Das wird nur immer behauptet, aber der klobige Würfelrechteckbrei, der heutzutage überall entsteht hat doch nichts mit dem Bauhaus gemeinsam.
Das sehe ich überhaupt nicht so. Das Bauhaus war sicher deutlich qualitätvoller als das, was heute die Nachkriegsstädte verschandelt, aber die grundlegenden Prinzipien sind dieselben: Abkehr von der Blockrandbebauung; Abkehr vom Ornament; skulpturale Auffassung von Bauwerken statt Denken in Ensembles; radikaler Bruch mit der architektonischen Tradition etc.
Von daher hat das alles schon sehr viel mit dem Bauhaus zu tun bzw. handelt es sich bei der Nachkriegsmoderne durchaus um eine konsequente Weiterentwicklung der Bauhaus-Gedanken unter den Bedingungen von Ressourcenknappheit (in der ersten Nachkriegszeit) und Renditeoptimierung (heute).
Das Verhältnis ist vielleicht am ehesten so zu beschreiben wie das zwischen romantischer Architektur (Schinkel, Semper u.a.) und spätem Historismus: die Romantik hat alte Formen, besonders des Mittelalters und der Renaissance, kreativ und phantasievoll aufgegriffen und weiterentwickelt, während der anschließende Historismus zwischen ca. 1885 und 1905 oft (zum Glück nicht immer) dazu erstarrt ist, mit bloßen Versatzstücken aus Mittelalter, Renaissance und Barock zu arbeiten. Das eine ist dann zwar die Verfallsform des anderen, zu tun haben sie aber schon miteinander.