkel gewachsener Urbanität durch eine verquer verstandene Nachverdichtung beseitigen wollen:

    Gerade der hier in Rede stehende kleine Gartenbereich vor dem nördlichen Gebäude des Rembertistifts - welches, da die kaiserliche Familie, wenn ich mich recht besinne, einen gehörigen Anteil der Baukosten übernommen hatte, den Namen 'Kaiserhaus' trägt - war in Einheit mit den alten Bäumen immer ein besondere Hingucker ! Das schöne Gartengitter, die beiden imposanten Torpfosten und die großen Messinglettern an der Fassade, die den Namenzug 'Rembertistift' bildeten, werden dann ja wohl auch beseitigt werden bzw. nicht mehr zu sehen sein...
    Das wäre eine weitere große Schande der Bremer Baupolitik ! :kopfwand:

  • Zum besseren Verständnis für die Nichtbremer:

    Stadtkarte von 1938: Die Grenzen des Rembertistifts sind rot eingezeichnet. Das Kaiserhaus ist 'preußisch-blau' eingefärbt und der nun als Bauland beplante 'Kaiserhaus-Garten' zum Dobben hin ist grün gehalten.

    Ausschnitt aus der Stadtkarte von 1938.

    Zwei Luftbilder des Areals:

  • Mein lieber Pagentorn,

    könntest du bitte deine Bremer Straßenkarte von 1938 nochmals einstellen, jetzt aber bitte ohne grüne Einfärbung?

    Laut Mantikors Verlinkung mit dem Bebauungsplan argumentiert der Bauträger mit der Schließung einer Baulücke. Ich würde gerne auf dem alten Stadtplan sehen, ob dieses Argument Substanz hat.

  • Danke Kaline.

    Habe momentan nicht die Zeit, um hier aufwendig durch die Seiten zu blättern...das Medienhaus beansprucht diese Zeit vollkommen.

    Wenn diese "Baulücke" tatsächlich ein kaiserlicher Garten - also aus kaiserlichen Zeiten - ist, dann ist die Argumentations des Bauträgers, hier eine "Baulücke" schließen zu wollen, sehr verwegen. - Um es mal sehr diplomatisch auszudrücken.

    Genauso gut könnten die Schapiras den Bürgerpark auch als "Baulücke" bezeichnen, die von Libeskind nun in bezahlbaren Wohnraum umzuwandeln wäre.

    Allerdings zeigt der Bebauungsplan des Bauträgers auch ein Foto der Straße "Am Dobben", auf der eine Tankstelle zu sehen ist (!?!?!) Also doch kein "kaiserlicher Garten"? Oder wie?

  • Lieber Jakku Scum

    Kaline hat ja dankenswerter Weise schon die richtige 'blanko' Karte herausgesucht.

    Hier noch als Ergänzung ein Foto aus der Online Kriegsschadensdokumentation des Staatsarchivs Bremen, vom 17. Luftangriff auf die Stadt am 22. Juli 1940, auf dem man am Hause 'Außer der Schleifmühle' Nr. 1-13 vorbei, in den nordwestlichen Eingang des 'Dobbens' hineinblicken kann. Dort sieht man links neben den - leider ausnahmslos verschwundenen - Gründerzeitlern in der Tat die - schon vor dem Kriege bestehende - Baulücke ! Und zwar ganz ohne Tankstelle !! Das Areal war noch niemals in seiner Geschichte bebaut.

    Zum Vergleich: Die gegenwärtige Situation.

  • Allerdings, wenn man die Stadtkarte von 1938 und die aktuellen Luftbilder genau miteinander abgleicht, scheint es tatsächlich so zu sein, daß die mit der Einmündung der Rembertistraße beginnenden Reihe von Gründerzeitlern an der Südseite des Dobbens vor dem Kriege noch ein oder zwei Häuser weiter noch Osten ragte. Somit war die Baulücke nicht so breit wie heute. Aber dennoch war sie vorhanden ! Man kann das daran erkennen, daß man auf dem Kriegsschadensbild das 'Kaiserhaus' nicht sehen kann. Es wird einfach von den Gründerzeitlern verdeckt. Heute ist das vom fast deckungsgleichen Standort der aktuellen Aufnahme aus jedoch möglich. Es muß also mindestens ein Gebäude nach späterer Kriegszerstörung nicht wieder errichtet worden sein.

  • Mein lieber Pagentorn,

    ich spreche nicht eine Bebauung um 1938 oder vor dieser Zeit an, sondern später, nach dem Krieg.
    In dem Bauplan des Bauträgers, den Mantikor hier als Link eingestellt hat, ist auf Seite 11 "Historische Nutzung" ein Foto zu sehen, das mutmaßlich den Dobben in den siebziger Jahren zeigt. Dies soll die Baulücke "Kaiserhof-Garten" sein. Dort ist aber deutlich eine Esso-Tankstelle zu sehen. Also: War der Garten zwischen 1938 und 2019 irgendwann einmal bebaut? Mit anderen Worten: Ist dieses Foto in dem Bauplan des Bauträgers echt? Denn in dem Bauplan wird bei einem Neubau auf die Schließung einer bestehenden Baulücke verwiesen.

  • Historischer Zaun, Tankstelle, Rosengarten

    Lieber Jakku Scum,

    das ist wirklich recht seltsam. Das von Ihnen angesprochene Foto zeigt in der Tat eine Tankstelle auf dem Areal des heutigen 'Rosengartens' (so wohl die offizielle Bezeichnung des kleinen Parks nördlich des Kaiserhauses). Der imposante Zaun mit seinen gemauerten Pfosten und dem eindrucksvollen Tor ist auf dem Foto nicht zu erkennen, muß also erst nach der Aufgabe der Tankstelle dort (wieder ?) aufgestellt worden sein.
    Um hier Klärung zu schaffen habe ich in dem Standardwerk 'Großmann, Heike / Großmann Ruprecht: Das St.-Remberti-Stift. Bremens Älteste Soziale Siedlung im Wander der Zeit. Lilienthal 1998: Verlag Simmering' nachgeschlagen.
    Aber bis auf eine farbige Abbildung (A.D. 1998) von Zaun, Tor und Rosengarten auf Seite 230, habe ich dort leider keine weiteren Angaben zur Geschichte des Zauns finden können.
    Aber einmal abgesehen von der somit mageren Literatur zu dieser Frage: Kann man die lockere, offene Bauweise einer Tankstelle wirklich einem regulären Gebäude gleichstellen ? In diesem konkreten Fall hat die Anlage von Esso doch niemals den optischen Eindruck einer geschlossenen Häuserzeile hervorgerufen. Folglich bleibt es meiner Ansicht nach dabei, daß wir es hier mit einer historischen unbebauten Fläche zu tun haben und eben nicht mit einer Baulücke !
    Und daß der bestehende Rosengarten offensichtlich nach der Nutzung des Areals durch die Tankstelle angelegt wurde, bedeutet ja nicht, daß es vor Bestehen der Letzteren nicht auch schon einen Garten dort gab. Die Fläche war jedenfalls unbebaut. Die Tankstelle war eventuell nur ein notwendiges Übel, um der nach dem Krieg finanziell klammen Stiftung zusätzliche Einnahmen zu generieren. Und als die Lage sich konsolidiert hatte, konnte die Tankstelle wieder verschwinden.

    Bild - wohl 60er Jahre - aus der Präsentation des Bauträgers.


    Aktuelle Ansicht.

  • Nachtrag zum 'Kaiserhaus'

    Die Fundstelle zur Finanzierungsgeschichte des 'Kaiserhauses' ist mir wieder eingefallen: Dabei handelt es sich um die Denkmal-Datenbank des Landesamtes für Denkmalpflege Bremen:

    https://www.denkmalpflege.bremen.de/denkmal_digita…n160.c.18544.de

    ... aus seinem PRIVATVERMÖGEN !!!

    (Da möge sich mal manch einer von unseren heutigen Großkopferten ein Beispiel dran nehmen. Na ja, man kann ja auch fromme Wünsche haben.)

    Wie in Bremen so in Ahlbeck, einer weiteren sozialen Stiftung von S.M.- hier für Senioren, dort für Kinder:

  • Auch wenn die kaiserliche Spende sicherlich nur noch sehr wenigen geläufig ist, so könnte - gewissermaßen tiefenpsychologisch gesehen - der Grund für die Standortwahl des geplanten Neubaus im Rosengarten - und eben nicht auf dem wohl auch verfügbaren Parkplatz an der Mendestraße (im Binnenbereich des Baublocks) - auch darin liegen, die malerische Wirkung des 'Kaiserhauses' zum Dobben hin - nicht nur zu verschatten - sondern buchstäblich abzuschirmen. Nach dem Motto: Die segensreichen Taten von S.M. bloß nicht zu sehr exponieren, denn diese könnten ja andernfalls das seit hundert Jahren so wohl gefügte Weltbild ins Wanken bringen... :S
    (Entschuldigung aber diese kleine Spitze konnte ich mir einfach nicht verkneifen. ;) )

  • Mein lieber Pagentorn,

    genau das ist ja die Frage aller Fragen:
    Wie kam die Tankstelle in den Rosengarten?

    Es hat nach 1938 wohl kaum jemand im Herbst 100ml Ottokraftstoff in den Garten gepflanzt, aus dem dann im Frühling des nächsten Jahres - Plopp!! - eine Tankstelle erwuchs.

    Die Stadtkarte von 1938 verrät, dass das Grundstück zur Straße Am Dobben zum Stift gehörte. Wie du sagst, könnte Geldmangel dazu geführt haben, es zu verkaufen oder zu verpachten. Letzteres würde sehr leicht erklären, warum hier wieder Blumen und Sträucher gedeihen - und keine Autos mehr betankt werden.
    Wurde das Grundstück aber verkauft, wie kam es dann in den Besitz des Stiftes zurück? Wurde es zurückgekauft oder war es vielleicht gar eine Schenkung? Eine Schenkung mit einer Auflage versehen, dort wieder einen Garten anzulegen? Und würde eine jetzige Bebauung dann nicht einer solchen Auflage zuwiderlaufen?

    Mit einem Brief oder E-Mail an den Beirat Mitte könnte dieser Sachverhalt möglicherweise Aufklärung erlangen.
    Zudem könnte man den Beirat fragen, ob auch er die kurzweilige Nutzung der Fläche, die durch die Tankstelle für ca 50 (oder weniger) Jahre gegeben war, als "historisch" ansieht, so, wie der Bauträger die Bebauung nun rechtfertigen will: Als historisch begründet.

    Die dortige Bebauung ist als ebenso wenig als "historisch" anzusehen wie der Neubau an dem sensiblen Standort in der Schwachhauser Heerstraße 78 eine Hommage an das Vorgängerhaus ist.

  • Bild - wohl 60er Jahre - aus der Präsentation des Bauträgers.

    An Hand der KfZ Formen und des Essoschildes würde ich jetzt eher die Zeit 70iger/ 80iger Jahre in Betracht ziehen. Bis wann ist denn die Tram dort noch gefahren?

  • Ich würde es auf den Zeitraum zwischen 1966 und 1972 schätzen... die Straßenbahn ist zwischenzeitlich nur von der Fahrbahn auf eine eigene Trasse an der Nordseite der Straße verlegt worden und deshalb nicht mehr im Bild auf der Google StreetView-Aufnahme.

    Das im Bau befindliche Haus sieht heute wie ein Bau aus den 60ern aus, man erkennt einen alten Ford Transit und einen Mercedes mit Karosserieformen, wie es sie auch schon in der zweiten Hälfte der 60er gab. Interessant ist jedoch tatsächlich, dass hier mit Aufgabe der Tankstelle der alte Garten wiederhergestellt wurde. Sicherlich nicht unbedingt typisch für das Bremen der 1970er Jahre.

  • Herkunft des Zauns: Villa Wätjen - Osterdeich Nr. 2


    Die Herkunft des Zauns konnte mittlerweile geklärt werden: Es handelt sich um einen Teil des Zaunes - wahrscheinlich denjenigen von der Bleichernstraße - der ehemals das Grundstück der Villa Wätjan am Osterdeich Nr. 2 eingefriedet hat.

    Stadtkarte von 1938 mit dem markierten - schon unbebauten - Grundstück Osterdeich Nr. 2 sowie dem Weg des Zauns zum Dobben.

    Vergleich der Zaunsegmente (links Bleichernstraße, rechts am Dobben)

    Vergleich der Pfosten (links am Dobben, rechts Bleichernstraße)

    Eingang der Villa Wätjen an der Bleichernstraße

    Villa Wätjen vom Osterdeich - hier ist sie die Nr. 2 - aus gesehen.

    Osterdeich Nr. 1 (links mit Turm) und Nr. 2 (mit den beiden Tudor-Giebeln).

    Osterdeich Nr. 2 in dichter Vegetation.

    Osterdeich Nr. 1 - 3 in der Gegenwart.

    Villa Wätjen von der Bleichernstraße aus gesehen.

    Der Vergleich mit der Gegenwart.